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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 25.02.2005
Aktenzeichen: 1 Ss 9/04
Rechtsgebiete: AuslG, StGB


Vorschriften:

AuslG § 92 I Nr. 1
StGB § 27
1. Eine dem Haupttäter erteilte Duldung stellt in Bezug auf § 92 I Nr. 1 AuslG keinen Strafausschließungsgrund, sondern ein negatives Tatbestandsmerkmal dar. Gleiches gilt für das Bestehen eines Duldungsanspruchs. Letztgenannter schließt danach den Tatbestand des unerlaubten Aufenthaltes nach § 92 I Nr. 1 AuslG aus, woraus in diesen Fällen auch die Straflosigkeit der Beihilfe folgte.

2. Der Senat neigt dazu, an seiner Auffassung, wonach Unterstützungshandlungen, wie die bloße Gewährung von Unterkunft und Verpflegung oder die Entlohnung von Arbeitsleistungen, keine Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt darstellen sollen, wenn der Ausländer unabhängig davon zur Fortsetzung seines Aufenthaltes fest entschlossen ist und er keiner Bestärkung seines Tatentschlusses mehr bedurfte, nicht länger festzuhalten (entgegen BayObLG, NJW 2002, 1663; NStZ 1999, 767; OLG Düsseldorf, StV 2002, 312).

3. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob durch die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung oder die Entlohnung von Arbeitsleistungen die Fortsetzung des unerlaubten Aufenthaltes des Ausländers in seiner konkreten Gestaltung gefördert oder erleichtert wurde. Dies liegt bei der Beschäftigung illegal in Deutschland sich aufhaltender Ausländer nahe. Überlegungen, dass der Ausländer ansonsten durch eine Erwerbstätigkeit bei einem anderen Unternehmer oder durch die Finanzierung seines Lebensunterhaltes auf andere Weise seinen Aufenthalt hätte sichern können, stellen demgegenüber Erwägungen zu hypothetischen Kausalverläufen dar, die für die Frage der Strafbarkeit des Gehilfen ohne Bedeutung sind.


Gründe:

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten am 22.08.2003 wegen Behilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz (unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet ohne Aufenthaltsgenehmigung und ohne Duldung) in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 284 Abs. 1 S. 1 Buchstabe d SGB III in vier Fällen gemäß §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, 406 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, 27, 52, 53 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 15,- € verurteilt.

Der Verurteilung wurde der folgende Sachverhalt zugrunde gelegt:

"Der Angeklagte arbeitet in dem Unternehmen seiner Ehefrau, der Bäckerei X GmbH in O1 in der .... Der Angeklagte ist letztendlich für die Einstellung und Betreuung des Personals verantwortlich. Im Rahmen dieser Tätigkeit beschäftigte er vom 30.01. bis 28.02.02 den bulgarische Staatsangehörigen A. Zumindest am 28.02.02 beschäftigte er weiterhin den türkischen Staatsangehörigen B. In der Zeit vom 01.04. bis 04.04.02 beschäftigte der Angeklagte den türkischen Angehörigen C und in der Zeit vom 01. bis zum 07.10.02 den türkischen Staatsangehörigen Y. In keinem der genannten Fälle hatten die von dem Angeklagten beschäftigten ausländischen Staatsangehörigen weder die erforderliche Aufenthaltserlaubnis für das Bundesgebiet noch eine entsprechende Arbeitserlaubnis. Eine Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung, die gesetzlich vorgeschrieben ist, erfolgte nicht. Insoweit ersparte sich der Angeklagte für diese Zeit zumindest den Arbeitgeberanteil zu diesen Versicherungsleistungen und konnte daher einen entsprechend höheren Gewinn für sein Unternehmen erwirtschaften."

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise begründete Sprungrevision des Angeklagten. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht beantragt die Aufhebung des Urteils. Sie vertritt die Auffassung, daß die Rüge formellen Rechts nicht ausreichend ausgeführt sei, das Urteil jedoch auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge aufgehoben werden müßte, weil die Feststellungen in allen Fällen weder die Verurteilung wegen einer Straftat gemäß § 406 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, noch nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, 27 StGB tragen würden.

Das Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.

Auf die - im übrigen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechende - Verfahrensrüge braucht daher nicht eingegangen zu werden.

Die Feststellungen und Erwägungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch nicht. Die Feststellungen sind unvollständig und lückenhaft und erlauben schon deshalb dem Senat nicht die ihm obliegende Nachprüfung, ob das Amtsgericht das sachliche Recht zutreffend angewandt hat.

Hinsichtlich des Tatvorwurfs nach § 406 Abs. 1 Nr. 3 SGB III bzw. nach dem ab dem 27.03.2002 geltenden inhaltsgleichen § 406 Abs. 1 SGB III (zu dem der anstelle dieser Vorschrift ab dem 01.08.2004 in Kraft getretene § 10 des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung, BGBl. I 1842, nicht das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist), fehlt es bereits an den erforderlichen Feststellungen zum objektiven Tatbestand.

In dem angefochtenen Urteil ist insoweit lediglich ausgeführt, daß die ausländischen Arbeitnehmer nicht über eine Arbeitserlaubnis verfügt hätten und der Angeklagte sie nicht zur Sozialversicherung angemeldet habe. Weitere Angaben, insbesondere zu den Arbeitsbedingungen der beschäftigten Ausländer, sind im Urteil nicht enthalten.

Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 406 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 406 Abs. 1 SGB III ist über die Beschäftigung eines Ausländers ohne Genehmigung hinaus die Beschäftigung zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Mißverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer stehen, die die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.

Die Vorschrift des § 406 SGB III dient neben dem Schutz des deutschen Arbeitsmarktes auch unmittelbar dem Schutz des Ausländers, der sich wegen der illegalen Beschäftigung nicht zur Wahrung seiner sozialen Rechte an die dafür zuständigen Institutionen und Behörden wenden kann (Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, S. 1545; Niesel in Niesel, SGB III, 2 Aufl., § 406, Rn. 3).

Ein auffälliges Mißverhältnis im Sinne des § 406 SGB III kann nur bei schwerwiegenden Ungleichbehandlungen angenommen werden, geringe Abweichungen reichen nicht aus (Niesel, aaO., § 406 Rn. 6). Das entscheidende Vergleichsmerkmal sind die jeweiligen Arbeitsbedingungen. Hierzu zählen alle tatsächlichen Umstände, Rechte und Pflichten, die das konkrete Arbeitsverhältnis ausgestalten, insbesondere das Arbeitsentgelt und die Arbeitszeiten, aber auch die Art der ausgeübten Tätigkeit, Einsatzorte, Urlaubsansprüche und sonstige Sachbezüge (vgl. Mosbacher in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht, Rn. 373; Ambs in Erbs/Kohlhaas, SGB III, § 406 Rn. 13; Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 406 Rn. 60). Ein auffälliges Mißverhältnis kann auch bei eklatanten Verletzungen von Arbeitsvorschriften oder bei der Nichtanmeldung illegal beschäftigter Ausländer zur Sozialversicherung gegeben sein, wenn der Arbeitgeber dadurch im Vergleich zur Beschäftigung deutscher Arbeitnehmer beträchtliche Gewinne erzielt (Estelmann, aaO., Rn. 61; Ambs, aaO., Rn 13; Mosbacher, aaO., Rn. 376). Wann ein auffälliges Mißverhältnis vorliegt, kann nur nach einer Gesamtschau aller wesentlicher Merkmale beurteilt werden, so daß eine Abweichung hinsichtlich einer einzigen Arbeitsbedingung nicht genügt (Mosbacher, aaO., Rn. 377, 645 f.).

Allein der Verweis auf die Nichtanmeldung zur Sozialversicherung, die bei der illegalen Beschäftigung eines Ausländers die Regel sein wird, ist nach diesen Grundsätzen nicht ausreichend, um ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Arbeitsbedingungen der hier beschäftigten Ausländer im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern mit vergleichbarer Tätigkeit zu begründen.

Darüber hinaus sind auch die Feststellungen zur Arbeitgebereigenschaft des Angeklagten lückenhaft.

Täter des Sonderdeliktes nach § 406 SGB III kann nur der Arbeitgeber sein, wobei zumindest ein faktisches Arbeitsverhältnis vorliegen muß.

Zwar ist Arbeitgeber im Sinne des § 406 SGB III nicht nur das nach § 14 Abs. 1 StGB vertretungsberechtigte Organ, sondern gemäß § 14 Abs. 2 StGB auch der derjenige, der im Auftrag des Betriebsinhabers oder eines sonst Befugten den Betrieb leitet oder zumindest in eigener Verantwortung die entsprechenden betriebsbezogenen Aufgaben, die grundsätzlich dem Inhaber des Betriebes obliegen, wahrnimmt (vgl. Mosbacher, aaO., Rn. 369; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 14 Rn. 10 ff.).

Der Angeklagte ist nach den Feststellungen bei der X GmbH angestellt. Es handelt sich nach den Ausführungen im Urteil um das Unternehmen der Ehefrau des Angeklagten, womit auf ihre - später in der Strafzumessung des Urteils erwähnte - Position als Geschäftsführerin der GmbH Bezug genommen wird.

Ob die im Urteil angeführte "Verantwortlichkeit" des Angeklagten für die Einstellung und Betreuung des Personals eine dem § 14 Abs. 2 StGB entsprechende Stellung des Angeklagten im Betrieb - insbesondere eine ihm von seiner Ehefrau übertragene und in eigener Verantwortung wahrgenommene Aufgabe zum Abschluß von Arbeitsverhältnissen zu von ihm bestimmten Konditionen - bezeichnen sollte, ist dem Urteil mangels näherer Angaben nicht eindeutig zu entnehmen.

Darüber hinaus ist aber auch eine derartige Position des Angeklagten innerhalb des Betriebs seiner Ehefrau in dem Urteil - zumindest im Tatzeitraum der Beschäftigung der Arbeitnehmer A, B und C - nicht ausreichend belegt. Es handelt sich - zumindest in Bezug auf die Fälle Ziffern 1 bis 3 - um eine Schlußfolgerung, die nicht mit einer im Urteil festgestellten Tatsachengrundlage korrespondiert, so daß insoweit auch die Beweiswürdigung der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand hält.

Das Gericht stützt seine Überzeugungsbildung darauf, daß der Angeklagte im Fall des Arbeitnehmers Y gegenüber dem Zeugen Z1 eingeräumt habe, diesen eingestellt zu haben. Dies indiziert eine dem § 14 Abs. 2 StGB entsprechende Position des Angeklagten, auch wenn andere Interpretationsmöglichkeiten dieser Aussage (Auswahl der Arbeitnehmer nach fachlicher Qualifikation durch den Angeklagten, Abschluß des Arbeitsverhältnisses durch dessen Ehefrau) grundsätzlich denkbar wären.

Daraus kann aber jedenfalls noch nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit der Schluß gezogen werden, daß der Angeklagte auch die anderen, zeitlich früher beschäftigten Arbeitnehmer eigenverantwortlich eingestellt hat. Dieser Rückschluß kann hier insbesondere wegen des Fehlens jeglicher weiterer Hinweise auf die Arbeitgebereigenschaft des Angeklagten im Sinne des § 406 SGB III in den Urteilsgründen nicht gezogen werden. Entgegen den Ausführungen des Urteils ist der Umstand, daß der Angeklagte sich bei dem Zeugen Z2 nach einem der festgenommenen Arbeitnehmer erkundigt hat, kein Indiz für dessen Arbeitgebereigenschaft. Angesichts dessen, daß der Angeklagte nach den Feststellungen ebenfalls in der Bäckerei gearbeitet und den Festgenommenen danach kennen mußte, ist die Erkundigung nach dem weiteren Schicksal des Mitarbeiters nicht aussagekräftig.

Die Feststellungen tragen auch nicht die Verurteilung wegen des Tatvorwurfs der in allen vier Fällen tateinheitlich begangenen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, 27 StGB.

Abgesehen davon, daß nach den oben stehenden Ausführungen die Verantwortlichkeit des Angeklagten für die Anstellung der ausländischen Beschäftigten (zumindest in drei Fällen) nicht ausreichend belegt ist, fehlt es in Bezug auf alle vier Beihilfehandlungen bereits an den erforderlichen Feststellungen zu der jeweiligen Haupttat.

Nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG (zu dem § 95 Abs. 1 des seit 01.01.2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern, BGBl. I 1950, in der vorliegenden Konstellation nicht milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist) macht sich grundsätzlich strafbar, wer sich entgegen § 3 Abs. 1 S. 1 AuslG ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufhält und keine Duldung nach § 55 Abs. 1 AuslG besitzt. Nach § 3 Abs. 1 S.1 und Abs. Abs.3 S. 1 AuslG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet einer Aufenthaltsgenehmigung in Form eines Sichtvermerks (Visum), wobei nach § 3 Abs. 1 S. 2 AuslG das Bundesministerium des Innern durch Rechtsverordnungen Befreiungen vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung vorsieht. So bedürfen zum Beispiel sogenannte Positivstaater nach § 1 Abs. 1 DVAuslG in Verbindung mit Anlage I zu dieser Verordnung oder nach § 4 Abs. 2 DVAuslG in Verbindung mit Anlage II für Kurzaufenthalte bis zu 3 Monaten keiner Aufenthaltsgenehmigung, solange sie keine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Inhaber amtlicher türkischer Pässe sind nach § 4 Abs. 2 DVAuslG vom Erfordernis eines Visums bei Kurzaufenthalten befreit. Mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 DVAuslG entfällt aber die Befreiung von der Genehmigungspflicht.

Weiterhin ist das Nichtvorliegen einer Duldung allein nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.03.2003 - 2 BvR 397/02 - (NStZ 2003, 488 ff.) nicht ausreichend, um die Strafbarkeit nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG zu bejahen. Da es der gesetzgeberischen Konzeption des Ausländergesetzes entspräche, einen vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen entweder unverzüglich abzuschieben oder ihn nach § 55 Abs. 2 AuslG zu dulden, sei die Erteilung einer Duldung - unabhängig von einem Antrag oder einem Verschulden des Ausländers - eine gesetzlich zwingende Reaktion auf ein Abschiebungshindernis. Insofern diene § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG nicht der Strafbewehrung eines Verwaltungsaktes und binde den Strafrichter nicht an die unterlassene oder verspätet getroffene Entscheidung einer Verwaltungsbehörde. Die Strafgerichte seien vielmehr von Verfassungs wegen gehalten, selbständig zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerrechtlichen Duldung im Tatzeitraum gegeben gewesen seien. Kämen sie zu der Überzeugung, die Voraussetzungen hätten vorgelegen, scheide eine Strafbarkeit des Ausländers nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG aus.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung (der der Senat bereits in den Beschlüssen vom 14.07.2003 - 1 Ws 66/03 - , vom 13.08.2003 - 1 Ss 133/03 - und vom 05.11.2003 - 1 Ss 197/03 - gefolgt ist und dabei die Grundsätze auch auf § 92 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 b AuslG erstreckt hat) sind die Feststellungen des Amtsgerichts nicht ausreichend.

Im Urteil wird insoweit nur ausgeführt, daß die beschäftigten bulgarischen und türkischen Staatsangehörigen nicht über die erforderliche Aufenthaltserlaubnis verfügt hätten. Die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, ob die ausländischen Arbeitnehmer möglicherweise einen Anspruch auf Duldung hatten. Auch sind keine konkreten Festzustellungen zu ihrem ausländerrechtlichen Status, den Umständen ihres Aufenthalts in Deutschland und dem Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen getroffen worden, die sichere Rückschlüsse auf das Fehlen eines Duldungsanspruchs zulassen.

Ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung wäre grundsätzlich in den Fällen nicht gegeben, in denen der Ausländer untergetaucht ist und die Ausländerbehörde wegen des unbekannten Aufenthalts des Ausländers eine Duldung nicht erteilen kann (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2004 - 1 StR 76/04 - in StV 2005, 24; Senatsbeschluß vom 29.09.2004 - 1 Ss 120/04; Mosbacher, aaO., Rn. 417; derselbe in NStZ 2003, 489, 490). Nach der überzeugenden Begründung des Bundesgerichtshofs kommt, wenn der Aufenthalt des Ausländers unbekannt ist (weil er von vornherein seine Einreise in das Bundesgebiet nicht offenbart hat oder später untergetaucht ist), ein Verzicht der Ausländerbehörde auf die Durchsetzung der Ausreisepflicht und eine zeitweise Aussetzung der Abschiebung (also eine Duldung, § 55 Abs. 1 AuslG) schon aus systematischen Gründen nicht in Betracht. Die zeitweise Aussetzung der Abschiebung setzt voraus, daß die Abschiebung im Fall der Verneinung von Abschiebungshindernissen auch vollzogen werden kann, was nur möglich ist, wenn der Ausländer für die Ausländerbehörde auch erreichbar ist.

Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 06.03.2003 (NStZ 2003, 488 ff.) und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 105, 232 ff., 111, 62 ff.) stehen dieser Bewertung nicht entgegen, da diese Entscheidungen Sachverhalte betreffen, in denen den Ausländerbehörden der Aufenthaltsort des Ausländers bekannt war, so daß bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Duldung hätte erteilt werden können. Das Bundesverfassungsgericht hat die frühere abweichende, sich auf die Grundsätze der Verwaltungsakzessorietät stützende Rechtsprechung beanstandet, weil es faktisch im Ermessen der Verwaltungsbehörde lag, ob der Ausländer sich strafbar machte.

Nicht vergleichbar damit sind dagegen Fälle, in denen der Ausländer die Erteilungung einer Duldung bzw. die Abschiebung durch sein Untertauchen bewußt verhindert. Anders als in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der Abschiebung ein - unabhängig vom Vertretenmüssen - tatsächliches, rechtlich geregeltes Hindernis entgegensteht, ist hier die wirksame Erteilung eine Duldung schon von vornherein ebensowenig möglich wie eine Abschiebung (BGH StV 2005, 24, 25). Eine andere Auslegung widerspricht - wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung weiter ausführt - auch dem Sinn und Zweck des Ausländergesetzes, dessen Steuerungs- und Kontrollfunktion bei einem unbekannten Aufenthalt des Ausländers nicht wahrgenommen werden könnten und bereits im Ansatz unterlaufen werden würden. Die Strafbewehrung soll daher gerade auch diese Fällen erfassen.

Aber auch dazu enthält das Urteil keine Feststellungen.

Dementsprechend ist es dem Revisionsgericht nicht möglich zu überprüfen, ob einer oder mehrere der ausländischen Arbeitnehmer eventuell einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung gehabt hätten oder ob ein solcher ausgeschlossen war.

Bei einem Anspruch auf Erteilung einer Duldung wäre die Strafbarkeit des Ausländers nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 StGB entfallen und damit auch eine strafrechtliche Verfolgung des Gehilfen mangels Vorliegens einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat ausgeschlossen.

Entgegen der Auffassung eines Teils der Literatur stellt eine Duldung in Bezug auf § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG keinen Strafausschließungsgrund dar (so Aurnhammer, Spezielles Ausländerstrafrecht, 1. Aufl., 1996, S. 172, wonach allein die Duldung wegen tatsächlicher und rechtlicher Unmöglichkeit als "sachlicher Strafausschließungsgrund" zu verstehen sei; dem folgend: Hailbronner, Ausländerrecht, § 92 AuslG, Rn. 13), sondern nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG ("und keine Duldung nach § 55 Abs. 1 StGB besitzt") ist der Nichtbesitz einer Duldung ein (negatives) Tatbestandsmerkmal, das die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens eingrenzt (vgl. Mosbacher, aaO., Rn. 414 mwN.).

Würde man die Duldung als persönlichen Strafausschließungsgrund im Sinne des § 28 StGB begreifen, hätte dies zur Folge, daß der Gehilfe - dem dies aufgrund der limitierten Akzessorietät der Teilnahme nicht zugute käme - im Gegensatz zum Täter weiterhin zu bestrafen wäre. Dies würde zum Teil (worauf Mosbacher, aaO. Rn. 414 zu Recht hinweist) zu widersinnigen Ergebnissen führen. Auch dem Ausländer, der nur im Besitz einer Duldung ist, kann eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden. Es wäre widersprüchlich, wenn trotz dieser gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Arbeitgeber eines im Besitz einer Duldung befindlichen ausländischen Arbeitnehmers sich der Strafverfolgung wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt nach §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, 27 StGB aussetzen würde.

Im Hinblick auf die - aus der oben bereits dargelegten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.03.2003 zu entnehmende - grundsätzliche Gleichstellung der Duldung mit dem Anspruch auf Erteilung der Duldung gilt für den Duldungsanspruch das Ausgeführte entsprechend. Der Duldungsanspruch schließt danach ebenfalls den Tatbestand des unerlaubten Aufenthalts nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG aus (vgl. Mosbacher, NStZ 2003 489, 490), woraus in diesen Fällen auch die Straflosigkeit des Teilnehmers folgt.

Nach alledem war das angefochtene Urteil aufgrund der unzureichenden Feststellungen auf die Sachrüge hin aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen (§§ 349 Abs. 4, 353, 354 Abs. 2 StPO).

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Sollte nach den im einzelnen ausgeführten Grundsätzen ein unerlaubter Aufenthalt der ausländischen Arbeitnehmer festzustellen sein, käme eine Beihilfe zu deren unerlaubtem Aufenthalt gemäß §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, 27 StGB durch ihre Beschäftigung als Arbeitnehmer grundsätzlich in Betracht.

Beihilfe setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die objektive Förderung der konkreten Tat in physischer oder psychischer Hinsicht voraus, ohne daß die Hilfeleistung im engeren Sinne ursächlich für den Erfolg gewesen sein muß. Es reicht aus, wenn sie die den Tatbestand verwirklichende Handlung erleichtert oder fördert (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52 Aufl., § 27 Rn. 2 mwN.). Bei einem Dauerdelikt kann auch nach dessen Beginn noch solange Beihilfe geleistet werden, wie der Haupttäter den rechtswidrigen Zustand nicht beendet hat (BGH, Urteil vom 31.07.2003 - 5 StR 251/03).

Der Senat neigt dazu, an der im Senatsbeschluß vom 04.03.2003 (1 Ss 42/02) zum Ausdruck gekommenen Auffassung, wonach Unterstützungshandlungen wie die bloße Gewährung von Unterkunft und Verpflegung oder die Entlohnung von Arbeitsleistungen keine Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt darstellen sollen, wenn der Ausländer unabhängig davon zur Fortsetzung des unerlaubten Aufenthalts unter allen Umständen fest entschlossen ist und er keiner Bestärkung in seinem Tatentschluß mehr bedurfte, nicht mehr festzuhalten.

Diese in der obergerichtlichen Rechtssprechung zum Teil vertretene Auffassung (vgl. BayOblG, Beschluß vom 21.05.1999 - 4 St RR 86/99 - und Beschluß vom 25.06.2001 - 4 St RR 77/01; OLG Düsseldorf StV 2002, 312, KG, Beschluß vom 04.07.2001 - (4) 1 Ss 263/00 (195/00)) hat ihren Ausgangspunkt in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.06.1990 (BGH NJW 1990, 2207). Zu Recht weist König (in NJW 2002, 1625; "Kann einem omnimodo facturus Beihilfe geleistet werden?") darauf hin, daß die Rechtsprechung auf einer Fehlinterpretation dieser Entscheidung beruht. Zwar heißt es dort im Zusammenhang mit der Frage der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet: "An einer solchen Beihilfe oder Unterstützung würde es fehlen, wenn die Thailänderinnen auf jeden Fall entschlossen gewesen wären, ihrer Ausreisepflicht zuwiderzuhandeln, und wenn der Angeklagte sich darauf beschränkt hätte, ihnen durch die Beherbergung eine Unterbringung in menschenunwürdigen Verhältnissen zu ersparen." In den weiteren Urteilsgründen wird eine strafbare Beihilfe für den Angeklagten (der die Frauen nach den Feststellungen "nicht nur aus humanitären Gründen beherbergt, sondern ihnen bewußt die Voraussetzungen dafür gewährt hat, daß sie der Prostitution nachgingen") ausdrücklich bejaht und zwar unabhängig von einem etwaigen unbedingten Entschluß der Frauen zur Fortsetzung ihres illegalen Aufenthalts. Der Bundesgerichtshof wollte lediglich die Wohnungsgewährung aus rein humanitären Gründen ausgrenzen (wie den weiteren Ausführungen zu entnehmen ist, wonach weder der Umstand, daß der Angeklagte die Miete auch von anderen Mietern hätte erlangen können, als auch, daß er sich nicht zuletzt von Hilfsbereitschaft gegenüber Ausländern hat leiten lassen, an der strafbaren Beihilfe etwas änderte), wobei kein überzeugender Ansatz gewählt wurde.

Die Beurteilung "alltäglicher", "berufstypischer" oder im weitesten Sinne "sozialadäquater" Handlungen unter dem Aspekt der Beihilfe ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr ein Problem des subjektiven Tatbestands (vgl. BGH, Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, der eine generelle Straflosigkeit derartiger Handlungen verneint und auf eine wertende Betrachtung im Einzelfall, abhängig von dem Wissen des Hilfeleistenden von der deliktischen Verwendung seiner Unterstützung, abstellt).

Die Auffassung, wonach bei einem Dauerdelikt eine nach Schaffung der rechtswidrigen Lage geleistete Unterstützung für die Fortführung ursächlich sein muß und daher dem unter allen Umständen zur Fortsetzung seines unerlaubten Aufenthalts fest Entschlossenen, der keiner Bestärkung seines Tatentschlusses mehr bedurfte, keine Beihilfe geleistet werden könne, erscheint zu eng und mit der grundsätzlichen Systematik der Beihilfe nicht in Einklang zu bringen (vgl. BGH, Urteil vom 31.07.2003 - 5 StR 251/03 zum Waffenrecht; OLG Köln, Beschluß vom 25.03.2003 - Ss 92-93/03; Tröndle/Fischer, StGB, 52 Aufl., § 27 Rn. 2 d; König, aaO.). Es ist nicht ersichtlich, warum für Dauerdelikte im Rahmen der Beihilfe etwas anderes gelten soll als für Erfolgs- und Tätigkeitsdelikte, bei denen es gerade nicht darauf ankommt, ob ohne sie die Haupttat nicht begangen werden würde (vgl. Tröndle/Fischer, aaO.). Dies wird vor allem anhand von Beispielen aus den Bereichen anderer Dauerdelikte deutlich. Das Vorliegen einer strafbaren Beihilfe zu § 316 Abs. 1 StGB würde - worauf Fischer (in Tröndle/Fischer, aaO.) zu Recht hinweist - bei demjenigen, der einem "unter allen Umständen" zum Weiterfahren entschlossenen betrunkenen Fahrzeugführer als Beifahrer bei der Orientierung hilft, nicht in Zweifel gezogen werden.

Gründe für eine Abweichung von den allgemein für die Beihilfe geltenden Grundsätzen im Ausländerrecht (denn nur in diesem Bereich wird die angeführte Rechtsprechung bislang vertreten), die insbesondere zu einer Privilegierung von Arbeitgebern sich illegal aufhaltender Ausländer führt, sind nicht gegeben.

Dementsprechend wäre darauf abzustellen, ob durch die Handlung die Fortsetzung der Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung gefördert oder erleichtert wurde.

Dies liegt bei der Beschäftigung von sich unerlaubt in Deutschland aufhaltenden Ausländern gegen Entgelt nahe. Eine derartige Beschäftigung ermöglicht es dem Ausländer in der Regel erst, seinen Lebensunterhalt in Deutschland zu finanzieren und damit seinen unerlaubten Aufenthalt fortzusetzen.

Bei der Beurteilung, ob eine Förderung der Haupttat gegeben ist, können hypothetische Kausalverläufe keine Berücksichtigung finden. Entscheidend ist allein der konkrete Gehilfenbeitrag und seine Auswirkung (Tröndle/Fischer, aaO., Rn. 2; König, aaO.). Dementsprechend müssen auch Überlegungen, daß der Ausländer ansonsten durch eine Erwerbstätigkeit bei einem anderen Unternehmer oder durch die Finanzierung des Lebensunterhalts auf andere Weise seinen Aufenthalt sichern könnte, außer Betracht bleiben.

Weiterhin muß der Angeklagte zumindest bedingt vorsätzlich im Sinne eines Gehilfenvorsatzes gehandelt haben. Insofern ist nicht nur die Kenntnis über den illegalen Aufenthalt des ausländischen Arbeitnehmers erforderlich. Der Arbeitgeber muß zudem zumindest billigend in Kauf genommen haben, den unerlaubten Aufenthalt seiner Arbeitnehmer durch die Beschäftigung zu fördern. Dies wird regelmäßig der Fall sein, da der Wunsch des Arbeitgebers auf Weiterbeschäftigung mit der Förderung eines unerlaubten Aufenthalts des Arbeitnehmers verbunden sein wird. Darüber hinaus werden im Hinblick auf die meist geringeren Lohnkosten illegal Beschäftigter viele Arbeitgeber sogar ein starkes wirtschaftliches Interesse an der Fortdauer des unerlaubten Aufenthalts haben.

Der Tatrichter wird weiterhin zu prüfen haben, ob bei Vorliegen der Voraussetzungen für Haupttat und Beihilfe nicht eine Strafbarkeit nach § 92 a Abs. 1 Nr. 1 und/oder 2 AuslG in Betracht kommt.

Ende der Entscheidung

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