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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 1 U 11/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 839 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen unterlassener Beförderung in Anspruch.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein etwaiger Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Denn sie habe es versäumt, gegen die Beförderung ihrer Mitbewerber im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 VwGO vorzugehen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Feststellungsanträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, das Landgericht habe zu Unrecht eine Amtspflichtverletzung der Beklagten in Zweifel gezogen. Diese habe bereits in ihrem Schriftsatz vom 24. Oktober 2005 eingeräumt gehabt, die ihr am 21. Oktober 1998 erteilte Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Mai 1997 bis zum 30. April 1998 sei wegen der strikten Beachtung der in der Beurteilungsrichtlinie enthaltenen Quotenvorgaben fehlerhaft gewesen. Die neue Beurteilung vom 5./12. Juni 2003 mit einer um eine volle Note besseren Endnote bestätige dies. Ihrer Auswahlentscheidung vom 20. April 2000 habe die Beklagte jedoch die rechtswidrige Beurteilung vom 21. Oktober 1998 zu Grunde gelegt. Hierdurch habe sie ihre Amtspflicht zur leistungsgerechten Bewerberauswahl gemäß Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. § 8 Abs. 1 BBG, § 1 BLV verletzt.

Aufgrund dieser Amtspflichtverletzung sei sie nicht befördert worden. Wie sich aus der Mitteilung der Beklagten vom 8. März 2004 ergebe, wäre sie bei einer Beurteilung mit der Note 7 zur Beförderung vorgeschlagen worden. Hiernach wäre es zu erwarten und bei rechtmäßiger Entscheidung auch geboten gewesen, sie für eine Beförderung auszuwählen. In diesem Falle hätte sie am 8. Dezember 2000 die Ernennungsurkunde erhalten und wäre rückwirkend zum 1. Oktober 2000 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 BBesO eingewiesen worden.

Fehlerhaft sei auch die Annahme des Landgerichts, sie habe es im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB versäumt, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Beförderung ihrer Mitbewerber zu stellen. Ein solches Vorgehen sei ihr nicht zumutbar gewesen, da sie die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Beurteilung in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren nicht hätte glaubhaft machen können. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2003 (NJW 2003, S. 1308 ff.) finde § 839 Abs. 3 BGB keine Anwendung, wenn ein Rechtsmittel so geringe oder zweifelhafte Erfolgsaussichten biete, dass sein Gebrauch dem Geschädigten nicht zumutbar sei. So sei es in ihrem Fall gewesen.

Zwar habe der Zweitbeurteiler die starre Anwendung der Quoten ihr gegenüber in einem Gespräch unter vier Augen eingeräumt gehabt. Jedoch habe sie die starre Notenquotierung erst beweisen können, nachdem der Zeuge Z1 sie am 13. Februar 2003 in dem Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln eingeräumt gehabt habe. In einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren hätte sie eine Zeugenvernehmung nicht beantragen können, da § 123 Abs. 3 VwGO keine Beweisaufnahme vorsehe. Auch habe sich die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 25. August 1999 auf Erklärungen des Erst- und des Zweitbeurteilers berufen, wonach ihre Benotung "maßstabsgerecht" sei. Auf die Abgabe ihr günstiger eidesstattlicher Versicherungen des Erst- oder Zweitbeurteilers aufgrund entsprechender Aussagegenehmigungen habe sie nicht hoffen können. Unter diesen Umständen habe sie befürchten müssen, eine im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung der starren Notenquotierung werde ihr durch Abgabe einer eigenen eidesstattlichen Versicherung nicht gelingen. Der erfolglose Versuch ihres Kollegen, die Ernennung der Mitbewerber im Wege des Eilrechtschutzes zu verhindern, habe diese Befürchtung bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagte ihr zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet ist, die ihr aus der unterlassenen Beförderung zur Kriminalhauptkommissarin der Besoldungsgruppe A 12 BBesO seit dem 1. Oktober 2000 entstanden sind und noch entstehen werden, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf den Besoldungsschaden Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Das Landgericht habe zu Recht einen Anspruchsausschluss gemäß § 839 Abs. 3 BGB angenommen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz gegenüber der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorrangig. Der Klägerin sei ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch zumutbar gewesen. Aufgrund des mit ihrem Zweitbeurteiler geführten Gesprächs habe sie Kenntnis von der starren Notenquotierung gehabt; dies ergebe sich bereits aus ihren eigenen Ausführungen in dem Widerspruchsschreiben vom 4. November 1998. Den Inhalt ihres Gesprächs mit dem Zweitbeurteiler hätte sie in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren selbst an Eides statt versichern und damit glaubhaft machen können; die beiden beurteilenden Beamten hätten in einem Eilverfahren keine anderen Angaben machen können als in dem Hauptsacheverfahren.

Auch der Hinweis der Klägerin auf das von ihrem Kollegen angestrengte Eilverfahren verfange nicht. Der betreffende Kollege habe inzwischen erfolgreich bei dem zuständigen Oberverwaltungsgericht Antrag auf Zulassung der Beschwerde gestellt und einen Vergleich abgeschlossen. Dies belege die Effektivität des in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten vorrangig in Anspruch zu nehmenden Primärrechtsschutzes.

B.

I.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

1. Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Entgegen der von der Beklagten erstinstanzlich vertretenen Auffassung ist ein Feststellungsinteresse der Klägerin insgesamt zu bejahen, weil sich der von ihr geltend gemachte Beförderungsschaden noch in der Entwicklung befindet. In einem solchen Fall ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn eine teilweise Bezifferung des Schadens und die Geltendmachung dieses Teils im Wege der Leistungsklage möglich ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. September 1996, BGHZ 133, S. 271 ff., juris Rn. 15 f.; Urteil vom 30. März 1983, NJW 1984, S. 1552 ff., juris Rn. 20 ff., 27 ff.; Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 9. April 2002, NVwZ-RR 2003, S. 810 ff., juris Rn. 22; Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, § 256 Rn. 7a). Der von der Klägerin geltend gemachte Gehalts- und Versorgungsdifferenzschaden kann zwar für den zurückliegenden Zeitraum berechnet werden, nicht aber für die Zukunft. Die Höhe des ihr zukünftig noch entstehenden Schadens ist im Hinblick auf mögliche Änderungen der Besoldung und eine eventuell zu einem späteren Zeitpunkt erfolgende Beförderung der Klägerin noch offen.

Unabhängig davon ist mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 7. Juli 1983, VersR 1983, S. 1031 ff., juris Rn. 17 f.; siehe auch Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, § 256 Rn. 8) trotz der Möglichkeit, eine Leistungsklage zu erheben, ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO anzuerkennen, wenn zu erwarten ist, dass der Prozessgegner - weil es sich dabei um eine Behörde handelt - den gerichtlich festgestellten Anspruch auch ohne vollstreckungsfähiges Leistungsurteil befriedigen wird.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

a. Etwaige Amtshaftungsansprüche der Klägerin wegen Nichtbeförderung sind gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

aa. Zwar spricht vieles dafür, dass die Beklagte durch eine fehlerhafte Beurteilung der Klägerin und durch die auf der Grundlage dieser Beurteilung getroffene Auswahlentscheidung ihre Amtspflicht zur leistungsgerechten Bewerberauswahl gemäß Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. §§ 8 Abs. 1, 23 BBG, § 1 BLV verletzt hat.

Sie hatte bereits erstinstanzlich eingeräumt gehabt, die der Klägerin am 21. Oktober 1998 für den Zeitraum vom 1. Mai 1997 bis zum 30. April 1998 erteilte Regelbeurteilung sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil sie sich an die Quotenvorgaben in der Beurteilungsrichtlinie vom 1. Juli 1997 strikt gehalten habe. Die Festlegung von prozentualen Richtwerten für Beurteilungsnoten begegnet rechtlichen Bedenken, wenn sie keine hinreichend große Zahl von Beurteilten betrifft und sie für die Beurteiler strikt verbindlich ist (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Juni 1980, DÖD 1980, S. 224 ff., juris Rn. 30 ff., und Urteil vom 13. November 1997, DVBl 1998, S. 638 f., juris Rn. 15 ff.). Dasselbe gilt, wenn zwar die einschlägige Beurteilungsrichtlinie ein Überschreiten der Richtwerte im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit erlaubt, die beurteilenden Personen aber eine strikte Verbindlichkeit der Richtwerte angenommen haben. Hiernach dürfte die von den Zeugen Z1 und Z2 vor dem Verwaltungsgericht Köln bekundete strikte Anwendung der in der Beurteilungsrichtlinie vorgesehenen Beurteilungsquoten rechtswidrig gewesen sein.

Das Schreiben der Beklagten vom 8. März 2004, wonach sie die Klägerin bei einer Beurteilung mit der Note 7 zur Beförderung vorgeschlagen hätte, spricht ferner dafür, dass die geschilderte amtspflichtwidrige Beurteilungspraxis ursächlich für die unterbliebene Beförderung der Klägerin und ihre damit verbundenen finanziellen Nachteile gewesen ist.

Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung.

bb. Denn die Klägerin hat es zumindest fahrlässig unterlassen, einen ihr insoweit entstandenen Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, schließt § 839 Abs. 3 BGB ein Wahlrecht zwischen alsbaldigem Primärrechtsschutz gegen eine rechtswidrige Benachteiligung und einem späteren Schadensersatzbegehren aus (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. November 1990, BGHZ 113, S. 17 ff., juris Rn. 14; Urteil vom 5. Dezember 2002, NVwZ 2002, S. 502 f., juris Rn. 16; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 1. April 2004, NVwZ 2004, S. 1257 f., juris Rn. 13 ff.; Urteil vom 18. April 2002, NVwZ-RR 2002, S. 620 ff., juris Rn. 12 ff., 17; Urteil vom 9. Dezember 1999, DVBl 2000, S. 1128, juris Rn. 19; Urteil vom 28. Mai 1998, BVerwGE 107, S. 29 ff., juris Rn. 20). Eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB scheidet nicht schon dann aus, wenn die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel möglicherweise nicht erfolgreich gewesen wären, sondern erst, wenn die Inanspruchnahme von Rechtsschutz von vornherein aussichtslos erschien (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2003, NJW 2003, S. 1308, 1313; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. April 2002, NVwZ-RR 2002, S. 620 ff., juris Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 1990, DVBl 2000, S. 1128, juris Rn. 19; siehe auch Staudinger/Wurm, BGB, 2002, § 839 Rn. 358 mit weiteren Nachweisen). Dies ist in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit nicht allein deshalb anzunehmen, weil sich der Beamte zunächst gegen seine dienstliche Beurteilung gewehrt hat und diese erst nach Durchführung eines Rechtsstreits durch eine bessere ersetzt worden ist. Denn Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können auch unmittelbar in einem verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenstreit geltend gemacht werden (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. April 2002, NVwZ-RR 2002, S. 620 ff., juris Rn. 15; siehe auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Auflage 2005, Rn. 70).

Ob es der Verletzte im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB schuldhaft unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen, beurteilt sich nach dem Maß an Umsicht und Sorgfalt, das von einem Angehörigen des Verkehrskreises zu verlangen ist, dem der Verletzte angehört; dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. November 1990, BGHZ 113, S. 17 ff., juris Rn. 22; Staudinger/Wurm, BGB, 2002, § 839 Rn. 357).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist es als fahrlässig im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB zu werten, dass die Klägerin keinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestellt hat, um eine Besetzung der von ihr erstrebten Beförderungsstelle zu verhindern.

Die Klägerin verfügte als Kriminalkommissarin über die Fähigkeit und ausweislich ihrer Widerspruchsbegründung vom 4. November 1998 auch über die erforderlichen Tatsachenkenntnisse, um ihren Bewerbungsverfahrensanspruch in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren mit Erfolgsaussicht geltend zu machen; zudem war sie bereits im Widerspruchsverfahren anwaltlich beraten.

Ihr Einwand, ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sei mangels Beweismöglichkeiten von vornherein aussichtslos und ihr deshalb nicht zumutbar gewesen, greift nicht durch. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO hätte es insoweit genügt, wenn die Klägerin die rechtswidrige starre Notenquotierung durch die Beklagte gemäß § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht hätte (vgl. Redeker/v. Oertzen, VwGO, 13. Auflage 2000, § 123 Rn. 16; Eyermann/ Fröhler/Happ, VwGO, 11. Auflage 2000, § 123 Rn. 51). Hierzu war die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen in der Lage, nachdem der Zweitbeurteiler ihr in einem persönlichen Gespräch das rechtswidrige Beurteilungsverfahren der Beklagten bestätigt gehabt hatte. Den Inhalt des mit dem Zeugen Z2 geführten Gesprächs hätte die Klägerin an Eides statt versichern und damit die Fehlerhaftigkeit der von der Beklagten getroffenen Auswahlentscheidung glaubhaft machen können. Eine eigene eidesstattliche Versicherung des Beweisführers ist nach § 294 Abs. 1 ZPO ausdrücklich als Mittel zur Glaubhaftmachung zugelassen (vgl. nur Zöller/Geimer/Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 294 Rn. 4). Gegenläufige eidesstattliche Versicherungen der Zeugen Z1 und Z2 waren - wie die Beklagte zu Recht anmerkt - nicht zu erwarten. Da die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten effektiven Rechtsschutz gewähren müssen und daher die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht überspannen dürfen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 24. September 2002, DVBl 2002, S. 1633 ff., juris Rn. 10 ff.), hätte das von der Klägerin angerufene Verwaltungsgericht eine von ihr abgegebene eidesstattliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung zulassen müssen. Auch hätte das Gericht keine weitergehende Glaubhaftmachung von der Klägerin verlangen dürfen, dass sie bei rechtmäßiger Beurteilung durch die Beklagte einem der ausgewählten Mitbewerber wahrscheinlich oder auch nur möglicherweise vorgezogen worden wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 24. September 2002, DVBl 2002, S. 1633 ff., juris Rn. 11). Deshalb fehlte einem von der Klägerin zu stellenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keineswegs von vornherein die Erfolgsaussicht.

Aus dem von der Klägerin herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2003 (NJW 2003, S. 1308 ff., 1313) ergibt sich nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hatte in dem vom ihm zu entscheidenden Fall wegen besonderer Unwägbarkeiten und einer höchstrichterlich zu beseitigenden Rechtswegunsicherheit die Einlegung eines Rechtsmittels wegen seiner geringen Erfolgsaussichten ausnahmsweise für unzumutbar gehalten (zur Berücksichtigung der Rechtspraxis im Zeitpunkt des anzubringenden Rechtsbehelfs vgl. auch Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Oktober 2003, BGHZ 156, S. 294 ff., juris Rn. 15).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Sowohl der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG als auch der Vorrang des Primärrechtsschutzes gegenüber einem Schadensersatzbegehren waren zur Zeit der streitgegenständlichen Regelbeurteilung der Klägerin bereits höchstrichterlich geklärt (vgl. insbes. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 19. September 1989, NJW 1990, S. 501; Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. April 1995, BGHZ 129, S. 226 ff., juris Rn. 10 ff., 25). Besondere Unwägbarkeiten oder Rechtsunsicherheiten, die der Klägerin einen Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO hätten unzumutbar machen können, bestanden insoweit nicht.

Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht mit dem Hinweis auf die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln in dem von ihrem Kollegen angestrengten Eilverfahren entlasten. Zum einen hat die Klägerin nicht dargelegt, dass ihr Kollege dem Verwaltungsgericht zur Glaubhaftmachung der behaupteten starren Notenquotierung eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt hatte. Zum anderen hätte die Klägerin, falls das Verwaltungsgericht zu hohe Anforderungen an eine Glaubhaftmachung gestellt hätte, gegen eine fehlerhafte ablehnende Entscheidung mit Erfolgsaussicht sofortige Beschwerde einlegen können (zu dem Erfordernis, gegen eine erstinstanzliche Entscheidung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sofortige Beschwerde einzulegen, um die Rechtsfolge des § 839 Abs. 3 BGB zu vermeiden, vgl. Oberlandesgericht München, Beschluss vom 9. August 2004, NVwZ-RR 2006, S. 228 ff., juris Rn. 9 ff.). Ob dies dem Kollegen der Klägerin gelungen ist - wie die Beklagte vorträgt -, kann insoweit dahinstehen.

b. Unter diesen Umständen wären auch Schadensersatzansprüche, die der Klägerin wegen Verstoßes der Beklagten gegen Art. 33 Abs. 2 GG aus dem Beamtenverhältnis zustehen könnten (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. August 2005, BVerwGE 124, S. 99 ff., juris Rn. 16 mit weiteren Nachweisen), nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 1. April 2004, NVwZ 2004, S. 1257 f., juris Rn. 13 ff.; Urteil vom 18. April 2002, NVwZ-RR 2002, S. 620 ff., juris Rn. 12 ff., 17; Urteil vom 9. Dezember 1999, DVBl 2000, S. 1128, juris Rn. 19; Urteil vom 28. Mai 1998, BVerwGE 107, S. 29 ff., juris Rn. 20).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

IV.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens beträgt gemäß § 47 Abs. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 5 Satz 2 mit Satz 1 GKG 23.357,56 € (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. September 2002, NVwZ-RR 2003, S. 246 f., juris Rn. 5 zu § 13 Abs. 4 Satz 2 GKG a. F.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschlüsse vom 12. Oktober 2005, NVwZ-RR 2006, S. 655 f., juris Rn. 4 u. 7, und vom 20. Dezember 2004, NVwZ-RR 2005, S. 366, juris Rn. 8). Da zu erwarten gewesen wäre, dass die Beklagte einen gerichtlich festgestellten Zahlungsanspruch der Klägerin auch ohne vollstreckungsfähiges Leistungsurteil befriedigt (siehe oben I. 1.), war für die Feststellungsklage der volle Wert anzusetzen.

Ende der Entscheidung

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