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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.12.2001
Aktenzeichen: 1 U 115/00
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG § 6 Abs. 3
AGBG § 10 Nr. 1
BGB § 273
BGB § 320
BGB §§ 459 ff.
ZPO § 711
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Zur Auslegung der Vereinbarung in einer notariellen Urkunde, ein Grundstück werde "zum Zwecke der Bebauung" veräußert, nach Änderung einer Planfeststellung
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 115/00

Verkündet am 17.12.2001

In dem Rechtsstreit ...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.06.2000 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstrekkung durch Sicherheitsleistung von 35.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten. Der Wert der Beschwer wird auf 381.800,25 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt, die Zwangsvollstreckung, die die Beklagten aus der im Klageantrag genannten notariellen Urkunde betreiben, für unzulässig zu erklären.

Die Klägerin kaufte unmittelbar nach der Wende" an verschiedenen Orten der früheren DDR unbebaute Grundstücke, um diese zum Gewerbebauland zu entwickeln. Auch in J.- L. kaufte die Klägerin Anfang 1991 eine Anzahl von Grundstücken der Gemarkung L., Flur ... und ... südlich der Autobahn. Für diese Flächen hatte der Rat der Stadt J. am 16.05.1990 die Aufstellung einer Bauleitplanung nebst Veränderungssperre beschlossen (Amtsblatt der Stadt vom 06.06.1990, Bl. 427 d.A.). Am 29.08.1990 kam es zwischen der Klägerin und der Stadt J. zu einer grundsätzlichen Einigung über die Unterstützung der Klägerin seitens der Stadt bei der städtebaulichen Konzeption, mit der die Klägerin den Architekten K. (früher H.-P., jetzt Fa. Ku.) beauftragte. Außerdem entschloss sich die Klägerin zum Ankauf der im Plangebiet gelegenen Grundstücke. Sie ließ sich von den Eigentümern der Grundstücke Kaufangebote unterbreiten, die der Notar Dr. Kr. entsprechend einer Abstimmung mit Herrn Hi., einem Mitarbeiter der Klägerin, gleichlautend für alle angestrebten Grundstückskaufverträge entworfen hat. Die Klägerin war bereit, für alle Flächen des Plangebietes einen Kaufpreis von 45 DM/qm zu zahlen. Die ebenfalls am Erwerb dieser Flächen interessiert gewesene Stadt J. hatte den Eigentümern einen Kaufpreis von 35 DM/qm angegeben.

Gemäß notarieller Urkunde vom 17.12.1990 (Bl. 12 ­ 31 d.A.) unterbreiteten die Beklagten gemeinsam mit der von ihnen zu je 1/2 beerbten Frau G. D. ein Kaufangebot für das in ihrem Eigentum stehende Grundstück Flur ... (irrtümlich als Flur ... bezeichnet), Flurstück 31, mit einer Fläche von 8.931 qm. Dieses Kaufangebot nahm die Klägerin am 14.02.1991 in notarieller Form an (Bl. 32 ­ 43 d.A.). Nach I. des Kaufangebotes erfolgte der Verkauf zum Zwecke der Bebauung des Vertragsgrundbesitzes mit Gewerbebauvorhaben. Die Vertragsteile verpflichten sich gegenseitig, unverzüglich alles ihnen zumutbare zu tun, um eine rasche Bebaubarkeit des Vertragsgrundbesitzes zu erreichen, und alles zu unterlassen, was eine Verzögerung der Bebaubarkeit zur Folge haben könnte". Nach einer Anlage zum Kaufangebot beträgt der vereinbarte Kaufpreis DM 45,-- pro qm, sonach bei 8.931 qm DM 401.895,--." Nach III.2. des Kaufangebotes ist vom Kaufpreis ein Teilbetrag von 5 % innerhalb von 14 Tagen nach näher bestimmten Voraussetzungen an die Verkäufer zu zahlen. Über die Zahlung des weiteren Kaufpreisteiles wurde vereinbart: Der Kaufpreisrestbetrag in Höhe von 95 % ... ist innerhalb von 14 Tagen nach tatsächlicher Bebaubarkeit des Vertragsgrundbesitzes mit Gewerbebauvorhaben kostenfrei zur Zahlung auf ein Notaranderkonto des beurkundenden Notars fällig, und zwar unabhängig von der Rechtskraft des Bebauungsplanes, nicht jedoch vor Fälligkeit der ersten Kaufpreisrate .... Das Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzung für den Kaufpreisrestteil von 95 % werden die Vertragsteile selbst feststellen und dem Notar schriftlich übereinstimmend mitteilen. Können sich die Vertragsteile über den Zeitpunkt der tatsächlichen Bebaubarkeit des Vertragsgrundbesitzes nicht einigen, entscheidet hierüber ein von der für die örtliche Gemeinde belegenden Sache zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennender Sachverständige".

Die Klägerin unterwarf sich gemäß IV. der Annahmeerklärung vom 14.02.1991 (Urkunde Nr. 249 K/91 des Notars Dr. H-D. Kr. in Sf.) wegen der eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen (Bl. 35 d.A.).

Die Klägerin hatte sich zur Annahme des Angebotes entschlossen auf der Grundlage des Planaufstellungsbeschlusses des Rates der Stadt J. vom 16.05.1990 und der erörterten planerischen Absicht der Stadt, die Autobahn zu überdeckeln und den Deckel zu überbauen. Herr Sch., der als Vertreter der Klägerin für diese die Annahme des Kaufangebotes erklärte, ging davon aus, dass sämtliche Grundstücke südlich der Autobahn vom Autobahnrand aus in den Bereich des aufzustellenden Bebauungsplanes fallen würden und wegen der Überdeckelung der Autobahn auch bebaut werden könnten.

Am 07.03.1991 kam es zu einer Beratung zwischen Vertretern der Klägerin und der Stadt J. über das Zusammenwirken bei der Errichtung und Vermarktung des Gewerbegebietes (Protokoll vom 07.03.1991, Bl. 432 ff.) und zu einer Vorstellung des Konzeptes der Klägerin für eine Überdeckelung der Autobahn (Ergebnisprotokoll vom 07.03.1991, Bl. 448 ff. d.A.). Auch das weiter entwickelte Konzept des Architekten K., das am 07.12.1992 bei der Klägerin einging, sah nach Gesprächen mit dem Autobahnamt eine Überdeckelung der Autobahn mit Überbauung vor (Bl. 439 d.A.).

Der Planaufstellungsbeschluss des Rates der Stadt J. vom 14.05.1990 wurde wegen eines Fehlers gemäß Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 18.09.1991 aufgehoben. Zugleich wurde die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes für L.-Süd beschlossen (Beschlussvorlage vom 12.09.1991 und Beschluss vom 18.09.1991, Bl. 451 ­ 455 d.A.).

Weil die Autobahnentwicklung noch Zeit brauchte, schlug die Klägerin der Stadt J. am 02.03.1992 vor, das Gewerbegebiet unabhängig von der Autobahn zu entwickeln. Am 01.07.1992 wurden die Planentwürfe für die Teilgebiete LS 1, 3 und 4 von der Stadtverordnetenversammlung gebilligt. Kurz darauf wurde ihre Auslegung öffentlich bekannt gemacht. Im April 1993 schlossen die Klägerin und die Stadt J. einen Erschließungsvertrag, wonach sich die Klägerin zur Durchführung der Erschließung des gesamten Plangebietes verpflichtete und 90 % der Erschließungskosten zu tragen hatte. Wegen der langen Dauer des Bebauungsplanverfahrens wurden einzelne Grundstücke durch Vorhaben- und Erschließungspläne baureif gemacht (Baumarkt Hornbach, DEKRA und Aral-Tankstelle). Am 12.04.1995 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Stadt J. Planänderungen zu den Teilbebauungsplänen LS 3 und LS 4 (Bl. 456 ­ 468 d.A.), am 28.07.1995 wurde der Bebauungsplan für das Teilgebiet LS 1 bestandskräftig. Das von den Beklagten an die Klägerin verkaufte Grundstück befindet sich im Plangebiet LS 3.

Im Verlauf des Planverfahrens erhob das Autobahnamt Einwände gegen die zu teuer erscheinende Überdeckelung der Autobahn und deren vorgesehene Bebauung. Ein Entscheidungsentwurf zum Ausbau der Bundesautobahn von November 1993 (Bl. 472 ­ 497 d.A.) wurde nicht verwirklicht. Am 12.11.1999 beantragte das Autobahnamt Thüringen die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz (Schreiben des Autobahnamtes vom 02.02.2000, Bl. 425 d.A.). Nach dem mit dem Antrag vorgelegten Lageplan Unterlage 7 Bl. 3, geprüft am 06.03.2000 (Bl. 504 d.A.) liegt das Kaufgrundstück überwiegend in einem Bereich, in dem die Autobahn in einem Tunnel verlaufen soll. Nach dem Grunderwerbsplan (Bl. 508 d.A.) soll von dem Kaufgrundstück, dessen Ge- samtfläche mit 9.180 qm angegeben wird, eine Teilfläche von 8.000 qm vom Träger der Straßenbaulast auf Dauer erworben werden und eine Teilfläche von 160 qm vom Träger der Straßenbaulast vorübergehend in Anspruch genommen werden (Auszug Grunderwerbsverzeichnis Bl. 581 d.A.). Mit Schreiben vom 23.07.2001 übersandte das Autobahnamt Thüringen der Klägerin eine Aufstellung der für den Autobahnausbau benötigten Flächen und forderte die Klägerin zum Verkauf auf (Bl. 585 ­ 601 d.A.). Nach dem dem Schreiben des Autobahnamtes beigefügten Wertgutachten sollen die Preise für Flächen innerhalb des 40-Meter-Schutzstreifens neben der Autobahn 4, 20,-- DM pro qm, für Flächen im Schutzstreifenbereich von 40 m bis 100 m 21,-- DM pro qm sowie für Bauerwartungsland 42,-- DM pro qm betragen.

Nach Eintritt der in III.2. des notariellen Kaufangebotes vom 17.12.1990 eingetretenen Voraussetzungen zahlte die Klägerin an die Beklagten 5 % des Kaufpreises. Wegen der restlichen Kaufpreisforderung von 381.800,25 DM erwirkten die Beklagten beim Amtsgericht Frankfurt am Main einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Bl. 48, 49 d.A.).

Die Klägerin hält die Zwangsvollstreckung wegen des Restkaufpreises für unzulässig. Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch der Beklagten auf den Kaufpreisrest sei noch nicht entstanden, weil die tatsächliche Bebaubarkeit des Grundstückes noch nicht eingetreten sei und es sich hierbei nicht lediglich um eine Fälligkeitsregelung, sondern um eine Bedingung für das Entstehen des weiteren Kaufpreisanspruches handele. Da das Grundstück der Beklagten mit Rücksicht auf den geplanten Autobahnausbau nicht bebaubar gemacht werden könne, fehle es jedenfalls an der Fälligkeit der zweiten Kaufpreisrate.

Die Klägerin hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus den notariellen Urkunden des Notars Dr. H-D. Kr. in Sf. vom 17.12.1990 ­ UR 2... K/90 ­ und vom 04.02.1991 ­ UR ...K/91 ­ für unzulässig zu erklären und zu erkennen, dass den Beklagten Ansprüche aus den vorgenannten notariellen Urkunden derzeit nicht zustehen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, das von ihnen an die Klägerin verkaufte Grundstück sei bereits seit 1991 bebaubar gewesen. Die Klägerin sei der vertraglich vereinbarten Pflicht zur Entwicklung des hier verkauften Grundstückes nicht nachgekommen. Sie hätte schon 1991 oder 1992 alle Grundstücke des Gewerbegebietes baureif machen können und dadurch baurechtliche Fakten schaffen können, die das Autobahnamt zur Änderung seiner Planung gezwungen hätten. Seit geraumer Zeit übernehme die Klägerin überhaupt keine Anstrengungen zur Entwicklung des Gewerbegebietes mehr. Das ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Klägerin ihre Niederlassung in T. geschlossen habe, die zuletzt das Projekt betreut habe. Mit Rücksicht auf das Schreiben vom 27.08.1999 dürfe sich die Klägerin nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass nach der notariellen Vereinbarung die Feststellung der Fälligkeitsvoraussetzung einem Schiedsgutachter vorbehalten worden sei. Die Klägerin sei selbst dann zur Zahlung der zweiten Kaufpreisrate verpflichtet, wenn das Grundstück nicht mehr bebaut werden könne, weil es für den Autobahnausbau benötigt werde. Spätestens bei Annahme des Kaufangebotes sei der Klägerin bekannt gewesen, dass der Ausbau der Autobahn in Betracht gezogen werde. Die Verwendbarkeit des Grundstückes zu den von der Klägerin verfolgten Zwecken liege in deren Risikobereich.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E., Do., K., M., F., Mr. und Sch.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 08.05.2000 (Bl. 310 ­ 320 d.A.) Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage durch am 16.06.2000 verkündetes Urteil abgewiesen (Bl. 367 ­ 377 d.A.). Die Klägerin hat gegen das ihr am 06.07.2000 zugestellte Urteil am 07.08.2000 (Montag) Berufung eingelegt und das Rechtsmittel gleichzeitig begründet.

Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, dass die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde unzulässig sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Entstehung des Anspruches auf Zahlung der zweiten Kaufpreisrate durch Eintritt der tatsächlichen Bebaubarkeit bedingt. Jedenfalls hätten die Beklagten den Anspruch auf den zweiten Kaufpreisteil deshalb verloren, weil ihnen die Erfüllung der vertraglichen Hauptleistungspflichten mit Rücksicht auf die bestehenden objektiven bauplanungs-rechtlichen Hindernisse unmöglich sei. Die Planung des Autobahnausbaues schließe eine Bebauung des Grundstückes der Beklagten aus. Die allgemeinen Regelungen zur Unmöglichkeit seien anwendbar, weil es sich bei der von beiden Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend in der Zukunft erwarteten Bebaubarkeit nicht um ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache handele. Auch seien die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht anwendbar, weil der Vertrag das Risiko der Bebaubarkeit dem Verkäufer zuweise. Allenfalls wegen der Teilfläche von 1.020 qm, die nach den Plänen des Autobahnamtes Thüringen für den Ausbau der Autobahn nicht benötigt würde, könne ein Kaufpreisanspruch der Beklagten entstehen. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die vertragliche Regelung der Fälligkeit der zweiten Kaufpreisrate auch nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Die Fälligkeitsklausel entspreche dem gesetzlichen Leitbild der §§ 273, 320 BGB, wonach dem Käufer ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Vertragserfüllung zustehe. Die Fälligkeitsregelung enthalte auch keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten, weil diese wegen der Bebauungshindernisse ohnehin keinen höheren Preis als für landwirtschaftliche Flächen (2,-- DM pro qm) zu erzielen könnten, tatsächlich aber bereits 2,25 DM pro qm erhalten haben. Die vertragliche Regelung über die Zahlung des zweiten Kaufpreisteiles verstoße auch nicht gegen § 10 Nr. 1 AGBG. Das ergebe sich schon daraus, dass es sich um eine Bedingung für die Entstehung der Leistungspflicht der Klägerin handele. Selbst wenn man die Regelung als Fälligkeitsbestimmung ansehe, sei § 10 Nr. 1 AGBG nicht anwendbar, weil es sich bei dem Eintritt der tatsächlichen Bebaubarkeit um ein Ereignis handele, das nicht im Einflussbereich der Klägerin als Verwender der Klausel liege.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlich gestellten Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass ihnen die Erfüllung ihrer vertraglichen Leistungspflicht nicht unmöglich geworden sei, weil sie nicht die Übereignung eines bebaubaren Grundstückes schuldeten. Vielmehr liege die Bebaubarkeit allein im Risikobereich der Kläge- rin. Bei der vertraglichen Regelung über die Zahlung der zweiten Kaufpreisrate handele es sich um eine Fälligkeitsklausel, die wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam sei. Der Kaufpreis sei zumindest deshalb fällig geworden, weil die Klägerin den Eintritt der Bebaubarkeit treuwidrig vereitelt habe. Jedenfalls ab Ende 1998/Anfang 1999 unternehme die Klägerin keine Anstrengungen mehr zur Entwicklung des Gewerbegebietes, sondern wolle sich aus dem Vorhaben zurückziehen. Das ergebe sich auch daraus, dass sie im März 1996 allen Grundstücksverkäufern die Rückabwicklung der Verträge angeboten habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen der Beklagten zu Protokoll am 13.08.2001 (Bl. 561, 562 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht Einwendungen der Klägerin, die den in der vollstreckbaren notariellen Urkunde festgestellten Anspruch selbst betreffen, verneint (§§ 767 Abs. 1, 795, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).

Die Beklagten können von der Klägerin den in der notariellen Urkunde vom 17.12.1990 vereinbarten Kaufpreis von 401.895,-- DM abzüglich gezahlter 20.094,75 DM beanspruchen.

Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung des zweiten Kaufpreisteiles von 95 % des Gesamtpreises ist nicht aufschiebend bedingt durch den Eintritt der tatsächlichen Bebaubarkeit des Grundstückes. Nach dem klaren Wortlaut des Vertrages (III Nr. 1 und 2) sollte die tatsächliche Bebaubarkeit lediglich eine Fälligkeitsvoraussetzung für die Zahlung des Kaufpreisrestbetrages von 95 % sein.

Die Klägerin ist von der Verpflichtung zur Zahlung des Restkaufpreises auch nicht deshalb frei, weil den Beklagten die ihrerseits geschuldete Leistung unmöglich geworden wäre (§ 275 BGB). Unabhängig von der Frage, welche Vertragspartei das Risiko des Nichteintritts der Bebaubarkeit zu tragen hat, schulden die Beklagten der Klägerin lediglich die Übergabe und Übereignung des im Vertrag genannten Grundstückes. Die Erfüllung dieser Leistungspflichten ist ihnen weiterhin möglich.

Ein Leistungsverweigerungsrecht wegen des Bestehens eines Anspruches auf Wandlung oder Minderung wegen fehlender Bebaubarkeit des Grundstückes steht der Klägerin nicht zu.

Allerdings ist das Grundstück fehlerhaft, weil es sich zu einer Bebauung mit Gewerbebauvorhaben nicht eignet. Die Bebaubarkeit eines Grundstückes ist grundsätzlich eine (zusicherungsfähige) Eigenschaft und kann Gegenstand einer vertraglichen Beschaffenheitsangabe sein. Das gilt aber nur dann, wenn die Bebaubarkeit im Zeitpunkt des Gefahrüberganges (§ 459 BGB) bzw. des Vertragsabschlusses (§ 463 BGB) vorliegt (BGHZ 117, 159, 162, 163). Hier handelt es sich bei der tatsächlichen Bebaubarkeit um eine vertragliche Beschaffenheitsangabe. Das ergibt sich aus I. des Kaufangebotes, wonach der Verkauf zum ZwE. der Bebauung des Vertragsgrundbesitzes mit Gewerbebauvorhaben erfolgt. Grundsätzlich ist der jeweils vertraglich vorausgesetzte Verwendungszweck maßgeblich für die Frage, ob der tatsächliche Zustand der Kaufsache von dem Zustand abweicht, den die Vertragsparteien bei Abschluss des Kaufvertrages gemeinsam vorausgesetzt haben und demgemäß ein Fehler der Kaufsache vorliegt (BGH NJW-RR 1995, 364). So liegt es hier. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Vertragsgrundstück um Bauerwartungsland handelte. Das Grundstück lag in dem Gebiet, für das der Rat der Stadt J. am 16.05.1990 die Aufstellung einer Bauleitplanung beschlossen hatte. Demgemäß war bei Vertragsschluss unklar, wann und mit welchen inhaltlichen Festsetzungen ein Bebauungsplan beschlossen werden würde. Da die Parteien gleichwohl das Grundstück nicht lediglich als Bauerwartungsland bezeichneten, sondern als Vertragszweck die Bebauung des Vertragsgrundbesitzes mit Gewerbebauvorhaben nannten, machten sie diese Eigenschaft zu einer vertraglichen Beschaffenheitsangabe. Diese Beschaffenheitsangabe bezieht sich nicht auf eine künftige Bebaubarkeit. Nach der Vorstellung der Parteien sollte die tatsächliche Bebaubarkeit zwar erst nach dem Vertragsabschluss, aber noch vor Gefahrübergang eintreten. Das folgt aus der Regelung des Gefahrüberganges in V. des Vertrages. Danach sollte die Gefahr einer zufälligen Verschlechterung oder eines zufälligen Unterganges ab Kaufpreisfälligkeit auf den Käufer übergehen. Die Kaufpreisfälligkeit wiederum sollte 14 Tage nach tatsächlicher Bebaubarkeit eintreten (III. Nr. 2 des Vertrages). Das bedeutet, dass die tatsächliche Bebaubarkeit nach der Vorstellung der Parteien bei Gefahrübergang eingetreten sein sollte. Gegenstand der vertraglichen Beschaffenheitsangabe ist dem gemäß nicht eine erst zukünftig (nach Gefahrübergang) eintretende Bebaubarkeit.

Die Bebaubarkeit eines Grundstückes, für die der Verkäufer nach den §§ 459 ff. BGB einzustehen hat, ist gegeben, wenn zu den danach maßgeblichen Zeitpunkten der Bebauung keine objektiven baurechtlichen Hindernisse entgegen stehen. Ob auch die zur Errichtung des Baues erforderlichen behördlichen Genehmigungen vorliegen oder erteilt werden, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Es ist demgemäß ohne Bedeutung, ob die zuständige Behörde eine Baugenehmigung rechtswidrig verweigert oder sachwidrig verzögert (BGHZ 117, 159, 163; NJW 1987, 2513). Es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass der in III. des Kaufvertrages verwendete Begriff tatsächliche Bebaubarkeit" einen anderen Inhalt hat als der in I. des Vertrages im Zusammenhang mit der vertraglichen Beschaffenheitsangabe verwendete Begriff Bebaubarkeit". Es liegt fern anzunehmen, dass die Parteien das Grundstück als tatsächlich bebaubar" auch dann ansehen wollten, wenn die Möglichkeit zur Errichtung eines formell oder materiell illegalen Baues bestand. Da der Begriff der Bebaubarkeit eine generelle Nutzungsmöglichkeit eines Grundstückes bezeichnet, die von einer konkreten Planung und Baugenehmigung nicht abhängig ist, liegt auch die Annahme fern, die Parteien wollten den Eintritt der Fälligkeit und des Gefahrüberganges von dem Vorliegen einer Baugenehmigung abhängig machen. Anderenfalls wäre auch die nach III. Nr. 2 des Vertrages vorgesehene Bestimmung der tatsächlichen Bebaubarkeit durch einen Sachverständigen sinnlos. Danach unterscheidet sich die Bedeutung der tatsächlichen Bebaubarkeit" nicht davon, wie der Begriff der Bebaubarkeit im Allgemeinen zu verstehen ist.

Bei der nach dem Vertrag vorausgesetzten Bebaubarkeit des Grundstückes handelt es sich lediglich um eine vertragliche Beschaffenheitsangabe, nicht aber um eine zugesicherte Eigenschaft. Eine ausdrückliche Zusicherung ist im Vertrag nicht enthalten. Nichts anderes gilt für eine konkludente Zusicherung. Gegen die Annahme, bei der Bebaubarkeit des Grundstückes handele es sich um eine konkludent zugesicherte Eigenschaft, spricht der Umstand, dass es sich bei dem Grundstück um Bauerwartungsland handelte. Es lag in dem Gebiet, für das der Rat der Stadt J. am 16.05.1990 die Aufstellung einer Bauleitplanung beschlossen hatte. Der Fortgang und das Ergebnis der Bauleitplanung war für beide Vertragsparteien nicht absehbar, für die Beklagten als Verkäufer auch nicht zu beeinflussen. Demgemäß liegt fern anzunehmen, dass die Beklagten für den Eintritt der außerhalb ihres Einflussbereiches liegenden Bebaubarkeit die Gewähr übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens einstehen wollten. Vor allem aber waren sich die Vertragsparteien darüber einig, dass das Grundstück im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bebaubar war. Zusicherungsfähig sind nur solche Eigenschaften, die nach der Vorstellung der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen sollen (§ 463 BGB). Das trifft vorliegend unstreitig nicht zu.

Das Kaufgrundstück ist fehlerhaft, weil es (weiterhin) nicht bebaubar ist. Das ergibt sich daraus, dass das Autobahnamt Thüringen nach dem derzeitigen Stand des Planfeststellungsverfahrens 8.000 qm des Kaufgrundstückes erwerben und weitere 160 qm vorüber gehend in Anspruch nehmen will. Auch im übrigen ist das Grundstück nicht bebaubar, da das Planverfahren der Stadt J. zur Aufstellung einer Bauleitplanung fortdauert und das Grundstück weiterhin nicht erschlossen ist. Aus der (weiterhin) fehlenden Bebaubarkeit des Grundstückes kann die Klägerin indes keine Gewährleistungsansprüche herleiten, unabhängig davon, ob die Preisgefahr bei zufälliger Unmöglichkeit, Untergang oder Verschlechterung der Kaufsache auf die Klägerin übergegangen ist. Denn die Parteien haben die Gewährleistungsansprüche für den Fall, dass Bebaubarkeit nicht eintritt, ausgeschlossen. Die Regelung in VI. des Vertrages, wonach eine weitergehende Haftung, insbesondere für die Freiheit von Sachmängeln aller Art ... sowie die Verwertbarkeit für die Zwecke des Käufers" ausgeschlossen wird, beinhaltet dem klaren Wortlaut nach den Gewährleistungsausschluss für den Fall, dass das Kaufgrundstück für den Vertragszweck nach I. der Vereinbarung nicht verwertbar ist. Danach stehen der Klägerin Ansprüche auf Wandlung oder Minderung, die sie dem Kaufpreisanspruch der Beklagten einredeweise entgegen halten könnte, nicht zu.

Eine Einrede der Klägerin gegen den Anspruch der Beklagten auf Zahlung des Restkaufpreises kann sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ergeben. Mit Rücksicht auf den vertraglichen Gewährleistungsausschluss für den Fall, dass Bebaubarkeit nicht eintritt, ist für eine ergänzende Vertragsauslegung kein Raum. Aus dem gleichen Grund kommt auch die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu Gunsten der Klägerin nicht in Betracht.

Allerdings werden die Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage teilweise nicht als durch die Sonderregelung über die Sachmängelgewährleistung verdrängt angesehen, sofern bei Fehlern der Vertragszweck infolge eines außerhalb der Beschaffenheit der Sache liegenden Umstandes unerreichbar wird (vgl. Palandt/Putzo, 60. Aufl., BGB vor § 459 Rn. 12 m.w.N.). Indes kommt eine Vertragsanpassung (etwa Minderung des Kaufpreises oder Rückabwicklung) selbst dann nicht in Betracht, wenn man hier ausnahmsweise die Grundsätze über Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage als anwendbar ansieht. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist kein Raum, wenn nach der vertraglichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft (BGHZ 74, 370, 373 m.w.N.). So liegt es hier. Nach der vertraglichen Regelung hat die Klägerin das Risiko zu tragen, dass Bebaubarkeit (endgültig) nicht eintritt.

Bei dem Vertragsgrundstück handelt es sich ­ wie ausgeführt ­ um Bauerwartungsland. Der Kauf von Bauerwartungsland schließt typischerweise ein Element der Unsicherheit ein, weil in aller Regel gerade nicht feststeht, ob und ggfls. wann das Grundstück bebaubar werden wird. Sind ­ wie normalerweise in einem solchen Falle ­ Störungen der Geschäftsgrundlage voraussehbar, so ist es grundsätzlich Sache des betroffenen Vertragspartners, sich gegen die daraus drohenden Nachteile zu sichern. Für eine Berücksichtigung der Geschäftsgrundlage ist bei einem solchen risikobehafteten Geschäft in der Regel kein Raum (BGHZ 74, 370, 374 m.w.N.). So liegt es hier. Der Zeuge Sch., der bei der Klägerin für die Entwicklung des Projektes J.-L. (Süd) verantwortlich war, war sich nach Angaben der Klägerin von Anfang an darüber im klaren, dass nach § 9 Abs. 8 Bundesfernstraßengesetz eine Bebauung im Bereich der Autobahn innerhalb eines Schutzstreifens von 40 m überhaupt nicht und innerhalb von 100 m nur mit Genehmigung der Autobahnverwaltung in Betracht kommt. Wenn auch die Bebaubarkeit als vertragliches Beschaffenheitsmerkmal vereinbart wurde, so wurde gleichwohl die Gewährleistung für den Fall, dass die Klägerin das Grundstück nicht zum vertraglich vorgesehenen Zweck nutzen kann, ausgeschlossen. Die Klägerin hat sich auch nicht für den Fall des Ausbleibens der Bebaubarkeit ein Rücktrittsrecht vorbehalten. Die Höhe des Kaufpreises lässt ebenfalls nicht erkennen, dass das Risiko des Nicht-Eintritts der Bebaubarkeit ausnahmsweise von den Verkäufern zu tragen war. Es kann nicht festgestellt werden, dass der von der Klägerin vorgegebene Kaufpreis von 45,-- DM pro qm dem Preis für gewerblich nutzbares Bauland entsprach. Vom Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwerte liegen für die Zeit des Vertragsschlusses nicht vor, weil seinerzeit eine Gutachterausschussverordnung noch nicht erlassen war. Nach Angaben der Klägerin wurden im Jahre 1991 Preise zwischen 25,-- DM und 31,-- DM für Bauerwartungsland gezahlt. Die Stadt J., die ebenfalls am Ankauf der Grundstücke im Plangebiet interessiert war, bot den Eigentümern einen 10,-- DM geringeren Quadratmeterpreis als die Klägerin, somit 35,-- DM pro qm an. Aus dem Umstand, dass die Klägerin daraufhin ihre Bereitschaft zur Zahlung eines Preises von 45,-- DM pro qm bekannt gab, um das Projekt selbst durchführen zu können, ergab sich für die Verkäufer noch nicht, dass es sich danach um einen Preis handeln sollte, der für sofort baureifes Gewerbe-Bauland angemessen war. Unmittelbare Vertragsverhandlungen wurden zwischen den Parteien nicht geführt. Auch im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung des Kaufangebotes, der Annahme und der Vollmacht sind Äußerungen der am Vertrag Beteiligten oder des Notars nicht ersichtlich, die dafür sprechen könnten, dass nach dem Vertrag eine Verlagerung eines Verwendungsrisikos auf die Verkäufer beabsichtigt war. Allein das vorgesehene Hinausschieben des Zeitpunktes, in welchem der Gefahrübergang und die Fälligkeit der zweiten Kaufpreisrate eintreten sollten, ergibt eine entsprechende Risikoverlagerung noch nicht. Danach ist für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage wegen endgültigen Nicht-Eintritts der Bebaubarkeit kein Raum. Das erscheint insbesondere deshalb nicht unbillig, weil die Klägerin zur Durchführung des Projektes J.-L. (Süd) nicht allein das Grundstück der Beklagten, sondern auch die übrigen Flächen im Plangebiet von etwa 303.000 qm erwarb. Dem gemäß wurde die Wirtschaftlichkeit des von der Klägerin initiierten Gesamtprojektes noch nicht in Frage gestellt für den Fall, dass die Flächen in dem Bereich des Schutzstreifens neben der Autobahn nicht bebaut werden können. Danach kommt eine Anpassung des Vertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage, die die Klägerin dem Kaufpreisanspruch der Beklagten entgegen halten könnte, nicht in Betracht. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung des zweiten Kaufpreisteiles von 95 % ist auch fällig. Allerdings haben die Parteien die Fälligkeit dieses Kaufpreisteiles gemäß III. 2. des Vertrages von dem Eintritt der Bebaubarkeit mit Gewerbebauvorhaben abhängig gemacht. Diese Regelung ist indes unwirksam, weil sie gegen § 10 Nr. 1 AGBG verstößt.

Die Fälligkeitsregelung unterliegt der Inhaltskontrolle nach dem AGBG, weil es sich bei dem Kaufangebot um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, die die Klägerin zur Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen den Verkäufern stellte.

Auf einen notariell beurkundeten Vertrag ist das AGBG anwendbar, wenn er ein Vertragsformular zum Inhalt hat, das der Notar im Auftrag und nach den Vorgaben nur einer Partei entwickelt hat (BGHZ 118, 229, 238; NJW 1985, 2477; NJW 1985, 855, 858). So liegt es hier. Das Kaufangebot, die Annahmeerklärung und die Vollmacht der Verkäufer wurden von dem von der Klägerin beauftragten Notar Dr. Kr. entwickelt, der hierbei allein die Vorgaben der Klägerin berücksichtigte. Das wird bestätigt durch den vom Zeugen Sch. gefertigten Projektantrag vom 20.12.1990 an den Vorstand der Klägerin, wonach die notariellen Kaufangebote gemäß dem als Anlage beigefügten und den zwischen einem Mitarbeiter der Klägerin und dem Notar abgestimmten" Vertragstext abgegeben wurden. Das entwickelte Kaufangebot war zur Verwendung für den Ankauf aller im Plangebiet liegenden Grundstücke bestimmt. Hiervon waren nach dem Projektantrag auf der Grundstückseigentümerseite insgesamt ca. 100 Personen betroffen. Die Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet ­ so auch die Beklagten ­ waren bei der inhaltlichen Ausgestaltung der notariell beurkundeten Erklärungen ausgeschlossen. Das ist zwischen den Parteien nicht streitig. Danach unterliegt die Fälligkeitsregelung der Klauselkontrolle nach dem AGBG.

Die Fälligkeitsregelung in III. Nr. 2 des Vertrages, wonach der Kaufpreisrestbetrag in Höhe von 95 % innerhalb von 14 Tagen nach Bebaubarkeit des Vertragsgrundbesitzes fällig wird, enthält eine Leistungsfrist im Sinne des § 10 Nr. 1 AGBG. Sie ist unwirksam, weil sich die Klägerin als Verwender für die Erbringung des Kaufpreisrestbetrages eine nicht hinreichend bestimmte Frist vorbehalten hat. Die Frist für die Erbringung einer Leistung ist nicht hinreichend bestimmt, wenn sie von einem Ereignis abhängig ist, das der Kunde des Klausel-Verwenders nicht herbeiführen oder nicht berechnen kann (BGH NJW 1989, 1602, 1603; NJW 1985, 855, 856 m.w.N.). So liegt es hier. Die Beklagten können den Zeitpunkt der Bebaubarkeit des Vertragsgrundstückes weder herbeiführen noch berechnen. Die für eine Bebaubarkeit vorauszusetzende Beseitigung der objektiven baurechtlichen Hindernisse war von den Planungen des Autobahnamtes Thüringen zur Erweiterung der Autobahn und von dem Fortgang des Planaufstellungsverfahrens der Stadt J. abhängig. Die Bauleitplanung der Stadt J. war ihrerseits in erheblichem Maße abhängig von der Mitwirkung der Klägerin, die am 29.08.1990 eine grundsätzliche Einigung mit der Stadt getroffen hatte, dass sie die Stadt bei der städtebaulichen Konzeption des Gewerbegebietes unterstützt. Nach dem Projektantrag vom 20.12.1990 sollte die Klägerin in Abstimmung mit der Stadt J. ein Nutzungskonzept für das Plangebiet entwickeln und die Planung, Erschließung sowie Vermarktung übernehmen. Dem gemäß ließ die Klägerin in der Folgezeit verschiedene Planentwürfe für das zukünftige Baugebiet herstellen und verpflichtete sich in einem Erschließungsvertrag mit der Stadt J. im April 1993 zur Durchführung der Erschließung und der Übernahme von 90 % der Kosten. Danach war die Aufstellung einer Bauleitplanung durch die Stadt J. in erheblichem Maße auch davon abhängig, dass die Klägerin ihr Projekt J.-L. (Süd) nicht etwa aus unternehmerischen Gründen verzögerte, unterbrach oder ganz aufgab. Vor diesem Hintergrund war der Zeitpunkt, in dem die Bebaubarkeit des Vertragsgrundstückes eintrat, für die Beklagten nicht zu berechnen. Die Leistungsfrist für den Kaufpreisrestbetrag von 95 % war demgemäß entgegen § 10 Nr. 1 AGBG nicht hinreichend bestimmt, soweit sie die Bebaubarkeit voraussetzte.

Aufgrund der Unwirksamkeit der an die Bebaubarkeit geknüpften Fälligkeitsregelung wurde der Kaufpreisrestbetrag von 95 % nach III. Nr. 2 des Vertrages zugleich mit Fälligkeit der ersten Kaufpreisrate fällig.

Die Unwirksamkeit der genannten Fälligkeitsklausel eröffnet nicht die Möglichkeit, im Wege ergänzender Vertragsauslegung einen anderen Fälligkeitszeitpunkt zu bestimmen. Wegen der von der unwirksamen Klausel unberührt bleibenden weiteren Vereinbarungen der Parteien zur Fälligkeit fehlt es an einer Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen wäre. Die Unwirksamkeit der von der Bebaubarkeit abhängig gemachten Fälligkeitsregelung führt auch nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 6 Abs. 3 AGBG. Es ist nicht ersichtlich, dass das Festhalten an dem nach § 6 Abs. 2 geänderten Vertrag eine unzumutbare Härte für die Klägerin darstellen würde. Jedenfalls in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Geltendmachung des Kaufpreisrestbetrages von 95 % durch die Beklagten (BGHZ 130, 115) kann eine völlig einseitige Verschiebung des Vertragsgefüges zu Gunsten der Beklagten nicht bejaht werden. Anderenfalls würde im Ergebnis ­ abweichend von der vertraglichen Regelung ­ den Verkäufern das Verwendungsrisiko des Kaufstückes auferlegt.

Der Eintritt der Fälligkeit kann von einem staatlichen Gericht festgestellt werden. Zwar sieht III. Nr. 2 des Vertrages vor, dass über den Zeitpunkt der tatsächlichen Bebaubarkeit ein Sachverständiger entscheiden soll, falls die Vertragsparteien sich hierüber nicht einigen können. Diese Schiedsgutachten-Klausel hindert vorliegend jedoch die Feststellung des Eintrittes durch das staatliche Gericht nicht, weil zwischen den Parteien kein Tatsachenstreit über die Frage der (Un-) Bebaubarkeit des Grundstückes besteht, die Parteien sich vielmehr einig sind, dass die Bebaubarkeit des Grundstückes nicht vorliegt. Der Streit der Parteien geht vielmehr darüber, ob Fälligkeit des zweiten Kaufpreisteiles auch ohne Bebaubarkeit eingetreten ist. Für die Beurteilung dieser Rechtsfrage ist eine Entscheidung des Schiedsgutachters im Vertrag nicht vorgesehen. Außerdem kann sich die Klägerin auf die Schiedsgutachtenabrede deshalb nicht berufen, weil sie sich vorprozessual ­ wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat ­ auf den Standpunkt gestellt hat, eine Schiedsgutachtenabrede sei nicht getroffen worden und weil sie jegliche Mitwirkung an der Einholung eines Schiedsgutachtens verweigert hat.

Danach stehen der Klägerin materiell-rechtliche Einwendungen gegen den vollstreckbaren Anspruch der Beklagten nicht zu.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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