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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.04.2005
Aktenzeichen: 1 U 235/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 201
BGB § 202
1. Vereinbaren die Parteien eines Werkvertrages einen Sicherheitseinbehalt, ist der Werklohn stillschweigend in entsprechender Höhe gestundet.

2. Macht der Auftragnehmer von dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch, den Sicherheitseinbehalt des Auftraggebers durch eine Gewährleistungsbürgschaft abzulösen, wird sein Vergütungsanspruch (auch) in Höhe des Sicherheitseinbehaltes fällig.


Gründe:

I.

Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin von der Beklagten restlichen Werklohn.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Herstellung und Lieferung von lufttechnischen Geräten für die Bauvorhaben Flugsicherung X und Radarstation Y. Dem Vertrag lagen das Verhandlungsprotokoll vom 15.12.1992 (Bl. 59-61 d.A.) und der Auftrag vom 17.12.1992 (Bl. 55-58 d.A.) zugrunde. Mit Schreiben vom 05.02.1993 (Bl. 62-63 d.A.) bestätigte die Gemeinschuldnerin den Auftrag. Die Vertragsparteien vereinbarten die Geltung der VOB/B und einen Sicherheitseinbehalt von 5 % bis zur mängelfreien Abnahme durch den Bauherrn und während der Dauer der Gewährleistung, der jedoch gegen Stellung einer unbefristeten Bankbürgschaft abgelöst werden konnte. Im Jahre 1993 führte die Gemeinschuldnerin den Auftrag aus. Von der rechnerisch unstreitigen Werklohnforderung behielt die Beklagte als Gewährleistungssicherheit einen Betrag von 118.423,90 DM (60.549,18 €) ein. Dieser Betrag ist Gegenstand der Klage.

Mit Schreiben vom 27.01.1994 übersandte die Gemeinschuldnerin der Beklagten zur Ablösung des Sicherheitseinbehaltes eine unbefristete Bürgschaft des Gerling-Konzerns in Höhe von 5 % der Werklohnforderung (Bl. 128, 129 d.A.) und forderte die Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes. Dieses Verlangen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.04.1994 ab (Bl. 104 d.A.). Noch im Jahre 1994 sandte die Beklagte die Bürgschaft auf Verlangen der Gemeinschuldnerin an diese zurück.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 60.549,18 € nebst 5 % Zinsen seit 26.11.1996 an ihn zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, die von der Gemeinschuldnerin hergestellten und gelieferten Geräte seien teilweise mangelhaft gewesen. Trotz Aufforderung habe die Gemeinschuldnerin die Mängel nicht beseitigt. Zur Mangelbeseitigung habe sie - die Beklagte - einen die Klageforderung übersteigenden Betrag aufwenden müssen, dessen Erstattung sie von der Gemeinschuldnerin beanspruchen könne. Ferner sei ihr ein Schaden dadurch entstanden, dass der Bauherr des Vorhabens Radarstation Y den Werklohnanspruch der Beklagten gemindert habe.

Das Landgericht hat Beweis erhoben und der Klage durch am 23. 09.2004 verkündetes Urteil teilweise stattgegeben (Bl. 386-394 d.A.). Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

In der Berufungsinstanz wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung des Klägers und Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger insgesamt 60.549,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % jährlich seit 26.11.1996 zu zahlen.

Im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist nicht begründet. Es kann offen bleiben, ob die Restwerklohnforderung der Gemeinschuldnerin durch Aufrechnung der Beklagten mit Gewährleistungsansprüchen erloschen ist. Sofern noch eine Restwerklohnforderung der Gemeinschuldnerin offensteht, ist sie verjährt. Die Beklagte kann demgemäss die Leistung verweigern (§ 214 BGB).

Für den Erfüllungsanspruch der Gemeinschuldnerin aus dem Werklieferungsvertrag gilt gemäss § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB a.F. eine Verjährungsfrist von 4 Jahren. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist in Höhe des vereinbarten Sicherheitseinbehaltes jedoch nicht die Abnahme, sondern grundsätzlich gemäss § 201 Satz 2 BGB a.F. der Ablauf der Verjährung der Gewährleistungsansprüche, weil die Vertragsparteien mit der Vereinbarung über den Sicherheitseinbehalt stillschweigend auch eine Stundung des Werklohnanspruchs in diesem Umfang bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist vereinbarten.

Hier endete jedoch die Stundung nach der Vereinbarung der Parteien dadurch, dass die Gemeinschuldnerin der Beklagten mit Schreiben vom 27.01.1994 eine vertragsgerechte Gewährleistungsbürgschaft übersandte. Hierdurch machte die Gemeinschuldnerin von dem ihr vertraglich eingeräumten Gestaltungsrecht, die Art der Sicherungsgewährung in dem vorgegebenen Rahmen zu bestimmen und zu verändern (BGH NJW 2001, 3629, 3630 m.w.N.) Gebrauch. Infolge dessen entfiel das Recht der Beklagten, einen Teil der Werklohnforderung als Sicherheit einzubehalten. Der Vergütungsanspruch der Gemeinschuldnerin wurde (auch) in Höhe des Sicherheitseinbehaltes fällig (BGH a.a.O.; NJW-RR 2000, 1259, 1260; Palandt-Sprau BGB 64. Aufl., § 641 Rdn. 9).

Die später auf Verlangen der Gemeinschuldnerin erfolgte Rückgabe der Bankbürgschaft wirkt sich auf die Fälligkeit der Restwerklohnforderung und auf die Verjährung nicht aus. Den erneuten Austausch der Sicherheit konnte die Gemeinschuldnerin nach dem Vertrag nicht beanspruchen. Durch die Rücksendung der Bankbürgschaft an die Gemeinschuldnerin ermangelte es der Beklagten von diesem Zeitpunkt an zwar an der vertraglich vorgesehenen Sicherheit. Dieser Umstand war nach § 202 Abs. 2 BGB a.F. jedoch nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen.

Danach begann die Verjährungsfrist für die im Jahre 1994 fällig gewordene Restwerklohnforderung von 4 Jahren gemäß § 201 Satz 2 BGB a.F. am 31.12.1994 und endete demgemäss mit Ablauf des 31.12.1998.

Aus der Begründetheit der Berufung der Beklagten folgt zugleich die Unbegründetheit der Berufung des Klägers.

Da die Klage im Ergebnis keinen Erfolg hat, hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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