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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 1 U 264/08
Rechtsgebiete: AKB, BGB, StVG


Vorschriften:

AKB § 10 Nr. 1
AKB § 10 Nr. 2
AKB § 10 a Nr. 1
BGB § 253 Abs. 2
BGB § 823
StVG § 7 Abs. 1
Wird ein Dritter dadurch verletzt, dass beim Anlegen eines Spanngurts zur Sicherung der Ladung eines Mofa-Anhängers der Spanngurt abrutscht, handelt es sich um einen Schaden, der "durch" den Gebrauch des Kraftfahrzeugs i. S. d. §§ 10 Nr. 1, 10 a Nr. 1 AKB entstanden ist.
Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 15.000 € wegen einer Verletzung, die er am 05.09.2005 am Auge erlitten hat. Die Beklagte zu 2) wollte an einem Anhänger, der mit ihrem Mofa verbunden war, Ladung mit einem Spanngurt befestigen. Dabei wurde der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt hinter der Beklagten zu 2) hockte, beim Anziehen des Spanngurts durch die Beklagte zu 2) entweder durch ein Abrutschen der bereits eingehängten Seite des Spanngurts oder durch eine ausladende Arm- und Handbewegung der Beklagten zu 2) am Auge verletzt. Wegen der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat gegenüber der Beklagten zu 2) der Schmerzensgeldklage im Umfang von 8.000 €, wegen materieller Schadensersatzforderungen in Höhe von 196,05 € sowie der Feststellungsklage stattgegeben, dagegen die Klage wegen vorgerichtlicher Kosten abgewiesen. Die Klage gegen die Beklagte zu 1), die Kfz.-Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 2), hat es insgesamt abgewiesen, da die Schädigung nicht "beim Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger zum einen die Schmerzensgeldklage und den Feststellungsantrag weiter. Er hält die Beklagte zu 1) bezüglich beider Ansprüche für haftbar, und zwar als Gesamtschuldnerin zusammen mit der Beklagten zu 2); der Höhe nach hält er weiterhin ein Schmerzensgeld von 15.000 € für angemessen. Zum anderen macht der Kläger vorgerichtliche Kosten, zu zahlen an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, in Höhe von nunmehr 477,11 € geltend. Wegen der Einzelheiten seines Vortrags wird auf seine Schriftsätze vom 01.12.2008 (Bl. 296 d.A.) und 22.04.2009 (Bl. 368 d.A.) verwiesen.

Auf die Streitverkündung seitens der Beklagten zu 1) ist die Streithelferin, die Privathaftpflichtversicherung der Beklagten zu 2), auf Seiten des Klägers dem Rechtsstreit beigetreten. Sie macht geltend, es bestehe ein Direktanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) aus § 3 PflVersG i.V.m. § 10 AKB. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 25.03.2009 (Bl. 334 d.A.) und 30.03.2009 (Bl. 357 d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in angemessener Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 7.000 € zu zahlen,

2. die Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch in Höhe von 15.000 € zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfall vom 05.09.2005 auf der Straße "..." in Stadt2 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist,

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 477,11 € an die X -Versicherungs-AG, Stadt1, zu zahlen.

Die Streithelferin des Klägers beantragt,

entsprechend den Anträgen des Klägers zu erkennen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, die Beklagte zu 1) als Kfz.-Haftpflichtversicherung hafte für den Schadensfall nicht, da kein hinreichender Zusammenhang mit dem "Gebrauch" eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 10 Abs.1 AKB gegeben oder jedenfalls der Schaden nicht "durch" den Anhänger im Sinne des § 10 a Abs. 1 AKB verursacht worden sei. Jedenfalls sei die Höhe des Schmerzensgeldes, welches das Landgericht zugesprochen habe, angemessen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze vom 27.02.2009 (Bl. 312 d.A.), 22.04.2009 (Bl. 375 d.A.) und 30.04.2009 (Bl. 385 d.A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat bezüglich der Beklagten zu 1) sowie im Ausspruch einer gesamtschuldnerischen Haftung mit der Beklagten zu 2) im Umfang von 8.000 € und im Übrigen wegen Feststellung und wegen der nunmehr zur Zahlung an die Rechtsschutzversicherung geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten des Klägers Erfolg; wegen des begehrten höheren Schmerzensgeldes ist die Berufung nicht begründet.

1. Das Haftungsprivileg der §§ 104 ff SGB VII kommt der Beklagtenseite nicht zugute. Auf die letztlich zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil wird verwiesen. Auch wenn - wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben - es problematisch erscheine, mit dem Landgericht auf die geringe Dauer der seitens des Klägers erforderlichen Tätigkeit abzustellen, sieht auch der Senat mit den übrigen Erwägungen des Landgerichts lediglich eine reine Gefälligkeitsleistung des Klägers.

2. Dem Kläger steht auch ein Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) zu. Zwar hat das Landgericht - und dem ist der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 16.03.2009 gefolgt - zu Recht entschieden, dass sich ein solcher Anspruch nicht aus § 7 Abs. 1 StVG ergibt, da der Schaden nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs i.S.d. genannten Vorschrift entstanden ist. Der Senat bejaht aber unter Auswertung der feinziselierten Rechtsprechung gerade zu § 10 AKB einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) aus § 3 Nr. 1 PflVersG i.V.m. § 10 Nr. 1 a, Nr. 2 a-c und § 10 a Nr. 1 AKB, da der Schaden bei natürlicher Betrachtungsweise jedenfalls beim Gebrauch des Kraftfahrzeugs mit Anhänger entstanden ist; die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) haften dann gem. § 3 Nr. 2 PflVersG als Gesamtschuldner.

a) Der Direktanspruch des Geschädigten - hier des Klägers - gegen den Versicherer gem. § 3 Nr. 1 PflVersG in der hier einschlägigen, bis 31.12.2007 geltenden Fassung geht auf Schadensersatz "im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers". Rechtlicher Maßstab ist damit § 10 Nr. 1 und 2 AKB.

b) Der Begriff des "Gebrauchs" eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 10 Nr. 1 AKB geht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher sich der Senat anschließt, weiter als der des "Betriebs" im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG (s etwa BGH, Urt. v. 19.09.1989 - VI ZR 301/88 -, NJW 1990, 257 = VersR 1989, 1187 [juris Rn. 8]; Urt. v. 25.10.1994 - VI ZR 107/94 -, NJW-RR 1995, 215 = VersR 1995, 90 [juris Rn. 16]). Das folgt neben dem Wortsinn aus der Zweckbestimmung beider Vorschriften. Der Begriff des "Betriebes" ist durch den Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG, der auf die Gefahren des Kraftfahrzeugs beim Verkehr abstellt, geprägt. Er verlangt einen rechtlich relevanten Zusammenhang des Schadens mit der Funktion des Kraftfahrzeugs als Beförderungsmittel, setzt also voraus, dass sich die von dem Kraftfahrzeug als solchem ausgehende Gefahr auf den Schadensablauf ausgewirkt hat. Demgegenüber bestimmt sich der Begriff des "Gebrauchs" im Sinne von § 10 AKB nach dem Interesse, das der Versicherte daran hat, durch den Einsatz des Kraftfahrzeugs und der an ihm befindlichen Vorrichtungen nicht mit Haftpflichansprüchen belastet zu werden, gleich, ob diese auf § 7 StVG oder §§ 823 ff BGB beruhen (BGH, jeweils a.a.O.). Es kommt mithin darauf an, ob der hier vom Kläger geltend gemachte Schaden zu dem von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung gedeckten Wagnis gehört, oder ob dies ein Wagnis ist, das einer Betriebs- oder Privathaftpflichtversicherung unterliegen würde; demnach dient die Auslegung des § 10 AKB der Abgrenzung der beiden Haftpflicht-Wagnisse (vgl. BGH, Urt. v. 26.06.1979 - VI ZR 122/78 -, NJW 1979, 2408 = VersR 1979, 956 [juris Rn. 31]). Durch den "Gebrauch" des versicherten Fahrzeugs ist ein Schaden nur eingetreten, wenn er mit dem versicherten Wagnis in adäquatem Ursachenzusammenhang steht; deshalb kommt es in den Fällen, in denen Schäden durch das Hantieren im Zusammenhang mit Ladegut entstanden sind, darauf an, ob das versicherte Transportfahrzeug an der schadensstiftenden Verrichtung schon oder noch beteiligt, d.h. aktuell und unmittelbar, zeitnah und ortsnah dafür eingesetzt gewesen ist (BGH, Urt. v. 10.07.1980 - IVa ZR 17/80 -, NJW 1980, 2525 = VersR 1980, 1039 [juris Rn. 10]; BGH, Urt. v. 26.06.1979 - VI ZR 122/78 -, NJW 1979, 2408 [juris Rn. 34]). Auszugehen ist von einer natürlichen Betrachtungsweise, die auch darauf Rücksicht nimmt, ab bzw. bis wann nach dem Zweck der Haftpflichtversicherung der Versicherer den Gebrauch eines Fahrzeugs vernünftigerweise als von diesem ausgehendes Beladungs- oder Entladungsrisiko ansehen muss und der Versicherte sowie die durch die Kfz-Pflichtversicherung geschützte Allgemeinheit bei Schäden der genannten Art mit Versicherungsschutz des Kfz-Haftpflichtversicherer rechnen können (BGH, Urt. v. 23.02.1977 - IV ZR 59/76 -, VersR 1977, 418 [juris Rn. 10]). Abgrenzungsmaßstab muss die Erwägung sein, dass die typische, vom Gebrauch des Kraftfahrzeugs selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr gedeckt sein soll; für Fälle, in denen die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausgeht, sondern von einer Person, die mit dem Fahrzeug in Zusammenhang steht, ist auf die typische Tätigkeit und die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten des Fahrers eines Kraftfahrzeugs entscheidend abzustellen (BGH, Urt. v. 10.07.1980 - IVa ZR 17/80 -, NJW 1980, 2525 [juris Rn. 12]). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann für die Abgrenzung des Anspruchs systematisch nicht mit der Auslegung der "Benzinklausel" der Privathaftpflichtversicherung argumentiert werden; denn die hier interessierende Fragestellung für den Anspruch des Klägers, der sich gem. § 10 Nr. 1 AKB aus dem Deckungsanspruch der Beklagten zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) als ihrer Kfz.-Haftpflichtversicherung herleitet, ist allein, welchen Deckungsanspruch § 10 AKB gibt.

c) Dass das Anlegen des Spanngurts nicht an dem versicherten Mofa selbst erfolgte, sondern an dem mit dem Mofa verbundenen Anhänger, steht einer Haftung der Beklagten zu 1) nicht entgegen; denn eine entsprechende Haftungserweiterung folgt aus § 10 a Nr. 1 AKB. Der Anhänger war mit dem Mofa als dem versicherten Fahrzeug fest verbunden; die Beklagte zu 2) hatte das Gespann geschoben, da sie das Mofa mangels einer Möglichkeit zum Abschließen nicht hatte zurücklassen wollen. Der Auffassung der Beklagten, dass § 10 a Nr. 1 Satz 1 AKB mit seinem Wortlaut "durch einen Anhänger" anders auszulegen sei als die Formulierung in § 10 Nr. 1 AKB "beim Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs", folgt der Senat nicht. Eine solche Auslegung, für welche die Beklagten allein den Wortlaut der Vorschrift ohne jede weitere Belegstelle ins Feld führen, wird dem Zweck des § 10 a Nr. 1 AKB nicht gerecht. § 10 a erweitert den Versicherungsschutz des Kraftfahrzeughalters nach § 10 AKB dahingehend, dass in Fällen, in denen u.a. ein Anhänger mitgeführt wird, die Kfz.-Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeuges auch für Schäden einzutreten hat, die durch den Anhänger verursacht werden (Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 10 a AKB Rn. 1; Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl. 2002,§ 3 KfzPflVV Rn. 1; § 10 a AKB Rn. 1; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl. 2000, § 10 a Rn. 1). Dies wird durch die Einleitungsformulierung deutlich, wonach die Versicherung des Kraftfahrzeugs "auch Schäden" umfasse, die durch einen Anhänger verursacht werden, sofern dieser mit dem Kraftfahrzeug verbunden ist oder sich während des Gebrauchs von diesem löst. § 10 a AKB schränkt den Versicherungsumfang gem. § 10 AKB nicht ein, sondern grenzt die Eintrittspflicht der verschiedenen Haftpflichtversicherer des Motorwagens und des Anhängers im Innenverhältnis zueinander ab (OLG München, Urt. v. 19.12.1997 - 10 U 2963/97 -, NZV 1999, 124, 125); dabei besteht die Deckung durch die Kfz.-Unfallversicherung des Zugfahrzeugs unabhängig davon, ob der Anhänger versicherungspflichtig ist oder von der Versicherungspflicht befreit ist (Feyock/Jacobsen/Lemor, a.a.O., § 3 KfzPflVV Rn. 1). Es kommt deshalb entgegen der Ansicht der Beklagten für die Auslegung des § 10 a AKB nicht darauf an, ob die Beklagte zu 2) eine eigenständige Anhängerhaftpflichtversicherung hätte abschließen können oder müssen. Für die Annahme, dass § 10 a AKB eine Einschränkung formulieren würde bezüglich der Art der Benutzung des Anhängers, die zu einem Schadensereignis führt, gibt es demnach keinerlei sachliche Anhaltspunkte. Im Übrigen hat die Beklagte zu 2) den Anhänger eben nicht wie eine Art Handkarren benutzt, sondern er war an das Mofa angehängt, also mit ihm verbunden und damit Teil eines Kraftfahrzeugs. Diese für § 10 Nr. 1 und § 10 a Nr. 1 AKB gleiche Auslegung wird bestätigt durch die Neufassung der entsprechenden Vorschriften in den AKB 2008, wo zunächst - unter A.1.1.1. - die Begriffsbildung "durch den Gebrauch" eines Fahrzeugs übernommen wird, ohne dass sich hier inhaltliche Veränderungen ergeben (s. Maier/Stadler, AKB 2008 und VVG-Reform, 2008, Rn. 82 f), und wo unter A.1.1.5 die Mitversicherung von Anhängern sprachlich neu gefasst wird mit der Formulierung: "Ist mit dem versicherten Kraftfahrzeug ein Anhänger ... verbunden, erstreckt sich der Versicherungsschutz auch hierauf" (Maier/Stadler, a.a.O., Rn. 86).

d) Daraus ergibt sich für den vorliegenden Rechtsstreit, dass ein Zusammenhang des Schadensereignisses, welches durch das Hantieren der Beklagten zu 2) mit dem Spanngurt eingetreten ist, mit dem Gebrauch des bei der Beklagten zu 1) versicherten Kraftfahrzeugs zu bejahen ist.

Zwar war der Spanngurt, welcher von der Beklagten zu 2) zur Sicherung der Ladung verwendet werden sollte, zunächst einmal nicht Teil des versicherten Fahrzeugs. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt in gewisser Weise von den in der Rechtsprechung entschiedenen, in denen eine Schadensverursachung in Zusammenhang mit einer fest mit dem Fahrzeug verbundene Entladevorrichtung wie einer Ölpumpe oder einem Kompressor erfolgte und eine Haftung nach § 10 AKB bejaht wurde (s. die bereits zitierten Urteile des BGH NJW 1979, 2408 und NJW 1990, 257). Der Spanngurt sollte aber mit seiner Anbringung, bei der sich das Schadensereignis einstellte, gerade Teil des Fahrzeugs werden. Im Zeitpunkt des Schadenseintritts war er dies bereits. Denn der Spanngurt musste nach beiden vom Landgericht für möglich gehaltenen Sachverhaltsvarianten - der Spanngurt rutschte ab und schnellte dem Kläger gegen das Auge, oder die Beklagte zu 2) machte beim Anziehen des Spanngurts eine zu sehr nach hinten ausladende Bewegung mit der Hand - im Zeitpunkt des Schadenseintritts bereits auf der einen Seite des Anhängers befestigt gewesen sein. Beide Sachverhaltsvarianten sind nämlich nur in Zusammenhang mit dem Anziehen des Spanngurts über die Ladung hinweg denkbar, was dessen Befestigung auf der einen Seite voraussetzt. Die Benutzung des Spanngurts war gerade dazu bestimmt, die bereits auf dem Anhänger befindliche Ladung, welche zu verrutschen drohte, zu sichern, und hatte damit im Hinblick auf das versicherte Fahrzeug eine dienende Funktion. Das Sichern der Ladung mittels eines Spanngurts ist eine geradezu typische Handlung im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs; denn der Nutzer des Fahrzeugs ist dafür verantwortlich, dass es durch das Herabfallen von Ladung nicht zu einem Schadenseintritt kommt, und die Allgemeinheit erwartet eine solche Sicherung auch. Die Schädigung des Klägers erfolgte hier auch im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Anbringen des Spanngurts an dem versicherten Fahrzeug. Letztlich verwirklichte sich damit - was auch die Beklagten als Abgrenzungskriterium anerkennen - ein typisches Risiko im Zusammenhang mit der Sicherung der Ladung zwecks Gebrauchs des versicherten Fahrzeugs.

d) Die Beklagte zu 2) gehört auch zu dem gem. § 10 Nr. 2 a-c AKB versicherten Personenkreis als Halter, Eigentümer und Fahrer des betroffenen Fahrzeugs.

3. Besteht demnach ein Direktanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) aufgrund § 3 Nr. 1 PflVersG, haften diese und die Beklagte zu 2) als ersatzpflichtige Versicherungsnehmerin gem. § 3 Nr. 2 PflVG als Gesamtschuldner.

4. Allerdings hat die Berufung des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) wegen des Schmerzensgeldes nur in Höhe von 8.000 € Erfolg; wegen eines höheren Schmerzensgeldbetrages bleibt die Berufung gegenüber der Beklagten zu 1) und ebenso diejenige gegenüber der Beklagten zu 2) ohne Erfolg.

Die in der Berufungsbegründung gegenüber den sorgfältigen Erwägungen des Landgerichts angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen ein solches höheres Schmerzensgeld nicht, insbesondere lässt sich ein solches Ergebnis nicht aus den vom Kläger angeführten Urteilen entnehmen.

Das Landgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass dem Kläger am rechten Auge aufgrund der unfallbedingten Verletzung eine künstliche Linse eingesetzt werden musste. Eine solche Operation ist als solche - was allgemein bekannt ist und daher auch vom Senat ohne nähere sachverständige Beratung berücksichtigt werden kann - heute bei einer Vielzahl von Indikationen Routine. Dass für den Kläger - außer der Tatsache der Ersetzung der Linse durch eine künstliche - Besonderheiten zu gelten hätten, ist nicht ersichtlich. Immerhin ist die Operation ausweislich des Befundberichts der Klinik für Augenheilkunde der Universität Stadt2 vom 23.11.2005 (Anl. K 1, Bl. 6 ff d.A.) komplikationslos verlaufen, und für derzeit nicht absehbare, aber nicht gänzlich auszuschließende künftige Risiken ist der Kläger durch den Feststellungsantrag, welcher nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, abgesichert. Zwar hat der Kläger bedauerlicherweise auf dem rechten Auge auch beim Tragen einer Brille eine Einbuße der Sehkraft von 60 %. Allerdings ergibt sich ausweislich des vom Landgericht eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 vom 15.09.2007, Seite 3, eine beidäugige Gesamtsehschärfe von 1,0, also insgesamt erfreulicherweise keine Sehbeeinträchtigung. Allein aus der Notwendigkeit, eine Fernbrille tragen zu müssen, ergibt sich keine Handhabe für eine zusätzliche Erhöhung des Schmerzensgeldes.

In der Tatsache, dass sich für den Kläger letztlich keine Sehbeeinträchtigung ergibt, unterscheidet sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt von demjenigen in den von der Berufung auf S. 3 der Berufungsbegründung angeführten Vergleichsfällen. Denn dort war entweder eine Minderung der Sehschärfe auf lediglich 1/20, zudem mit dem Verlust des räumlichen Sehens und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beklagen. Oder es handelte sich um relativ junge Geschädigte, bei denen erhebliche Auswirkungen auf die weitere berufliche Tätigkeit - eines Zahnarztes (OLG Hamm, VersR 2001, 346, vgl. Hacks/Ring/Böhm, SchmerzensgeldBeträge, 27. Aufl. 2009, lfd. Nr. 27.1920, juris) oder eines Wirtschaftsinformatikers (OLG Oldenburg, VersR 2008, 653, vgl. Hacks/Ring/Böhm, a.a.O., lfd. Nr. 27.2313, juris) - zu gewärtigen waren; an derartigen zusätzlichen Auswirkungen fehlt es erfreulicherweise beim Kläger. Abgesehen davon wäre - was auch die Berufung sieht - das letztgenannte Urteil des OLG Oldenburg schon deshalb kaum als Vergleichsmaßstab heranzuziehen, weil dort die Beeinträchtigung der Sehkraft deutlich höher lag und überdies durch eine vorsätzliche Tat - einen Faustschlag - verursacht wurde, während hier lediglich ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten zu 2) in Rede steht.

5. Der Ausspruch zum Feststellungsantrag war entsprechend der oben hergeleiteten gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten zu 1) und 2) auf beide als Gesamtschuldner auszudehnen.

6. Die Zuerkennung von 477,11 € an vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung, welche der Kläger in prozessual zulässiger Weise im Wege gewillkürter Prozessstandschaft zur Leistung an den Rechtsschutzversicherer geltend macht, rechtfertigt sich aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) unter dem Gesichtspunkt notwendiger Kosten der Rechtsverfolgung als Schadensposition (§ 249 Abs. 1 BGB) auf der Grundlage des nunmehr zutreffend zugrunde gelegten Gegenstandswerts der vorgerichtlichen Auseinandersetzung.

7. Das Urteil war nach Abänderung insgesamt neu zu fassen, um die unterschiedlich hohe Verurteilung der Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zum Ausdruck zu bringen und der teilweise rechtskräftigen Klageabweisung durch die 1. Instanz Rechnung zu tragen.

8. Die Kosten des Rechtsstreit 1. und 2 Instanz waren entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen unter Berücksichtigung des in beiden Instanzen unterschiedlichen Streitwerts zu verteilen, § 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 und 4 ZPO, wobei der Wert der vorgerichtlichen Kosten, bezüglich derer der Kläger obsiegt hat, als nicht streitwerterhöhend (§§ 43 Abs. 1 GKG, 4 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO) bei der Kostenverteilung außer Betracht zu bleiben hatte. Der Ausspruch wegen der Kosten der Nebenintervention beruht auf § 101 Abs. 1 ZPO.

9. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

10. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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