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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: 1 U 44/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 199 I 2
Kenntnis davon, dass ein Verkaufsgeschäft als "Geschäftsveräußerung im Ganzen" nicht der Umsatzsteuer unterliegt, erlangt der Käufer regelmäßig erst durch einen über die Frage entscheidenden Bescheid des Finanzamts.
Gründe:

A. Die Berufung ist hinsichtlich der auf den Kaufpreis gezahlten Mehrwertsteuer in Höhe von 12.000 € aus § 812 Abs. 1 S. 1Alt. 1 BGB begründet.

I. Als Kaufpreis war ein Betrag von 75.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Da das Geschäft keine Mehrwertsteuer auslöst, hat die Klägerin insoweit - also in Höhe von 12.000 € - ohne Rechtsgrund an den Beklagten gezahlt. Auf den Text der später erstellten Rechnung kommt es nicht an, weil diese den Vertrag nicht ändern konnte.

II. Der Einwand der Entreicherung i. S. d. § 818 Abs. 3 BGB steht dem Beklagten nach § 819 Abs. 1 BGB nicht zu Gebote, da er behauptet, er habe gewusst, dass in Wahrheit keine Mehrwertsteuer anfiel. Zudem hat er die angebliche Entreicherung auch nach einem diesbezüglichen Hinweis des Senats nicht nachvollziehbar dargelegt.

III. Die Klageforderung ist nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB n. F. begann nicht am 1.1.2002 mit der Konsequenz ihres Ablaufs am 31.12.2004 zu laufen. Die Klägerin hat die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F. erforderliche Kenntnis erst durch den Rückforderungsbescheid des Finanzamts vom 21.1.2005 erlangt. Es ist zwar richtig, dass der Gläubiger für den Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich nur die Tatsachen kennen muss, die den Schluss auf einen Anspruch nahe legen, und dass es auf die rechtliche Würdigung des Gläubigers nur bei besonders schwierig gelagerten Fällen ankommt. Tatsache, an die das Entfallen der Mehrwertsteuerpflicht und damit der Rückerstattungsanspruch der Klägerin anknüpfen, ist indessen der Umstand, dass es sich um eine "Geschäftsveräußerung im Ganzen" handelte. Dies kann ein Käufer regelmäßig nicht wissen, weil er dazu Kenntnisse über sonstige, nicht mit verkaufte Wirtschaftsgüter benötigt, die zum Geschäft des verkaufenden Unternehmers zu rechnen sind. Dass ausnahmsweise die Klägerin über derart umfassende Kenntnisse des Geschäftsbetriebes des Beklagten verfügt hätte, hat dieser nicht behauptet. Hinzu kommt, dass es sich um ein schwieriges, steuerrechtliches Würdigungsproblem handelte. Dies steht zum einen der Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB entgegen; zum anderen war der Klägerin angesichts dessen auch die Erhebung einer Feststellungsklage nicht zumutbar, solange das Finanzamt über die Frage nicht entschieden hatte.

B. Der Beklagte hat die o. g. Hauptforderung nach der klägerischen Mahnung vom 14.2.2005 seit dem 26.2.2005 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 288 Abs. 1 BGB). Der streitgegenständliche Bereicherungsanspruch ist keine Entgeltforderung i. S. d. § 288 Abs. 2 BGB.

C. Eine Anspruchsgrundlage für die vom Kläger weiter begehrte Erstattung der ihm von Finanzamt nach § 233a AO auferlegten Zinsen ist nicht ersichtlich. Der Kläger begehrt keinen Nutzungsersatz im Sinne des § 818 Abs. 1 BGB.

D. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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