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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.09.2000
Aktenzeichen: 1 U 54/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 326
Die nach § 326 BGB erforderliche Nachfrist ist so zu bemessen, dass eine begonnene, im wesentlichen vorbereitete Erfüllung beendet werden kann, sie muss dem Schuldner keine vollständige, erst in die Wege zu leitende Leistungserbringung erlauben.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT M MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 54/99

2/25 O 341/98 LG Frankfurt am Main

Verkündet am 14.9.2000

In dem Rechtsstreit ...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.8.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.2.1999 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2/25 0 341/98) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 29.958,65 DM. Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Landgericht ist in dem angefochtenen - hiermit in Bezug genommenen - Urteil zu Recht zur Klageabweisung gelangt. Die dagegen erhobenen Einwände der Berufung vermögen nicht durchzugreifen,

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kläger der geltend gemachte werkvertragliche Vergütungsanspruch (§§ 631, 632 BGB) nicht zusteht. Dies folgt daraus, daß der Kläger sich mit der ihm abliegenden Leistung in Verzug befunden hat, was nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung dazu führte, daß der Erfüllungsanspruch des Klägers erloschen ist (§ 326 Abs. 1 BGB).

Der Kläger befand sich mit der geschuldeten Werkleistung, welcher der ihm bereits am 24.11.1994 erteilte Gutachterauftrag zu Grunde gelegen hat, seit dem Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 7.5.1996 (Abl. Bl. 148-150 d.A.) in Verzug.

In diesem Schreiben hat die Beklagte - wie der erkennende Senat in dem Vorprozeß (1 U 32/97) entschieden hat - zu Recht die Mangelhaftigkeit und damit die fehlende Abnahmefähigkeit des vom Kläger vorgelegten Gutachtens gerügt.

Mit Schreiben des Anwalts der Beklagten vom 29.5.1998 (Abl. Bl. 39, 40 d.A.) an den Kläger ist diesem sodann eine Frist bis zum 1.6.1998 unter gleichzeitiger Ablehnungsandrohung gesetzt worden, welche in dem im letzten Satz dieses Schreibens angedrohten Vertragsrücktrift zu sehen ist, der inhaltlich einer Ablehnungsandrohung entspricht. Daß die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung auch ernstlich gewollt war und für den Kläger dies erkennbar gemacht worden ist, ergibt sich aus der zum Ausdruck gebrach- ten Mutmaßung, daß der Kläger den Erfolg der Werkleistung, nämlich eine weitergehende Begutachtung, wohl verweigern wolle (Abl. Bl. 39 d.A.).

Wie die Berufung insoweit zutreffend beanstandet, war diese Fristsetzung der Beklagten zwar zu kurz bemessen und kann auch dem Vordergericht insofern nicht gefolgt werden, als es eine 3-wöchige Frist als angemessen erachtet hat.

Demgegenüber erscheint es als sachgerecht und somit als angemessen, dem Kläger eine Frist von längstens 2 Monaten zuzubilligen, um die mangelfreie Überarbeitung seines Gutachtens zu bewerkstelligen. Das bedeutet, daß die Frist bereits Ende Juli 1998 erfolglos abgelaufen war. Ausweislich der Parteierklärungen im Senatstermin (Bl. 175 d.A.) erfolgte der Zugang des als "Fazit" bezeichneten Ergänzungsgutachtens des Klägers bei der Beklagten erst am 21.8. bzw. 2.9.1998. Auf Grund des fruchtlosen Ablaufs der dem Kläger zuzugestehenden Nachfrist ist der Erfüllungsanspruch der Beklagten ohne weiteres, d.h. ohne daß es auf deren Rücktrittserklärung noch ankam, erloschen. Wegen der Verbindung von Leistung und Gegenleistung ist gleichzeitig der Erfüllungsanspruch des Klägers erloschen, so daß ihm der mit der Berufung weiterverfolgte Vergütungsanspruch versagt bleiben muß.

Der Kläger kann nicht mit dem Einwand gehört werden, es müsse ihm auf Grund der Vorgaben des Senats aus dem Urteil vom 30.4.1998 eine weiträumigere Frist zugestanden werden, die sich an den erheblichen Zeitaufwand zu orientieren habe, der für die Erstellung des Erstgutachtens erforderlich gewesen sei und die auch auf Grund seiner mit Anwaltsschreiben vom 2.6.1998 (Abl. Bl. 41/42 genannten Zeitmarge von 2-3 Monaten vorliegend noch gewahrt worden sei.

Dabei verkennt der Kläger bereits im Ansatz die Rechtsgrundsätze, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Beurteilung der Angemessenheit der Nachfristsetzung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB maßgeblich sind.

Danach hat die Nachfrist nicht den Zweck, den Schuldner in die Lage zu versetzen, nun erst die Bewirkung seiner Leistung in die Wege zu leiten. Vielmehr soll sie ihm eine letz- te Gelegenheit gewähren, die begonnene Erfüllung zu beenden, d.h. seine im wesentlichen vorbereitete Leistung nunmehr zu erbringen (BGH NJW 1985, 323; 857; BGH NJ W 1982, 1280). Zweck der Nachfrist ist es also nicht, daß der Schuldner innerhalb dieser Frist seine Leistung überhaupt erst vorbereiten kann (BGH, aa0, 857).

Demnach liegt das Argument des Klägers, ihm müsse eine längere Nachfrist zugestanden werden, weil er sich in Anbetracht der Vorgaben des Senats darum habe bemühen müssen, den Empfängerhorizont zu ernieren und auch zu treffen, wozu er von einer sonst typischen Gutachtertätigkeit habe abweichen müssen, neben der Sache. Dabei verkennt der Kläger - wie ihm im Senatstemrin ausführlich dargelegt wurde - , daß ein Sachverständigengutachten so allgemeinverständlich abgefaßt sein muß, daß die Ausführungen für den Laien nachvollziehbar und verständlich sind. Insofern konnte dem Kläger keine außergewöhnlich längere Frist nur deshalb zugebilligt werden, weil er meinte, er müsse sein Erstgutachten konzeptionell unter völliger Abweichung von seiner üblichen Gutachtertätigkeit grundlegend neu überarbeiten.

Vielmehr war den vorbezeichneten Rechtsprechungsgrundsätzen entsprechend davon auszugehen, daß dem Kläger vermittels der Nachfrist eine letzte Gelegenheit gegeben werden sollte, sein im wesentlichen erstelltes Gutachten unter Behebung der Mangelhaftigkeit zu überarbeiten und so die bereits begonnene Erfüllung zu beenden. Demnach muß eine 2-monatige Frist als ausreichend und somit als angemessen erachtet werden.

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, daß der Kläger einen erhöhten Zeitbedarf für die Erstellung seines - ganze 9 Seiten umfassenden - Ergänzungsgutachtens damit begründet hat, er habe schließlich auch anderweitigen Verpflichtungen Rechnung tragen müssen. Auch damit kann er nicht gehört werden, weil er auf Grund des Ergebnisses des Vorprozesses und seines Verzuges sich der Dringlichkeit seiner Nachbesserungspflicht und deren Priorität gegenüber anderweitigen Tätigkeiten bewußt sein mußte.

Nach alledem war der Berufung der Erfolg zu versagen. Die Ausführungen des Klägers in dem - nicht nachgelassenen - Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 11.8.2000 geben keinen Anlaß zu einer anderweitigen Beurteilung. Insbesondere kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten daraus herleiten, wenn er darauf verwiesen hat, der Beklagten sei die Inanspruchnahme der Rechtsfolgen des § 326 BGB mangels eigener Vertragstreue verwehrt, weil deren Interesse an einer weitergehenden Begutachtung nach dem Erstgutachten nicht mehr gegeben gewesen sei. Denn insoweit läßt sich ein entsprechender, dem Kläger deutlich gemachter Interessenwegfall der Beklagten nicht feststellen. Vielmehr ist gerade wegen des Schreibens des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 9.6.1998 für den Kläger auf Grund der dortigen Fristverlängerung bis zum 15.6.1998 (Abl. Bl. 46 d.A.) deutlich gewesen, daß seitens der Beklagten das Verlangen fortbestanden hat, daß der Kläger die beauftragte Werkleistung mangelfrei noch erfüllt.

Selbst wenn die Erwartungen der Beklagten hinsichtlich einer zu ihren Gunsten ausfallenden Begutachtung nur noch gering gewesen sein mögen, so vermag dies nichts daran zu ändern, daß der Kläger unter den gegebenen Umständen nicht von einem Wegfall des Interesses der Beklagten ausgehen durfte, wovon er ja auch im weiteren nicht ausgegangen ist, indem er das Ergänzungsgutachten erstellt hat. Der Einwand des Klägers, der Beklagten sei nach Treu und Glauben eine Berufung auf die Rechtsfolge des § 326 BGB verwehrt, ist somit nicht begründet.

Ebensowenig besteht entgegen der Auffassung des Klägers Anlaß zur Zulassung der Revision. Denn die Rechtssache hat in Anbetracht der Maßgeblichkeit der vorgenannten gefestigten höchstrichtlichen Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil weicht demgemäß auch nicht von einer BGH-Entscheidung oder von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (§ 546 Abs. 1 Nr. 1 2. ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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