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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.12.2001
Aktenzeichen: 1 UF 168/01
Rechtsgebiete: HKÜ, Ausf.G, ZPO


Vorschriften:

HKÜ § 21
Ausf.G § 4
Ausf.G § 5
Ausf.G § 6
ZPO § 621e
Nach dem HKÜ ist für ein weiteres Umgangsrechtsverfahren kein Raum, wenn bereits ein Umgangsrechtsverfahren nach innerstaatlichem Recht anhängig ist.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 UF 168/01

In der Familiensache

betreffend das Umgangsrecht mit den Kindern X. und Y., geb. am

und, geb.

beteiligte Eltern:

weiter beteiligt:

die gerichtlich bestellte Ergänzungspflegerin mit dem Wirkungskreis 'Bestimmung über den persönlichen Umgang mit den Kindern', Rechtsanwältin XY.

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 19.06.2001 am 14.12.01

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Beschwerdewert: 5.000,-- DM.

Gründe:

Zwischen den beteiligten Eltern ist unter anderem ein Verfahren betreffend Umgangsrecht unter dem Aktenzeichen 1 UF 103/00 bei dem Senat anhängig.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag auf Regelung des Umgangsrechts nach Artikel 21 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen vom 25.10.1980 (BGBL 1990 II S. 207) - im folgenden HKÜ- i.V.m. § 5 des Gesetzes zur Ausführung des HKÜ ... vom 05.04.1990 (BGBL I. S. 701) - im folgenden Ausf.G - mit Blick auf das eingangs aufgeführte anderweitige Umgangsrechtsverfahren als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 25.06.2001 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 09.07.2001 'sofortige Beschwerde' eingelegt und das Rechtsmittel zugleich begründet. Er hält die Rechtsauffassung des Amtsgerichts für unzutreffend. Die genannten Bestimmungen nach dem HKÜ und dem Ausf.G stellten ein weiteres Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts unter Einbeziehung der zentralen Behörde zur Verfügung, die durch das laufende Umgangsregelungsverfahren nach innerstaatlichem Recht nicht ausgeschlossen werde.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Allerdings findet gegen die angefochtene Entscheidung nicht die sofortige Beschwerde nach § 8 Abs. 2 Ausf.G, sondern die befristete Beschwerde nach § 6 Abs. 1 Ausf.G i.V.m. § 621 e ZPO statt. Die Sondervorschrift des § 8 Abs. 2 Ausf.G betrifft nach Wortlaut und Sinn nur Entscheidungen, die die Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat zum Gegenstand haben. Darum handelt es sich hier nicht. Für Entscheidungen, die das Umgangsrecht mit Auslandsberührung nach Art. 21 HKÜ zum Gegenstand haben, finden die allgemeinen Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Familiensachen Anwendung (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1999, 951, 953).

Das das Rechtsmittel den Formvorschriften der befristeten Beschwerde nach der genannten Bestimmung entspricht, ist es damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, dass angesichts des laufenden Umgangsrechtsverfahrens nach innerstaatlichem Recht für ein weiteres Verfahren mit demselben Verfahrensgegenstand nach HKÜ kein Raum ist.

Das HKÜ und das dazu ergangene Ausführungsgesetz regeln das Umgangsrecht nur kursorisch. Nach seinem unmittelbaren Wortlaut betrifft Art. 21 HKÜ (die einzige Vorschrift, die neben der allgemeinen Zielsetzung in Art. 1 b HKÜ das Umgangsrecht zum Gegenstand hat) nur die Tätigkeit der zentralen Behörden der Vertragsstaaten, hier des Generalbundesanwalts. Allerdings erschöpft sich damit der Regelungsgehalt der Bestimmung nicht. Nach der genannten Zielsetzung des Abkommens begründet dieses einen unmittelbaren Anspruch der beteiligten Eltern auf Umgang, verbunden mit der Verpflichtung der Vertragsstaaten, hierfür ein entsprechendes Instrumentarium zur Verfügung zu stellen. Wie dies zu geschehen hat, ist im Abkommen nicht geregelt, sondern dem innerstaatlichen Recht der jeweiligen Vertragsstaaten überlassen (OLG Bamberg a.a.O. Seite 953). Das deutsche Ausf.G hierzu stellt in § 5 eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit zur Verfügung und verweist im übrigen auf die allgemeinen Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 6 Ausf.G). Die in § 5 geregelte örtliche Zuständigkeit ist nicht ausschließlich, sondern stellt zusätzlich zu dem Gericht nach den allgemeinen Vorschriften, die an den Wohnsitz des Kindes anknüpfen, ein Forum am Ort des Aufenthalts, und zwar innerhalb des Bezirks des Oberlandesgerichts bei dem Familiengericht an dessen Sitz, zur Verfügung (vgl. Staudinger/ Kropholler 13. Bearbeitung 1994, Art. 19 EGBGB Anm. 448).

Die in § 6 Ausf.G enthaltene Verweisung auf die allgemeinen Vorschriften führt auch zu der Anwendung der allgemeinen Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts. Danach gibt es auch im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine der Rechtshängigkeit in § 261 Abs. 3 ZPO vergleichbare Wirkung, wonach dieselbe Angelegenheit nicht zugleich bei mehreren Gerichten anhängig sein kann. Ist vor einem von mehreren nebeneinander örtlich zuständigen Gerichten das Verfahren bei einem Gericht anhängig gemacht worden, bei Antragsverfahren in Ausübung des Wahlrechts gemäß § 35 ZPO (in Familiensachen anstelle § 5 FGG), ist damit zugleich eine Sperre bewirkt, das Verfahren noch bei einem anderen, an sich ebenfalls örtlich zuständigen, Gericht anhängig zu machen. An deren Stelle tritt bei gegebenen Voraussetzungen das Abgabeverfahren nach § 48 FGG.

Da danach das Umgangsverfahren bereits bei einem innerstaatlichen Gericht anhängig ist, kann es nicht auf den hier beschwerdegegenständlichen Antrag nochmals bei einem Familiengericht eingeleitet werden.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Erwägung, dass nur das Verfahren nach HKÜ die Einbeziehung der zentralen Behörde ermöglicht. Inwieweit der Generalbundesanwalt als zentrale Behörde sich in das laufende Verfahren einschaltet, ist ihm überlassen; seine Mitwirkung kann auch nicht durch ein Verfahren vor dem Familiengericht erzwungen werden. Hierfür stellt § 4 Ausf.G ein besonderes Verfahren zur Verfügung. Danach entscheidet die Behörde zunächst selbst in eigener Zuständigkeit darüber, ob sie auf Antrag oder von Amts wegen in einer Angelegenheit nach dem HKÜ tätig werden will. Gegen die ablehnende Entscheidung ist nach § 4 Abs. 2 Ausf.G der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegeben, für den aber ausschließlich das Oberlandesgericht am Sitz der zentralen Behörde zuständig ist (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1992, 847).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 6 Ausf.G.

Ende der Entscheidung

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