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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.09.2001
Aktenzeichen: 1 UF 169/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1821
BGB § 1822
BGB § 1643
Werden dem minderjährigen Kind ohne eigenen (originären) Vermögenseinsatz Gesellschaftsanteile zugewendet, die erst durch künftige Geschäftstätigkeit werthaltig werden, sind einschränkende Regelungen dann kein rechtlicher Nachteil, der der familienrechtlichen Genehmigung entgegenstehen kann, wenn sich ein mögliche Gefährdung auf dieses Vermögen beschränkt und keine weitergehende Haftung des Kindes begründet.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 UF 169/01

In der Familiensache

betreffend die familiengerichtliche Genehmigung eines notariellen Vertrages, an der beteiligt sind:

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristete Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Weilburg vom 8.5.2001 am 10.09.01 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Die am 14.2.2001 zu UR-Nr. 177/2001 vor dem Notar Dr. Peter Simon mit dem Amtssitz in Limburg/Lahn erstellte Urkunde in der Fassung der beabsichtigten Änderung des § 3 gemäß Beschwerdebegründungsschrift vom 5.6.01 wird familiengerichtlich genehmigt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Antragsteller, gesetzlich vertreten durch ihre sorgeberechtigten Eltern, haben am 14.2.2001 eine notarielle Urkunde errichtet, mit der sie dem ebenfalls Erschienenen einen Treuhandauftrag erteilt haben, die Rechte ihrer je 1/8-Anteile an der Grundstücksgesellschaft in in uneigennütziger Treuhand auszuüben. Der Treuhänder soll nach außen hin in eigenem Namen auf Weisung der Treugeber handeln. Eine Vergütung erhält er nicht. Die in der Urkunde weiter geregelte Erstattung von Auslagen für die Tätigkeit ist in einer vorgeschlagenen Ergänzung der dahingehenden Bestimmung so geändert, daß diese Haftung nur die gesetzlichen Vertreter der Beteiligten persönlich trifft.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - nach vorausgegangenem Hinweis die beantragte familiengerichtliche Genehmigung verweigert, da die Kinder als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft nach außen hin persönlich und unbeschränkt haften. Dies liege nicht in ihrem Interesse. Gegen diesen ihnen am 28.5.2001 zugestellten Beschuß haben die Beteiligten mit an das Amtsgericht gerichtetem und dort am 28.5.2001 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und - ankündigungsgemäß - am 7.6.2001 begründet. Nach weiterem Schriftwechsel hat das Amtsgericht die Sache an das Oberlandesgericht weitergeleitet, wo sie am 2.7.2001 eingegangen ist.

Die Beschwerde ist gemäß § 621 e ZPO statthaft, da die angefochtene Entscheidung eine Endentscheidung im Bereich der elterlichen Sorge darstellt. Der Senat geht davon aus, daß die von dem Notar eingelegte Beschwerde im Namen der Beteiligten eingelegt worden ist, da er selbst kein Beschwerderecht hat und diese Beschwerde sonst unzulässig wäre (vgl. Beschluß des 3. Senats für Familiensachen vom 10.11.2000, 3 UF 104/00).

Zwar ist die Beschwerdefrist (§§ 621 e Abs. 3 Satz 2, 516 ZPO) nicht gewahrt, da die beim Oberlandesgericht anzubringende Beschwerde erst nach Ablauf der Monatsfrist hier eingegangen ist. Indes ist den Beschwerdeführern von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen, da die Beschwerdeschrift und die anschließende Beschwerdebegründung bei ordnungsgemäßem Verlauf noch innerhalb der Frist hätte beim Oberlandesgericht eingehen müssen und sie die Verzögerung im Geschäftsgang des Amtsgerichts nicht zu vertreten haben.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur beantragten Genehmigung der notariellen Vereinbarung.

Der Senat teilt nicht die rechtliche Einschätzung des Amtsgerichts, wonach die minderjährigen Kinder durch Rechtshandeln des Treuhänders verpflichtet werden und im Außenverhältnis unbeschränkt haften. Der Treuhandvertrag ist als verdeckte Treuhand ausgestaltet, so daß der Treuhänder rechtsgeschäftlich und auch deliktisch nur persönlich haftet. Nur er tritt im Rechtsverkehr den jeweiligen Geschäftspartnern handelnd und sich verpflichtend gegenüber. Eine Vertretungsmacht beinhaltet dies nicht. Daß er auf Weisung und für Rechnung der Treugeber handelt, begründet deren Haftung ebenfalls nicht. Insoweit bestehen Rechtsbeziehungen nur im Innenverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber; nach außen hin wird allein der Treuhänder rechtsgeschäftlich berechtigt und verpflichtet (BGHZ 134, 212, 215).

Da der Treuhänder unentgeltlich tätig wird und auch die Verpflichtung zu Auslagenersatz nach der geänderten Version nur die gesetzlichen Vertreter der Beteiligten betreffen, ist auch insoweit eine Gefahr für das Vermögen der Kinder nicht gegeben.

Allerdings kann durch das Handeln des Treuhänders das Vermögen der Kinder, das in ihren Anteilen an der GbR steckt, gefährdet werden. Der Senat hat in diesem Zusammenhang geprüft, ob möglicherweise durch den Treuhandvertrag sonst gesetzlich vorgegebene Genehmigungspflichten bei Verfügungen der gesetzlichen Vertreter über Vermögen der Kinder umgangen würden. Dies wäre etwa der Fall, wenn die in der notariellen Urkunde erwähnten aber nicht begründeten Anteile der Kinder an der GbR aus originärem (z.B. ererbtem) Vermögen bestünden und der Treuhänder aufgrund der ihm erteilten Rechtsmacht ohne Zustimmung des Familiengerichts die in §§ 1821, 1822 in Verbindung mit § 1643 BGB aufgeführten Rechtsgeschäfte tätigen dürfte.

Diese Gefahr besteht indes nach der von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren bestätigten Sachlage nicht. Danach ist in der GbR kein eigenes Grundvermögen der Kinder eingebracht, noch enthält der Vertrag eine dahingehende Verpflichtung. Für den Fall einer nachträglichen Einlage wäre dies gemäß § 1821 Abs. 1 in Verbindung mit § 1643 BGB gesondert genehmigungspflichtig.

Vielmehr stellt sich die Sachlage so dar, daß die Kinder noch kein eigenes Vermögen in die GbR eingebracht haben, sondern aufgrund ihrer Beteiligung erst durch deren Geschäftstätigkeit zu Vermögen kommen, die Anteile also werthaltig werden. Wenn aber Vermögen des Kindes gefährdet ist, das durch den selben rechtlichen Vorgang überhaupt erst zugewendet oder sonst begründet worden ist, ist dies für das Kind kein rechtlicher Nachteil. Diese Erwägung gilt auch für die Treuhandbindung über die Volljährigkeit hinaus bis zum 21. Lebensjahr. Hier gilt der allgemeine Grundsatz, daß Auflagen und Beschränkungen, auch Gefährdung, bei Erwerb von Vermögen keinen rechtlichen Nachteil darstellen, wenn sie den Wert des so erworbenen Vermögens nicht überschreiten und keine persönliche darüber hinausgehende Belastung begründen. Dies ist hier der Fall, da die einzige Gefahr für das Kindesvermögen darin besteht, daß der erwartete und erstrebte Vermögenserwerb in Form der Wertausfüllung der Grundstücksanteile ausbleibt oder wieder wegfällt. Sie stünden damit vermögensrechtlich auch nicht anders dar als ohne diese rechtliche Konstruktion.

Die durch den Senat ausgesprochene familiengerichtliche Genehmigung betrifft den ursprünglichen Treuhandvertrag in Verbindung mit der beabsichtigten Änderung gemäß Schriftsatz vom 5.6.2001.

Ende der Entscheidung

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