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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.12.2001
Aktenzeichen: 1 UF 201/01
Rechtsgebiete: VAHRG


Vorschriften:

VAHRG § 10a
In Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG können auch solche Anwartschaften erstmals einbezogen werden, die im Ausgangsverfahren voraussichtlich nicht berücksichtigt worden sind.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 UF 201/01

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 24.07.2001 am 18.12.01 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Bescheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Hanau zurückverweisen.

Gründe:

Die am 17.11.1962 geschossene Ehe der Parteien ist auf den am 30.01.1984 zugestellten Scheidungsantrag rechtskräftig geschieden. In dem aus dem Verbund abgetrennten Verfahren ist die Folgesache Versorgungsausgleich mit - ebenfalls rechtskräftigen - Beschluß des Amtsgerichts vom 24.04.185 dahin geregelt worden, dass im Wege des Rentensplittings von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) auf dasjenige der Antragstellerin, ebenfalls bei der BfA, 43,75 DM monatlich übertragen worden sind. Dabei ist das Amtsgericht von folgenden in den Ausgleich eingestellten Anwartschaften der Parteien ausgegangen, jeweils ehezeitbezogen (01.11.1962 bis 31.12.1983) und monatlich:

Die Antragsstellerin (Ehefrau )

gesetzl. Rentenanwartschaften bei der BfA 395,90 DM

öffentlich-rechtliche Zusatzversorgung bei der Zusatzversorgungskasse Wiesbaden 30,31 DM

der Antragsgegner (Ehemann)

gesetzl. Rentenanwartschaften bei der BfA 513,70 DM.

Die in den Ausgleich auf Seiten der Ehefrau eingestellten Anwartschaften aus öffentlich-rechtlicher Zusatzversorgungskasse sind aus der mitgeteilten statischen Versicherungsrente von monatlich 108,08 DM unter Anwendung der Barwertverordnung und der amtlichen Rechengrößen in eine dynamische Rentenanwartschaft umgerechnet worden.

Der hälftige Wertunterschied der aufgeführten Versorgungsanwartschaften entspricht dem zuerkannten Ausgleichsbetrag.

Weiterhin hat der Antragsgegner, wie dem Amtsgericht seitens des Versorgungsträgers mit Auskunft vom 20.02.1985 (Bl. 37 der Unterakte VA) mitgeteilt, eine nichtdynamische Rentenanwartschaft in Höhe von jährlich 10.773,49 DM, entsprechend monatlich 897,79 DM, bei der Pensionskasse für freie Mitarbeiter der Deutschen Rundfunkanstalten, bezogen auf eine Mitgliedschaft von 1973 bis 1983 erworben. Diese Anwartschaften auf Seiten des Ehemannes sind in die Berechnung nicht einbezogen; sie werden in den Gründen der Entscheidung auch nicht erwähnt.

Mit dem gegenwärtigen Verfahren hat die Antragstellerin, die am 23.08.1932 geboren ist, gemäß § 10 a VAHRG die Abänderung der getroffenen Regelung des Versorgungsausgleichs und Einbeziehung der Anwartschaften des Antragsgegners bei der Pensionskasse beantragt. Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 11.04.2001 einen Abänderungsgrund mit Blick auf die Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung als nicht gegeben angesehen und unter Bezug auf die Begründung dieser Verfügung mit dem angefochtenen Beschluß den Antrag zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Nach seiner Erinnerung sei seinerzeit im Rahmen Erörterung über den Versorgungsausgleich diese Versorgung erwähnt worden, jedoch unberücksichtigt geblieben, da auch die Ehefrau während der Ehezeit verschiedentlich in diesem Bereich tätig gewesen sei, ohne dass den daraus erworbenen Versorgungsanwartschaften nachgegangen sei.

Die Beschwerde ist gemäß § 621 e ZPO zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Vorinstanz.

Mit der gegebenen Begründung kann der Antrag auf Abänderung der rechtskräftigen Vorsorgungsausgleichsregelung nicht abgelehnt werden. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH FamRZ 1996, 282, 283), der sich der Senat anschließt, können im Wege des Abänderungsverfahrens gemäß § 10 a VAHRG auch solche Anwartschaften nachträglich Berücksichtigung finden, die seinerzeit versehentlich oder auch rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt worden sind. Auf die Gründe, aus denen die Anwartschaft nicht einbezogen worden ist, kommt es nicht an. Es kann sich auch um solche Gründe handeln, die auf einem Rechtsanwendungsfehler beruhen und auf - fristgebundene - Beschwerde hätten berücksichtigt werden können (vgl. auch BGH FamRZ 1988, 276 und 1993, 796, 797). Abzugrenzen hiervon als nicht abänderungsfähig sind lediglich solche Entscheidungen, in denen das Gericht im Ausgangsverfahren den Ausgleich ganz oder teilweise bewusst dem Grunde nach ausgeschlossen hat, etwa wegen Verwirkung nach § 1587 c BGB oder wegen Auslandsbezug (so im Fall BGH FamRZ 1996, 282, 283 - im Ausgangsverfahren fehlerhaft).

Aus welchen Gründen vorliegend die Anwartschaften des Ehemannes bei der Pensionskasse, die das Amtsgericht im Ausgangsverfahren aufgrund der eingeholten Auskunft festgestellt hat, nicht berücksichtigt worden sind, lässt sich weder der Entscheidung noch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 24.04.1985 entnehmen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwa diese Anwartschaft bewusst hätte ausgeschlossen werden sollen, wegen angenommener, aber der Höhe nach nicht festgestellter, entsprechender Anwartschaften auch der Ehefrau. Eine solche Regelung hätte auch einer formbedürftigen Vereinbarung mit Zustimmung des Familiengerichts bedurft (§ 1587 o BGB). Es spricht vielmehr alles dafür, dass die Anwartschaft vom Amtsgericht bei der Entscheidung einfach übersehen worden ist.

Die weiteren Voraussetzungen für ein Abänderungsverfahren (Vollendung des 55. Lebensjahres der Berechtigten, § 10 a Abs. 5 VAHRG) liegen vor. Inwieweit die Wesentlichkeitsschwelle (§ 10 a Abs. 2 Satz 2 VAHRG) überschritten wird, wird das Amtsgericht im weiteren Verfahren festzustellen haben. Im Rahmen der Neuberechnung ist nämlich eine Totalrevision erforderlich, wobei insbesondere die Anwartschaften der Antragstellerin bei der ZVK, die seinerzeit nur mit der dynamisierten und unverfallbaren Versicherungsrente in den Ausgleich eingestellt worden ist und inzwischen mit der dynamischen Versorgungsrente ebenfalls unverfallbar geworden sein dürften, erheblicher Veränderung unterliegen dürfte. Die danach erforderlichen Ermittlungen erstmals in der Beschwerdeinstanz anzustellen, hält der Senat nicht für sachdienlich.

Ende der Entscheidung

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