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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 01.09.2005
Aktenzeichen: 1 UF 98/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 328 | |
ZPO § 722 | |
ZPO § 723 |
Gründe:
In dem angefochtenen Urteil hat das Familiengericht ein Urteil des Kreisgerichts Ljubljana, mit dem die Ehe des Beklagten mit der Mutter der Kläger geschieden und den Klägern ein Unterhalt zugesprochen wurde, für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und für vollstreckbar erklärt und den vom Beklagten nach dem Urteil zu zahlenden Unterhalt seit 1. Juni 1990 entsprechend den gesetzlichen Vorschriften des slowenischen Rechts indexiert. Nach Art 132 des slowenischen Familienrechts wird der in einem Gerichtsurteil festgesetzte Unterhalt der Wandlung der Lebenshaltungskosten und der persönlichen Einkommen in Slowenien angepasst durch Beschluss der Gemeinschaft der Sozialfürsorge Sloweniens. Die danach bis 2004 erfolgten Erhöhungen haben die Kläger detailliert dargelegt. Sie entsprechen dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 7. Februar 2004 Bezug genommen.
Gegen dieses dem Beklagten am 23. März 2005 zugestellte Urteil hat er mit anwaltlichem Schreiben vom 15. April 2005, eingegangen beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 18. April 2005, Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet.
Der Berufungskläger ist der Auffassung, dass vor einer Vollstreckbarkeitserklärung erst die Scheidung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG hätte anerkannt werden müssen, da der Kindesunterhalt in einem Scheidungsverbundurteil geregelt worden sei.
Der Berufungskläger beantragt,
das am 7. Februar 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Langen (Hessen) zu 62 F 132/01 - UK aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Berufungsbeklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage ist nach den §§ 722, 723 ZPO begründet und das Urteil des Kreisgerichts Ljubljana daher zu Recht für vollstreckbar erklärt worden.
Nach den §§ 722, 723 ZPO ist ein Urteil eines ausländischen Gerichts ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung für vollstreckbar zu erklären, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechtskraft erlangt hat und wenn die Anerkennung nach § 328 ZPO nicht ausgeschlossen ist.
Die Anwendbarkeit der §§ 722, 723 ZPO ist nicht durch die Verordnungen (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen oder Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten ausgeschlossen. Slowenien ist zwar seit 2004 Mitglied der Europäischen Union, so dass die Verordnungen grundsätzlich anwendbar sind. Nach Art. 66 Abs. 1 der VO Nr. 44/2001 gilt diese jedoch nur für Klagen und öffentliche Urkunden, die erhoben bzw. aufgenommen worden sind nach Inkrafttreten der VO, und nach Art. 66 Abs. 2 der VO 44/2001 können Entscheidungen nur dann nach der VO für vollstreckbar erklärt werden, wenn die Entscheidung nach Inkrafttreten der VO erlassen wurden. Nach Art. 42 der VO Nr. 1347/2000 gilt das gleiche für den Anwendungsbereich dieser VO. Der streitgegenständliche Unterhaltstitel datiert auf den 20. Juni 1990. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden VO noch nicht in Kraft.
Das Urteil des Kreisgerichts Ljubljana ist rechtskräftig und die Anerkennung des Urteils ist auch nicht nach § 328 ZPO ausgeschlossen.
Nach § 328 Ziffer 1 ZPO ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig war. Unabhängig davon, dass dieser Ausschlusstatbestand nur auf Rüge des Beklagten zu prüfen ist (vgl. Geimer in: Zöller, Kommentar zur ZPO, § 328 ZPO Rdnr. 126), liegen die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht vor, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob der Beklagte bei der Einleitung des Verfahrens 1990 in Deutschland seinen Aufenthaltsort hatte oder in Slowenien. Nach deutschem Recht (§§ 12 ff. ZPO) bestanden ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Zuständigkeit der slowenischen Gerichte. Hatte auch der Beklagte 1990 seinen ständigen Aufenthaltsort in Slowenien so würde dies bereits aus § 13 ZPO folgen. Hatte der Beklagte seinen ständigen Aufenthaltsort noch immer in Deutschland, wäre nach deutschem Recht für den besonderen Gerichtsstand für Unterhaltssachen nach § 23a ZPO und beim Gerichtsstand für die Scheidung nach § 606 ZPO der gewöhnliche Aufenthalt der damals minderjährigen Kinder unabhängig von deren Staatsangehörigkeit maßgebend gewesen, der zweifellos in Slowenien war.
Nach § 328 Ziffer 2 ZPO ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Der Beklagte war in dem Scheidungsverfahren vor dem Kreisgericht in Ljubljana anwaltlich vertreten und die Ladung zum Scheidungstermin am 20. Juni 1990 wurde ihm am 2. Juni 1990 persönlich zugestellt, und zwar in O1.
Nach § 328 Ziffer 3 ZPO ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn das Urteil mit einem in der Bundesrepublik Deutschland erlassenen und einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist. Ein anderes Unterhaltsurteil oder Unterhaltsverfahren der Kläger ist nicht bekannt.
Nach § 328 Ziffer 4 ZPO ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Insbesondere die in Art 132 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26.5.1976 vorgesehene Indexierung ist ohne weiteres mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass auch das deutsche Recht beim Unterhalt dynamische Unterhaltstitel kennt (vgl. § 1612a BGB). Darüber hinaus sind dem deutschen Recht selbst automatische Anpassungsmöglichkeiten an die Lebenshaltungskosten nicht unbekannt. So unterliegen Preisklauseln nach § 2 Preisangaben- und Preisklauselgesetz lediglich einer Genehmigungspflicht und nach § 557b BGB ist eine Indexmiete grundsätzlich zulässig. Die Genehmigungspflicht nach § 2 Preisangaben- und Preisklauselgesetz hat darüber hinaus auch nicht den Zweck ausländische Währungen zu schützen (vgl. BGH in: NJW 1993 S. 1801 ff. zu § 3 WährG).
Nach § 328 Ziffer 5 ZPO ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Mit Slowenien ist die Gegenseitigkeit verbürgt. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass Slowenien mittlerweile Mitglied der EG ist.
Die Vollstreckbarkeitserklärung ist auch nicht von einer vorherigen Anerkennung des Scheidungsausspruches nach Art. 7 § 1 FamRÄndG abhängig. Zwar wäre dieses Verfahren für den Scheidungsausspruch durchzuführen (Die Ausnahme des Art. 7 § 1 S. 3 FamRÄndG ist nicht einschlägig. Zum Zeitpunkt der Scheidung war der Beklagte deutscher Staatsangehöriger und die Mutter der Kläger slowenische Staatsangehörige.), dieses Verfahren bezieht sich jedoch nur auf Entscheidungen, durch die eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe festgestellt worden ist. Eine Anerkennung des Scheidungsausspruchs ist daher für eine im Zusammenhang mit der Scheidung getroffene weitere Entscheidung nur dann erforderlich, wenn diese weitere Entscheidung auf der Ehesache beruht (vgl. BGH in: NJW 1975 S. 23). Die Verurteilung des Beklagten zum Kindesunterhalt beruht jedoch nicht auf der Scheidung. Aus Art. 123 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26.5.1976 folgt, dass die Eltern ihren Kindern unabhängig von einer Scheidung zum Unterhalt verpflichtet sind. Die Verurteilung erfolgte auch nicht für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung, sondern ab 1. Juni 1990 und war somit unabhängig von der Rechtskraft des Scheidungsausspruches. Soweit das Oberlandesgericht Celle in einer Entscheidung vom 7. Mai 1990 (in: FamRZ 1990, S. 1390 f.) ohne nähere Begründung ausführt, polnische Unterhaltsurteile, die in einem Scheidungsverbundurteil ergangen seien, seien nicht anerkennungsfähig, solange nicht die Ehescheidung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG erfolgt sei, kann dem nach Auffassung des Senats nicht gefolgt werden. Nur für die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen regelt Art. 7 § 1 FamRändG ein besonderes Verfahren, so dass dieses auch nur dann durchgeführt werden muss, wenn für die anzuerkennende Entscheidung die Wirksamkeit der Scheidung notwendig ist (vgl. Anmerkung zum Urteil des Oberlandesgerichts Celle in: IPRax 1991, S. 62 f.).
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Mai 1990 abgewichen wird und die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 5. Februar 1975 eine Sorgerechtsentscheidung für den Fall der Scheidung betraf und keine von einer Wirksamkeit der Scheidung unabhängige Verurteilung zum Kindesunterhalt.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus den § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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