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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.01.2007
Aktenzeichen: 1 W 61/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 51
ZPO § 52
ZPO § 56
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die im Rubrum unter 1) bis 4) Genannten wegen eines Verkehrsunfalls in Thailand, bei dem der Antragsteller zu 1) verletzt wurde und es im Rahmen der Krankenhausbehandlung zu einer - wie er formuliert - aufenthaltsrechtlichen Problematik kam. Die Antragsteller sind der Auffassung (etwa Bl. 131 d.A.), das Landgericht Frankfurt sei örtlich zuständig, weil der Antragsgegner zu 3) einbezogen sei. Weiterhin macht der Antragsteller zu 1) geltend, er sei nicht prozessfähig, wie durch eine Reihe von Gerichten festgestellt worden sei (Bl. 29 Mitte d.A.). Die mangelnde Geschäfts- und Prozessfähigkeit ergebe sich aus von ihm - ohne Nennung von Datum und behandelnden Ärzten - zitierten ärztlichen Bescheinigungen (u.a. Bl. 35, 51, 89 R, 177 R).

Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 09.02.2006 (Bl. 220 d.A.) in der Sache abgelehnt. Ihre sofortige Beschwerde haben die Antragsteller u.a. darauf gestützt, dass das Landgericht den Antragsteller zu 1) zu Unrecht als prozessfähig behandelt habe, ohne seine Prozessfähigkeit zu prüfen (Schriftsatz. v. 24.02.2006, Bl. 388, 393 d.A. [nach der Zählweise der Schriftsätze der Antragsteller "Bl 185"]). Mit Beschluss vom 24.04.2006 (Bl. 477 d.A.) hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung, u.a. über die Frage der Prozessfähigkeit des Antragstellers zu 1), an das Landgericht zurückverwiesen; soweit die Antragsteller das Prozesskostenhilfeverfahren in der Beschwerdeinstanz auf das Land Hessen als gesamtschuldnerisch Haftenden ausgedehnt hatten, hat der Senat das Verfahren durch Beschluss vom 29.03.2006 (Bl. 415 d.A.) abgetrennt.

Mit Schreiben vom 08.05.2006 (Bl. 622 d.A., nach der Zählung der Antragsteller "Bl. 295") haben die Antragsteller im Zusammenhang mit einem Ablehnungsgesuch gegen Richterinnen und Richter des Landgerichts das Verfahren wegen des Beschlusses des Landgerichts vom 09.02.2006 erneut auf den Antragsgegner zu 5) ausgedehnt. Mit Schriftsatz vom 12.05.2006 (u.a. Bl. 608 d.A., nach der Zählung der Antragsteller "Bl. 290 A") haben die Antragsteller erklärt, sie nähmen nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 24.04.2006 alle Rechtsmittel wegen des Beschlusses des Landgerichts vom 09.02.2006 zurück.

Das Landgericht hat den Betreuungsvorgang des Amtsgerichts Köln Aktenzeichen ... betr. den Antragsteller zu 1) beigezogen und bei ihm mit Verfügung vom 14.07.2006 (Bl. 632 d.A.) angefragt, ob er bereit sei, sich bezüglich seiner Prozessfähigkeit einer gutachterlichen Untersuchung zu unterziehen oder zu einer Anhörung bei Gericht zu erscheinen. Mit Schriftsatz vom 02.08.2006 hat der Antragsteller zu 1) mitgeteilt, dass ihm die Rückreise aus Thailand aus gesundheitlichen Gründen weiterhin unzumutbar sei (Einzelheiten Bl. 635 ff d.A., nach seiner Zählung "Bl. 450" ff). Später hat er geltend gemacht, er sei nunmehr u.a. auch wegen eines Leistenbruchs auf unabsehbare Zeit nicht reisefähig (Einzelheiten Schriftsatz ohne Datum, Eingang 10.10.2006, Bl. 649 d.A., und Schriftsatz vom 10.11.2006, Bl. 672 d.A., nach Zählweise des Antragstellers "Bl. 506" und "Bl. 571"), zugleich aber die Bewilligung eines Reisekostenvorschusses beantragt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27.10.2006 (Bl. 657 ff d.A.) den Antrag auf Prozesskostenhilfe verworfen, da es erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers zu 1) hatte, welche nicht aufgrund einer Mitwirkung des Antragstellers zu 1) ausgeräumt werden konnten; deshalb könne er auch nicht wirksam die Antragstellerin zu 2) vertreten. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen Beschwerde (Bl. 676 ff d.A., nach der Zählung des Antragstellers "Bl. 575" ff), der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Sie machen geltend, das Landgericht hätte die Sache weiter aufklären müssen; die Prozessführung sei ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug und wegen der Art der geltend gemachten Ansprüche, welche sich aus seiner mangelnden Prozessfähigkeit ergäben, zulässig. Es sei ihm von Amts wegen ein vorläufiger gesetzlicher Vertreter zu bestellen. Außerdem macht er erneut eine Befangenheit der beim Landgericht beteiligten Richterinnen und Richter geltend.

II.

Soweit die Antragsteller nach Ende des vorangehenden Beschwerdeverfahrens erneut den Antragsgegner zu 5) einbezogen haben, ergibt die Auslegung des Schriftsatzes der Antragsteller vom 12.05.2006, dass sie diese Antragserweiterung zurückgenommen haben. Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde der Antragsteller nicht begründet.

Soweit dem Vorbringen der Antragsteller nach Ende der 1. Instanz ein zulässiges neuerliches Ablehnungsgesuch gegen Richter des Landgerichts, welche an dem Verfahren mitgewirkt haben, zu entnehmen sein sollte, bleibt dies rechtlich ohne Erfolg. Denn die angegriffene Entscheidung beruht nicht auf einer etwaigen Befangenheit der beteiligten Richter (vgl. zum Prüfungsmaßstab bei einer Ablehnung nach Ende der Instanz Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 42 Rn. 4). Das Landgericht hat nämlich zu Recht das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsteller wegen nicht ausräumbarer Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers zu 1) abgelehnt.

Das Landgericht hat im Einzelnen dargelegt, weshalb es erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers zu 1) hat. Dabei durfte es neben seinem bisherigen Prozessverhalten auch auf die beigezogene Betreuungsakte des Amtsgerichts Köln zurückgreifen. Dem entspricht es, dass der Antragsteller zu 1) selbst im bisherigen Verfahren geltend gemacht hat, er sei nicht prozessfähig; insbesondere hat er seine sofortige Beschwerde gegen den ursprünglichen Beschluss des Landgerichts vom 09.02.2006 ausdrücklich darauf gestützt, dass das Landgericht ihn zu Unrecht als prozessfähig behandelt habe. Eine weitere Sachaufklärung, welche ein anderes Ergebnis zur Folge haben könnte, ist nicht möglich. Zum einen nennt der Antragsteller zu 1) selbst keinerlei neue Gesichtspunkte, aus denen sich entgegen seinem bisherigen Sachvortrag nunmehr ergeben könnte, dass er prozessfähig ist. Zum anderen steht einer weiteren Sachaufklärung entgegen, dass er aufgrund seines Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, bei Gericht zu erscheinen oder sich einer Begutachtung in Deutschland zu stellen; er selbst hat bereits vor der Mitteilung seines Leistenbruchs geltend gemacht, es sei ihm aus gesundheitlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht zumutbar, nach Deutschland zu fliegen. Dies sind objektive Hinderungsgründe ohne Rücksicht auf die Frage, ob der Antragsteller zu 1) subjektiv bereit ist, nach Deutschland zurückzukehren oder nicht; deshalb kommt es nicht auf die Frage an, ob ihm im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ein Kostenvorschuss für die Rückkehr nach Deutschland zu gewähren ist oder nicht. Vielmehr muss - wie es das Landgericht getan hat und wogegen die Beschwerde keine neuen Gesichtspunkte vorbringt - auf der Grundlage der derzeit erreichbaren Tatsachengrundlage entschieden werden. Das hat umso mehr zu gelten, als das Prozesskostenhilfeverfahren keine materielle Rechtskraft kennt, also mit der Ablehnung des vorliegenden Antrags eine spätere erneute Geltendmachung rechtlich nicht ausgeschlossen ist.

Der Antragsteller zu 1) ist auch nicht ausnahmsweise zur Prozessführung zuzulassen. Die von den Antragstellern geltend gemachten Schadensersatzansprüche ergeben sich gerade nicht aus einer mangelnden Prozessfähigkeit des Antragstellers zu 1), und für eine vorläufige Zulassung zur Prozessführung gemäß § 56 Abs. 2 ZPO wegen eines behebbaren Mangels bei von den Antragstellern behaupteter Gefahr im Verzug sieht der Senat die Voraussetzungen nicht als gegeben an.

Es besteht auch keine rechtliche Handhabe, dem Antragsteller zu 1) durch das Prozessgericht einen vorläufigen gesetzlichen Vertreter zu bestellen. § 57 ZPO ist nicht einschlägig; es handelt sich um eine Sondernorm bei möglicher Prozessunfähigkeit eines Beklagten, wenn der Kläger für seinen Rechtsstreit nicht abwarten kann, bis der zu verklagenden Person vom Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt worden ist. Diese Situation ist auf den Antragsteller zu 1) nicht zu übertragen. Ein gesetzlicher Vertreter könnte dem Antragsteller nur durch das für ihn zuständige Betreuungsgericht bestellt werden. Aus der Tatsache, dass das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 31.10.2002 und gebilligt durch Beschlüsse des Landgerichts Köln vom 03.12.2002 sowie des Oberlandesgerichts Köln vom 03.01.2003 die Bestellung eines Betreuers abgelehnt hat, folgt nicht, dass eine solche Bestellung nicht möglich wäre. Aus den Beschlüssen, insbesondere aus denjenigen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, weiß der Antragsteller zu 1), welche - bei einem Eigenantrag reduzierten - Mitwirkungspflichten ihn treffen, was also von ihm erwartet wird, selbst wenn er meint, aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht nach Deutschland zurückkehren zu können.

Die beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, da eine solche gesetzlich grundsätzlich nicht vorgesehen ist (Zöller-Philippi, a.a.O., § 114 Rn. 3) und für das vorliegende Beschwerdeverfahren auch nicht ersichtlich ist, dass besondere, ausnahmsweise bestehende Gründe Veranlassung zu einer solchen Gewährung von Prozesskostenhilfe für das PKH-Beschwerdeverfahren gäben.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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