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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.08.2006
Aktenzeichen: 1 WF 155/06
Rechtsgebiete: BRAGO, RVG


Vorschriften:

BRAGO § 19
RVG § 60
RVG § 61
Da über die Begründetheit einer Einwendung, die ihre Grundlage außerhalb des Gebührenrechts findet, nicht im Festsetzungsverfahren zu entscheiden ist, ist als Maßstab für die Konkretisierung weder eine Substantiiertheit noch eine Schlüssigkeit der Einwendung zu verlangen.
Gründe:

Mit Schriftsatz vom 6. 2. 2006 hat Rechtsanwalt B für die Sozietät B & Partner die Kostenfestsetzung gemäß § 19 BRAGO gegen die Antragsgegnerin bezüglich des aus der Prozessvertretung II. Instanz erwachsenen Vergütungsanspruchs beantragt. Die Antragsgegnerin war in II. Instanz von Rechtsanwältin A vertreten worden. Diese ist inzwischen mit Rechtsanwalt B in einer Sozietät verbunden.

Mit dem angefochtenen Beschluss, der am 26. 5. 2006 zugestellt wurde, hat das Amtsgericht die Kosten antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 9. 6. 2006 eingegangenen sofortigen Beschwerde.

Mit ihrer Beschwerde erhebt sie mehrere Einwendungen gegen die Festsetzung. Unter anderem macht sie geltend, dass bei Rechtsanwalt B die hier abgerechneten Gebühren für die Prozessvertretung II. Instanz nicht entstanden seien, weil sie nicht von der antragstellenden Sozietät, sondern von Rechtsanwältin A vertreten worden sei. Ferner wendet sie ein, dass die antragstellende Sozietät bereits 4 Mahnbescheide gegen sie erwirkt habe, die auch die streitgegenständliche Vergütung beinhalten würden. Sie wendet Schlechterfüllung mit der Begründung ein, es sei in dem Rechtsstreit unvollständig vorgetragen worden, wodurch ihr ein Schaden entstanden sei. Wegen des ihr hieraus zustehenden Schadensersatzanspruchs verweigere sie Zahlung der Forderung. Sie verweist darauf, dass deswegen bereits umfangreicher Schriftverkehr mit dem Antragsteller geführt worden sei. Schließlich macht sie geltend, dass der Antragsteller erhaltene Zahlungen der Antragsgegnerin unzutreffend verrechnet habe.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, und in der Sache auch begründet.

Der Vergütungsfestsetzung steht § 19 Abs. 5 BRAGO, der im Hinblick auf die Übergangsvorschriften der §§ 60 und 61 RVG Anwendung findet, entgegen.

Die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen sind jeweils solche, die ihre Grundlage außerhalb des Gebührenrechts, nämlich jeweils im materiellen Recht, haben. Ob die Einwendungen inhaltlich begründet sind, ist im Festsetzungsverfahren nicht zu prüfen. Allein der Umstand, dass solche Einwendungen erhoben werden, führt im Hinblick auf § 19 Abs. 5 BRAGO dazu, dass die Festsetzung zu unterbleiben hat und der Festsetzungsantrag zurückzuweisen ist.

Ob etwas anderes gilt, wenn die Einwendungen gänzlich haltlos und aus der Luft gegriffen sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 19 BRAGO Rdn. 56 und 57), kann hier dahinstehen. Denn hier wurden die Einwendungen ausreichend konkret erhoben. Dies gilt auch für den Einwand der Schlechterfüllung. Da über die Begründetheit nicht im Festsetzungsverfahren zu entscheiden ist, ist als Maßstab für die Konkretisierung weder eine Substantiiertheit noch eine Schlüssigkeit der Einwendung zu verlangen (OLG Naumburg, Beschluss vom 18. 12. 2002 - 14 WF 225/02 - OLGR Naumburg 2003, 360). Indem die Antragsgegnerin auf diesbezügliche umfangreiche außergerichtliche Korrespondenz verweist, macht sie hinreichend deutlich, dass sie sich konkreter materiell-rechtlicher Gegenansprüche berühmt, die sie dem Vergütungsanspruch entgegenhält. Dies gilt auch für den Erfüllungseinwand, den sie in der Weise erhebt, dass sie die Verrechnung von ihr geleisteter Zahlungen auf die einzelnen Vergütungsforderungen angreift. Bei solchen Einwendungen kann der Vergütungsanspruch nicht im Festsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO geltend gemacht werden.

Auch der Einwand, der hier geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Prozessvertretung II. Instanz stehe nicht der antragstellenden Sozietät zu, ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Zwar steht grundsätzlich der Vergütungsanspruch den Sozien zur gesamten Hand zu, soweit es sich bei der Sozietät um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt. Aus § 718 Abs. 1 BGB folgt jedoch, dass dies nicht für solche Vergütungen gilt, die ein Sozius - wie hier - bereits vor dem Zusammenschluss zur Sozietät erarbeitet hat. Diese stehen nicht bereits aus dem vormaligen Mandatsverhältnis der später gegründeten Sozietät zu, sondern allenfalls auf Grund einer entsprechenden - hier nicht dargelegten - Vereinbarung zwischen den an der Sozietät beteiligten Rechtsanwälten. (vgl. Palandt - Sprau, § 705 BGB Rdn. 49 unter Hinweis auf BGH, NJW-RR 1987, 1137).

Der angefochtene Beschluss war im Hinblick auf die nach § 19 Abs. 5 BRAGO beachtlichen Einwendungen aufzuheben und der Antrag auf Vergütungsfestsetzung nach § 19 Abs. 1 BRAGO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Wert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus der Höhe der streitgegenständlichen Gebühren.

Ende der Entscheidung

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