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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.03.2001
Aktenzeichen: 1 WF 225/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
Verwirkung rückständigen Kindesunterhalts: Der Unterhaltsschuldner ist zwr für das Vorliegen des Umstandsmoments beweispflichtig. Da es sich jedoch um eine negative Tatsache handelt, braucht er nur konkreten Gegenvortrag widerlegen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 WF 225/00

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 8.5.2000 am 15.03.01 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht Prozeßkostenhilfe für die (ursprünglich als Stufenklage erhobene, später bezifferte) Klage auf Kindesunterhalt insoweit bewilligt, als laufender und rückständiger Unterhalt für die Zeit ab 1.7.1998 verlangt wird. Für seine weitergehende Klage, gerichtet auf Rückstände für die Zeit vom 1.4.1996 bis 30.6.1998 hat es Prozeßkostenhilfe verweigert, da die Art der Prozeßführung mutwillig sei. Eine auf eigene Kosten prozessierende Partei hätte keinen derartig hohen kostentreibenden Rückstand anwachsen lassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Im Ergebnis mit Recht hat das Amtsgericht Prozeßkostenhilfe für den weiter zurückreichenden Rückstand verweigert.

Inwieweit die die Entscheidung tragende Erwägung mutwilliger Kostenverursachung zutreffend ist, bedarf keiner Würdigung. Prozeßkostenhilfe kann für diesen Zeitraum schon deshalb nicht bewilligt werden, da, worauf der Kläger im Laufe des Beschwerdeverfahrens hingewiesen worden ist, die Rechtsverfolgung in diesem Umfang ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg ist.

Nach gefestigter Rechtsprechung kann der Unterhaltsgläubiger für zurückliegende Zeiträume sein Recht verwirken, wenn er dieses über längere Zeit (Zeitmoment, mindestens 1 Jahr) nicht geltend macht und durch sein Verhalten bei dem Unterhaltsschuldner die Vorstellung weckt oder unterstützt, hierauf nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Das Zeitmoment ist zwischen dem Beginn des Unterhaltszeitraums 1.4.1996 bis zu der unstreitigen Geltendmachung Dezember 1998 ohne weiteres gegeben. Hinsichtlich des Umstandsmoments hat der Beklagte bei seiner ausführlichen Anhörung im Termin vor dem Amtsgericht am 16.7.1999 geschildert, daß der damals in sehr günstigen wirtschaftlichen Verhältnisses lebende neue Partner der gesetzlichen Vertreterin des Klägers ihm, nach den Umständen ersichtlich mit Wissen der Kindesmutter, erklärt habe, er brauche keine festen Beträge zu zahlen, es sei ausreichend, wenn er gelegentlich nach Möglichkeiten dem Jungen etwas Gutes tue. Später hätten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse geändert, als der neue Partner der Kindesmutter in finanzielle Bedrängnis geraten sei. Nunmehr und nach einem heftigen Streit vor Weihnachten 1998 sei erstmals ein fester Betrag von 530,-- DM verlangt und alsbald auch eingeklagt worden.

Dem hält der Kläger nunmehr entgegen, daß auch in der Zeit von April 1996 bis Dezember 1998 die Kindesmutter ihn wiederholt telefonisch als auch mündlich zu Unterhaltszahlungen aufgefordert habe. Dies wäre, falls zutreffend, geeignet, einen Vertrauenstatbestand auf Seiten des Beklagten nicht aufkommen zu lassen oder zu zerstören und damit das Umstandsmoment zu beseitigen. Indes ist dieses Vorbringen unsubstantiiert und steht mit ihrem sonstigen Verhalten im Widerspruch. Zwar ist der Beklagte für seinen Verwirkungseinwand in vollem Umfang beweispflichtig. Da es sich jedoch um eine negative Tatsache handelt, ist er nicht imstande, alle denkbaren entgegenstehenden Gesichtspunkte auszuräumen.

Vielmehr reicht es aus, wenn er konkretes Vorbringen der Gegenseite substantiiert bestreitet und widerlegt. Dafür reicht aber der allgemeine Vortrag ständiger telefonischer Erinnerungen nicht aus. Die gesetzliche Vertreterin des Klägers hat im Dezember 1998 gezeigt, daß sie durchaus imstande ist, bei gegebener Notwendigkeit ihre Interessen zügig und mit gebotenem Nachdruck geltend zu machen. Dies spricht dafür, daß sie dies auch hätte früher tun können, wenn eine entsprechende Sachlage gegeben wäre. Dagegen ist der Vortrag des Beklagten, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse auf Seiten des Klägers in dieser Zeit so waren, daß sein Unterhalt praktisch keine Rolle gespielt habe, plausibel und steht mit dem Geschehensablauf in Einklang.

Daß er sich im Beschwerdeverfahren nicht schriftsätzlich geäußert hat, läßt nicht den Schluß zu, daß er das Beschwerdeverfahren zugesteht (§ 138 Abs. 3 ZPO). Er hat sich, anwaltlich nicht vertreten, auch in I. Instanz nicht schriftsätzlich geäußert, sondern seine Position in mündlicher Verhandlung zu Protokoll gegeben. Die genannte Bestimmung des § 138 Abs. 2 ZPO bezieht sich auf Vorbringen in mündlicher Verhandlung und findet im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren keine unmittelbare Anwendung. Das Schweigen einer Partei kann nur in Zusammenhang mit ihrem sonstigen Verhalten interpretiert werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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