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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: 10 U 105/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 249
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Form der Rückabwicklung einer Beteiligung an dem im Tenor bezeichneten geschlossenen Immobilienfonds.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, ob der Beratungsvertrag zwischen den Parteien oder der hinter dem Beklagten stehenden Gesellschaft zustande gekommen ist, ob der Fondsbeitritt der Altersversorgung der Klägerin dienen sollte, inwieweit über die Risiken aufgeklärt wurde und inwieweit bei der Klägerin ein Schaden entstanden ist.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten kein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei. Im vorliegenden Fall sei der Beklagte nicht für sich selbst, sondern als Handelsvertreter für einen Finanzdienstleister tätig geworden. Es sei nicht entscheidend, dass der Klägerin der Name der hinter dem Beklagten stehenden Gesellschaft nicht bekannt war.

Der Beklagte hafte auch nicht aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen, weil er kein besonderes Vertrauensverhältnis geschaffen habe.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt und diese auch form- und fristgerecht begründet.

Die Klägerin macht geltend, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, rechtsgeschäftliche Erklärungen für Firmen der C2-Gruppe abzugeben, und solche auch nicht abgegeben habe. Der Beklagte habe nicht darauf hingewiesen, dass er bei der Beratung als Handelsvertreter für irgendeine Firma der C2-Gruppe, insbesondere für die C2 Gesellschaft für Vermögensberatung und Vermittlungs mbH tätig gewesen sei. Allein der Umstand, dass er als selbständiger Handelsvertreter aufgetreten sei, beinhalte gerade nicht, dass er auch eine Erklärung im fremden Namen abgegeben habe. Der Beklagte habe auch in den von ihm überreichten Unterlagen darauf hingewiesen, dass er zwar Gesellschafter der C2 sei, jedoch auch sein eigenes Unternehmen aufbaue. Er habe deshalb die Unternehmensbezogenheit für ein Drittunternehmen zu beweisen. Diese könne nur dann unterstellt werden, wenn die Umstände die eindeutige Auslegung zuließen, dass ein bestimmtes Unternehmen berechtigt und verpflichtet sein solle. Der Vertretene sei vorliegend aber gerade nicht bestimmbar. Ebenso sei eine Vollmacht des Vertretenen nicht ersichtlich.

Im Übrigen wiederholt die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen zur fehlerhaften Anlageberatung und verweist darauf, dass der Beklagte keine anlegergerechte Beratung durchgeführt habe. Vorrangiges Ziel der Klägerin sei die Sicherung der Altersversorgung gewesen, die nicht durch die Zeichnung einer spekulativen Anlage habe erreicht werden können.

Neben der Rückabwicklung des Beteiligungsvertrags verlangt die Klägerin weitergehend Schadensersatz in Höhe von 7 % Zinsen seit dem Jahr 1993 und macht dazu geltend, dass im Fall einer interessengerechten Alternativanlage ein entsprechender Gewinn erzielt worden sei.

Die Klägerin legt dar, dass sie insgesamt steuerliche Auszahlungen in Höhe von 25.083,73 € erhalten habe und ihr aus der Fondsbeteiligung insgesamt 24.542,07 € Ausschüttungen zugeteilt worden seien. Hinsichtlich ihres Vortrags zur Entwicklung des Fonds wird auf ihren Vortrag im Schriftsatz vom 29.11.2006 und die dazu beigefügten Unterlagen Bezug genommen. Nachdem die Klägerin unter dem 01.01.2007 noch eine Zahlung in Höhe von 766,94 € erhalten hat, beantragt sie nunmehr, das landgerichtliche Urteil abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 62.600,31 zuzüglich 7 % Zinsen ab dem 01.01.2007 sowie Zinsen in Höhe von 7 % aus € 63.367,25 vom 01.12.2005 bis 31.12.2006 sowie aus € 46.837,31 vom 31.12.1993 bis 30.11.2005 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus der Beteiligung am geschlossenen Immobilienfonds A1 GmbH & Co. A1KG - ... Fonds ..., eingetragen im Treugeberregister unter der Nummer ..., mittelbar oder unmittelbar resultiert, jeweils Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils der Klägerin am geschlossenen Immobilienfonds A1 GmbH & Co. A1 KG - ... Fonds ..., eingetragenen im Treugeberregister unter der Nummer ... , an den Beklagten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und führt aus, dass die Zeichnung des geschlossenen Immobilienfonds vorrangig zur Senkung der Steuerlast erfolgt sei. Zur Altersvorsorge habe er nicht dienen sollen, die Klägerin habe vielmehr die von ihm vorgeschlagenen Altersversorgungsmodelle nicht umgesetzt, sondern lediglich der Fondsanteil gezeichnet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die beiderseitig vorgelegten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Z1 zu der Frage des Umfangs der Beratung durch den Beklagten und der Offenlegung des Vertragspartners. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.03.2007 Bezug genommen. In dieser Verhandlung hat der Beklagtenvertreter im Namen der C2 GmbH für Finanzdienstleistung und Vermittlung erklärt, dass die Gesellschaft die Erklärungen, die der Beklagte im vorliegenden Zusammenhang mit der Beratung der Klägerin abgegeben habe, genehmige.

II.

Die Berufung ist zulässig, sie ist auch teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Grundsätzen zur positiven Forderungsverletzung wegen fehlerhafter Beratung hinsichtlich der Sicherung der Altersvorsorge.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Landgerichts kann der Senat vorliegend nicht feststellen, dass der Beklagte nicht in eigenem, sondern in fremden Namen gehandelt hat und somit ein Anlageberatungsvertrag zwischen der Klägerin und der Firma C2 GmbH für Finanzdienstleistung und Vermittlung zustande gekommen ist.

Ein schriftlicher Vertrag, in dem diese Gesellschaft als Vertragspartner auftauchen würde, existiert nicht. Ebenso ist die Gesellschaft auch in sonstigen Unterlagen nie namentlich erwähnt worden. Der Beklagte hat lediglich dargelegt, dass er Gesellschafter der C2 sei und auch nach deren System arbeite. Daraus folgt aber noch keineswegs, dass der Beklagte nicht in eigenem Namen, sondern für die Gesellschaft tätig werden wollte. Auch in der Eigenschaft als Handelsvertreter wäre es keineswegs klar, dass er nur für die hinter ihm stehende Gesellschaft handeln würde.

Aus Sicht des Senats wäre es, auch wenn man ein unternehmensbezogenes Geschäft hinsichtlich eines Finanzdienstleisters annehmen würde, zumindest erforderlich, dass die vertretene Gesellschaft bestimmbar war. Dafür gibt es vorliegend überhaupt keine Anhaltspunkte. Bei C2 handelt es sich um einen Konzern, der zahlreiche Gesellschaften beinhaltet, ohne dass für den außen stehenden Laien von vornherein erkennbar wäre, welche Gesellschaft durch den Beklagten vertreten worden wäre. Die daraus folgenden Schwierigkeiten zeigt das Schreiben der C2 GmbH & Co. KG vom 22.12.2004 an die Zeugin Z1, in dem diese Gesellschaft mitteilt, dass Herr D wie alle C2berater keine Vollmacht für diese Gesellschaft gehabt habe. Dies mag tatsächlich der Fall gewesen sein, in diesem Fall wäre es aber erforderlich gewesen, dass die Muttergesellschaft mitteilen würde, welche ihrer Tochtergesellschaften denn entsprechende Vollmachten erteilt hat. Diese Unsicherheit auszuschließen ist gerade Sinn und Zweck der Regelung des § 164 Abs. 2 BGB, wonach der Wille, in fremden Namen zu handeln, erkennbar hervortreten muss (vgl. nur BGH Urteil v. 13.10.1994 - 9 ZR 25/94).

Gleiches hat auch die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin Z1 ergeben. Die Zeugin Z1 hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass sowohl die Klägerin als auch sie den Eindruck hatten, dass der Beklagte selbständig gearbeitet habe. Auf allen Unterlagen sei lediglich der Schriftzug C2 vorhanden gewesen, oder der Stempel des Beklagten ohne Firmenzusatz.

Mit dieser Auffassung setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu den von dem Beklagten vorgelegten Entscheidungen oder in Bezug genommenen Verfahren. Aus dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt - Außensenate Kassel - vom 16.02.2007 ist lediglich erkennbar, dass dieser Senat keine Ansprüche gegen den Handelsvertreter und die hinter ihm stehenden Gesellschaften, die in diesem Verfahren verklagt waren, feststellen konnte. Daraus ist nicht zu entnehmen, ob dies wegen der fehlenden Passivlegitimation oder aus inhaltlichen Gründen der Fall gewesen ist. Angesichts des Umstands, dass die dortige Klägerin auf die Forderung auch gegenüber den Finanzdienstleistungsunternehmen verzichtet hat, ist vielmehr anzunehmen, dass der Grund die Feststellung der inhaltlichen Unbegründetheit der Ansprüche war. Aus dem Protokoll des Landgerichts Hagen vom 23.05.2006 kann allenfalls entnommen werden, dass die Frage der Passivlegitimation nicht im Streit stand, da die Prozessbevollmächtigten übereinstimmend erklärt haben, dass zunächst der Wert der streitgegenständlichen Beteiligung abgeklärt werden solle. Auch das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 01.02.2006 (5 0 597/04) ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Nachweis einer Beratungspflichtverletzung dem Kläger nicht gelungen sei. Auf die Frage der Passivlegitimation kam es nicht an.

Das Urteil des Landgerichts Münster vom 24.05.2006 (4 0 767/04) führt zwar aus, dass zwischen der Kundin und dem Berater kein Beratungsvertrag zustande gekommen sei, sondern sich aus den Umständen ein Handeln in fremden Namen ergebe. Insoweit ist die Argumentation ähnlich wie diejenige im erstinstanzlichen Urteil des hiesigen Verfahrens. Auch das Landgericht Münster geht davon aus, dass es im Sinne des § 164 BGB ausreiche, wenn der Vertreter die Erklärung im Namen des Vertretenen abgebe und nur zu erkennen gebe, dass er für jemand anders handele. Der Name des Vertretenen brauche dabei nicht ausdrücklich genannt zu werden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung komme es einem Dritten nicht darauf an, welche Tochtergesellschaft Vertragspartner werde. Das erscheint aus den dargelegten Gründen nicht einleuchtend. Soweit das Landgericht Münster weiter ausführt, dass die Klägerin offensichtlich über Jahre hingenommen habe, nicht genau zu wissen, wer ihr Vertragspartner sei, trifft dies vorliegend nicht zu. Die Zeugin Z1 hat deutlich bekundet, dass die Klägerin wie auch sie fest davon ausgegangen seien, dass der Beklagte ihr Vertragspartner sei.

Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 15.08.2002 spricht nicht für den Beklagten. Zwar hat das Oberlandesgericht Celle darin ausführlich dargelegt, dass der Anlageberatungsvertrag mit dem Finanzdienstleistungsunternehmen durch Vermittlung des Handelsvertreters geschlossen werde. Im Regelfall habe der Kunde nämlich kein Interesse, mit dem jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten persönlich in vertragliche Beziehungen hinsichtlich der Beratung zu treten, da er über dessen Ausbildung und Sachkunde regelmäßig nichts wisse. Das Interesse, sich von einem Mitarbeiter gerade der Beklagten über Finanzanlage beraten zu lassen, rühre vielmehr aus der Größe und dem Marktauftreten der Beklagten her. Aus diesen Faktoren schließe der Kunde darauf, es würden ihm Anlagen angeboten und vermittelt, die die Beklagte hinsichtlich Solidität und Sicherheit kompetent geprüft habe.

Aus dieser Entscheidung folgt lediglich, dass im Regelfall eine Vertretung angenommen werden kann. Damit hat das Oberlandesgericht der Argumentation des Finanzdienstleisters eine Absage erteilt, dass er für einen als freien Handelsvertreter tätigen Berater nicht einstehen müsse. Inwieweit der Fall mit dem vorliegenden hinsichtlich der Frage der Erkennbarkeit des Vertretenen vergleichbar ist, lässt sich aus den Entscheidungsgründen nicht entnehmen.

Insgesamt vermag der Senat deshalb angesichts der glaubhaften und detaillierten Aussage der Zeugin Z1 nicht zu erkennen, dass der Beklagte ein Handeln im fremden Namen ausreichend deutlich gemacht hat. Soweit er sich auf die Kompetenz und die Beratung im C2-Unternehmen berufen hat, konnte dies ebenso gut so verstanden werden, und wurde auch, dass der Beklagte zwar selbständig handelte, sich aber im Rahmen seiner Gesellschaftsmitgliedschaft mit anderen absprach und insoweit auch Beratungskompetenz einer größeren Organisationseinheit in Anspruch nahm.

Dass inhaltlich eine Anlageberatung vorlag, ist unstreitig. Ein Anlageberatungsvertrag liegt dann vor, wenn der Kunde den Berater hinzuzieht, weil er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat, um sein Anlageproblem zu lösen. Er erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Er wünscht eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert (OLG München Urteil v. 06.09.2006 - 20 U 2694/06). In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (BGH NJW-RR 93, 1114). Dies ist vorliegend auch geschehen. Der Beklagte hat sich intensiv mit den Vermögensverhältnissen der Klägerin, ihrer Altersabsicherung und auch dem zur Verfügung stehenden Einkommen beschäftigt. Er hat allerdings die aus dem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur sorgfältigen, sachlich richtigen und vollständigen Beratung und umfassenden Auskunftserteilung unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin verletzt.

Fehler der Anlageberatung darzutun und zu beweisen, ist grundsätzlich Sache der Klagepartei. Dem kommt sie nicht schon durch die nicht näher ausgeführte Behauptung, Anlagezweck sei Alterssicherung, oder dadurch nach, dass sie lediglich pauschal behauptet, nicht auf Risiken der Beteiligung hingewiesen worden zu sein. Erforderlich ist vielmehr konkreter Vortrag zu Wissensstand, Risikobereitschaft und Anlageziel. Dennoch trifft den Berater die sogenannte sekundäre Darlegungslast. Er muss nicht nur zeitlich und räumlich konkretisiert, sondern inhaltlich spezifiziert den Inhalt der Aufklärung vortragen, insbesondere über die speziellen Risiken, die mit der konkret ins Auge gefassten Anlage verbunden sind. Es muss ersichtlich sein, dass der Anlageberater die vom Anleger gegebenen Informationen und Unterlagen unter Berücksichtigung der Anlageziele und der Risikobereitschaft des Anlegers fachkundig bewertet und beurteilt. Insoweit gilt es zum einen personenbezogene und zum anderen objektbezogene Kriterien zu beachten. Zu den Umständen in der Person des Anlegers gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. Außerdem muss festgestellt werden, ob das beabsichtigte Geschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes ergeben. Der Anlageinteressent muss über alle Umstände unterrichtet werden, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind (vgl. nur OLG Frankfurt am Main - ZIP 1998, 1713).

Diesen Anforderungen ist die vorliegende Beratung durch den Beklagten nicht gerecht geworden. Es ist nicht zu verkennen, dass sich der Beklagte viel Mühe gemacht hat, die Einkommenssituation der Klägerin zu analysieren und eine Anlageform zu finden, die ihren Interessen gerecht wurde. Der Beklagte hat zutreffend in seinem Konzept dargestellt, dass zunächst eine Grundabsicherung erfolgen müsse, dann der Vermögensaufbau vorangetrieben werden solle und schließlich als dritter Schritt die Vermögensanlage auch unter Berücksichtigung einer Steueroptimierung erfolgen solle. In dieser dritten Stufe hat der Beklagte auch die Investition in den geschlossenen Immobilienfonds E empfohlen. Dem Beklagten war mithin klar, und so ist auch sein Sachvortrag in der zweiten Instanz zu verstehen, dass es sich bei dem vorliegend gezeichneten geschlossenen Immobilienfonds keinesfalls um eine sichere Möglichkeit zur Verbesserung der Altersvorsorge handelte, sondern um eine spekulative Anlageform. Diese ermöglichte es, und so wurde dies auch durch den Steuerberater geprüft und für gut befunden, sofort erhebliche Steuerzahlungen einzusparen und langfristig Erträge zu erzielen. Allerdings hing dies, und das muss angesichts der insoweit übereinstimmenden Einschätzung der Parteien nicht weiter ausgeführt werden, ganz erheblich davon ab, dass die Immobilien des Fonds dauerhaft an einen solventen Mieter vermietet wurden. Denn es gab kaum eine realistische Möglichkeit, Anteile des Fonds auf dem Kapitalmarkt zu veräußern, erst recht nicht, wenn dieser notleidend geworden war.

Diese Risiken lassen es auch aus Sicht des Beklagten nicht zu, einen solchen geschlossenen Immobilienfonds als sichere Altersvorsorge zu empfehlen. Die Beweisaufnahme hat aber zur Überzeugung des Senats ergeben, dass gerade die sichere Altersvorsorge das Anlageziel der Klägerin war. Die Zeugin Z1 hat detailliert bekundet, dass ihre Mutter sich zunächst vorgestellt habe, eine Eigentumswohnung zu kaufen, um im Alter mietfrei wohnen zu können. Denn nach den Angaben des Beklagten hatte sie lediglich eine Rente von ca. 500,00 DM zu erwarten. Die Zeugin hat glaubhaft bekundet, dass es ihrer Mutter nur darum ging, eine sichere Altersvorsorge zu schaffen und bei der Beratung hinsichtlich des Dreistufenmodells nicht deutlich geworden ist, dass der Bereich der Grundabsicherung mit der Zeichnung des Fonds verlassen würde. Der Beklagte habe den entsprechenden Prospekt vorgelegt, aus dem sich in der Überschrift der Satz ergibt "...", er habe auch darauf hingewiesen, dass das Risiko hinsichtlich der Entwicklung der Immobilien gestreut sei und Fondsanteile genauso wie eine Eigentumswohnung verkauft werden könnten. Auch auf die Frage der Rente und der Geeignetheit des Fonds, die Rente aufzustocken, habe der Beklagte erklärt, dass im Gegensatz zu einer Eigentumswohnung zusätzlich auch Steuern gespart werden könnten. Da ihre Mutter noch sehr unsicher gewesen sei, habe sie den Steuerberater eingeschaltet, der allerdings lediglich die steuerliche Seite betrachtet und angegeben habe, zur Alterssicherung nichts sagen zu können. Nachdem dieser die steuerliche Seite bestätigt habe, sei die Klägerin sehr beruhigt gewesen und sei davon ausgegangen, dass die Aussagen des Beklagten auch hinsichtlich der Alterssicherung zuträfen.

Über ein Mietausfallrisiko wegen mangelnder Solvenz der Mieter oder auch eine Nachschusspflicht der Kommanditisten sei eine Aufklärung nicht erfolgt.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, er sei davon ausgegangen, dass sein Gesamtkonzept umgesetzt werden müsse. Die Klägerin sei dem allerdings nicht nachgekommen, sondern habe Maßnahmen zur Grundabsicherung nicht ergriffen.

Diese Aussage ist durch die Aussage der Zeugin Z1 und auch die Gesamtumstände widerlegt. Die Zeugin Z1 hat bekundet, dass die Verhandlungen sofort abgebrochen worden wären, wenn klar gewesen wäre, dass es nur um Vermögensaufbau und nicht um Altersvorsorge gehe. Gerade das Rechenmodell hinsichtlich einer privaten Rentenversicherung habe zu einer monatlichen Belastung geführt, die die Klägerin nicht habe erbringen können. Deshalb sei der Fonds als Alternative zur Rentenversicherung dargestellt worden. Dies erscheint einleuchtend. Außerdem müsste es als Beratungspflichtverletzung angesehen werden, wenn der Beklagte den Abschluss der Fondsbeteiligung weiterempfohlen hätte, obwohl er ersichtlich erkennen konnte, dass die Klägerin keine Maßnahmen zur Grundabsicherung treffen konnte oder treffen wollte.

Dass der Fonds tatsächlich keine sichere Altersversorgung darstellen konnte, ergibt sich aus seiner Entwicklung, die die Klägerin im Einzelnen durch die Vorlage von Sitzungsprotokollen und die Entwicklung der Ausschüttung dargelegt hat. Die Entwicklung der Mieten hat sich deutlich verschlechtert, außerdem ist die Mietgarantie ausgelaufen, so dass zu erwarten ist, dass sich die Ausschüttungen deutlich verringern werden. Hinzu kommt, dass das Risiko besteht, dass es zu einer Nachschusspflicht der Kommanditisten gemäß § 172 Abs. 4 HGB kommt.

Nach Auffassung des Senats kann es allerdings dahinstehen, inwieweit sich das Spekulationsrisiko tatsächlich bereits verwirklicht hat, wobei unstreitig ist, dass die Ausschüttungen des Fonds keinesfalls die Erwartungen erfüllt haben, und auch ersichtlich ist, dass die Klägerin weitaus mehr investiert hat, als sie tatsächlich zurückbekommt mithin Verlust gemacht hat. Denn Rechtsfolge des § 249 BGB ist bei einer Beratungspflichtverletzung wie vorliegend die Wiederherstellung des vorherigen Zustands, das heißt die Beseitigung des Risikos durch Übernahme des Vertrags.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er der Klägerin den Prospekt überreicht hat, den sich diese nach Aussage der Zeugin Z1 gründlich durchlesen sollte. Unabhängig von der Frage, dass der geschlossene Immobilienfonds ohnehin nicht für die Altersvorsorge geeignet war, hat der Beklagte seiner Beratungspflicht auch nicht durch die Übergabe des Prospekts genügt. Der Anleger erwartet von dem Berater mehr als Material zur eigenen Durchsicht. Er will dieses Material in Einzelheiten und erschöpfend erläutert bekommen, um das Anlagerisiko weitgehend einschätzen zu können. Dabei verlässt er sich auf die Erfahrungen und Risikobewertungen seines Ratgebers, insbesondere darauf, von diesem einen für seine Anlageentscheidung aussagekräftigen Überblick zu erhalten. Dies gilt umso mehr, wenn der bei Gelegenheit der Beratung überreichte Prospekt wegen seines Umfangs dem individuellen Informationsinteresse des Ratsuchenden nicht gerecht wird und eine mundgerechte Orientierungshilfe schon mangels übersichtlicher Gewichtung nicht bietet. Will der Ratsuchende im persönlichen Gespräch informiert werden, würde ein Abstellen auf einen ihm bei dieser Gelegenheit überreichten umfangreichen Prospekt auf die Verpflichtung des Ratsuchenden hinauslaufen, die Qualität des persönlichen Gesprächs anhand des Prospektes zu überprüfen. Sinn und Zweck des persönlichen Informationsgesprächs würden damit ad absurdum geführt (OLG Düsseldorf Urteil v. 30.03.2006 - I-6U 84/05).

Auf die Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin bleibt es auch ohne Einfluss, dass sie vor der Entscheidung ihren Steuerberater hinzugezogen hat. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Aufgabenstellung des Steuerberaters entsprechend seiner beruflichen Stellung nur die steuerrechtliche Plausibilität der zu treffenden Anlageentscheidung abdeckte. Dies ist auch so durch die Zeugin Z1 bestätigt worden. Um diese ging es vorliegend aber nicht entscheidend, so dass die Aussage des Steuerberaters nicht maßgeblich ist. Die Zeugin Z1 hat vielmehr bekundet, dass diese gerade eher dazu führte, den Angaben des Beklagten auch hinsichtlich der Altersvorsorge Glauben zu schenken, obwohl der Steuerberater darüber ausdrücklich nichts aussagen konnte.

Bei unzureichender Aufklärung wird entsprechend dem Vorbringen der Klägerin vermutet, dass sie sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung an dem Immobilienfonds nicht beteiligt hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, grundsätzlich dafür beweispflichtig, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, dass der Geschädigte den Hinweis also nicht beachtet hätte (vgl. nur BGH WM 1997, 811). Der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens wird im vorliegenden Fall nicht durch gleichwertige, einen Entscheidungskonflikt begründende Handlungsalternativen die Grundlage entzogen (BGH WM 04, 174). Anhaltspunkte dafür, dass auch bei der gebotenen Aufklärung die Beteiligung an dem Immobilienfonds eine für die Klägerin ernsthaft in Erwägung zu ziehende Handlungsalternative gewesen wäre, bietet der Sachverhalt nicht. Es mag zwar durchaus sein, dass der Klägerin die Möglichkeit der erheblichen Steuerersparnis gut gefallen hat. Diese war ersichtlich - und auch durch die Aussage der Zeugin Z1 eindeutig bestätigt - nur ein Mosaikstein auf dem Weg zu einer gesicherten Altersvorsorge. Eine solche konnte ihr der Immobilienfonds nach damaligen Entwicklungsstand und auch der Kenntnis des Beklagten nicht bieten.

Auch der Umstand, dass die Klägerin erst aktiv wurde, als der Fonds in Schwierigkeiten geriet, steht der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht entgegen. Insbesondere kann der Klägerin nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie bei ausbleibendem wirtschaftlichen Erfolg des Fonds an diesem festhielt. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei einem Anleger, der Warnhinweisen nach bereits durchgeführten Spekulationsgeschäften nicht mehr unvoreingenommen gegenübersteht, und zwar unabhängig davon, ob Gewinne oder Verluste erzielt wurden. Hinzu kommt, dass eine Veräußerung des Fonds realistisch gar nicht in Erwägung gezogen werden konnte und auch die hinter dem Beklagten stehende Finanzdienstleistungsgesellschaft davon abgeraten hat.

Nach § 249 BGB ist die Klägerin nach alledem so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn sie sich an dem Immobilienfonds nicht beteiligt hätte (BGH NJW 04, 1868, NJW-RR 06, 685). Sie hat demnach Anspruch auf Rückerstattung ihrer bereits geleisteten Beteiligungszahlungen Zug um Zug gegen Übertragung der jeweiligen Fondsanteile sowie auf Freistellung von sämtlichen Verbindlichkeiten und Ersatz weiterer Schäden. Im Wege der Vorteilsausgleichung muss sich die Klägerin allerdings sämtliche Ausschüttungen sowie auch die erhaltenen Steuervergünstigungen anrechnen lassen. Es handelt sich bei der Rückabwicklung nicht um eine steuerrechtliche Veräußerung im Sinne des § 23 ESTG. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin in Anspruch genommenen Steuervorteile nachträglich entfallen könnten, liegen nicht vor (vgl. dazu nur BGH Urteil v. 17.11.2005 - III ZR 350/04, BGH Urteil v. 14.06.2004 - II ZR 374/02).

Ein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB ist vorliegend nicht anzunehmen. Die Klägerin hat sich intensiv durch den Beklagten beraten lassen, nachgefragt, sich mit dem Steuerberater beraten und auch ihre Tochter zu Rate gezogen. Dass es der Klägerin aufgrund ihrer persönlichen Situation und Kenntnisse möglich gewesen wäre, die Risiken des geschlossenen Immobilienfonds tatsächlich zu erkennen, ist für den Senat nicht ersichtlich.

Es ergibt sich mithin folgende Schadensaufstellung:

 15.338,76 € Eigenkapital
2.556,46 € Agio
29.311,65 € Zinsen
19.090,33 € Tilgung
16.710,00 € Tilgung durch Lebensversicherung
- 24.542,07 € Ausschüttungen
- 766,94 € weitere Ausschüttung
- 25.083,73 € Steuervorteile
--------------------- 
33.381,40 €

Hinzu kommt weiter der unstreitige Betrag von 4.612,17 €, der sich daraus ergibt, dass zur Finanzierung des Darlehens die Lebensversicherung der Klägerin als Kreditgrundlage erforderlich war und der Ablaufzeitpunkt vorverlegt werden musste. Abzüglich der dadurch ersparten Prämienzahlungen ergibt sich der von der Klägerin berechnete und unstreitig gebliebene Betrag von 4.612,17 €, der ebenfalls als Aufwand für die Finanzierung des Fonds angesehen werden muss. Insgesamt ergibt dies einen Betrag von 37.226,63 €.

Die Zinsforderung folgt aus den §§ 286, 288 BGB. Die weitergehend geltend gemachte Zinsforderung der Klägerin von 7 % seit Abschluss des Fondsbeitritts ist nicht begründet. Es ist für den Senat gemäß § 287 ZPO nicht feststellbar, inwieweit die Klägerin bei anderweitigem Verhalten tatsächlich überhaupt Gewinn gemacht hätte. Der Grundsatz aufklärungsrichtigen Verhaltens führt vorliegend nicht dazu, dass angenommen werden könnte, die Klägerin hätte eine Vermögensanlage gewählt, die tatsächlich effektiv 7 % Zinsen erbracht hätte. Zum einen erscheint dies ohnehin sehr hoch, zum anderen kann vorliegend nicht festgestellt werden, welche Anlageform mit welchem Zinsertrag für die Klägerin die richtige gewesen wäre und ob insoweit eine Beratung durch den Beklagten Erfolg gehabt hätte. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Plan, eine Eigentumswohnung zu erwerben, umgesetzt hätte. In diesem Fall könnte keineswegs festgestellt werden, dass sich ihr Vermögen vergrößert hätte. Zum einen haben sich die Immobilienpreise in dem fraglichen Zeitraum eher verringert, zum anderen könnte im Sinne des § 287 ZPO überhaupt nicht festgestellt werden, nach welchen Parametern beim Kauf einer Immobilie überhaupt ein Vermögenszuwachs festgestellt werden könnte.

Das Rechtsschutzinteresse für den Feststellungsantrag resultiert daraus, dass angesichts der dynamischen Entwicklung des Fonds eine abschließende Bewertung der Nachteile für die Klägerin noch nicht möglich ist. Allerdings erscheint das Risiko für die Klägerin gering, was bei der Bemessung des Streitwerts zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 91 a ZPO.

Bei der Kostenverteilung hat der Senat berücksichtigt, dass zwar die Zinsforderung vorliegend nicht streitwerterhöhend wirksam geworden ist, aber dennoch eine ganz erhebliche Mehrforderung darstellt, so dass insgesamt sich eine Kostenverteilung von 40 % zu Lasten der Beklagten und 60 % zu Lasten der Klägerin ergibt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen im übrigen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da im Ergebnis die tatsächlichen Feststellungen entscheidungserheblich sind und der Senat auch nicht von anderweitiger obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus dem höchsten geltend gemachten Betrag und einem Betrag von 5.000,- € für den Feststellungsantrag.

Ende der Entscheidung

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