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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: 10 U 118/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 631 | |
BGB § 635 |
Gründe:
I.
Die Kläger begehren restliches Architektenhonorar i.H.v. 57.405,- € nebst Zinsen aus einem Vertrag mit der Beklagten zu 1) im Rahmen der Planung des Neubaus eines X-Zentrums in O1. Die Beklagte zu 2) ist persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1).
Das zunächst von den Klägern für das Bauvorhaben vorgesehene Treppengeländer aus Glas musste aus Kostengründen umgeplant werden. Die daraufhin von den Klägern vorgelegte Entwurfsplanung enthielt die Vorgabe "Holzplatte Eiche geschliffen". Die Ausführungsplanung, die die Kläger nur teilweise schuldeten, enthielt die Vorgabe "Holzwerkstoffplatte mit Eiche furniert". Das eingebaute Treppengeländer aus Holzspanplatten wurde wegen Verstoßes gegen Bestimmungen des Brandschutzes bauaufsichtlich beanstandet, woraufhin die Beklagte zu 1) das Geländer durch die Streithelferin zu 1) durch ein zulässiges Geländer austauschen ließ.
Die Beklagten haben gegen den unstreitigen Klageanspruch mit Mängelbeseitigungskosten aufgerechnet. Sie sind der Auffassung, das Architektenwerk sei mangelhaft gewesen, weil die Planung der Kläger die Erfordernisse des Brandschutzes nicht beachtet habe. Daher stehe ihnen ein Anspruch auf Ersatz der Kosten zu, die sie an die Streithelferin zu 1) für den Umbau entrichtet hätten (86.293,50 € netto, 100.100,46 € brutto). Man habe sich mit dieser auf Zahlung eines Betrages von 86.293,50 € geeinigt; das entspricht 3/4 des von der Beklagten zu 1) akzeptierten Rechnungsbetrags von 115.058 € netto.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass sie nach dem Architektenvertrag nur gestalterische Leitdetails in der Ausführungsplanung geschuldet hätten; das von ihnen vorgegebene Material hätte es auch in einer Ausführung gegeben, die den Erfordernissen des Brandschutzes Rechnung trage. Die Streithelferin zu 1) habe die falsche Ausführung gewählt; deren Sache sei es aber gewesen, eine Ausführung zu wählen, die dem Brandschutz entspreche.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten über die behauptete Fehlerhaftigkeit der Planung sowie zur Angemessenheit der Kosten des Umbaus eingeholt. Der Sachverständige hat die Planung in seinem Gutachten vom 14.11.2005 als fehlerhaft angesehen und in seinem zur Schadenshöhe eingeholten Ergänzungsgutachten vom 8.3.2006 (Bl. 416 ff. d.A.) ausgeführt, die Kosten der Mängelbeseitigung seien bis zu einer Höhe von 94.000,- € netto angemessen. Die Beklagte hat daraufhin erstinstanzlich Widerklage auf Zahlung der Differenz zwischen der Klagesumme und dem an die Streithelferin gezahlten Betrag i.H.v. 100.100,46 € brutto erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat einen Planungsfehler der Kläger mit der Begründung verneint, dass die nicht vollständig ausdifferenzierte Ausführungsplanung der Kläger die Verwendung brennbaren Materials nicht ausgeschlossen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Gegen das Urteil wendet sich die Streithelferin zu 1) der Beklagten
mit dem Antrag,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5.4.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen SV1, der seine erstinstanzlich erstatteten Gutachten erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 5.2.2008.
II.
Die auf die Stattgabe der Klage beschränkte Berufung der Streithelferin ist zulässig. Sie kann auch ohne die Beklagten (aber für diese) eingelegt werden. Berufungsführerin ist die Streithelferin, die Beklagten sind Hauptpartei des Rechtsmittelverfahrens (Musielak/Weth, ZPO, 5. Aufl., § 67, Rnr. 4).
Auch in der Sache hat die Berufung Erfolg.
Der den Klägern aus § 631 Abs. 1 BGB zustehende Anspruch auf restliche Vergütung ist durch Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen. Denn der Beklagten zu 1) stand ein Gegenanspruch aus § 635 a.F. BGB auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten mindestens in Höhe der Klageforderung zu.
Die Planungsleistung der Kläger weist Mängel auf, die deren Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen Gebrauch mindern, § 633 Abs. 1 a.F. BGB, und zur Geltendmachung von Schadensersatz nach § 635 a.F. BGB berechtigen.
1. Mangel der Entwurfsplanung
Bereits die durch die Kläger vollständig geschuldete Entwurfsplanung war mangelhaft, da sie den Anforderungen des Brandschutzes widersprach. Geschuldet ist jedoch eine Entwurfsplanung, die diese Anforderungen berücksichtigt (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 15, Rnr. 93). Durch die Vorgabe "Holzplatte Eiche geschliffen" haben die Kläger ein Material vorgegeben, dass entgegen den Erfordernissen der §§ 34 Abs. 3, 29 Abs. 1 HBO i.d.F. v. 17.12.1998 nicht der Baustoffklasse A entspricht. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 14.11.2005 ausgeführt, dass unter "Holz" das Konstruktions-Vollholz zu verstehen sei, während unter "Holzwerkstoff" ein Bauteil zu verstehen sei, das aus Holzspänen unter Verwendung weiterer Materialien hergestellt werde (S. 7 GA). Ein Bauteil "Holzplatte" der Baustoffklasse A (nicht brennbar) existiere nicht. Entsprechend hat der Sachverständige in seiner Zusammenfassung festgestellt, die Entwurfsplanung sei fehlerhaft gewesen, da die geplante "Holzplatte Eiche geschliffen" einen brennbaren Baustoff darstelle (S. 9 GA). Auf S. 8 seines Gutachtens hingegen hat der Sachverständige ausgeführt, da keine nähere Bezeichnung vorliege, sei eine Vollholzplatte verwendbar wie eine andere Holzwerkstoffplatte. Diesen Widerspruch hat der Sachverständige bei seiner Erläuterung dahingehend aufgelöst, dass unter dem Begriff "Holzplatte" üblicherweise eine Vollholzplatte zu verstehen sei, es aber nicht ausgeschlossen sei, dass ein Architekt damit eine Holzwerkstoffplatte meine. Im Hinblick auf den Zusatz "Eiche" sei es aber sehr weit hergeholt, unter der Vorgabe eine Holzwerkstoffplatte zu verstehen, da eine solche normalerweise aus unterschiedlichen Arten von Hölzern bestehe. Diese Ausführungen des Sachverständigen leuchten bereits aufgrund des allgemeinen Sprachempfindens ohne weiteres ein und überzeugen deshalb. Bei objektiver Auslegung war unter "Holzplatte Eiche geschliffen" daher keine Holzwerkstoffplatte, sondern eine Vollholzplatte zu verstehen. Damit ist die Entwurfsplanung mangelhaft gewesen.
Ein derartiger Mangel wirkt sich zwar dann nicht aus, wenn er durch eine korrekte Ausführungsplanung überholt wird. Das ist hier indes nicht der Fall. Denn auch die von den Klägern teilweise erarbeitete Ausführungsplanung war fehlerhaft, da sie die Verwendung brennbaren Materials zumindest nahe legte. Unter Einbeziehung der Entwurfsplanung bestand daher aufgrund der Planungsvorgaben keine Veranlassung, auf die Verwendung eines nicht brennbaren Materials zu achten.
2. Mangel der Ausführungsplanung
Auch die Ausführungsplanung der Kläger mit der Vorgabe "Holzwerkstoffplatte mit Eiche furniert" war mangelhaft, da ebenfalls ein brennbarer Baustoff vorgegeben wurde.
In seinem schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige festgestellt, dass es einige sehr wenige "Holzwerkstoffe" gebe, die der Baustoffklasse A (nichtbrennbar) zuzuordnen seien. Dabei handele es sich aber nicht um marktgängige und übliche Bauteile der Baustoffklasse A, sondern um Sonderbauteile. Im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat der Sachverständige diese Ausführungen nochmals bestätigt, indem er dargelegt hat, dass selbst Fachleute wie er als Brandschutzgutachter sehr wenig mit derartigen Holzwerkstoffen der Baustoffklasse A in Berührung kämen; es handele sich um ein spezielles Bauprodukt.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist ein dem Architekten in diesem Zusammenhang zuzurechnender Planungsfehler nicht erst dann gegeben, wenn die Planung zwingend die Verwendung brennbarer Werkstoffe vorsieht, sondern bereits dann, wenn sie die nicht fern liegende Gefahr unzulässiger Ausführung birgt. Denn der Architekt muss bei der Auswahl der Baustoffe den sichersten Weg gehen (Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rnr. 30). Das muss aber nicht nur bei der Auswahl der Baustoffe, sondern auch bei ihrer Beschreibung in der Planung gelten. Wenn danach mehrere Ausführungen in Betracht kommen, muss der Architekt die zulässige festlegen. Es kann dahinstehen, ob das auch dann gilt, wenn der Architekt den Baustoff überhaupt nicht angegeben hätte (z.B. lediglich "Treppengeländer in konventioneller Bauweise"). Wenn jedoch ein Baustoff angegeben wird, der mehrere Ausführungen zulässt, von denen nicht alle zulässig sind, erfordert die Verpflichtung zur Wahl des sichersten Wegs einen Hinweis auf die zulässige Ausführung. Jedenfalls gilt das, wenn eine Üblichkeit festgestellt werden kann und die übliche Ausführung nicht zulässig ist. Die Kläger werden dabei auch nicht durch den Umstand entlastet, dass sie die Ausführungsplanung nicht vollständig, sondern nur teilweise zu erbringen hatten. Soweit sie Planungsleistungen erbrachten - und bei der Vorgabe der Baustoffe handelte es sich um Planungsleistungen -, mussten diese den dargelegten Anforderungen genügen. Unerheblich ist für das Vorliegen eines Werkmangels auch die Frage, ob und inwieweit die Streithelferin zu 1) eigene Planungs- und Überprüfungspflichten hatte.
Gaben die Kläger mit "Holzwerkstoffplatten" daher einen Baustoff an, der bei üblicher Ausführung brennbar ist, hätten sie auf das Erfordernis der Nichtbrennbarkeit hinweisen müssen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Entwurfsplanung mit "Holzplatte Eiche geschliffen", wie oben dargelegt, einen brennbaren Stoff vorgegeben hat. Bereits das Unterlassen eines derartigen Hinweises wirkt haftungsbegründend. Hinzu kommt vorliegend jedoch, dass die Kläger nicht lediglich Holzwerkstoffplatten, sondern solche "furniert mit Eiche" geplant haben. Nach den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen (S. 8 des Gutachtens), die dieser bei seiner mündlichen Erläuterung bestätigt hat, verlieren auch Holzwerkstoffplatten, die ausnahmsweise der Bauklasse A zuzuordnen sind, mit der Furnierbeschichtung die Zulassung als nichtbrennbares Bauteil. Die im nachgelassenen Schriftsatz vom 3.3.2008 erhobenen Einwendungen der Kläger gegen die Feststellungen des Sachverständigen, wonach es eine der Baustoffklasse A unterfallende Holzwerkstoffplatte mit einem Holzfurnier unter der Bezeichnung "... echtholzfurniert" gebe, greifen nicht durch. Dieses Vorbringen ist in der zweiten Instanz nach § 531 Abs. 2 ZPO verspätet, da es bereits gegen das schriftliche, im Jahr 2005 erstattete Gutachten hätte vorgebracht werden können. Zudem ist das Vorbringen auch unrichtig. Denn es handelt sich bei der Trägerplatte "..." nicht um eine Holzwerkstoffplatte, sondern um eine Brandschutzplatte aus dem Mineralstoff Vermiculit. Diese Tatsache ist der Internet-Seite der Herstellerin A, zu entnehmen; sie ist daher offenkundig i.S.v. § 291 ZPO. Im Hinblick auf die Verspätung kommt es darauf aber nicht an, so dass den Klägern auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme mehr eingeräumt werden muss. Im Übrigen hätte es auch dann eines entsprechenden Hinweises der Kläger in ihren Planungsvorgaben bedurft, wenn lediglich eine einzelne Platte trotz Furnierbeschichtung der Baustoffklasse A unterfiele, furnierbeschichtete Platten im Allgemeinen jedoch nicht.
Mit ihrer Behauptung fehlender Sachkunde des Sachverständigen, die sie auf die angebliche Existenz einer furnierten nicht brennbaren Holzwerkstoffplatte stützten, dringen die Kläger bereits wegen der Verspätung dieses Vorbringens ebenfalls nicht durch; ebensowenig in der Sache, wie gezeigt. Der Sachverständige ist zudem auf dem Gebiet des vorbeugenden Brandschutzes öffentlich bestellt und vereidigt. Aus der Erstellung seines Gutachtens ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für fehlende Sachkunde; bei seinem schriftlichen Gutachten aufgetretene kleinere Unstimmigkeiten hat er bei seiner Anhörung klargestellt.
Auf die von den Klägern hervorgehobene Möglichkeit einer Zulassung einer nicht der Baustoffklasse A zuzuordnenden Platte im Einzelfall kann nicht abgestellt werden; die Kläger schuldeten als Architekten eine nach Bauordnungsrecht genehmigungsfähige Planung (Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rnr. 86). Sie durften bei ihrer Planung nicht auf die Möglichkeit einer Einzelfallzulassung vertrauen, wobei es nicht darauf ankommt, ob derartige Zulassungen üblicher Baupraxis entsprachen, was der Sachverständige nicht bestätigen konnte. Denn selbst wenn man eine Vorgabe derartiger furnierter Platten mit Einzelfallzulassung als vertragsgerecht ansehen wollte, hätten die Kläger auf das Erfordernis solcher spezieller Platten und die Notwendigkeit einer Einzelfallzulassung hinweisen müssen.
Damit kann festgehalten werden, dass die klägerische Planungsleistung mangelhaft gewesen ist, was die Kläger auch zu vertreten haben.
Da sich der Planungsmangel bereits im Bauwerk realisiert hatte, war die Beklagte zu 1) zur Geltendmachung von Schadensersatz ohne vorherige Fristsetzung zur Nachbesserung berechtigt, § 634 Abs. 2 a.F. BGB.
3. Schadensverursachung und Anspruchshöhe
Der Beklagten zu 1) ist ein Schaden in Form von Mängelbeseitigungskosten entstanden, da die Treppengeländer ausgetauscht werden mussten. Hierfür hat die Beklagte zu 1) 86.293,50 € netto/100.100.46 € brutto aufgewandt; das dürfte erstinstanzlich ausweislich des Schriftsatzes der Kläger vom 26.3.2007 (S. 5, Bl. 571 d.A.) unstreitig geworden sein, ergibt sich aber auch aus der Auszahlungsordnung vom 27.4.2004 (Anl. C 12, Bl. 220 d.A.) und der dieser zugrunde liegenden korrigierten Schlussrechnung vom 12.12.2003, in der die Änderungen des Treppengeländers unter NT 126 mit dem Betrag von 86.293,50 € netto enthalten sind (Anl. C 13, Bl. 222-227 d.A.). Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die Beklagte zu 1) gegen die Kläger einen Gegenanspruch in Höhe des an die Streithelferin zu 1) gezahlten Betrags von 100.100,46 € hatte, denn jedenfalls in Höhe der Klageforderung hatte sie einen Anspruch, mit dem sie aufrechnen konnte.
Die Kläger können dem Anspruch nicht entgegenhalten, dass die Streithelferin zu 1) ihrerseits zur Mängelbeseitigung verpflichtet war und die Beklagte zu 1) deren Arbeiten nicht hätte vergüten müssen. Zwar ist davon auszugehen, dass die Streithelferin zu 1) ein eigenes Verschulden an der fehlerhaften Materialverwendung trifft. Aufgrund ihrer eigenen Fachkenntnisse (oder derjenigen ihrer Erfüllungsgehilfen) musste sie erkennen, dass die eingebauten Platten nicht den Anforderungen der HBO entsprachen (vgl. Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Einl. Rnr. 112, 2. Abs. Mitte). Zudem war sie auch gegenüber der Beklagten zu 1) zur Überprüfung der Vorplanung verpflichtet (s. § 4 des Generalunternehmer-Vertrags, Bl. 172 d.A.). Daher haftete sie der Beklagten zu 1) neben den Klägern auf Mängelbeseitigung und Schadensersatz. Die Beklagte zu 1) muss sich indes von den Klägern nicht entgegenhalten lassen, dass die Streithelferin zu 1) als Gesamtschuldnerin voll hafte. Denn sie selbst haften der Beklagten ebenfalls als Gesamtschuldner voll auf Schadensersatz. Es kann aber keinen Unterschied machen, ob die Beklagte zu 1) einen Dritten mit dem Umbau beauftragt hätte und diese Kosten von den Klägern verlangt hätte oder ob sie die Streithelferin zu 1) mit dem Umbau beauftragte und deren Kosten tatsächlich beglich. Auch muss sich die Beklagte zu 1) gegenüber den Klägern ein Mitverschulden der Streithelferin zu 1) nicht anrechnen lassen, da diese im Verhältnis zu den Klägern keine Erfüllungsgehilfin der Beklagten zu 1) war.
Wie in der Berufungsverhandlung erörtert, könnte die Beklagte zu 1) den von ihr an die Streithelferin gezahlten Betrag von den Klägern allerdings dann nicht in voller Höhe verlangen, wenn in der Vereinbarung zwischen Beklagter zu 1) und Streithelferin zu 1), die der Zahlung von 3/4 der Rechnungssumme zugrunde lag, ein Erlass läge und diesem Erlass beschränkte Gesamtwirkung zukäme. Wenn dieser Vergleich zwischen der Beklagten zu 1) und der Streithelferin zu 1) deren Verpflichtung endgültig erledigen sollte, könnte die Beklagte zu 1) die Kläger nur vermindert um den Anteil in Anspruch nehmen, den die Streithelferin zu 1) im Innenverhältnis zu tragen hat (s. Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 423, Rnr. 4). Nach der Regelung des § 423 BGB hat der Erlass allerdings im Zweifel Einzelwirkung (Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, 2. Aufl., § 423, Rnr. 1; BGH, NJW 2000, 1942). Hier gibt es bereits keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen Erlass. Denn die Beklagte zu 1) wollte die Streithelferin mit der Zahlung von 3/4 des Rechnungsbetrags nicht endgültig von einer weiteren Inanspruchnahme befreien. Dies zeigt bereits ihr Schreiben vom 8.2.2004 an die Kläger (Anl. C 8, Bl. 93 f. d.A.), demzufolge sie sich bei der Vereinbarung mit der Streithelferin zu 1) die Nachforderung der auf die möglichen anderen Gesamtschuldner entfallenden Anteile vorbehalten hatte. Allenfalls lässt sich diesem Schreiben ein Erlass in Höhe eines Viertels der Rechnungssumme entnehmen, das die Beklagte zu 1) selbst tragen wollte. Auch insoweit kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu 1) und die Streithelferin zu 1) einen etwaigen Regress durch andere Gesamtschuldner ausschließen wollten. Diese Frage kann letztlich offenbleiben, da ein etwaiger Regress bei der Streithelferin zu 1) nicht dazu führen würde, dass diese über einen Anteil von 3/4 hinaus haftete. Vielmehr wird bei der Abwägung der Verantwortungsanteile das Verschulden der Streithelferin zu 1) von demjenigen der Kläger überwogen, da diese diejenigen waren, die durch ihre Planungsfehler die Ursache für das weitere Geschehen gesetzt haben. Demgegenüber dürfte den Streithelfern zu 2) und zu 3) kein Verschuldensvorwurf zu machen sein, da sie sich für die ihnen obliegende Ausschreibung auf die Vorplanung der Kläger verlassen durften.
Damit stand der Beklagten zu 1) gegen die Kläger ein Anspruch auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten mindestens in Höhe der Klagesumme zu. Darauf, ob die an die Streithelferin zu 1) gezahlten Kosten angemessen waren oder nicht, dürfte es nicht ankommen, da der Beklagten zu 1) diese Kosten tatsächlich entstanden sind und ein Verstoß gegen ihre aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht nicht ersichtlich ist. Selbst wenn man jedoch die objektiv erforderlichen Kosten ansetzen würde, beliefen sich diese nach dem Sachverständigengutachten auf 94.000,- € netto, was einem Betrag von 109.040,- € brutto entsprach. Soweit die Kläger in ihrer Stellungnahme zum Gutachten beanstandet haben, dass der Sachverständige bei seiner Kostenaufstellung zu einem Betrag von 78.000,- € gelangt sei, aber dennoch Kosten von bis zu 94.000,- € für angemessen halte, so hat dieser bei seiner mündlichen Anhörung einleuchtend darauf verwiesen, dass es sich lediglich um eine Kostenschätzung handele. Diesem Umstand sei mit einem Zuschlag i.H.v. 20 % Rechnung getragen worden. Auch soweit die Kläger einige der vom Sachverständigen angesetzten Kosten für Sowiesokosten halten, können sie damit nicht durchdringen. Denn als Sowiesokosten müsste sich die Beklagte zu 1) nur diejenigen Kosten anrechnen lassen, um die das Werk bei Verwendung von Fermacell-Platten von vornherein teurer gewesen wäre. Dazu ist ein Vergleich der für das ursprüngliche, unzulässige Geländer angefallenen Kosten mit denjenigen, die bei zulässiger Ausführung entstanden wären, erforderlich. Hierzu haben die Kläger nichts vorgetragen.
Auch bei Ansatz von lediglich 3/4 der vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Kosten von 109.040 € brutto, mithin 82.780 €, gelangt man zu einem Betrag, der die Höhe der Klageforderung übersteigt. Diese ist daher durch Aufrechnung erloschen. Nach § 422 Abs. 1 S. 2 BGB wirkt die Aufrechnung durch die Beklagte zu 1) auch für die Beklagte zu 2).
Damit ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO sind nicht erfüllt, da die Rechtssache keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Ende der Entscheidung
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