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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 10 U 154/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 765
BGB § 771
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte im angefochtenen Urteil entsprechend dem Antrag des Klägers verurteilt, an diesen 26.587,18 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.9.2003 zu zahlen. Hinsichtlich der diesbezüglichen Begründung wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 139 bis 143 d.A. = Bl. 144 bis 148 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 10.5.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurück zu weisen.

Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im Einzelrichtertermin am 11.12.2007 wurde zwischen den Parteien unstreitig gestellt, dass der Generalunternehmer (Hauptschuldner) hinsichtlich der Mängel, wegen deren die Beklagte als Bürge in Anspruch genommen wird, Aufforderungen der Insolvenzschuldnerin zur Mangelbeseitigung (vgl. etwa das Schreiben der Insolvenzschuldnerin vom 22.10.1998, K 13, Bl. 120 d.A.) nicht nachgekommen ist, sondern Nacherfüllung verweigert hat (vgl. etwa die handschriftlichen Anmerkungen auf dem Schreiben vom 30.6.1998, K 18, Bl. 126 d.A.).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die im Einzelrichtertermin am 11.12.2007 abgegebenen Erklärungen der Parteien Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig. In der Sache führt sie zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung der erhobenen Klage, weil die Beklagte zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben hat.

1. Die Regelverjährung von drei Jahren für Ansprüche aus der Bürgschaft (§ 195 BGB) beginnt mit der Fälligkeit des Bürgschaftsanspruchs. Diese tritt mit der Fälligkeit der Hauptschuld ein (so BGH NJW-RR 2004, 1190 f., 1191 obiter zu einem mit einer Bürgschaft besicherten Darlehen; OLG Hamm BauR 2007, 1265 ff., 1266). Das Hinzutreten weiterer Erfordernisse als der Eintritt des Sicherungsfalls ist bei einer selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft grundsätzlich nicht erforderlich. Während bei einer nicht selbstschuldnerischen Bürgschaft die Fälligkeit den Wegfall der Einrede des § 771 BGB erfordert (vgl. Münchener-Kommentar-Habersack, 4. Aufl. 2004, § 765 Rdn. 82), bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern die Erklärung einer entsprechenden Anforderung als Fälligkeitsvereinbarung angenommen werden kann (OLG Bamberg IBR 2007, 77; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, § 765 Rdn. 25) und sich aus dem im Text einer Bürgschaft genannten Sicherungszweck im Einzelfall ergeben kann, dass die Verjährungsfrist nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt zu laufen beginnen soll (OLG München IBR 2007, 265), setzt bei einer selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft der Beginn des Laufs der Verjährung nur den Eintritt des Sicherungsfalls in Form der Entstehung des gesicherten Anspruch voraus, ist aber von einer besonderen Inanspruchnahme des Bürgen durch den Auftraggeber nicht abhängig. Denn es würde dem schutzwürdigen Interesse des Bürgen widersprechen, wenn der Gläubiger alleine durch seine Entscheidung, die Bürgschaft in Anspruch zu nehmen oder nicht, den Verjährungsbeginn bestimmen könnte (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl. 2008, Rdn. 2409 m.Fn. 310). Die Parteien des Bürgschaftsvertrages haben es in der Hand, eine all zu frühe Verjährung zu verhindern, wenn sie den Eintritt der Verjährung durch entsprechende Abrede an die Verjährung der Hauptforderung knüpfen (Werner/Pastor, a.a.O.). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die vertraglichen Vereinbarungen vor dem 1.1.2002 getroffen wurden, bestand für die Auftraggeber nach Änderung der Verjährungsfrist für Bürgschaften von 30 Jahren (§ 195 BGB a.F.) auf drei Jahre (§ 195 BGB n.F.) ausreichend Gelegenheit, in nicht verjährter Zeit tätig zu werden (Art. 229 § 6 IV 1 EGBGB).

2. Die vom Landgericht herangezogene Parallele zu sog. verhaltenen Ansprüchen hält das Berufungsgericht nicht für gerechtfertigt. Bei Ansprüchen aus einer Bürgschaft handelt es sich nicht um verhaltene Ansprüche, weil der Bürge nicht gehindert ist, auch ohne Anforderung mit befreiender Wirkung zu leisten (vgl. OLG Hamm BauR 2007, 1265 ff., 1266; Werner/Pastor, a.a.O., m.Fn. 309).

3. Die Forderung aus einer Gewährleistungsbürgschaft wird allerdings erst fällig, wenn der Auftraggeber einen auf Geldzahlung gerichteten Gewährleistungsanspruch hat (BGH BauR 2001, 109 ff., 111). Dies ist bei einem - im hier zur Entscheidung stehenden Fall vorliegenden - VOB-Vertrag dann der Fall, wenn der Auftragnehmer einer Aufforderung zur Mangelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen ist (§ 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B) oder er eine entsprechende Nacherfüllung verweigert hat (KG Berlin BauR 2007, 1058 ff., 1060; OLG Köln ZIP 2006, 750 ff., 751; Palandt-Sprau, a.a.O., § 765 Rdn. 25; Werner/Pastor a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen vor, da nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien die Auftraggeberin den Auftragnehmer fristbewehrt zur Mangelbeseitigung aufgefordert hat, die Mangelbeseitigung von diesem jedoch abgelehnt wurde.

4. Auf die Berufung der Beklagten war somit die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung mit der Kostenfolge des § 91 1 ZPO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 I ZPO).

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