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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 26.03.2007
Aktenzeichen: 100 U 3/96 (Baul)
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 93
BauGB § 153 Abs. 1
BauGB § 153 Abs. 2
BauGB § 153 Abs. 3
BauGB § 169 Abs. 1 Nr. 7
Zu Bemessungsfaktoren für eine Enteignungsentschädigung:

1. Zur Bestimmung des Qualitätsstichtages im Vorfeld einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme

2. Für ein Grundstück, dessen Wert am Qualitätsstichtag durch eine vernünftig begründete Bauerwartung geprägt wurde, ist auch dann auf dieser Grundlage zu entschädigen, wenn der Markt für Bauerwartungsland lange nach dem Qualitätsstichtag infolge einer Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zusammenbricht.

3. Die Grundsätze der "Steigerungsrechtsprechung" sind auch auf Enteignungen im Rahmen städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen anzuwenden.


Tatbestand:

Die Beteiligten zu 1. (nachfolgend: Eigentümer) und 2. (nachfolgend: Stadt) streiten um die Höhe einer von der Beteiligten zu 3. - dem Entwicklungsträger der Stadt - geschuldeten Enteignungsentschädigung für zwei insgesamt 4.967 m2 große Grundstücke (Dietzenbach Flur A, Flurstücke 1 und 2). Diese wurden in eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme der Stadt (Verordnung der Hessischen Landesregierung vom 23.1.1973, GVBl. I Nr. 2 v. 22.1.1973 [S. 27]) einbezogen, die in zahlreichen Berichten der örtlichen Presse insbesondere im Juli 1971 angekündigt worden war (Bl. 706 ff. d. A.). Die Stadt bot dem Eigentümer im Mai 1984 auf der Grundlage einer entsprechenden Schätzung des Gutachterausschusses einen Ankauf seiner Grundstücke zu 30 DM/m2 an. Hiermit war der Eigentümer nicht einverstanden. Die Stadt stellte daraufhin unter dem 3.8.1984 einen Enteignungsantrag beim Beteiligten zu 4. Im Rahmen dieses Enteignungsverfahrens vereinbarten der Eigentümer und die Stadt am 8.10.1985 den Eigentumsübergang und die Zahlung von 149.010 DM, ohne sich über die Höhe der Entschädigung abschließend einigen zu können.

Der Beteiligte zu 4. hat mit Beschluss vom 3.8.1989 (Bl. 224 ff. seiner Akte III 11 b - 61 a 20/01 - Dietzbch 90 [nachfolgend: Beiakte]) die Entschädigung auf insgesamt 240.402,80 DM (= 122.916 €) abzüglich der gezahlten 149.010 DM, d. h. auf 91.392,80 DM (= 46.728,40 €) bzw. 48,40 DM/m2 (24,75 €/m2) festgesetzt zuzüglich Zinsen. Dieser Beschluss ist dem Eigentümer und der Stadt am 14.8.1989 zugestellt worden (Bl. 244 f. der Beiakte). Der Eigentümer und die Stadt haben gegen diesen Beschluss am 12. und am 14.9.1989 eingehend (Bl. 2, 73 d. A.) jeweils Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, der Eigentümer mit dem Ziel der Herauf-, die Stadt mit dem Ziel der Herabsetzung der Entschädigung. Die Beteiligte zu 3. hat am 24.11.1989 an den Eigentümer weitere 68.755,20 DM (= 35.153,98 €) zuzüglich Zinsen in Höhe von 16.611,07 DM (= 8.493,11 €) gezahlt.

Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das Landgericht 2 hat die von der Beteiligten zu 3. noch zu zahlende Entschädigung nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen 1 auf 474.547,93 DM (= 242.632,50 €) zuzüglich Zinsen festgesetzt und den Antrag der Stadt zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil haben der Eigentümer und die Stadt Berufung eingelegt.

Der Eigentümer meint, das Landgericht habe den Qualitätsstichtag unzutreffend bestimmt und in diesem Zusammenhang offen gelassen, auf welche Presseberichte es sich stütze. Maßgebend sei für Grundstücke, die bereits am 16.1.1973 Bauerwartungsland gewesen seien, der Tag des Eigentumsübergangs. Soweit das Landgericht dem Sachverständigengutachten 1 nicht gefolgt sei, habe es dies unzureichend begründet. Er - der Eigentümer - hält eine Entschädigung auf der Basis aktueller Baulandpreise deshalb für geboten, weil Bauerwartungsland seit geraumer Zeit nicht mehr gehandelt werde, eine adäquate Ersatzbeschaffung deshalb unmöglich sei. Die Entscheidung des Landgerichts sei hinsichtlich der Verzinsung unbillig.

Er beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Beschluss des Beteiligten zu 4. dahin abzuändern, dass eine höhere Entschädigung als im landgerichtlichen Urteil festgesetzt wird nebst Zinsen in Höhe von 2 % jährlich über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 8.10.1985 bis zum 31.12.1998 sowie in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 1.1.1999, die von der Beteiligten zu 3. noch an den Eigentümer zu zahlen ist,

sowie

die Berufung der Stadt zurückzuweisen.

Die Stadt beantragt,

1. das landgerichtliche Urteil abzuändern und den Antrag des Eigentümers auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen,

2. unter Abänderung des Beschlusses des Beteiligten zu 4. vom 3.8.1989 den noch zu entrichtenden Entschädigungsbetrag auf 68.755,20 DM herabzusetzen,

3. die Berufung des Eigentümers zurückzuweisen.

Sie meint, der Entschädigungsanspruch des Eigentümers sei durch die Zahlung vom 17./24.11.1989 vollständig erfüllt worden. Sie beanstandet die Wertermittlung des Landgerichts und das diesem zugrunde liegende Gutachten des Sachverständigen 1. Sie meint, das Landgericht habe den Qualitäts- und den Bewertungsstichtag unzutreffend bestimmt. Die "Steigerungsrechtsprechung" sei auf Enteignungen im Bereich städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen nicht anwendbar, außerdem für die Zeit nach dem landgerichtlichen Urteil deshalb nicht, weil der Eigentümer nicht aus diesem vollstreckt habe.

Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Berufungsvorbringens der Beteiligten zu 1. und 2. nimmt der Senat auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug.

Der Senat hat gemäß den Beweisbeschlüssen vom 18.3.1999 (Bl. 1016 f. d. A.), vom 17.5.2005 (Bl. 1574 ff. d. A.) und vom 30.11.2006 (Bl. 1954 ff. d. A.) durch Einholung eines zunächst schriftlichen, dann mündlich erläuterten Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Zur Darstellung des Beweisergebnisses nimmt er auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen 2 vom 12.7.2003 (nachfolgend: Hauptgutachten), vom 8.3.2006 (nachfolgend: 1. Ergänzungsgutachten) und vom 31.1.2007 (nachfolgend: 2. Ergänzungsgutachten), das Schreiben des Sachverständigen vom 10.3.2007 (Bl. 2164 ff. d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 26.3.2007 (Bl. 2207 ff. d. A.) Bezug. Der Eigentümer und die Stadt haben dieses Gutachten umfangreich kritisch gewürdigt. Der Eigentümer hat sich auf verschiedene Privatgutachten des Sachverständigen 3 gestützt, die Stadt auf ein solches des Gutachterausschusses.

Die Akten des Beteiligten zu 4. III 11 b - 61 a 20/01 - Dietzbch 90 (A) und III 11 b - 61 a 20/01 - Dietzbch 94 (B) waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung.

Entscheidungsgründe:

Beide Berufungen sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung des Eigentümers ist unbegründet, die der Stadt ist teilweise begründet. Die Beteiligte zu 3. schuldet dem Eigentümer noch eine Entschädigung in Höhe von 168.199,85 € zuzüglich Zinsen, d. h. einen Betrag, der die Festsetzung im behördlichen Entschädigungsfestsetzungsbeschluss überschreitet, die im landgerichtlichen Urteil unterschreitet.

A. Die Anträge des Eigentümers und der Stadt auf gerichtliche Entscheidung sind statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 217 Abs. 2 BauGB gestellt. Mit Rücksicht darauf, dass der Entschädigungsbetrag durch den Senat nach § 287 ZPO zu schätzen ist, ist der Antrag des Eigentümers auch ohne Bezifferung zulässig (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 253 Rn. 14).

B. Über die dem Eigentümer zustehende Entschädigung ist in Anwendung des Rechts zu entscheiden, das zum Zeitpunkt des angefochtenen Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses, also am 3.8.1989 galt. Maßgebend sind §§ 169 Abs. 1 Nr. 7, 153 Abs. 1 - 3 und §§ 93 ff. BauGB i. d. F. vom 8.12.1986. Die subsidiäre Anwendbarkeit der allgemeinen Entschädigungsregeln in §§ 93 ff. BauGB ergibt sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht aus § 168 Abs. 2 S. 2 BauGB - diese Vorschrift bezieht sich auf vom bisherigen Eigentümer initiierte Eigentumswechsel -, sondern aus der Bezugnahme auf die "Vorschriften dieses Gesetzbuchs" in § 153 Abs. 1 S. 1 BauGB (vgl. Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Auflage 2005, § 153 Rn. 1).

C. Der Senat schätzt die Höhe der dem Eigentümer noch zustehenden angemessenen Entschädigung auf der Grundlage des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen 2 auf 168.199,85 € (§ 287 ZPO).

Der Sachverständige hat den zu entschädigenden Verkehrswert in einem dreistufigen Verfahren ermittelt. Er hat

- die Zustandsmerkmale (= Qualität) der streitgegenständlichen Grundstücke per Juli und August 1971 sowie Januar 1973 ermittelt (dazu nachfolgend I.),

- darauf basierend den jeweiligen Verkehrswert der Grundstücke aus Vergleichspreisen und Bodenrichtwerten per Juli 1971 abgeleitet (dazu nachfolgend II.) und

- diese Ausgangswerte auf die verschiedenen Bewertungsstichtage mit aus Bodenrichtwerten abgeleiteten Indices umgerechnet (dazu nachfolgend III.).

Der Senat hält diesen methodischen Grundansatz des Sachverständigen, der von den Verfahrensbeteiligten nicht beanstandet worden ist, für sachgerecht. Er sieht in dem Gutachten - im Gegensatz zu dem des Sachverständigen 1, der weitgehend Durchschnittswerte und hinsichtlich ihrer Vergleichbarkeit ungesicherte Daten verwendet hatte - auch ansonsten eine geeignete Schätzungsgrundlage und hält daher die Einholung eines Obergutachtens nicht für erforderlich.

I. Der Eigentümer hat Grundstücke eingebüßt, die zum maßgebenden Zeitpunkt als Wohn-Bauerwartungsland mittlerer Bauerwartung (d. h. 5 - 10 Jahre Wartezeit) einzustufen sind. Er ist auf der Grundlage dieser Qualifizierung seiner Grundstücke für den Rechtsverlust zu entschädigen.

1. Als Qualitätsstichtag haben der Beteiligte zu 4. und das Landgericht zu Recht den 31.7.1971 zugrunde gelegt.

a) Bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGHZ 28, 160, 161; 38, 104, 108 f.), der der Senat folgt, zwei Zeitpunkte bedeutsam, der "Qualitätsstichtag" und der Bewertungsstichtag. Mit "Qualitätsstichtag" wird der Zeitpunkt bezeichnet, auf den bezogen der Zustand, die Qualität des Enteignungsobjekts bestimmt wird, die Summe seiner bewertungsrelevanten Eigenschaften, seiner wertbildenden Faktoren. Als Grundregel gilt, dass der Qualitätsstichtag dem Tag des Enteignungszugriffs entspricht (vgl. BGHZ 30, 281, 285; BGH WM 1962, 919, 922; NJW 1966, 497, 498). Abgesehen vom Fall der vorgezogenen Besitzeinweisung oder -übertragung kommt eine Vorverlagerung insbesondere nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Vorwirkung in Betracht, die der BGH nunmehr auf § 95 Abs. 2 Nr. 2 BauGB stützt (vgl. Schmidt-Aßmann/Groß in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1.7.2006, § 93 Rn. 76 m. w. N.). Danach ist bei sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Enteignungsprozessen der Qualitätsstichtag auf den Zeitpunkt festzulegen, an dem das Enteignungsobjekt endgültig von jeder "konjunkturellen", d. h. qualitativen (vgl. BGH WM 1969, 568 f.; Dieterich in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 194 Rn. 132; Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 4. Aufl., Rn. 937) Fortentwicklung ausgeschlossen worden ist (vgl. BGH BRS 19 Nr. 112 [S. 219]; NJW 1966, 497; BauR 1972, 162, 163). Bei einer vorbereitenden Planung ist ein solcher Ausschluss nur dann anzunehmen, wenn diese ursächlich für die spätere Enteignung war, eine hinreichende Bestimmtheit hatte und die spätere verbindliche Planung, die dann zur Enteignung führte, mit Sicherheit erwarten ließ (vgl. BGH NJW 1968, 892; BauR 1972, 162, 163). § 153 Abs. 1 S. 1 BauGB (= § 23 Abs. 2 StBauFG) stellt eine besondere gesetzliche Ausprägung dieser Vorwirkungsgrundsätze dar (vgl. BVerwG BRS 60 Nr. 229 [juris-Rn. 32]; Schmidt-Aßmann/Groß in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 93 Rn. 84; Kleiber, ebd., § 153 Rn. 12, 20, 27, 36 ff., 83, und § 26 WertV Rn. 4, 41 aE; Bielenberg/Koopmann/Krautzberger, Städtebauförderungsrecht, Stand April 2002, § 153 Rn. 12, 36). Für den Streitfall ist als "Qualitätsstichtag" danach der Zeitpunkt anzusehen, an dem sich - alternativ - die

- Aussicht auf die Entwicklungsmaßnahme,

- ihre Vorbereitung oder

- ihre Durchführung

auf dem Grundstücksmarkt auszuwirken begannen. Die Aussicht (Alt. 1) auf den Einsatz des Entwicklungsinstrumentariums (§§ 1 Abs. 3, 53 ff. StBauFG) setzt voraus, dass dieses Instrumentarium überhaupt seinerzeit bekannt und dass darüber hinaus mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch schon mit dem Erlass einer Entwicklungsverordnung nach Inkrafttreten des StBauFG zu rechnen war (vgl. BVerwG NJW 1982, 398-400 [juris-Rn. 30]; BGHZ 89, 338, 343); sie muss, um den Markt beeinflussen zu können, öffentlich bekannt geworden sein, etwa durch Presseberichte (vgl. BVerwG a. a. O.).

b) Diese Vorwirkungsvoraussetzungen waren am 31.7.1971 gegeben. Für Dietzenbach war seit Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine Entwicklung geplant worden, die den Rahmen der üblichen Bauleitplanung sprengte. Die Gemeinde sollte als einziger Siedlungsschwerpunkt im näheren Umkreis zu einer Stadt mit einer vielfachen Einwohnerzahl wachsen. Dies war Gegenstand einer umfangreichen Presseberichterstattung ab September 1970 und einer Informationsveranstaltung anlässlich eines Stadtjubiläums. Es handelte sich gleichsam um ein Modellvorhaben für das am 1.8.1971 in Kraft getretene StBauFG. In Presseartikeln vom 1., 16. und 23.7.1971 (Bl. 706 - 708 d. A.) wurde sodann ausführlich über das bevorstehende Inkrafttreten des Gesetzes berichtet, außerdem über die kommende Erklärung praktisch des gesamten im Flächennutzungsplan erfassten Bereichs der Gemeinde zum Entwicklungsgebiet sowie darüber, dass im Entwicklungsbereich nur noch die Gemeinde als Käufer in Frage komme und dass bei nicht zustande kommendem Verkauf mit Enteignung gerechnet werden müsse. Die Entwicklungsverordnung war mit den zuständigen Landesbehörden weitgehend abgestimmt und daher sicher zu erwarten.

Soweit der Eigentümer auf das Gebot zur Berücksichtigung der allgemeinen Wertentwicklung (§ 153 Abs. 1 S. 2 BauGB) abstellt, handelt es sich um ein Problem des Bewertungsstichtages, nicht der qualitativen Einstufung. Seine Ansicht, bei Bauerwartungsland könne der Qualitätsstichtag niemals vor dem Eigentumsübergang liegen, verkennt § 153 Abs. 1 S. 1 BauGB. Die Vorschrift gebietet es gerade für Bauerwartungsland, entwicklungsbedingte Qualitätssteigerungen bei der entschädigungsrechtlichen Bewertung außer Betracht zu lassen. Dass sich die streitgegenständlichen Grundstücke bis Januar 1973, also bis zum Inkrafttreten der Entwicklungsverordnung qualitativ nicht weiter entwickelt haben, spricht nicht für diesen späteren Zeitpunkt als Qualitätsstichtag, wie der Eigentümer meint. Die Vorwirkung im Sinne des § 153 Abs. 1 BauGB knüpft nicht an die Bauleitplanung an, sondern an die Entwicklungsmaßnahme.

2. Zu Recht hat das Landgericht eine Entschädigung auf der Basis heutiger Baulandpreise abgelehnt.

a) Der Eigentümer hatte hierzu ausgeführt, auf den Qualitätsstichtag komme es nicht an, er müsse schon deshalb derart hoch entschädigt werden, weil heute in Dietzenbach kein Bauerwartungsland mehr als Ersatz erhältlich sei und weil sich seine Grundstücke - wie vergleichbare Grundstücke in benachbarten Gemeinden - durch spätere bauleitplanerische Maßnahmen völlig unabhängig von der Entwicklungsmaßnahme inzwischen längst zu Bauland entwickelt hätten.

Das verkennt den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem Schadensersatz und einer Enteignungsentschädigung. Diese soll nicht - wie ein Schadensersatz - die hypothetische, auch wahrscheinliche Gewinne einschließende Vermögenslage ohne Enteignung wenigstens betragsmäßig herstellen, sondern nur den Substanzverlust ausgleichen (vgl. BGHZ 37, 269, 273 f.; 67, 190, 198 f.; BGH WM 1962, 919, 923; NJW 1966, 497). Der Ausgleich beschränkt sich in qualitativer Hinsicht auf den Zustand des Genommenen zum Qualitätsstichtag, qualitative Fortentwicklungen bleiben außer Betracht (vgl. BGHZ 39, 198, 201; BGH NJW 1966, 497 f.; WM 1969, 568 f.; Kleiber in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 26 WertV Rn. 4). Im Abschneiden der Gewinnchancen verwirklicht sich die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (vgl. BGH NJW 1967, 2306, 2307). Das Rechtsinstitut der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zielt gerade darauf, Wertsteigerungen infolge der Entwicklung zu deren Finanzierung der öffentlichen Hand zuzuweisen, und dies ist zulässig, wenn eine Entwicklungsmaßnahme erforderlich ist, weil das bauleitplanerische Regelinstrumentarium nicht ausreicht (vgl. Kleiber, a. a. O., § 153 Rn. 66). Auf die tatsächliche Möglichkeit einer Beschaffung vergleichbaren Ersatzlandes kommt es nicht an; der BGH hat die Ersatzbeschaffungsmöglichkeit nur als Bild dafür verwendet, dass die Entschädigung dem Wert nach ein volles Äquivalent für das Genommene darstellen müsse (vgl. etwa BGH WM 1962, 919, 921; BGHZ 39, 198, 200; BGH NJW 1966, 497, 498; st. Rspr.). Im Übrigen vermengt der Eigentümer durchgängig Qualitäts- und Preisbemessungsfragen.

b) In der Berufungsinstanz stützt der Eigentümer das Gebot einer Entschädigung auf Baulandbasis außerdem auf den Gesichtspunkt eines enteignungsgleichen Eingriffs. Die Entwicklungsverordnung sei durch Umsetzungsverzögerungen unwirksam geworden. Das geht schon deshalb fehl, weil es für die Wirksamkeit der Entwicklungsverordnung unter dem Gesichtspunkt der zügigen Durchführung auf eine Prognose ankam, also auf die Sicht ex ante (vgl. BVerwG BauR 2004, 1584-1588 [juris-Rn. 7]; BRS 60 Nr. 229 [juris-Rn. 57]). Der Hessische VGH hat die Wirksamkeit der Dietzenbacher Verordnung auch unter diesem Gesichtspunkt geprüft und bejaht (BRS 38, Nr. 218). Wenn sich eine Entwicklungsmaßnahme wider Erwarten nicht zügig umsetzen lässt, führt dies nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der Entwicklungsverordnung (vgl. BVerwG BauR 2004, 1584 - 1588 [juris-Rn. 7, 20]; BRS 60 Nr. 229 [juris-Rn. 57]; Senat UPR 1991, 450 [juris-Rn. 6]).

3. Die hier streitgegenständlichen Grundstücke sind nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen 2 (S. 23 des Hauptgutachtens) für den Zeitpunkt des Qualitätsstichtages - wie übrigens auch für den 23.1.1973 (S. 21, 29 des Hauptgutachtens) - als Wohn-Bauerwartungsland mittlerer Bauerwartung einzustufen. Dies rechtfertigt sich aus der Zuweisung der Grundstücke zur dritten von drei fünfjährigen Entwicklungsstufen im Gesamtaufbauplan, seit dessen Erstellung bis zum Qualitätsstichtag 1971 schon 5 Jahre verstrichen waren, so dass plangemäß eine Bebauung binnen 5 - 10 Jahren anstand. Besonders gesteigert wurde die Bauerwartung durch die Lage der Grundstücke auf der angestrebten Entwicklungsachse zwischen dem alten Ortskern der Stadt und Steinberg. Soweit die Stadt und der für sie als Privatgutachter tätig gewordene Gutachterausschuss unter Hinweis auf die entsprechende Einschätzung der Sachverständigen 4 und 1 eine langfristige Bauerwartung annehmen, tragen sie diesen Aspekten des Zeitablaufs und der besonderen Lage unzureichend Rechnung.

4. Die zum Qualitätsstichtag 31.7.1971 für die streitgegenständlichen Grundstücke bestehende Bauerwartung ist zu deren Qualität zu rechnen mit der Folge, dass der spätere Zusammenbruch des Marktes für Bauerwartungsland - wegen des Risikos für Bauerwartungsland sinkt dessen Verkehrswert drastisch - für die Wertermittlung zur Entschädigungsbemessung außer Betracht zu bleiben hat.

a) Auf S. 54 f. seines Hauptgutachtens bestätigt der Sachverständige 2 überzeugend den gegen die Wertermittlung des Sachverständigen 1 vorgebrachten, auch vom Eigentümer der Sache nach nicht in Abrede gestellten Einwand der Stadt, der Markt für Bauerwartungsland sei vor geraumer Zeit zusammengebrochen, und zwar nicht mangels Angebots, sondern mangels Nachfrage. Der Sachverständige datiert dieses Phänomen auf die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, seit denen es insbesondere wegen Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen als zu riskant empfunden worden sei, Bauerwartungsland zu erwerben.

b) Hierauf kommt es für die Bemessung der dem Eigentümer zustehenden Entschädigung nicht an. Die historische Einschätzung des Marktes zur Relation von Bau- und Bauerwartungslandpreisen am 31.7.1971 ist für die verschiedenen Bewertungsstichtage fortzuschreiben, wie der Sachverständige 2 dies getan hat.

(1) Unter "Qualität" oder "Zustand" (§ 3 Abs. 2 WertV) ist die Summe aller wertbildenden Faktoren zu verstehen (vgl. etwa BGHZ 63, 240, 242; Aust/Jacobs/Pasternak, a. a. O, Rn. 944). Die Begriffe sind weit zu fassen, beschränken sich insbesondere nicht auf die natürlichen Eigenschaften des Grundstücks, sondern beziehen seine Beziehungen zur Umwelt ein. Die Bauerwartung, das heißt die Erwartung, dass sich ein Grundstück zu Bauland fortentwickeln würde, hat im Fall der völligen Entziehung des Eigentums eine qualitätsbestimmende, die Enteignungsentschädigung beeinflussende Wirkung, wenn sie sich auf konkrete Tatsachen stützt und eine Bebaubarkeit in absehbarer Zeit erwarten lässt; wenn dies nicht der Fall ist, aber gleichwohl höhere als Agrarlandpreise bezahlt werden, handelt es sich um für die Entschädigungsbemessung irrelevante Spekulationspreise (vgl. BGHZ 39, 198, 202 ff.; 64, 382, 389 f.; BGH WM 1978, 200 ff. [juris-Rn. 17]; BRS 45, Nr. 111 [S. 269]; WM 1988, 1281 ff. [unter II 3 der Entscheidungsgründe]).

(2) Für die hier streitgegenständlichen Grundstücke lagen am 31.7.1971 konkrete Tatsachen vor, die eine (mittlere) Bauerwartung rechtfertigten, nämlich die Ausweisung im Gesamtentwicklungsplan und die Lage auf der Entwicklungsachse zwischen Steinberg und dem alten Ortskern (s. o. C I 3). Diese Tatsachen bestimmten die Qualität der später enteigneten Grundstücke mit. Wenn diese Bauerwartung nach dem Qualitätsstichtag, etwa ab den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts insbesondere durch Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen gedämpft wurde mit der Konsequenz des Zusammenbruchs des Marktes für Bauerwartungsland, handelt es sich danach um eine (nachträgliche) Qualitätsänderung, die für die Bemessung der Entschädigung unerheblich ist.

(3) Die gegenteilige Argumentation der Stadt greift schon deshalb zu kurz, weil sie sich nicht mit der Frage der Grundstücksqualität und der demgemäß zu perpetuierenden Bewertungsfaktoren befasst. Dass der Verkehrswert für die Bemessung der Enteignungsentschädigung sehr wohl eigenständig normativ definiert wird, zeigt etwa die Rechtsprechung des BGH zur Berücksichtigung eines Preisrückgangs (vgl. BGHZ 118, 25 ff. [juris-Rn. 11 ff.]).

II. Der Senat schätzt den Wert der streitgegenständlichen Grundstücke für den Qualitätsstichtag 31.7.1971 auf der Grundlage des ihn auch insoweit überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen 2 - zuletzt S. 14 des 2. Ergänzungsgutachtens - auf 22,33 DM/m2 (§ 287 ZPO). Hierbei handelt es sich um eine Ausgangsgröße, mit deren Hilfe die Werte zu den für die Entschädigungsbemessung maßgebenden Zeitpunkten - den Bewertungsstichtagen - ermittelt werden können (dazu unten III.).

1. Der Sachverständige 2 hat diese Ausgangsgröße methodisch einwandfrei ermittelt. Zunächst hat er ansatzweise zum Preisvergleich geeignete Kaufpreise aus Geschäften gesammelt, die in zeitlicher Nähe zum Qualitätsstichtag abgeschlossen worden waren. Ein Großteil dieser Daten stammt aus den Kaufpreissammlungen der früher von den Sachverständigen 4 und 1 erstellten Gutachten; er hat hierbei fehlende Daten grau hinterlegt und in beiden Gutachten voneinander abweichende Daten in Fettdruck hervor gehoben (Abschnitt 3.5.3, S. 31 - 35 des Hauptgutachtens). Weitere Daten hat er den Vertragsurkunden entnommen, die die Stadt mit Schriftsatz vom 3.5.2005 (Bl. 1556 f. d. A.) als Anlagen P 45 und 46 (Sonderband I) und die der Gutachterausschuss mit Schreiben gleichen Datums (Sonderband II) jeweils in Kopie vorgelegt haben; außerdem hat er Geschäfte über Grundstücke, die der Privatgutachter 3 des Eigentümers lokalisiert hatte, in die gutachtliche Auswertung einbezogen. Die verkauften Grundstücke hat er dann methodisch wie die streitgegenständlichen (s. o. C I 3) in qualitativer Hinsicht eingeordnet. Die entstandene Kaufpreissammlung hat er in einem weiteren Bewertungsschritt um solche Geschäfte bereinigt, die sich nicht für einen Preisvergleich eignen, etwa weil der zeitliche Abstand zum Qualitätsstichtag zu groß war (Geschäfte aus 1969) oder das Geschäft nach dem Qualitätsstichtag abgeschlossen wurde, weil der Kaufgegenstand mangels hinreichend genauer Lokalisierung nicht zu qualifizieren war, weil neben dem Grundstück auch Gebäude verkauft wurden und der Kaufvertrag die Aufteilung des Kaufpreises zwischen beiden Leistungsteilen nicht erkennen ließ, oder weil besondere Umstände i. S. d. § 6 WertV vorlagen, die den Schluss darauf zuließen, dass das Geschäft nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuzuordnen ist (z. B. aus dem Rahmen fallende, spekulativ überhöhte oder städtisch subventionierte, nicht marktgerechte Preise, Besonderheiten des Vertragsgegenstandes, persönliche Beziehungen zwischen den Vertragsparteien). Das Ergebnis dieses Bereinigungs- und Ordnungsprozesses hat der Sachverständige in einer Liste der Vergleichsdaten zusammengefasst (S. 20 des 1. Ergänzungsgutachtens, aktualisiert und vervollständigt S. 12 des 2. Ergänzungsgutachtens). Diese Vergleichsdaten hat er nach der Qualifizierung der verkauften Grundstücke gruppiert und für die verschiedenen Grundstücksqualitäten Durchschnittspreise errechnet (zuletzt S. 13 ff. des 2. Ergänzungsgutachtens). Dabei hat er entsprechend einer anerkannten, üblichen Methode der Statistik Preise, die sich zu stark vom sonstigen Preisniveau abhoben, nämlich die "Standardabweichung" überschritten, unberücksichtigt gelassen ("Ausreißer"-Bereinigung), und die Preise nach der Größe der verkauften Fläche gewichtet, so dass sich der ermittelte Durchschnittspreis als "flächengewichteter Mittelwert nach Standardabweichung" versteht. Den Wert für Wohn-Bauerwartungsland mittlerer und langfristiger Bauerwartung hat er - weil ihm hierfür keine Vergleichspreise vorlagen - durch eine Abzinsungsrechnung aus dem Wert für Wohn-Bauerwartungsland hoher Bauerwartung hergeleitet (S. 45 des 1. Ergänzungsgutachtens, S. 14 des 2. Ergänzungsgutachtens).

2. Der Senat folgt den Ausführungen des Sachverständigen 2 zur Ermittlung des Grundstückswertes am Qualitätsstichtag. Diese sind transparent, logisch nachvollziehbar und auch in Zweifelsfällen fundiert begründet. Das Gutachten stellt insoweit ungeachtet dessen, dass bei der einen oder anderen Zweifelsfrage auch eine andere Betrachtungsweise nicht gänzlich von der Hand zu weisen sein mag, jedenfalls eine geeignete Grundlage für die dem Senat obliegende Schätzung zur Höhe der angemessenen Entschädigung dar. Auch die Beteiligten stellen den methodischen Ansatz des Sachverständigen und dessen wesentliche Annahmen nicht infrage. Sie beschränken sich vielmehr auf Detailkritik etwa zur qualitativen Einstufung der Grundstücke, die der Sachverständige zum Preisvergleich herangezogen hat, zur Vollständigkeit und zum notwendigen Umfang der Sammlung der Vergleichspreise und zur rechnerischen Ermittlung der flächengewichteten Mittelwerte. Das Gutachten hält dieser Kritik stand. Im Einzelnen:

a) Einzelfragen zur Vollständigkeit der Vergleichsdaten und zur Qualifizierung von Grundstücken, die der Sachverständige zum Preisvergleich herangezogen hat

(1) Die Kaufpreisdaten aus ab dem 1.8.1971, also nach dem Qualitätsstichtag abgeschlossenen Kaufverträgen haben der Sachverständige und vor ihm schon das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Die vom Eigentümer aufgegriffene Annahme des Sachverständigen 1, Grundstückskaufverträge würden typischerweise langfristig angebahnt, ist hinsichtlich des genauen Zeitpunkts der - zudem bis zum Vertragsschluss unverbindlichen - Preisübereinkunft offensichtlich spekulativ. Auch der Privatgutachter 3 des Eigentümers muss insoweit verbleibende Unsicherheiten einräumen (S. 14 seines Gutachtens vom 29.3.2004, Bl. 1369 d. A.). Zahlenmaterial aus der Zeit nach dem Bewertungsstichtag setzt notwendig Erkenntnisse voraus, die damals noch nicht vorlagen, auf dem Markt nicht bekannt waren; die Rückrechnung mag rechnerisch plausibel wirken, muss aber die Marktverhältnisse nicht zutreffend widerspiegeln (vgl. Dieterich in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 194 Rn. 135a). Es fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung des Eigentümers (Bl. 5 ff. des Schriftsatzes vom 18.7.2006, Bl. 1785 ff. d. A.), die Stadt habe die Verhandlungen über einzelne Kaufverträge arglistig über den 1.8.1971 hinaus verzögert, um die Höhe der künftig anfallenden Entschädigungen zu drücken. Die Stadt konnte damals nicht wissen, wie der Qualitätsstichtag in einem späteren Enteignungsverfahren einmal bestimmt werden würde. Der Senat sieht von einer Beweisaufnahme hierzu ab (§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO).

(2) Soweit der Sachverständige Vergleichspreise aus Kaufverträgen mangels Lokalisierbarkeit der verkauften Grundstücke zunächst nicht berücksichtigt hat, die sich dann doch als lokalisierbar erwiesen haben, hat er dies im Rahmen seiner schriftlichen Ergänzungsgutachten korrigiert, ebenso den Ansatz teilweise unzutreffender oder unklarer Preise in Fällen, zu denen die früheren Gutachten 4 und 1 differierende Angaben gemacht hatten.

(3) Der weit überwiegende Teil der von der Stadt in den Anlagenkonvoluten P 45 und P 46 nachgereichten Kaufverträge (vgl. die Aufstellung auf S. 13 des 1. Ergänzungsgutachtens) wurde zwischen ihr und Privaten oder Bauträgern über Bauland zu Preisen zwischen 21 und 35 DM/m2 - der letztgenannte, höhere Betrag schloss eine Ablösung der Erschließungsbeiträge in Höhe von 10 DM/m2 ein - unter der Auflage geschlossen, binnen fünf Jahren steuerbegünstigten Wohnungsbau zu betreiben. Der Sachverständige hat diese Kaufverträge mit der Begründung ausgeschlossen, es habe sich nicht um gewöhnlichen Geschäftsverkehr (§ 194 BauGB), sondern um das politisch gewollte Anschieben des Entwicklungsprozesses - nicht der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme, die damals als solche noch nicht vorauszusehen war - zu nicht marktgerechten Preisen gehandelt (S. 12, 14, 22, 48 ff. des 1. Ergänzungsgutachtens). Dagegen wendet sich die Stadt zu Unrecht. Der Sachverständige hat in der Anlage 5.1 zu seinem 1. Ergänzungsgutachten (S. 48 ff.) detailliert nachgewiesen, dass der private Markt deutlich höhere Preise verlangte, also nicht insgesamt durch die städtischen Verkäufe bestimmt wurde; weiter hat er darauf hingewiesen, dass in Bauträgerverträgen über den Weiterverkauf, die in zeitlicher Nähe zum Qualitätsstichtag abgeschlossen wurden, meistens ein Verrechnungspreis von 80 DM/m2 für Mehr- oder Minderflächen vereinbart wurde. Der Gutachterausschuss hat auf S. 5, 9 seines für die Stadt erstellten Gutachtens vom 23.6.2006 (Bl. 1769, 1773 d. A.) bestätigt, dass es sich um "Subventionspreise" bei einem tatsächlichen Wert um 80 DM/m2 handelte. Die Verkäufe zum "Subventionspreis" waren durch eine Auflage an eine bestimmte Art der Bebauung gebunden, eine auf dem Markt eher außergewöhnliche Vertragsbedingung. Hinzu kommt, dass die Stadt möglicherweise bevorzugt an Dietzenbacher Bürger verkaufte, wofür S. 6 f. des Protokolls der Gemeindevertretungssitzung vom 21.1.1970 (Anl. P 47 zum Schriftsatz der Stadt vom 19.7.2006, Bl. 1777 f.) spricht; gemeindliche Baulandverkäufe zu Sozialpreisen an Einheimische sind ein Musterfall ungewöhnlichen Geschäftsverkehrs (vgl. Dieterich, a. a. O., § 194 Rn. 42). Die entscheidend auf den Umfang ihrer Verkäufe im Vergleich zum privaten Markt abstellende Ansicht der Stadt würde es ihr letztlich erlauben, einen "Marktpreis" und damit die Höhe etwa anfallender Entschädigungen selbst abschließend zu definieren; das normative Kriterium des "gewöhnlichen Geschäftsverkehrs" dient gerade dazu, Preisbemessungsfaktoren, die dem Markt ansonsten fremd sind, aus der Entschädigungsberechnung zu eliminieren. Ersichtlich unbehelflich ist schließlich der Hinweis der Stadt darauf, sie habe nur zum Verkehrswert verkaufen dürfen; der Schluss von dem Erlaubten auf das tatsächlich Geschehene ist nicht zulässig.

Ein Großteil dieser städtischen Verkäufe fand außerdem im Jahre 1969 statt. Der Sachverständige hat derartige Altfälle zwecks Vergleichbarkeit mit den Vorgutachten generell ausgeschlossen (S. 14 des 1. Ergänzungsgutachtens). Das hält der Senat für gut vertretbar, auch angesichts dessen, dass die Eignung derart alter Preise für die Wertbestimmung zum 31.7.1971 zweifelhaft erscheint.

(4) Einzelne Vergleichsfälle (Nummerierung entsprechend der Liste auf S. 20 des 1. Ergänzungsgutachtens, ergänzt auf S. 12 des 2. Ergänzungsgutachtens)

(i) Das Grundstück im Verkaufsfall Nr. 7 (Kaufvertrag vom 10.04.1970, Flur B, Flurstück 3, ...m2 zu 27,72 DM/m2) hat der Sachverständige auf S. 32, 43 seines 1. Ergänzungsgutachtens überzeugend als Wohn-Bauerwartungsland mit hoher Bauerwartung eingestuft.

Der Eigentümer meint unter Hinweis auf S. 15 des 1. Ergänzungs-Privatgutachtens 3 (Bl. 1730 d. A.), die Bauerwartung sei zum Verkaufszeitpunkt nicht hoch gewesen; die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens sei damals nicht absehbar gewesen und tatsächlich erst vier Jahre später erfolgt, der Beschluss sei sechs Jahre später gefasst worden.

Das greift nicht durch. Der Senat folgt der Qualifizierung durch den Sachverständigen 2.

Zwar hat der Sachverständige eine hohe Bauerwartung auf S. 40 seines Hauptgutachtens ansonsten nur bei Verkäufen in zeitlicher Nähe der Planaufstellungsbeschlüsse angenommen, die hier mit rund vier Jahren Abstand fehlt. Die Nachbarschaft zu einem beplanten Gebiet (hier: Bebauungsplan Nr. 7, S. 52 des 1. Ergänzungsgutachtens) begründet allein noch keine hohe Bauerwartung. Der Bebauungsplan Nr. 27 betrifft ausweislich der Karte auf S. 52 des 1. Ergänzungsgutachtens kein Gebiet in der Nähe dieses Grundstücks. Eine "hohe" Bauerwartung, d. h. eine solche binnen fünf Jahren hat sich hier - ex post betrachtet - bei Rechtskraft des Bebauungsplans nach über sechs Jahren nicht bestätigt. Das 1. Ergänzungsgutachten bleibt auf S. 43 unter 4.2.1 hinsichtlich der zeitlichen Dimension der Bauerwartung unscharf.

Für die Einstufung des Grundstücks im 1. Ergänzungsgutachten 2 spricht aber - ähnlich wie im Verkaufsfall Nr. 34, s. u. (vii) -, dass die ex ante-Betrachtung entscheidend ist. Ausweislich S. 16 des Hauptgutachtens fußt der Flächennutzungsplan 1966 auf dem Gesamtentwicklungsplan 1965, der vier fünfjährige Entwicklungsstufen vorsah; der Flächennutzungsplan 1966 bezog sich nur auf die Entwicklungsstufen 1 und 2 des Gesamtentwicklungsplans, also auf die ersten zehn Jahre. Da das Grundstück - wie sich dies aus S. 35 f. des Sachverständigengutachtens 1 ergibt - im Flächennutzungsplan 1966 als Wohnbaufläche dargestellt, damit also den Entwicklungsstufen 1 und 2 zugeordnet war, war beim Verkauf im Jahre 1970 infolge der bereits verstrichenen Zeit von fünf Jahren binnen etwa fünf Jahren mit einer Bebaubarkeit zu rechnen. Dass sich diese Prognose nicht ganz bewahrheitete, sondern die Bebaubarkeit erst gut 14 Monate später eintrat, ist für die Bewertung zum Qualitätsstichtag ohne Belang.

(ii) Den Verkaufsfall Nr. 14 (Kaufvertrag vom 30.07.1970, Flur C, Flurstücke 4 und 5, ...m2 zu 28,00 DM/m2) lässt der Sachverständige für die Berechnung mit der Begründung außer Betracht, es handle sich nur um ein Angebot, die Annahme sei unsicher, dies sei vielleicht Indiz für einen überhöhten Preis (S. 26 des 1. Ergänzungsgutachtens). Der Eigentümer rügt unter Hinweis auf S. 6 des 1. Ergänzungs-Privatgutachtens 3 (Bl. 1721 d. A.), eine etwaige Annahme sei zwar unbekannt, der Preis sei aber nicht überhöht.

Der Sachverständige hat das Angebot zu Recht nicht berücksichtigt. Auf die Frage der Preisüberhöhung kommt es nicht an, weil das Zustandekommen des Kaufvertrags zu den angebotenen Bedingungen jedenfalls offen ist.

(iii) Das am 19.11.1970 verkaufte, in den Ergänzungsgutachten nunmehr unter Nr. 17 aufgelistete Grundstück Flur D, Flurstück 6 (...m2 zu 42,00 DM/m2) hat der Sachverständige zu Recht als Wohn-Rohbauland qualifiziert und berücksichtigt. Das Landgericht hatte den Fall noch mangels Lokalisierung unberücksichtigt gelassen (S. 16 des landgerichtlichen Urteils). Dass der Verkaufsfall zu berücksichtigen ist, ist nunmehr außer Streit, nachdem die Stadt früher - eher fernliegend - gemeint hatte, er müsse wegen seiner Einbeziehung in ein Umlegungsverfahren außer Betracht bleiben. Der Eigentümer befürwortet unter Bezugnahme auf das Privatgutachten 3 (Bl. 1374 d. A.) eine Qualifizierung als Wohn-Bauerwartungsland mit hoher Bauerwartung.

Die Qualifikation des Sachverständigen Dr. 2 rechtfertigt sich nicht allein aus der Einbeziehung des Grundstücks in ein Umlegungsverfahren, sondern zusätzlich aus der unangegriffenen Feststellung auf S. 27 des 1. Ergänzungsgutachtens, dass es im Bereich des seit dem 23.9.1970, also vor Abschluss des Kaufvertrags rechtskräftigen Bebauungsplans 8 B liegt.

(iv) All dies gilt gleichermaßen für den Verkaufsfall Nr. 23 (Kaufvertrag vom 18.01.1971, Flur D, Flurstück 7, ... m2 zu 45,00 DM/m2).

(v) Die unter Nrn. 24 - 30 der Liste auf S. 12 des 2. Ergänzungsgutachtens (= Nrn. 20 - 26 der Liste auf S. 39 des Hauptgutachtens) aufgeführten Grundstücke hat der Sachverständige 2 nicht wie der Sachverständige 1 als Wohn-Bauerwartungsland mit hoher Bauerwartung, sondern als Rohbauland eingestuft mit der Begründung, sie seien in ein Umlegungsverfahren einbezogen gewesen, was die Bauerwartung sehr gestärkt habe. Dem treten der Eigentümer (Bl. 1348 f., 1467 ff. d. A.) und sein Privatgutachter 3 (S. 20 ff. seines Hauptgutachtens vom 29.3.2004) unter Hinweis auf das Fehlen eines zur Aufstellung beschlossenen (§ 33 BauGB) oder gültigen Bebauungsplans (§ 30 BauGB) und einer zusammenhängenden Bebauung (§ 34 BauGB) zu Unrecht entgegen. Zum Einen war mindestens 14 Monate vor den genannten Verkäufen, nämlich am 25.11.1969 i. S. d. § 33 BauGB ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eingeleitet worden (S. 27, 53 des 1. Ergänzungsgutachtens). Zum Anderen kann nach der Einleitung eines Umlegungsverfahrens mit der Aufstellung des Bebauungsplans fest gerechnet werden (vgl. Kleiber/Simon/Weyers, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 5. Aufl. 2007, Rn. VII 68). Hierbei handelt es sich um eine "gesunde Verkehrsauffassung", eine nicht spekulative Erwägung, die es rechtfertigt, vom (bisherigen) Fehlen des Baurechts als objektivem Kriterium für Rohbauland (vgl. hierzu Kleiber/Simon/Weyers, a. a. O., § 4 WertV Rn. 11) ausnahmsweise abzusehen.

Soweit der Eigentümer für den Verkaufsfall Nr. 28 unter Bezugnahme auf S. 15 des 1. Ergänzungs-Privatgutachtens 3 (Bl. 1730 d. A.) bezüglich des am 06.02.1971 zu 55,00 DM/m2 verkauften, ...m2 großen, unter Nr. 28 aufgelisteten Grundstücks Flur E, Flurstück 8 eine Qualifizierung als Wohn-Bauerwartungsland unter Hinweis darauf befürwortet, dass der Bebauungsplan erst ein Jahr nach dem Kauf Rechtskraft erlangt hat, verkennt er, dass es auf den Eintritt der Rechtskraft des Bebauungsplans nach § 4 Abs. 3 WertV nicht ankommt, weil sich die Bestimmung zur baulichen Nutzung auch aus § 33 BauGB ergeben kann, also aus einem zur Aufstellung beschlossenen, aber noch nicht rechtskräftig gewordenen Bebauungsplan (vgl. Kleiber in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 4 WertV Rn. 63).

(vi) Den Verkaufsfall Nr. 33 (Kaufvertrag vom 11.03.1971, Flur F, Flurstücke 9 - 11, ... m2 zu 64,76 DM/m2) hat der Sachverständige zu Recht als für ein Bauerwartungsland-Grundstück ungewöhnlich unberücksichtigt gelassen. Der Preis fällt völlig aus dem Rahmen dessen, was ansonsten für Bauerwartungsland gezahlt worden ist (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 WertV); das hat der Privatgutachter des Eigentümers 3, der nun auf S. 9 seines 1. Ergänzungsgutachtens (Bl. 1724 d. A.) eine Berücksichtigung befürwortet, auf S. 23, 26 seines Hauptgutachtens (Bl. 1378, 1381 d. A.) selbst noch erkannt und eine "Ausreißer"-Streichung vorgenommen. Der Verweis 3 auf den Verkaufsfall Nr. 37 trägt wegen der dortigen Unklarheiten (s. u.) nicht.

(vii) Der Verkaufsfall Nr. 34 (Kaufvertrag vom 11.03.1971, Flur 16, Flurstück 12, ...m2 zu 29,37 DM/m2) ist auf S. 26, 32, 42, 57 des 1. Ergänzungsgutachtens 2 zu Recht als Geschäft über Wohn-Bauerwartungsland mit hoher Bauerwartung berücksichtigt. Für ihre Ansicht, es habe sich um Wohn-Bauerwartungsland mit niedriger Bauerwartung gehandelt, sind der Eigentümer und sein Privatgutachter 3 (S. 20 seines Hauptgutachtens) eine Begründung schuldig geblieben. Die Einstufung bei 2 ist wie im oben behandelten Verkaufsfall Nr. 7 aus der maßgebenden Sicht ex ante gerechtfertigt: Das Grundstück war im Flächennutzungsplan 1966 als Bestandteil eines Wohngebiets dargestellt (S. 34 f. des städtischen Schriftsatzes vom 16.12.1996, Bl. 522 f. d. A., mit Anl. P 15 [Anlagenband in Band III d. A.]). 1971 war infolge der bereits verstrichenen Zeit binnen etwa fünf Jahren mit einer Bebaubarkeit zu rechnen. Dass sich diese Prognose später als um ein halbes Jahr unzutreffend erwies, ist ohne Belang.

3 führt auf S. 8 f. seines vom Eigentümer vorgetragenen 1. Ergänzungs-Privatgutachtens (Bl. 1723 f. d. A.) außerdem aus, das Grundstück sei relativ minderwertig, weil es am Rand eines Neubaugebietes von Steinberg und am Waldrand liege, wegen des zu diesem einzuhaltenden Abstandes baulich geringer nutzbar sei. Das steht der Berücksichtigung dieses relativ hohen Preises nicht zwingend entgegen, die Vergleichbarkeit ist dadurch nicht infrage gestellt. Steinberg ist eine gesuchte Wohnlage, erst recht - wie der Sachverständige 2 anlässlich der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens bestätigt hat - am Waldrand unter den Gesichtspunkten größerer Abstandsflächen, der geringeren Beeinträchtigungen durch Nachbarn und der Nähe von Erholungsmöglichkeiten. Das Grundstück ist günstig rechteckig geschnitten.

Der Senat hält das Geschäft im Rahmen der ihm obliegenden Schätzung (§ 287 ZPO) entgegen den Erwägungen des Eigentümers ungeachtet dessen für voll und ohne jegliche Anpassungen berücksichtigungsfähig, dass die verkaufte Fläche besonders stark ins Gewicht fällt, andererseits an eine Preisermäßigung im Sinne eines "Mengenrabatts" denken lässt. Beide Gesichtspunkte heben einander tendenziell auf. Es handelt sich um den höchsten Preis, den der Sachverständige 2 beim Wohn-Bauerwartungsland berücksichtigt hat (S. 14 des 2. Ergänzungsgutachtens), d. h., eine weniger starke Gewichtung dieses Geschäfts müsste zu einer Herabsetzung des Mittelwertes für Wohn-Bauerwartungsland führen; hierauf hat der Sachverständige auf S. 6 seines Schreibens vom 10.3.2007 zutreffend hingewiesen. Die Annahme eines "Mengenrabattes" würde demgegenüber eine Erhöhung des einzustellenden Preises nahelegen. Es besteht allerdings kein Erfahrungssatz dahin, dass größere Grundstücke tendenziell preisgünstiger verkauft werden, und dem vom Sachverständigen 2 ausgewerteten Vergleichsmaterial ist, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, eine Tendenz ebenfalls nicht zu entnehmen.

(viii) Besonders lebhaft umstritten war und ist, dass der Sachverständige 2 den Verkaufsfall Nr. 37 (Kaufvertrag vom 21.04.1971; Flur F, Flurstück 13, ...m2 zu 48,25 DM/m2) über ein Grundstück, das unstreitig als Wohn-Bauerwartungsland mit hoher Bauerwartung zu qualifizieren ist (S. 26 des Haupt-, S. 19 des 1. Ergänzungsgutachtens [sinngemäß]) unberücksichtigt gelassen hat.

Der Sachverständige begründet diesen Ausschluss auf S. 18 f., 32 f. seines Ergänzungsgutachtens dreifach: Ausweislich des Vorgutachtens 1 sei eine ideelle Hälfte verkauft worden, was - auch wenn keine Verwandtschaft bestehe - für persönliche Beziehungen zwischen den Vertragsparteien spreche. Der Preis sei hinsichtlich der Berücksichtigung der Hälfte unklar, was nur durch Einsicht in den nicht vorliegenden Kaufvertrag zu klären sei, dessen Beschaffung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Preislich handele es sich um einen "Ausreißer", was auch darin zum Ausdruck komme, dass sich bei Berücksichtigung zusammen mit Fall 33, wie der Eigentümer und 3 sich das vorstellten, ein eine zu große Bandbreite der Grunddaten ausweisender Variationskoeffizient von 0,57 ergäbe - akzeptabel sei maximal 0,20. Dem Vertrag liege wohl eine verfrühte Bauerwartung zugrunde.

Die Ausschlussgründe des Sachverständigen 2 sind insgesamt hinreichend tragfähig. Der Erwerb einer ideellen Hälfte weckt Zweifel daran, ob nicht persönliche Beziehungen zwischen den Vertragsparteien die Preisbildung beeinflusst haben. Der Preis pro m2 ist unklar. Wenn die Angabe von 48,25 DM/m2 zuträfe, sprengte sie den Rahmen dessen, was ansonsten für Bauerwartungsland gezahlt worden ist (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 WertV).

(ix) Das unter Nr. 39 aufgelistete Kaufgeschäft vom 21.05.1971 über das 3.109 m2 große, zum Preis von 28,95 DM/m2 verkaufte Grundstück Flur G, Flurstück 14 hat der Sachverständige mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, es handle es um ein Außenbereichs-Grundstück, dafür sei der Preis ungewöhnlich, offenbar liege eine verfehlte Bauerwartung zugrunde (S. 28, 33, 41 des 1. Ergänzungsgutachtens). Dieses Geschäft ist hinsichtlich der Qualifizierung und hinsichtlich des Ausschlusses umstritten. Die Stadt hatte das Grundstück als Rohbauland qualifiziert und einen Ausschluss des Geschäfts aus anderen Gründen vertreten. 3, auf dessen Ausführungen sich der Eigentümer stützt, hatte das Grundstück in seinem Hauptgutachten auf S. 20 (Bl. 1375 d. A.) ohne Begründung als Wohn-Bauerwartungsland mittlerer Bauerwartung eingestuft; in seinem 1. Ergänzungsgutachten rügt er auf S. 12 (Bl. 1727 d. A.) nur noch, Konsequenz eines Ausschlusses als Außenbereichsgrundstück hätte die Berücksichtigung beim Bauerwartungsland sein müssen.

Der Senat folgt auch insoweit dem Gutachten des Sachverständigen 2.

Das Grundstück ist dem Außenbereich zuzuordnen. Es liegt ausweislich der Karte auf S. 52 des 1. Ergänzungsgutachtens in der Nähe eines erst 1992 beplanten Gebietes, und es ist kein objektiver Grund für eine konkrete Bauerwartung im Jahre 1971 behauptet oder sonst ersichtlich.

Dass der im Vertrag vereinbarte Preis für ein Außenbereichsgrundstück ungewöhnlich und deshalb nicht berücksichtigungsfähig ist, liegt auf der Hand und ist auch zwischen den Beteiligten außer Streit. Der von dem Eigentümer und 3 vertretene Automatismus, dann müsse der Preis eben beim Bauerwartungsland berücksichtigt werden, besteht aus Rechtsgründen nicht, weil keine hinreichenden objektiven Anhaltspunkte für eine Bauerwartung vorlagen und subjektive Erwartungen im Sinne von Spekulationen bei der Wertermittlung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BGHZ 39, 198, 204 ff.).

(x) Das unter Nr. 47 aufgeführte Kaufgeschäft vom 07.07.1971 über das Grundstück Flur A, Flurstücke 15 und 16 (...m2 zum Kaufpreis von 42,12 DM/m2) lässt der Sachverständige 2 mit der Begründung unberücksichtigt, es handle sich um Wohn-Bauerwartungsland, für das der Preis ungewöhnlich sei, offenbar habe sich der Käufer in zeitlicher Hinsicht geirrt (Bl. 3 ff., 11 des 2. Ergänzungsgutachtens). Diese Beurteilung hält der Kritik des Eigentümers und seines Privatgutachters 3 stand. Der Verweis auf die Geschäfte Nr. 33 und 37 kann die Zugehörigkeit dieses Geschäfts zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht begründen, weil jene Geschäfte - wie oben ausgeführt - aus verschiedenen Gründen für einen Preisvergleich ungeeignet sind. Die Wertermittlung SV 3 für Wohn-Bauerwartungsland mittlerer Bauerwartung auf S. 27 seines Hauptgutachtens (Bl. 1382 d. A.) auf 38,70 DM/m2 ist unbrauchbar und deshalb kein Beleg für die Gewöhnlichkeit des Preises. Sie beruht auf einem Ausgangswert von 49,40 DM/m2 für Wohn-Bauerwartungsland hoher Bauerwartung, dieser Wert wiederum auf der unzutreffenden Qualifizierung von Rohbauland als Bauerwartungsland (s. o. [v]). Unbehelflich ist schließlich der Hinweis darauf, dass sich der Kaufpreis von 42,12 DM/m2 innerhalb der Richtwertspanne des Gutachterausschusses für Wohn-Bauerwartungsland im Jahre 1971 (20 - 50 DM, Anl. 2.1 zum 2. Ergänzungsgutachten) hält; mit dieser Spannenangabe ist keine Aussage über die Häufigkeit der genannten Preise und die Zugehörigkeit zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr verbunden.

b) Es ist im Rahmen des § 287 ZPO nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige die Preise aus Verträgen über Wohnbauland, die 1970 abgeschlossen wurden, zum Zwecke der Angleichung an das Preisniveau am 31.7.1971 um 5 % erhöht in die Berechnung der Mittelwerte eingestellt hat.

Das Ergänzungsgutachten ist insoweit nicht widersprüchlich, wie die Stadt meint. Der Sachverständige führt auf S. 41 des 1. Ergänzungsgutachtens aus, eine zeitbedingte Anpassung sei angesichts der unvermeidbaren Ungenauigkeiten jeder Wertermittlung bei nur 1 1/2 Jahren nicht zwingend erforderlich, andererseits aber auch nicht falsch; die 5 % hat er vergröbernd der damaligen Steigerungsrate der Bodenrichtwerte entnommen. All dies ist vernünftig im Sinne einer vertretbaren Schätzung.

Eine stärkere Erhöhung ist entgegen der Ansicht des Eigentümers ebenso wenig geboten. Die zeitliche Distanz der Verkäufe zum 31.7.1971 ist sehr unterschiedlich, so dass es nicht sachgerecht wäre, generell für 1 1/2 Jahre, also um 7,5 % zu erhöhen. Warum gerade in diesem Zusammenhang dem Gutachten des Sachverständigen 1 zu folgen und eine jährliche Preissteigerung von 13 % anzusetzen sein sollte, zeigt der Eigentümer nicht auf; auch sein Privatgutachter 3 teilt diese seine Ansicht nicht.

c) Dass der Sachverständige den Wert von Wohn-Bauerwartungsland hoher Bauerwartung auf der Basis von sechs Vergleichspreisen ermittelt - und dabei einen wegen Überschreitung der Standardabweichung nicht berücksichtigt - hat, ist nicht grundsätzlich bedenklich und begründet hier nicht die Notwendigkeit der Erhebung und Berücksichtigung von Daten aus anderen Gemeinden, zumal eine Vergleichbarkeit derartiger Daten angesichts der beschriebenen, für Dietzenbach gegebenen Besonderheiten wiederum äußerst fraglich wäre, oder gar aus der Zeit nach dem Qualitätsstichtag. Ungeachtet dessen, dass möglichst umfangreiches Vergleichsmaterial wünschenswert ist, können keine Mindestzahlen für Vergleichsfälle fixiert werden (vgl. BGH WM 1979, 83 ff. [juris-Rn. 41]; Kleiber/Simon/Weyers, a. a. O., Teil V, Systematische Darstellung des Vergleichswertverfahrens, Rn. 41 ff. [S. 1146 ff.]). Die Wertermittlung des Sachverständigen beruht nicht allein auf den Preisen, die nach einem umfangreichen Ordnungs- und Aussonderungsprozess zuletzt übrig blieben. Vielmehr wird hier der Wert für Wohn-Bauerwartungsland, wie der Sachverständige in der mündlichen Anhörung nochmals eindrucksvoll erläutert hat, durch das sich insgesamt für die verschiedenen Qualitäten ergebende Preisgefüge gestützt. Für die dem Senat obliegende Schätzung kommt es nicht darauf an, ob die Wertermittlung des Sachverständigen den Anforderungen an wissenschaftliche Statistiken genügt; vielmehr reicht ein - hier erreichter - Grad vernünftiger Gewissheit aus, wie er in der Wertermittlungspraxis üblich ist.

Dass, wie der Eigentümer meint, die Stadt durch zahlreiche Baulandverkäufe zu 21 - 35 DM/m2 das Preisniveau gedrückt habe, ist schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu quantifizieren, weil der private Markt deutlich höhere Preise verlangte (vgl. C II 2 a [3]). Im Übrigen wäre auch ein derartiger Effekt der - bei der Ermittlung von Vergleichsgrundstücken als nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechend ausgesonderten - städtischen Verkäufe als Teil des seinerzeitigen Geschehens auf dem örtlichen Immobilienmarkt bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen.

Der Senat sieht aus diesen Gründen in Ausübung seines Ermessens nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO von einer weiteren Beweisaufnahme oder der Einholung eines Obergutachtens ab.

d) Der Sachverständige hat verschiedene Rechenfehler bei der Ermittlung des flächengewichteten Mittelwerts nach Standardabweichung für die Qualitätsstufen "baureifes Wohnbauland, erschließungsbeitragsfrei" (89,77 DM/m2) und "Wohn-Bauerwartungsland hoher Bauerwartung" (28,49 DM/m2) mit dem 2. Ergänzungsgutachten korrigiert. Die genannten Werte treffen zu, einzelne Rundungsfehler im Pfennigbereich wirken sich im Ergebnis nicht aus, wie folgende Kontrollrechnungen zeigen:

(Es folgen zwei Vergleichstabellen, von deren Darstellung abgesehen wird - die Red.):

Die Rüge des Eigentümers, der Sachverständige habe arithmetische, nicht flächengewichtete Mittelwerte ausgewiesen, ist jedenfalls für die 2. Ergänzung des Gutachtens nicht berechtigt.

e) Der Senat folgt dem Sachverständigen auch bezüglich der Wertermittlung für Wohn-Bauerwartungsland mittlerer (22,33 DM/m2) und langfristiger Bauerwartung (17,49 DM/m2) durch eine Abzinsungsrechnung aus dem Wert für Wohn-Bauerwartungsland hoher Bauerwartung (S. 45 des 1. Ergänzungsgutachtens, S. 14 des 2. Ergänzungsgutachtens). Der Rückgriff auf dieses finanzmathematische Hilfsmittel rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass ihm für solche Grundstücke keine geeigneten Vergleichspreise vorlagen. Die Richtigkeit des methodischen Ansatzes ist zwischen den Beteiligten denn auch außer Streit; 3 und der Gutachterausschuss haben sich des nämlichen Verfahrens bedient. Streitig ist - abgesehen von der Ausgangsgröße, dem Wert des Wohn-Bauerwartungslandes hoher Bauerwartung - allein, ob der Sachverständige für die richtige Zeit und mit dem richtigen Zinssatz abgezinst hat, oder ob nicht - wie die Stadt und der Gutachterausschuss dies annehmen - vielmehr beide Größen erhöht werden müssen, um dem Risiko Rechnung zu tragen, dass sich eine Bauerwartung nicht erfüllt. Diese Streitfrage ist zu verneinen, wie der Sachverständige auf S. 9 f. seines 2. Ergänzungsgutachtens und im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat. Das genannte Risiko kann anerkanntermaßen uno actu durch einen relativ großzügigen Wartezeit-Abzug erfasst werden (vgl. Kleiber/Simon/ Weyers, a. a. O., § 4 WertV Rn. 154 f.), wie der Sachverständige dies hier getan hat; die doppelte Berücksichtigung des Risikos beim Wartezeit-Abzug und zusätzlich beim Zinssatz birgt die Gefahr tendenziell verfälschter Ergebnisse in sich und ist daher abzulehnen (vgl. Kleiber/Simon/Weyers, a. a. O.). Der vom Sachverständigen ermittelte Ausgangswert für Wohn-Bauerwartungsland hoher Bauerwartung bezieht sich auf Geschäfte mit durchschnittlich 2 2/3 Jahren Wartezeit, also auf einen Wert im mittleren bis oberen Bereich des fünfjährigen Zeitraums. Das setzt sich bei einer Addition von 5 (= mittlere Bauerwartung) bzw. 10 Jahren (= langfristige Bauerwartung) fort; es ergeben sich angesetzte Wartezeiten von 7 2/3 und 12 2/3 Jahren, so dass im Ergebnis entgegen der Ansicht des Gutachterausschusses keine Rede davon sein kann, dass jeweils mit einem Mindestwert ("von-Wert" 5 bzw. 10 Jahre) abgezinst worden ist. Der Liegenschaftszinssatz von 5 % ist als Mittelwert gerechtfertigt, weil für den mit erfassten Einfamilienhausbau 3 % angemessen gewesen wären.

Das vom Sachverständigen ermittelte Verhältnis der Wohn-Bauerwartungslandpreise zu den Preisen für baureifes Wohnbauland - 31,74 % für hohe, 24,87 % für mittlere und 19,49 % für langfristige Bauerwartung, S. 14 des 2. Ergänzungsgutachtens - ist nicht unplausibel. Eine schematische Übernahme scheinbar typischer Prozentsätze verbietet sich. Entscheidend sind stets die Verhältnisse des örtlichen Marktes, der hier insbesondere dadurch gekennzeichnet war, dass reichlich Bauland zur Verfügung stand, was die Attraktivität des Bauerwartungslandes herabsetzte.

III. Die Höhe der angemessenen Entschädigung und des von der Beteiligten zu 3. hierauf noch zu zahlenden Betrages ergibt sich aus der Wertermittlung zu den maßgebenden Zeitpunkten - den Bewertungsstichtagen - in Anwendung der sog. "Steigerungsrechtsprechung" des BGH, der der Senat folgt.

1. Der Bewertungsstichtag bezeichnet den Zeitpunkt, für den die allgemeinen Wert- und Preisverhältnisse zu bestimmen sind, etwa in dem Sinne, was das - qualitativ zum Qualitätsstichtag beschriebene und als unverändert gedachte - Enteignungsobjekt an einem bestimmten Tag für einen Verkehrswert gehabt hätte. Der Bewertungsstichtag fällt grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entschädigungszahlung (vgl. BGH BRS 45 Nr. 111 [S. 270]). Aufgrund der Annahme, dass eine Behörde ihre Schulden alsbald tilgt, hat der BGH diesen Zeitpunkt regelmäßig mit dem Tag der behördlichen Festsetzung der Entschädigung bzw. der Zustellung dieser Festsetzungsentscheidung gleichgesetzt (vgl. BGHZ 25, 225, 230; 30, 281, 283; nunmehr § 95 Abs. 1 S. 2 BauGB). In Zeiten schwankender Grundstückspreise hat er jedoch hiervon Ausnahmen gemacht, wenn die Entschädigung nicht unwesentlich zu niedrig festgesetzt (vgl. BGHZ 25, 225, 230 f.; 26, 373, 375; 29, 217, 219 ff.; 30, 281, 283) oder in vom Enteignungsbegünstigten objektiv zu verantwortender Weise verspätet ausgezahlt (vgl. BGH WM 1962, 919, 920; BGHZ 38, 104, 109; 44, 52, 55 ff., BGH BRS 19 Nr. 79 [S. 146 f.]) worden ist, wobei er dem Enteignungsbegünstigten grundsätzlich die Verantwortung für die angemessene und rechtzeitige Entschädigung auferlegt hat (vgl. BGHZ 44, 52, 58; WM 1972, 52, 53; 1975, 640, 641; 1976, 721; 1977, 506, 508); in diesen Fällen verschiebt sich der Bewertungsstichtag für den noch nicht gezahlten Entschädigungsrest (vgl. BGHZ 26, 373, 377; 29, 217, 220 WM 1962, 919, 921; DVBl 1978, 378 f. [unter III 1 der Entscheidungsgründe]; BRS 45 Nr. 111 [S. 271]) auf den Tag der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (vgl. BGHZ 25, 225, 231; 29, 217, 220; 30, 281, 283).

2. Diese "Steigerungsrechtsprechung" ist entgegen der Rechtsansicht der Stadt auch auf Enteignungen im Bereich städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen anwendbar. Das Gegenteil ist - soweit ersichtlich - bisher in Rechtsprechung und Schrifttum noch nicht vertreten worden. Die dargestellten Grundsätze beruhen nicht, wie die Stadt meint, darauf, dass der Enteignungsbegünstigte den enteigneten Gegenstand behalten, also dauerhaft seinem Vermögen einverleiben darf. Sie sind vielmehr Konsequenz des verfassungsrechtlichen Erfordernisses, dass der Eigentümer ein volles Äquivalent für das erhalten soll, was ihm genommen worden ist. Das wäre nicht gewährleistet, wenn der Enteignende die Entschädigung durch Verzögerungsmaßnahmen entwerten könnte. Die Ermittlung und die rechtzeitige Auszahlung des angemessenen Entschädigungsbetrages fällt hier wie sonst auch in die Verantwortung des Enteignungsbegünstigten, also der Stadt bzw. ihres Entwicklungsträgers. Eine Bindung an die Gutachten des Gutachterausschusses besteht nicht, kann insbesondere nicht durch Verwaltungsvorschriften bewirkt werden. Die ganz erheblichen Belastungen der Stadt durch die Steigerung beruhen auf einer unangemessen niedrigen Entschädigung der betroffenen Eigentümer; es ist kein Gebot der Billigkeit, das Risiko von Schätzungsfehlern auf die Eigentümer abzuwälzen. Dass der Enteignungsbegünstigte durch die Steigerungsrechtsprechung mit zunächst unbekannten Risiken und Ausgaben belastet wird, hat der BGH bereits 1958 als verfassungsrechtlich geboten bezeichnet und hinzugefügt, die öffentliche Hand dürfe die Enteignung nicht als Mittel missbrauchen, sich Land unter dem Marktwert zu verschaffen (BGHZ 26, 373, 375).

3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der "Steigerungsrechtsprechung" liegen vor. Die Verschiebung des Bewertungsstichtages scheitert entgegen der Rechtsansicht der Stadt nicht, auch nicht teilweise daran, dass die Verzögerung der Entschädigungszahlung vom Eigentümer zu verantworten wäre.

a) Die Verantwortung für die richtige Ermittlung des Verkehrswertes und die alsbaldige Auszahlung der entsprechenden Entschädigung liegt - wie ausgeführt - grundsätzlich beim Enteignungsbegünstigten. Da der Bewertungsstichtag - abgesehen vom Fall vorgezogenen Besitzübergangs - frühestens auf den Tag der behördlichen Entschädigungsfestsetzung fällt, stellt sich die Frage seiner Verschiebung nach hinten nur für Verzögerungen der Entschädigungszahlung, die nach jenem Tag eingetreten sind, z. B. durch eine unbegründete Anfechtung der Enteignung selbst, die es dem Enteignungsbegünstigten unzumutbar macht, eine Entschädigung für einen noch nicht feststehenden Rechtsverlust zu leisten. Die Parteien haben sich hier schon während des Verwaltungsverfahrens - am 8.10.1985 - über den Übergang von Eigentum und Besitz geeinigt (Bl. 97 ff. der Beiakte) und damit den Streit auf die Höhe der Entschädigung beschränkt. Die Verzögerung durch das Normenkontrollverfahren ist lange vor Beginn des Enteignungsverfahrens (3.8.1984) und der Festsetzung der Entschädigung (3.8.1989) eingetreten. Hinzu kommt, dass das laufende Normenkontrollverfahren einem Enteignungsverfahren rechtlich nicht entgegen gestanden hätte; jedenfalls hat die Stadt nicht nachvollziehbar ausgeführt, aus welchem Grund der Beteiligte zu 4. und die Baulandkammer einen entsprechenden Antrag hätten unbearbeitet lassen dürfen. Schließlich ist unklar, auf welche Norm eine Zurechnung dieser Verzögerung zum Eigentümer gestützt werden könnte. Der Normenkontrollantrag stammte nicht von ihm. Eine lose "Interessengemeinschaft" von Grundstückseigentümern begründet keine umfassende Einstandspflicht für alle ihre Mitglieder. Die Dauer dieses Baulandverfahrens mag von den Beteiligten nicht verschuldet sein. Darauf kommt es indessen nicht an. Es bleibt bei der objektiven Regel-Verantwortung des Enteignungsbegünstigten.

b) Eine Steigerung der Entschädigung ist nicht für die Zeit nach dem landgerichtlichen Urteil deshalb ausgeschlossen, weil der Eigentümer keine Sicherheit geleistet und damit nicht die Zwangsvollstreckung eingeleitet hat. Der BGH hat in den beiden von der Stadt herangezogenen Entscheidungen (BGHR GG vor Art. 1/enteignungsgleicher Eingriff Verzögerungsschaden 1; NVwZ 1992, 915 ff.) ausgesprochen, dass die vom Entschädigungspflichtigen tatsächlich geleistete Entschädigungszahlung selbst dann preisfixierende Wirkung hat, also eine fortlaufende Steigerung der Entschädigung nach der Steigerungsrechtsprechung ausschließt, wenn sie zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil erfolgt; der Entschädigungsberechtigte werde durch die Zahlung in die Lage versetzt zu sanieren bzw. er gelange in den Genuss der Entschädigung, eine etwaige Rückzahlungspflicht im Umfang einer Rechtsmittelkorrektur falle in seinen Risikobereich. Entscheidender Grund für die Preisfixierung ist danach die durch die geleistete Zahlung bereits erfolgte Kompensation. Die Möglichkeit, die Kompensation durch Vollstreckungsmaßnahmen zu erzwingen, steht dem nicht gleich. Der BGH hat seinen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz, die rechtzeitige und vollständige Kompensation falle in den Verantwortungsbereich des Enteignungsbegünstigten, in den beiden genannten Entscheidungen nicht aufgegeben. Auf die Behauptung des Eigentümers, der damalige Bürgermeister der Stadt habe ihn angefleht, nicht zu vollstrecken und die Stadt nicht durch die Vollstreckung in den Ruin zu treiben, kommt es danach nicht an.

4. Im vorliegenden Fall hatte der Senat die streitgegenständlichen Grundstücke zu verschiedenen Zeitpunkten zu bewerten. Erster Bewertungsstichtag war der 20.5.1984, der Tag, an dem die Stadt dem Eigentümer einen Ankauf zu einem Preis von 30 DM/m2 anbot (Bl. 5 der Beiakte); wenn dieses Angebot angemessen gewesen wäre, hätte es jegliche Steigerung der Entschädigung ausgeschlossen (§ 95 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Des weiteren waren Bewertungen erforderlich für den Oktober 1985 (Zeitpunkt der Einigung über den Eigentumsübergang und Teilzahlung in Höhe von 149.010 DM), für den August 1989 (Entschädigungsfestsetzung durch den Beteiligten zu 4. mit anschließender Zahlung) und für den Schluss der mündlichen Verhandlung. Der Senat schätzt auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens 2 folgende Werte:

 Mai 1984 4.967 m2 * 57,61 DM/m2 = 286.149 DM
Oktober 1985 4.967 m2 * 58,36 DM/m2 = 289.874 DM
August 1989 4.967 m2 * 116,83 DM/m2 = 580.295 DM
März 2007 4.967 m2 * 180,27 DM/m2 = 895.401 DM

a) Auf S. 54 ff. seines Hauptgutachtens hat der Sachverständige 2 die Verkehrswerte zu den ihm vorgegebenen Bewertungsstichtagen errechnet. Dabei hat er den Zustand und den Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks am 31.7.1971 zugrunde gelegt und auf die späteren Wertverhältnisse mithilfe von Indexreihen umgerechnet, die er aus Bodenrichtwerten für baureifes, erschließungsbeitragsfreies Wohn- bzw. Gewerbebauland gebildet hat, dies unter Beibehaltung des (historischen) Wertverhältnisses zwischen Bau- und Bauerwartungsland zu jenem Zeitpunkt. Dieser methodische Ansatz ist nicht zu beanstanden, wie auch 3 (S. 36 seines Hauptgutachtens vom 29.3.2004) und der Gutachterausschuss (S. 11 seines Gutachtens vom 23.6.2006 unter 8., Anl. P 46 zum Schriftsatz der Stadt vom 19.7.2006) einräumen. Die Zahlenwerte hat der Sachverständige 2 unter Berücksichtigung des erweiterten Datenbestandes auf S. 16 ff. des 2. Ergänzungsgutachtens aktualisiert. Die Geeignetheit der Dietzenbacher Bodenrichtwerte als Ausgangsmaterial für die Indexreihe hat er durch einen ausführlichen Vergleich dieser Werte mit denen für die Nachbargemeinden Götzenhain, Heusenstamm, Jügesheim und Offenthal belegt (S. 56 ff. des Hauptgutachtens); der Vergleich ergibt u. A. eine über die Zeit relativ einheitliche Wertentwicklung. Sodann hat er eine tabellarische Feinindexierung für Wohnbauland in Dietzenbach seit Ende 1971 vorgenommen, und zwar für den unteren und den oberen Wert der Bodenrichtwertspannen sowie - entscheidend - den Mittelwert, den er auf der Grundlage des zuvor ermittelten Ausgangswertes von 89,77 DM/m2 interpoliert hat (S. 17 des 2. Ergänzungsgutachtens); den Interpolationsvorgang hat er rechnerisch auf S. 16 des 2. Ergänzungsgutachtens erläutert.

b) Der Senat folgt der Wertermittlung des Sachverständigen auch in dieser Hinsicht. Der Sachverständige hat die Wertentwicklung seit dem Qualitätsstichtag plausibel und nachvollziehbar dargestellt. Dies gilt nach dem 2. Ergänzungsgutachten insbesondere für den Interpolationsvorgang zur Fortschreibung des flächengewichteten Mittelwertes nach Standardabweichung zu Wohnbauland; die Stadt lässt jegliche Begründung dafür vermissen, warum dieses Berechnungsverfahren zu unrichtigen, für sie ungünstigen Ergebnissen führen soll, und auch ein Rechenfehler für den Zeitpunkt 31.12.2002 ist nicht ersichtlich.

Die Tabelle zur Wertentwicklung auf S. 17 des 2. Ergänzungsgutachtens ist lediglich hinsichtlich einzelner Rundungsfehler im Pfennigbereich sowie hinsichtlich eines Übertragungsfehlers für den 31.12.1997 zu korrigieren: Ausweislich der Anl. 2.5 zum 2. Ergänzungsgutachten betrug der "bis"-Wert nicht 730, sondern 790 DM/m2, so dass sich als interpolierter Mittelwert 755,99 DM/m2 ergibt. Die korrigierte Wertentwicklungstabelle hat danach folgenden Inhalt:

(Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen im Volltext nicht dargestellt werden kann, in der pdf-Datei aber enthalten ist - die Red.).

Daraus ergeben sich folgende Werte für Wohnbauland und Wohn-Bauerwartungsland zu den Bewertungsstichtagen:

(Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen im Volltext nicht dargestellt werden kann, in der pdf-Datei aber enthalten ist - die Red.).

Dabei entspricht der für 2005 ausgewiesene Wert dem aktuellen Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Berufungsverhandlung. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass neuere Werte nicht veröffentlicht sind und dass die Übernahme der Werte für 2005 angesichts relativ stabiler Bodenpreise unproblematisch sei (S. 16 des 2. Ergänzungsgutachtens); dem folgt der Senat. Angesichts dieser relativen Preisstabilität hält er es nicht für erforderlich, den für den Tag der letzten Berufungsverhandlung erwarteten Beschluss des Gutachterausschusses zu Wohnbaulandrichtwerten für 2006 abzuwarten (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Diese neuen Werte werden erst in einiger Zeit, wenn nicht erst im nächsten Grundstücksmarktbericht 2008, verlässlich veröffentlicht werden. Angesichts der vom Sachverständigen geschilderten Dreiteilung des Marktes für Wohnbauland lässt sich eine etwaige Weiterentwicklung - anders als beim Gewerbebauland - derzeit nicht verlässlich prognostizieren. Ein weiteres Zuwarten erscheint dem Senat angesichts der bisherigen Länge des Entschädigungsverfahrens als nicht vertretbar.

Dass die Grundstückspreise seit dem 31.12.1995 wieder gefallen sind, ist bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen, da es nicht um eine Unterschreitung der behördlichen Entschädigung, sondern um die teilweise Reduzierung eines zwischenzeitlichen Preisanstiegs geht (vgl. BGH BRS 34 Nr. 88 [juris-Rn. 46]; BGHZ 118, 25 ff. [juris-Rn. 11]).

5. Das Kaufangebot der Stadt vom 20.5.1984 zu 30 DM/m2 konnte, da es zum damaligen Wert der streitgegenständlichen Grundstücke, der 57,61 DM/m2 betrug, außer Verhältnis stand, eine Steigerung der Entschädigung nicht nach § 95 Abs. 2 Nr. 3 BauGB ausschließen. Die Entschädigung errechnet sich nach der Steigerungsrechtsprechung folgendermaßen (vgl. zur Berechnungsmethode BGH WM 1962, 919, 924), wobei sich geringfügige betragsmäßige Abweichungen gegenüber den Tabellen auf S. 20 des 2. Ergänzungsgutachtens aus abweichenden Rundungen des Senats ergeben (§ 287 ZPO):

Die insgesamt 4.967 m2 großen Grundstücke des Eigentümers hatten am 8.10.1985 einen Wert von 58,36 DM/m2, insgesamt rund 289.874 DM. Mit der vereinbarten Teilleistung in Höhe von 149.010 DM sind die Grundstücke wertmäßig zu 51,41 % entschädigt, so dass noch 48,59 % offen waren.

Am 3.8.1989, dem Tag des Entschädigungs-Festsetzungsbescheides, ergibt sich bei einem m2-Wert von 116,83 DM für diesen Tag ein Gesamtwert in Höhe von rund 580.295 DM. Mit der Zahlung vom 17./24.11.1989 in Höhe von 68.755,20 DM (ohne Zinsen) ist dieser Wert zu 11,85 % entschädigt worden.

Insgesamt ist der Eigentümer A durch die beiden Entschädigungszahlungen zu 63,26 % befriedigt worden, so dass eine Wertberechnung auf den aktuellen Stand nur noch für die restlichen 36,74 % in Betracht kommt. Bei einem aktuellen Wert von rund 895.401 DM (4.967 m2 * 180,27 DM/m2) entspricht dies noch zu zahlenden 328.970,32 DM = 168.199,85 €.

D. Die Entschädigungsforderung ist nach § 99 Abs. 3 BauGB zu verzinsen.

I. Der Zinssatz knüpft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 DÜG für die Zeit vom 1.1.1999 bis zum 3.4.2002, nach § 2 des Gesetzes zur Aufhebung des DÜG (BGBl I 2002, 1220) und Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 der ZinsErsV (BGBl I 2002, 1250) für die Zeit ab dem 4.4.2002 nicht mehr an den Diskontsatz, sondern an den Basiszinssatz an. Bis zum 31.12.1998 ist gemäß § 2 DÜG weiterhin der Diskontsatz als Bezugsgröße maßgebend.

II. Die Verzinsung des Entschädigungsbetrages soll die Vermögensnachteile ausgleichen, die dem Enteigneten durch die verspätete Auszahlung der Entschädigung entstehen. Sie muss ansatzweise die Wertentwicklung abbilden, d. h. sie muss berücksichtigen, dass sich die ausstehende Entschädigungssumme bei steigenden Preisen nicht stufenförmig erst zu den jeweiligen Bewertungsstichtagen ändert. Dies kann im Sinne des landgerichtlichen Urteils durch Einfügung von Zwischengrößen im Wege grober Schätzungen geschehen (vgl. BGH a. a. O.; Kreft, WM Sonderbeilage Nr. 7/1982, 29 f.). Der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Zinsstaffel liegen danach folgende Erwägungen zugrunde (§ 287 ZPO):

Am 8.10.1985 waren die Grundstücke des Eigentümers insgesamt rund 289.874 DM wert (s. o. C III 5). Nach Abzug der Zahlung in Höhe von 149.010 DM (= 51,41 % des Wertes) ergab sich ein zu verzinsender Betrag von 140.864 DM (= 72.022,62 €).

Am 3.8.1989 waren die Grundstücke des Eigentümers insgesamt rund 580.295 DM wert, davon waren noch 48,59 % = 281.965,34 DM zu entschädigen, nach Abzug der Zahlung in Höhe von 68.755,20 DM noch 213.210,14 DM (= 109.012,61 €).

Allerdings verdoppelten sich die Grundstückspreise für Wohnbauland in Dietzenbach zwischen 1985 und 1989 annäherungsweise (s. o. C III 4 b, Tabelle zur Entwicklung der Wohnbaulandpreise), wobei der überwiegende Teil der Preissteigerungen auf die Zeit zwischen dem 31.12.1987 und dem 3.8./31.12.1989 fällt. Das lässt es angemessen erscheinen, für die Zinspflicht einen angenäherten Mittelwert von 210.000 DM (= 107.371,30 €) zwischen dem 1985 noch offenen Betrag (140.864 DM) und dem 1989 noch zu entschädigenden Wert (281.965,34 DM, die dann erbrachte Zahlung kann erst für den darauf folgenden Zeitraum berücksichtigt werden) am 1.11.1988 einzuschieben, einem Tag, der etwa in der Mitte des Zeitraumes ab dem 31.12.1987 und Anfang August 1989 liegt, in den die wesentlichen Preissteigerungen fallen.

Das aktuelle Wertniveau war näherungsweise bereits Ende 1991 erreicht. Das rechtfertigt es, die Verzinsung des in der Hauptsache ausgeurteilten Entschädigungsbetrages von 328.970,32 DM (= 168.199,85 €) am 1.1.1992 einsetzen zu lassen.

E. Die Revision war für die Stadt und die Beteiligte zu 3. zuzulassen. Die Zulassung der Revision kann grundsätzlich auf diejenige Prozesspartei beschränkt werden, zu deren Ungunsten die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage entschieden worden ist (vgl. BGHZ 7, 62, 63 f.; 130, 50, 59; BGH NJW-RR 2002, 1148; 2004, 426, 427). Das Verfahren wirft nur eine klärungsbedürftige Grundsatzfrage i. S. d. § 543 Abs. 2 ZPO auf, nämlich die, ob der Zusammenbruch des Marktes für Bauerwartungsland lange nach dem Qualitätsstichtag im Rahmen der Bemessung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen ist. Der Senat hat diese Grundsatzfrage zu Lasten der Stadt und der Beteiligten zu 3., zugunsten des Eigentümers beantwortet (s. o. C I 4). Angesichts dessen besteht kein Anlass, dem Eigentümer die Revisionsinstanz zur Prüfung nicht grundsätzlich bedeutsamer Fragen zu eröffnen.

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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