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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.07.2001
Aktenzeichen: 11 U (Kart) 48/2000
Rechtsgebiete: AGBG, HGB, BGB, ZPO
Vorschriften:
AGBG § 9 | |
AGBG § 6 | |
AGBG § 24 S. 2 | |
AGBG § 9 Abs. 1 | |
HGB § 89 | |
HGB § 89 b | |
BGB § 140 | |
BGB § 174 | |
BGB § 111 | |
BGB § 121 | |
ZPO § 183 | |
ZPO § 92 Abs. 1 | |
ZPO § 515 Abs. 3 | |
ZPO § 708 Nr. 11 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 546 Abs. 2 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 17.07.2001
In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main 8. Kammer für Handelssachen vom 12.07.2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 95 %, die Klägerin zu 5 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 650.000 DM abwenden, sofern nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Beschwer der Beklagten beträgt mehr als DM 60.000.-.
Tatbestand:
Die Klägerin vertreibt neben D.-Motorrädern sieben weitere Motorradfabrikate; sie verkauft darüber hinaus Mofas und Kleinkrafträder sowie das erforderliche Zubehör. Seit 1991 bestand zunächst zwischen ihr und der D.N.L. GmbH ein Vertragshändlervertrag, aufgrund dessen der Klägerin in einem räumlich näher bezeichneten Umfang das Alleinvertriebsrecht für Produkte des italienischen Herstellers D. Motor S. p. A. B. zustand. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf seine Ablichtung Bd. I Bl. 28 - 42 d.A. verwiesen.
Nachdem seit 1997 die Herstellerfirma sog. Grauimporte" in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr unterband, belieferte die D.N.L. GmbH auch den wichtigsten Grauimporteur" für Deutschland, eine Firma M. Motorradhandel in E., die ihrerseits in der Folgezeit drei im Vertragsgebiet der Klägerin ansässige Händler mit D.-Motorrädern versorgte.
Mit Schreiben vom 5.2.1998 teilte die D.N.L. GmbH der Klägerin in einem Abschiedsbrief" mit, daß es in Verhandlungen mit dem italienischen Hersteller gelungen sei festzuschreiben, daß das komplette Händlernetz der D.N.L. GmbH von der Beklagten, die nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen D. Motor S.p.A. und D.N.L. GmbH ab 1998 für die Organisation des Vertriebs von D.- Produkten in Deutschland verantwortlich war, übernommen werde. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bd. I Bl. 97 d.A. verwiesen.
Zwischen den Parteien wurde zunächst am 4.9.1998 ein neuer Vertragshändlervertrag geschlossen, der später durch einen weiteren Vertrag vom 28.12.1998 ersetzt wurde. Wegen der Einzelheiten des Vertrags vom 4.9.1998 wird auf Bd. I Bl. 46 ff d.A., wegen desjenigen vom 28.12.1998 auf Bl. 66 - 75 d.A. verwiesen. Letzterer enthält unter der Ziff. (4) folgende Laufzeitregelung:
Dieser Vertrag tritt in Kraft, ..., und endet am 31. Dezember 1999. Nach Ablauf dieser Laufzeit verlängert sich dieser Vertrag automatisch um ein weiteres Jahr, soweit keine der Vertragsparteien den Vertrag mindestens drei Monate vor dem 31. Dezember 1999 per Einschreiben kündigt. ... Nach einer Laufzeit von zwei weiteren Jahren im Anschluß an die anfängliche einjährige Vertragsdauer beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate zum Ende des Kalenderjahres. Nach weiteren zwei Jahren beträgt die Kündigungsfrist zwölf Monate zum Ende des Kalenderjahres.
Mit über Kurierdienst und nach bestrittener Behauptung der Beklagten zusätzlich per Telefax versandtem Schreiben vom 28.9.1999 kündigte die Beklagte den Vertragshändlervertrag. Das vom Verkaufsleiter der Beklagten H. unterschriebene Kündigungsschreiben (Bd. I Bl. 103) wurde einem - nach Darstellung der Klägerin im Rahmen eines Beschäftigungsförderungsprogramms - bei der Klägerin beschäftigten Herrn Sch. am 30.9.1999 vor den geschlossenen Geschäftsräumen der Klägerin übergeben, welcher die Schlüssel zu den Geschäftsräumen erhalten hatte, um sich für eine Urlaubsreise ein Motorrad abzuholen. Dem Geschäftsführer der Klägerin händigte er das Kündigungsschreiben am Montag, dem 4.10.1999, aus. Mit Schreiben vom 12.10.1999 (Bl. 105 ff) wies die Klägerin die Kündigung u. a. unter Hinweis auf eine der Kündigung nicht beigefügte Vollmacht des Herrn H. zurück. Im Februar 2000 etablierte die Beklagte im Vertragsgebiet der Klägerin einen neuen Vertragshändler. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte sei in den ursprünglich mit der D.N.L. GmbH bestehenden Händlervertrag eingetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht rechtzeitig zugegangen, im übrigen wegen der nicht beigefügten Vollmacht zurückgewiesen worden sei; darüberhinaus sei die Kündigungsfrist von drei Monaten unangemessen kurz sei.
Sie hat beantragt,
1. festzustellen, daß das seit 30.9.1991 zwischen den Parteien bestehende Vertragshändlerverhältnis durch die unter dem 28.9.1999 von der Beklagten verfaßte Kündigung nicht zum 31.12.1999 beendet wurde, sondern über den 31.12.1999 hinaus fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis DM 500.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, während des Bestehens des Vertragshändlervertrages im Vertragsgebiet der Klägerin, (... R. (Stadt- und Landkreis), begrenzt durch folgende Städte (jeweils incl.) A., N., M., L., D.dorf, F.i.W., O., P.) weitere Händler mit D. Motorrädern sowie D. Motorrad-Ersatzteilen zu beliefern und/oder Werbung für die vorgenannten Vertragswaren sowie die Durchführung von Garantiearbeiten zu dulden,
3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die von ihr im Vertragsgebiet der Klägerin ab dem 1.4.1996 verkauften D.-Motorräder (Typen, Ausstattung und Verkaufspreis) sowie Ersatz-, Austausch- und Zubehörteile (Teilenummer und Verkaufspreis), und darüber hinaus festzustellen, daß die Beklagte dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin dadurch ab dem 1.4.1996 entstanden ist und bis zumindest 31.12.2000 entsteht, daß die Beklagte im Vertragsgebiet der Klägerin D.-Motorräder sowie Ersatz-, Austausch- und Zubehörteile über andere Vertragshändler vertreibt,
4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zumindest 31.12.2000 weiter unter Gewährung des 16 %-igen D.-Händlerrabatts zuzüglich weiterer 2 % Skonto mit Vertragsware zu beliefern,
5. festzustellen, daß die Beklagte dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin dadurch entstanden ist und weiterhin entsteht, daß sich die Beklagte weigert, die Klägerin bis zumindest 31.12.2000 weiter unter Gewährung des 16 %-igen D.-Händlerrabatts zuzüglich weiterer 2 % Skonto mit Vertragsware zu beliefern.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Kündigung für wirksam gehalten; sie hat behauptet, Herr H. sei bevollmächtigt gewesen, das von dem Geschäftsführer der Beklagten diktierte Kündigungsschreiben zu unterschreiben. Dieses sei der Klägerin durch Telefax bereits am 29.9.1999 zugegangen. Im übrigen sei - so ihre Rechtsansicht - die Kündigung nicht unverzüglich zurückgewiesen worden; eine Kündigungsfrist von drei Monaten sei auch nicht unangemessen.
Mit am 12.7.2000 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage im wesentlichen stattgegeben.
Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung habe das Vertragsverhältnis nicht zum 31.12.1999 beendet, weil die im Vertrag vorgesehene Kündigungsfrist von drei Monaten zum Jahresende gemessen an § 9 AGBG unangemessen kurz sei. Im Kfz-Bereich habe die Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten der GVO 1475/95 eine Kündigungsfrist von einem Jahr für angemessen erachtet. Auch wenn sich die Verhältnisse eines Pkw-Händlers nicht unbesehen auf einen Motorradhändler übertragen ließen, erweise sich eine Kündigungsfrist von drei Monaten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH (BB 2000, 60 f "Kawasaki") als unangemessen kurz. Gleichwohl könne entgegen dem weitergehenden Klageantrag nur festgestellt werden, daß der seit dem 4.9.1998 zwischen den Parteien bestehende Vertragshändlervertrag nicht beendet worden sei. Die vorangegangene Zeit sei rechtlich nicht relevant, weil nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Beklagte in das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der D.N.L. GmbH eingetreten sei. Davon ausgehend müsse sich der Unterlassungsanspruch im Klageantrag zu 2. auf das Vertragsgebiet in der Fassung des Vertrages vom 28.12.1998 beschränken. Auch Auskunfts- und Schadensersatzansprüche entsprechend dem Klageantrag zu 3. könnten nur für die Zeit nach dem 4.9.1998 zugebilligt werden. Die mit den Klageanträgen zu 4. und 5. verfolgten weitergehenden Ansprüche hat das Landgericht der Klägerin ausgehend vom Vertrag vom 28.12.1998 nur hinsichtlich des Händlerrabatts zugebilligt.
Gegen das ihr am 21.7.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8.8.2000 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 9.10.2000 verlängerten Begründungsfrist mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Beklagte hält an der Auffassung fest, die Kündigung zum 31.12.1999 sei wirksam. Aus § 9 AGBG könne eine Unangemessenheit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist nicht hergeleitet werden. Das Landgericht habe das "Kawasaki"-Urteil des BGH fehlerhaft interpretiert. Insoweit sei der Fall nicht vergleichbar. Auch die Rechtsprechung zur Angemessenheit von Kündigungsklauseln in Kfz- Händlerverträgen stütze sich auf zwei für den zur Entscheidung stehenden Fall nicht einschlägige Überlegungen. Zum einen sei ein Kfz-Händler anders als ein Motorradhändler regelmäßig an einen Hersteller bzw. Importeur gebunden, so daß der Händler nur schwer Ersatz für ein kurzfristig beendetes Vertragsverhältnis finden könne; zum anderen erfahre der Kündigungsschutz in der BGH- Rechtsprechung seine besondere Rechtfertigung aus erheblichen marken- bzw. vertragsspezifischen Investitionen des Händlers, die die Klägerin gerade nicht vorgenommen habe. Auch in Analogie zu § 89 HGB müsse eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Jahresende als ausreichend angesehen werden. Für eine längere Kündigungsfrist bestehe kein Bedürfnis. Aber selbst wenn eine dreimonatige Kündigungsfrist zum Jahresende als zu kurz bewertet werde, so bestehe gleichwohl kein Anspruch auf eine zeitlich unbegrenzte Zuerkennung der mit der Klage verfolgten Ansprüche. Bei einer unwirksamen vertraglichen Kündigungsfrist müsse im Wege ergänzender Vertragsauslegung eine Lückenfüllung unter sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen Interessen treten; schließlich folge auch aus § 140 BGB die Notwendigkeit der Umdeutung in eine wirksame Kündigung. Entsprechendes gelte aufgrund eines aus § 6 AGBG folgenden allgemeinen Rechtssatzes. Aber selbst wenn die Kündigung erst zum 30.9.2000 hätte Wirksamkeit entfalten können, wäre die Beklagte gleichwohl berechtigt gewesen, für eine Übergangszeit einen weiteren Vertragshändler im Vertragsgebiet der Klägerin einzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.
Nachdem die Klägerin zunächst unselbstständige Anschlußberufung hinsichtlich der Teilabweisung ihres Klageantrages zu 3. angekündigt hatte, beantragt sie nunmehr lediglich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und hält an der Auffassung fest, die Kündigung sei schon angesichts der unangemessenen vertraglichen Kündigungsfrist unwirksam; sie müsse mindestens ein Jahr, eventuell sogar zwei bis fünf Jahre betragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird verwiesen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 1. März 2000 (Bl. 1 ff), 23. Mai 2000 (Bl. 212 ff), 13. Juni 2000 (Bl. 260 ff) sowie in zweiter Instanz vom 31. Januar 2001 (Bl. 357 ff) jeweils samt Anlagen undauf die Schriftsätze der Beklagten vom 12. Mai 2000 (Bl. 175 ff), 13. Juni 2000 (Bl. 237 ff) sowie zweitinstanzlich vom 9. Oktober 2000 (Bl. 302 ff) und 3. November 2000 (Bl. 324 ff) und 10. Januar und 6. März 2001 (Bl. 329 ff; 410 ff).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht zum 31. Dezember 1999 beendet worden. Es fehlt an einer wirksamen Kündigung der Beklagten, durch die der Händlervertrag vor dem 31.12.2000 beendet worden ist.
1. Trotz der mißverständlichen Formulierung der vertraglichen Laufzeitenregelung gehen die Parteien zu Recht übereinstimmend davon aus, daß der Vertrags-Händlervertrag zum 31.12.1999 endete, wenn er von der Beklagten rechtzeitig und wirksam gekündigt worden ist. Davon kann nach den Feststellungen des Senats nicht ausgegangen werden.
1.1. Nach der vertraglichen Regelung mußte der Klägerin das Kündigungsschreiben 3 Monate vor dem 31.12.1999 per Einschreiben" zugehen.
a. Der Umstand, dass der Klägerin eine Kündigung per Einschreiben zu keiner Zeit zugegangen ist, steht allerdings der Annahme einer wirksamen Kündigungserklärung nicht entgegen. Die Vereinbarung einer Kündigung mittels eingeschriebenem Brief betrifft nicht die Form der Willenserklärung, sondern beinhaltet zum Zwecke des sicheren Zuganges der Erklärung beim Empfänger die Verpflichtung, die Willenserklärung auf besondere Art zu übermitteln. Die Auffassung der Klägerin, die Kündigung sei bereits mangels Einhaltung der vereinbarten Form unwirksam, ist daher nicht tragfähig.
b. Aber auch für den wirksamen Zugang der Erklärung kommt es auf die Einhaltung der vereinbarten Übermittlungsform nicht an, wenn der Empfänger auf andere Weise zuverlässige Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung erlangt (Münchener Kommentar-Förschler, BGB, 3. Aufl., § 127 Rn. 7, Soergel- Hefermehl, BGB, Stand: 1998 1999, § 130 Rn. 15). Die Beklagte hat die Kündigung durch Kurier und möglicherweise per Telefax übersandt. Die Übermittlung des Kündigungsschreibens per Telefax gewährleistete allerdings den sicheren Zugang der Kündigungserklärung bei der Klägerin nicht. Dies macht bereits der Streit der Parteien über die von der Beklagten behauptete Übersendung des Telefax deutlich. Die Klägerin hat nämlich unter Beweisantritt und unter Vorlage einer Telefaxrechnung dargelegt, daß das Empfangsgerät, auf welches die Beklagte das die Kündigung enthaltende Telefaxschreiben am 29.09.1999 angeblich versandt hat (Nr. 09401/960980), in der Zeit zwischen dem 28.09. und 01.10.1999 defekt war. Zwar hat die Beklagte mit ihrem unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung nachgereichten Schriftsatz behauptet, unter vorgenannter Rufnummer sei mehr als nur ein möglicherweise defektes Faxgerät angeschlossen. Allein mit dem Verweis auf den ihr vorliegenden ordnungsgemäßen Sendebericht kann jedoch die Beklagte schon ihrer Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Klägerin auf diesem Übermittlungswege Kenntnis von der Kündigung er- langt hat, nicht genügen. Die Einholung des von der Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens ist ungeachtet seiner fehlenden Geeignetheit zur Beweisführung aber auch deswegen entbehrlich, weil die Probleme bei der Übermittlung des Telefaxschreibens deutlich machen, dass diese Übermittlungsform den von der Kündigungsvorschrift im Vertrag verlangten sicheren Zugang des Schreibens nicht gewährleistete.
1.2. Den wirksamen Zugang der Kündigung vom 28.9.1999 kann daher nur die Zustellung durch Kurierdienst bewirkt haben; insoweit hält der Senat die von der Beklagten gewählte Übermittlungsform des Kündigungsschreibens für geeignet, einen sicheren Zugang zu gewährleisten. Diesbezüglich fehlt es jedoch an einem rechtzeitigen Zugang der Kündigung und damit an der Wirksamkeit der Kündigung zum 31. Dezember 1999.
Zwar hat der Kurier das Kündigungsschreiben dem bei der Klägerin beschäftigten Herrn Sch. am 30.9.1999 übergeben. Der Klägerin ist es jedoch erst durch Übergabe an ihren Geschäftsführer am Montag, dem 4.10.1999, zugegangen.
Die Kündigungserklärung wäre durch Übergabe an Herrn Sch. nur dann als rechtzeitig zugegangen zu bewerten, wenn Sch. Empfangsbote der Klägerin gewesen wäre. Daß der im Rahmen eines Beschäftigungsförderungsprogramms des Arbeitsamts bei der Klägerin beschäftigte Mitarbeiter nicht als ihr Vertreter handelte, liegt auf der Hand. Empfangsbote wäre er nur, wenn er von der Klägerin zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt worden wäre oder nach der Verkehrsanschauung als bestellt angesehen werden könnte. Als Empfangsbote hat die Rechtsprechung bislang beispielsweise die kaufmännische Angestellte im Betrieb (RGZ 102, 296), den Buchhalter für Erklärungen gegenüber dem Betriebsleiter (BAG AP Nr. 8) oder den Maurerpolier bei einem Lieferschein für Baumaterial (OLG Celle NJW 1960, 870) angesehen.
Die Beklagte will Herrn Sch. als Empfangsboten behandelt wissen, weil es sich bei ihm nach der Verkehrsanschauung um eine zum Empfang geeignete und ermächtigte Person gehandelt habe. Allein aus dem Umstand, daß dieser Mitarbeiter sei es im Rahmen eines Beschäftigungsförderungsprogramms oder "ordentlich"- bei der Klägerin beschäftigt war, ergibt sich jedoch nicht ohne weiteres, daß er von ihr auch zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt war. Vor allem die weiteren Umstände der Übergabe des Kündigungsschreibens durch den Kurierdienst sprechen gegen eine Empfangsboteneigenschaft des Herrn Sch.. Denn im Zeitpunkt der Übergabe morgens vor 9.00 Uhr war das Geschäftslokal der Klägerin geschlossen. Die Klägerin öffnete mit Wissen und Billigung der Beklagten ihr Geschäft donnerstags erst um 13.00 Uhr. Herr Sch. war an diesem Tage auch nicht in seiner Eigenschaft als Beschäftigter der Klägerin auf dem Weg in die Geschäftsräume, sondern um sich für eine private Wochenendtour ein Motorrad abzuholen, als ihm das Schreiben durch den Kurier vor dem Geschäftslokal übergeben wurde. Angesichts solcher Umstände spricht die Verkehrsanschauung gegen eine Empfangsboteneigenschaft. Dies verdeutlicht die prozessrechtliche Parallelvorschrift über die Zustellung nach § 183 ZPO. Für die Zustellung an Gewerbetreibende, die ein besonderes Geschäftslokal haben, kommt die Ersatzzustellung nur an einen im Geschäftslokal anwesenden Gewerbegehilfen in Betracht. Insoweit reicht die Übergabe an den außerhalb des Geschäftslokals angetroffenen Gewerbegehilfen nicht aus (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 22. Auflage, § 183 Rn. 7 unter Hinweis auf RG-HRR 26, 1755). Für den Zugang kommt es vielmehr darauf an, ob der Empfangsbote die Erklärung während der Geschäftszeiten in den Räumen des Adressaten in Empfang nimmt. Wird eine Erklärung außerhalb dieser Räumlichkeiten, bspw. auf der Strasse, übergeben, so ist ein Zugang erst in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Übermittlung der Erklärung an den Adressaten zu erwarten ist (BGH NJW-RR 1989,757; Soergel-Hefermehl aaO, § 130 Rn. 8 a.E.).
Nach den Gesamtumständen ist daher vorliegend davon auszugehen, daß unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung die Kündigung nicht einem Empfangsboten, sondern lediglich gegenüber einem Erklärungsboten abgegeben worden ist. In einem solchen Fall geht die Erklärung erst dann zu, wenn sie dem Empfänger richtig übermittelt worden ist. Angesichts der unbestrittenen Übermittlung des Kündigungsschreibens an den Geschäftführer der Klägerin am 4.10.1999 fehlt es daher schon aus diesen Gründen an einem rechtzeitigen Zugang und damit an der Wirksamkeit der Kündigung zum 31. Dezember 1999.
1.3. Aber selbst wenn angenommen werden müßte, die Kündigung sei infolge der Aushändigung an Herrn Sch. der Klägerin rechtzeitig zugegangen ist, fehlt es der Kündigung wegen ihrer Zurückweisung durch die Klägerin gleichwohl an der Wirksamkeit. Die Kündigung war nicht von dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten unterschrieben, so daß § 174 BGB Anwendung findet. Danach ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein (rechtsgeschäftlich) Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde - wie im vorliegenden Fall - nicht vorlegt und der Kündigungsempfänger die Kündigung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung der Kündigung erfolgte per Telefax am 12. Oktober, also acht Tage, nachdem der Geschäftsführer der Klägerin das Schreiben erhalten hatte. Auf den früheren Zugang an Herrn Sch. kann unabhängig von der vorstehend erörterten rechtlichen Problematik nicht abgestellt werden; denn die Unverzüglichkeit der Zurückweisung bedeutet hier nichts anderes wie bei §§ 111, 121 BGB, d.h. die Zurückweisung muß ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Angesichts der Umstände kann vorliegend nur der Zeitraum seit Kenntniserlangung durch den Geschäftsführer der Klägerin am 4. Oktober eine Rolle spielen, die vorangegangenen Tage seit Übergabe an Sch. begründen jedenfalls keine schuldhafte Verzögerung (vgl. auch OLG München NJW-RR 1997, 904). Bei der Frage, was noch als unverzüglich" angesehen werden kann, kommt es im übrigen immer auf die Umstände des Einzelfalles an, als Obergrenze ist in der Regel jedenfalls von einer Frist von zwei Wochen auszugehen (OLG Hamm NJW-RR 1990, 523; Soergel-Leptien, aaO, § 174 Rn. 3). Berücksichtigt man, daß die Klägerin rechtliche Beratung in Anspruch nehmen durfte und angesichts der speziellen rechtlichen Materie nicht ohne weiteres solche Beratung vor Ort zur Verfügung hatte, erscheint die Zurückweisung der Kündigung innerhalb einer Frist von acht Tagen als ausreichend. Die Zurückweisung war auch nicht ausgeschlossen. Weder ergab sich eine Bevollmächtigung zur Kündigung wenigstens konkludent aus den Umständen, noch war die Berufung auf die fehlende Vollmacht treuwidrig. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin schon wiederholt wesentliche Erklärungen der Beklagten durch Herrn H. auch ohne Vollmachtsvorlage anerkannt hätte. Die jetzt wiederholte Behauptung der Beklagten, H. sei mit Wissen der Klägerin ordnungsgemäß" bevollmächtigt, knüpft nur an den Umstand an, daß H. während des Vertragsverhältnisses für die Beklagte mit der Klägerin und anderen Vertragshändlern verhandelt hat und ihr Ansprechpartner war. Dem steht allerdings entgegen, dass H. die Vertragshändlerverträge zwischen den Parteien nicht für die Beklagte unterzeichnet hat. Angesichts dieser Umstände kann nach Treu und Glauben nicht davon ausgegangen werden, die Klägerin hätte Herrn H. als zur Vertragsbeendigung bevollmächtigt ansehen müssen.
2. Der Vertragshändlervertrag zwischen den Parteien wäre durch eine bis zum 30. September 1999 wirksam ausgesprochene und rechtzeitig zugegangene Kündigungserklärung aber auch deshalb nicht zum Jahresende 1999, sondern frühestens zum 31.12.2000 beendet worden, weil die vertragliche Kündigungsfrist von drei Monaten unangemessen kurz ist.
2.1. Die von der Beklagten als allgemeine Geschäftsbedingung klauselartig verwendete Kündigungsfrist von drei Monaten ist im Hinblick auf § 24 S. 2 AGBG einer Wirksamkeitsüberprüfung am Maßstab des § 9 AGBG zugänglich. Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist der Fall, wenn der Verwender durch die Klauseln seine Interessen auf Kosten des anderen Teils durchzusetzen versucht, ohne dessen Belange angemessen zu berücksichtigen oder ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren (BGHR AGBG , § 9 - Vertragslaufzeit I m.w.N.). Ein Indiz für eine fehlende Angemessenheit in diesem Sinne kann die Abweichung von dispositiven gesetzlichen Bestimmungen sein, soweit diese als Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots erscheinen (BGHZ 90, 280, 283 f). Gesetzliche Bestimmungen über die Frist für die ordentliche Kündigung eines Motorradvertragshändlervertrages enthält das nationale Recht nicht, sieht man von der Vorschrift des § 89 HGB ab, welche die allerdings nur bedingt vergleichbaren Handelsvertreterverhältnisse betrifft. Auch das europäische Recht enthält nur eine Regelung für Kraftfahrzeughändlerverträge. Nach Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 der VO (EWG) Nr. 123/85 der Kommission über die Anwendung von Art. 85 Abs. 3 des Vertrags auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge waren Vertragshändlerverträge bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen freigestellt, wenn sie für die ordentliche Kündigung zu Gunsten des Händlers eine Mindestfrist von einem Jahr vorsahen. Allerdings ließ die Verordnung eine Kündigungsfrist von einem Jahr nur dann genügen, sofern für den Händler eine angemessene Entschädigung gesetzlich vorgesehen oder vertraglich vereinbart war. Die 1995 in Kraft getretene GVO 1475/95 (Abl. Nr.145 v. 29.6.1995,S.26) schreibt nun in Art. 5 Abs. 1 Ziff. 2 eine Kündigungsfrist von zwei Jahren vor. Da im deutschen Recht aber ein selbständiger Investitionsersatzanspruch nicht anerkannt ist, der Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB aufgrund eines anders gelagerten Regelungszwecks unberücksichtigt bleiben muß, besteht sowohl aus Sicht der Gruppenfreistellungs-Verordnung wie auch des AGB nur die Möglichkeit, eine sich aus kürzeren Kündigungsfristen ergebende unangemessene Benachteiligung durch entsprechende vertragliche Vereinbarung eines angemessenen Ausgleichs zu kompensieren (vgl. dazu auch Niebling, Betriebsberater 1996, 1727, 1731).
2.2. Eine Frist von einem Jahr für die ordentliche Kündigung eines Kfz-Vertragshändlervertrages hat der BGH mit Urteil vom 21.02.1995 (BB 1995, 1657 ff. Citroen") als unterste Grenze" bezeichnet, in der noch keine unangemessene Benachteilung der Interessen des Vertragshändlers i.S. des § 9 Abs. 1 AGBG gesehen werde könne. Das vom Landgericht in bezug genommene Urteil des BGH vom 06.10.1999 (BB 2000, 60 ff. "Kawasaki") bezieht sich zwar auf einen Motorrad-Vertragshändlervertrag, ihm ist jedoch für die vorstehende Problematik unmittelbar nichts zu entnehmen. Gleichwohl wird in der Literatur (Emde BB 2000, 63, 64) dieses Urteil allgemein als Bestätigung der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH in vorstehend zitierter Entscheidung angesehen, weil der BGH in der "Kawasaki"-Entscheidung ausdrücklich ausgeführt hat, daß ... eine einjährige Kündigungsfrist in formularmäßigen Kraftfahrzeughändlerverträgen die Händler auch unter Berücksichtigung ihrer üblicherweise erheblichen vertragsbezogenen Investitionen und ihres Amortisationsinteresses grundsätzlich nicht unbillig benachteiligt" und offen gelassen hat, ob an dieser Rechtsprechung im Blick auf die später, am 1. Juli 1995, in Kraft getretene EG-VO Nr. 1475/95 festzuhalten ist". In der Literatur werden im Hinblick auf die europäische Verordnung ausdrücklich Bedenken gegen unter zwei Jahren liegende Kündigungsfristen erhoben (Ulmer, a.a.O., Rn. 891 a; Wolf, AGBG, § 9 Rn. V, 41; von Westphalen, AGBG, § 9 Rn. 48 f). Diese können jedoch nach Auffassung des Senats nicht ohne weiteres überzeugen, weil die Verordnung nicht für zweirädrige Kraftfahrzeuge gilt. Die Verhältnisse eines PKW-Händlers lassen sich nicht unbesehen auf einen Motorradhändler übertragen. Selbst wenn man mit der Klägerin in der auch vom BGH in bezug genommenen europäischen Verordnung eine wesentliche Ausprägung der in jedem Vertragshändlervertrag zu schützenden Interessen des Händlers gegenüber dem regelmäßig marktmächtigeren Herstellern ansieht, können deshalb die Wertungen der Verordnung im Rahmen einer Angemessenheitskontrolle von Vertragshändlerverträgen nach § 9 AGBG nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Motorradhändler-Branche nicht wie die Klägerin meint generell übernommen werden.
Denn bei der Beurteilung der Angemessenheit nach § 9 Abs. 1 AGBG ist eine Abwägung der beteiligten Interessen erforderlich, die sich auf Händlerseite aber unterschiedlich darstellen, je nachdem, ob es sich um einen Kfz- oder Motorradhändler handelt. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, daß in der Motorradbranche - wie auch im vorliegenden Fall - häufig keine ausschließlichen Bindungen an nur einen Hersteller vorhanden sind, sondern Motorradhändler traditionell die Marken verschiedener Hersteller anbieten. Der Verlust eines Vertragshändlers - so schwer er im Einzelfall wiegen mag - begründet in der Regel jedenfalls keine derart weitgehende Interessenbeeinträchtigung, wie es beim Verlust des einzigen Vertragshändlers im Kfz-Bereich der Fall sein kann. Ebenso zutreffend verweist die Beklagte darauf, dass der BGH den vertragsspezifischen Interessen des Händlers bei der Interessenabwägung besondere Bedeutung zugemessen hat. Wegen der fehlenden Ausrichtung auf einen einzigen Vertragshändler fallen aber die marken- bzw. vertragsspezifischen Investitionen eines Motorradhändlers deutlich geringer aus als diejenigen bei einem Kfz-Händler. Erhebliche Investitionen hatte auch die Klägerin speziell im Hinblick auf den Vertragshändlervertrag mit der Beklagten bzw. im Hinblick auf den Vertrieb von D.-Produkten nicht. Markenspezifisch sind lediglich die Kosten für spezielles Werkzeug in einer Größenordnung von nicht einmal 20.000 DM, das im übrigen die Beklagte rückzukaufen bereit war. Andererseits disqualifiziert die von der Beklagten diskreditierend benutzte Bezeichnung des Geschäfts der Klägerin als "Motorrad-Supermarkt" die Interessen der Klägerin an einer längeren Kündigungsfrist nicht. Schon angesichts des begrenzten Markenangebots der Klägerin kann von einem Supermarkt nicht die Rede sein. Zu Recht weist die Klägerin im übrigen darauf hin, daß D.-Produkte in einem gehobenen Preissegment angesiedelt und auf einen spezifischen Käuferkreis zugeschnitten sind. D.- Motorräder haben für die Klägerin wegen ihrer Exklusivität und ihrer Anziehungskraft auch für ambitionierte Sportfahrer wesentliche Marketing- und Imagebedeutung. Deshalb begründet eine einseitige Vertragsbeendigung durch den Hersteller auch für den Motorradhändler und im konkreten Fall für die Klägerin ein besonderes Risiko. Der Verlust einer solchen Marke, wie sie D. repräsentiert, führt nämlich nicht nur zum Verlust einer wichtigen Ertragsquelle und der damit verbundenen Kundenbeziehungen, sondern auch zu einer unter Umständen sogar erheblichen Entwertung der von der Klägerin für den Vertrieb ihrer Waren erbrachten Investitionen in Verkaufsräume, Reparatur- und Kundendienst, Lagerhaltung und Werbung (vgl. dazu auch Ulmer in: Ulmer-Brandner-Hensen, AGBG, 8.Aufl., Anhang §§ 9 - 11, Rn. 891). Daraus ergibt sich auch für den Motorradhändler ein besonderes Interesse an angemessener Ausgestaltung der die Voraussetzung einer Vertragsbeendigung betreffenden Klausel. Davon ausgehend hält nach Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Motorrad-Branche eine Kündigungsfrist von weniger als einem Jahr einer Angemessenheitskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand. Dies hat zur Folge, dass selbst eine ansonsten wirksame Kündigung der Beklagten das Vertragsverhältnis erst zum 31.12.2000 hätte beenden können. Denn trotz der festgestellten Unwirksamkeit der vertraglichen Kündigungsfrist bleibt der Vertrag im übrigen nach § 6 AGBG wirksam. Er konnte daher auch nur unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist- zum Jahresende, erstmals also zum 31.12.2000, gekündigt werden.
3. Hätte die Beklagte den Vertragshändlervertrag durch eine wirksame Kündigung zum 31.12.2000 beendet, so hätte sich nach Auffassung des Senats gleichwohl auch aus Treu und Glauben keine Verpflichtung der Klägerin ergeben, vor Beendigung des Vertragsverhältnisses der Beklagten die Belieferung anderer Händler im Vertragsgebiet zu gestatten. Die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des Kartellsenats des OLG München vom 14.10.1993 (AZ: U (K) 5333/92) betrifft eine andere Fallgestaltung. In dem dort streitgegenständlichen Händlervertrag war ausdrücklich eine Berechtigung des Herstellers festgelegt, einen weiteren Händler im Vertragsgebiet einzusetzen. Der Vertrag regelte insoweit die näheren Voraussetzungen. Eine Berechtigung sollte (S. 11 des Urteils) nur dann bestehen, wenn sachlich gerechtfertigte Gründe vorlagen, insbesondere, wenn die Leistungen des Händlers ungenügend waren. Das OLG München hat diesem Fall die Verpflichtung des Händlers, dem Hersteller einen reibungslosen Übergang für die Vertretung seiner Produkte zu ermöglichen, gleichgestellt (allerdings nicht in Subsumtion unter die vertragliche Regelung, sondern als eigenständige Nebenpflicht aus Treu und Glauben). Eine solche Verpflichtung läßt sich angesichts des vorliegenden Händlervertrages nicht ohne weiteres annehmen. Denn ausweislich von Ziffer (1) des streitgegenständlichen Vertrageshändlervertrags hat die Beklagte der Klägerin ausdrücklich das ausschließliche Vertriebsrecht gewährt" und in Ziffer (3) nur Vertragsausnahmen formuliert. Ein Recht der Beklagten, einen weiteren Vertragshändler einzusetzen, ist an keiner Stelle vereinbart. Umgekehrt ist in Ziffer (18) ein ausdrückliches Kündigungsrecht zugunsten der Beklagten für den Fall vorgesehen, daß die Klägerin für den Verkauf von Vertragsprodukten außerhalb des Vertragsgebietes Werbung betreibt. Im Hinblick darauf wäre es nach Auffassung des Senats unangemessen, wenn man der Beklagten, der ihrerseits für eine Verletzung der Ausschließlichkeitsbindung ein sofortiges Kündigungsrecht eingeräumt ist, aus Treu und Glauben einen Anspruch zubilligte, schon vor Ablauf der Ausschließlichkeitsbindung einen weiteren Händler im Vertragsgebiet beliefern zu dürfen. Der Klägerin steht daher auch der entsprechend ihrem Antrag zu 3. zuerkannte Anspruch in vollem Umfang zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 515 Abs. 3 ZPO (Anschlussberufung).
Die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 711, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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