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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.04.2004
Aktenzeichen: 11 U 10/04
Rechtsgebiete: BGB, KuG


Vorschriften:

BGB § 340
BGB § 343
KuG § 22
Verpflichtet sich der Verletzer gegenüber zwei Gläubigern wegen einer ihnen gegenüber begangenen Verletzungshandlung strafbewehrt zur Unterlassung, so ist die Vertragsstrafe nicht ohne Weiteres herabzusetzen, wenn im Falle der Zuwiderhandlung nur die Rechte eines der Vertragsstrafegläubiger verletzt werden.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 10/04

Verkündet am 30. April 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 09.10.2003 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.100,-- EURO nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann eine Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Das klagende Ehepaar nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen eine von der Beklagten am 20.03.2003 abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung in Anspruch. Wegen des Hintergrundes und der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kläger zu 1) in Höhe von 2.550,-- EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des am 09.10.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 5.100,-EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.05.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt hierzu vor, die vereinbarte Vertragsstrafe knüpfe an eine beide Kläger beeinträchtigende Zuwiderhandlung an. Der Fall einer Zuwiderhandlung zu Lasten lediglich eines Ehegatten sei nicht geregelt. Da in der Ausgabe der Zeitschrift X vom 21.03.2003 aber nur das Bild des Klägers zu 1) veröffentlicht worden sei, habe lediglich dieser einen Anspruch auf Zahlung in Höhe der Hälfte der vereinbarten Vertragsstrafe.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Den Klägern steht als Gesamtgläubiger ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- EUR gegen die Beklagte zu, denn die Beklagte hat durch den Abdruck des Fotos in der Zeitschrift X vom 21.03.2003, das den Kläger zu 1) zeigt, schuldhaft gegen Unterlassungsverpflichtung vom 20.03.2003 verstoßen.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass auch die Veröffentlichung von Fotos, auf denen nur entweder der Kläger zu 1) oder die Klägerin zu 2) abgelichtet sind, von der Unterlassungserklärung erfasst wird. Zwar verpflichtete sich die Beklagte nach dem Wortlaut der Unterlassungserklärung gegenüber den Eheleuten A und B R, es zu unterlassen, "Bildnisse zu verbreiten, auf welchen die Eheleute R abgebildet sind ". Die Formulierung geht jedoch darauf zurück, dass Anlass für die Unterlassungsverpflichtung der Abdruck eines Fotos war, das die Kläger gemeinsam zeigte. Es unterliegt indes keinem ernstlichen Zweifel, dass nach Sinn und Zweck der Unterlassungserklärung auch solche Bildveröffentlichungen untersagt sein sollten, die lediglich einen der Kläger allein zeigen. Denn eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§ 22 KUG) liegt für jeden der Kläger unabhängig davon vor, ob die veröffentlichte Fotografie ihn allein oder gemeinsam mit dem anderen Ehepartner zeigt. Auch die Beklagte hat gegen diese Auslegung keine Bedenken erhoben.

Unterfällt aber die Veröffentlichung eines Fotos, das lediglich einen der beiden Kläger zeigt, ebenfalls der Unterlassungsverpflichtung, so ist im Fall der Zuwiderhandlung die ausbedungene Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- EUR fällig. Denn die Beklagte verpflichte sich, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- EUR an die Eheleute zu zahlen.

Für eine ­ nach Auffassung des Landgerichts erforderliche - Auslegung unter Berücksichtigung des "systematischen Zusammenhangs und erkennbaren Sinn und Zwecks der Unterlassungserklärung" besteht kein Anlass.

Soweit das Landgericht gemeint hat, es könne nicht angenommen werden, dass für den Fall einer Zuwiderhandlung nur zu Lasten eines der beiden Kläger die volle Vertragsstrafe fällig sein sollte, hat es die im Vordergrund stehende Abschreckungsfunktion der Vertragsstrafe nicht ausreichend berücksichtigt. Die Vertragsstrafe hat nach herrschender Auffassung zwei Funktionen. Sie soll Druck auf den Schuldner ausüben, um ihn von weiteren Zuwiderhandlungen abzuhalten und den Gläubiger im Falle der Zuwiderhandlung von der Notwendigkeit des Schadensnachweises entheben (Palandt/Heinrichs, BGB, vor § 339 Rn. 1; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 20 Rn. 1ff). Bei der Bemessung einer Vertragsstrafe ist insbesondere die Druckfunktion zu berücksichtigen (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 343 Rn.7).

Bei Abfassung der Unterlassungsverpflichtungserklärung haben sich die Kläger deshalb ersichtlich auch von der Vorstellung leiten lassen, dass die geforderte Vertragsstrafe von 5.100,-- EUR erforderlich ist, um die nötige Druckfunktion auf die Beklagte zu entfalten. Für die Veröffentlichung von Fotos, die nur einen Ehepartner zeigen, kann insoweit nichts anderes gelten. Es bestehen ­ weder aus der Sicht der Kläger noch objektiv - Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte von der Veröffentlichung von Fotos, auf denen nur ein Kläger allein abgebildet ist, schon durch eine weit geringere Vertragsstrafe hätte abhalten lassen können als bei Fotos, die die Kläger gemeinsam zeigen. Insbesondere ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass Bilder, auf denen die Eheleute gemeinsam abgelichtet sind, für die Beklagte von größerem journalistischen Interesse sein könnten.

Nach allem ist es im Hinblick auf die Druckfunktion für die Bemessung der Vertragsstrafe unbeachtlich, durch welche Bildveröffentlichungen die Beklagte der Unterlassungsverpflichtung zuwiderhandelt. Erscheint aber zur Vermeidung von jeglichen Zuwiderhandlungen die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe gleichermaßen erforderlich, so besteht für eine Reduzierung der Vertragsstrafe im Wege der Auslegung kein Grund. Denn es spricht nichts dafür, dass die Parteien den zu entscheidenden Sachverhalt übersehen und gegebenenfalls anders, nämlich durch Vereinbarung einer niedrigeren Vertragsstrafe geregelt hätten. Dafür spricht auch, dass sich keine der Parteien in erster Instanz auf die vom Landgericht vorgenommene Auslegung berufen hat.

Zu einer Herabsetzung der Vertragsstrafe, die nur ganz ausnahmsweise gem. § 242 BGB möglich wäre (§ 348 HGB), besteht ebenfalls kein Anlass. Die vereinbarte Vertragsstrafe erscheint auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Schadenskompensation ( bei Zuwiderhandlungen zu Lasten nur eines der Kläger ) nicht unangemessen. Sie hält sich der Höhe nach im Rahmen der von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen zuerkannten Beträge ( vgl. etwa Gerstenberg/Götting in Schricker, Urheberrecht, "Entscheidungsübersicht Recht am eigenen Bild").

Im Hinblick auf den dargelegten Sinn und Zweck der Vertragsstrafe und deren Wortlaut bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass die Klägerin zu 2) nach dem Wortlaut der Vertragsstrafenvereinbarung ebenfalls Gläubigerin der verwirkten Vertragsstrafe ist, obwohl im konkreten Fall lediglich der Kläger zu 1) in seinen Rechten verletzt wurde. Die Vereinbarung einer Gesamtgläubigerschaft fällt unter die vertragliche Dispositionsfreiheit der Parteien.

Dass sich die Beklagte nicht auf fehlendes Verschulden berufen kann, hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ausgeführt. Die Beklagte hat diese Beurteilung in der Berufung auch nicht mehr angegriffen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 543 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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