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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 11 U 23/07 (Kart)
Rechtsgebiete: BGB, GWB
Vorschriften:
BGB § 826 | |
GWB § 21 |
Gründe:
I. Wegen des Sach- und Streitstands und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil verwiesen. Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihren Unterlassungsantrag gegen den Beklagten weiter. Sie meinen, die Versagung einer Deckgenehmigung gegenüber den Mitgliedern des Beklagten sei mit § 5 der Zuchtordnung des Beklagten nicht vereinbar. Sie haben behauptet, der Beklagte boykottiere sie bewusst, wodurch sie von etwa zwei Drittel des Nachfragepotentials an Deckleistungen ausgeschlossen seien und ihnen ein finanzieller Nachteil entstünde.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und erstrebt die Zurückweisung der Berufung.
Ergänzend wird wegen des Parteivortrags in zweiter Instanz auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet.
Allerdings hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht einen Boykottaufruf im Sinne von § 21 GWB verneint. Zwar dürfte einiges dafür sprechen, die Unternehmenseigenschaft der Parteien zu bejahen. Denn auch Idealvereine wie der Beklagte können Unternehmen sein, soweit sie wirtschaftlich tätig sind und nicht nur die nicht wirtschaftlichen Anliegen ihrer Mitglieder verfolgen. Auch die Zuchttätigkeit kann als eine aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben gesehen werden, weil pro Deckakt ein Betrag von durchschnittlich 700 - 800 € erlöst wird und die Züchter Rüden regelmäßig und wiederholt zum Decken zur Verfügung stellen. Erst recht dürfte es sich beim Verkauf der Welpen um eine durchaus lukrative Einnahmequelle handeln, die über den rein privaten, hobbymäßigen Bereich in einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle hinausgeht. Insoweit ist auch der Beklagte als Vereinigung von Unternehmern anzusehen, die nicht nur individuelle Zwecke verfolgen.
An einem Boykottaufruf fehlt es indes, wenn an abhängige oder weisungsabhängige Unternehmen eine Anweisung erteilt wird, ein anderes Unternehmen zu sperren. Kein Boykott liegt deshalb vor, wenn die Aufforderung Teil einer unternehmens- oder konzerninternen Willensbildung ist (Bechtold, GWB, 4. Aufl., § 21 Rn. 3). Ähnlich liegt auch der vorliegende Fall. Der Beklagte hat nicht unabhängige Dritte aufgefordert, den Deckrüden der Kläger nicht einzusetzen, sondern gegenüber den Vereinsmitgliedern den Einsatz des Rüden mit der Begründung abgelehnt, er erfülle die nach der Zuchtordnung des Beklagten geforderten Voraussetzungen für eine Freistellung nicht. Damit handelt es sich um eine vereinsinterne Willensbildung, die die Voraussetzungen an einen Boykottaufruf nicht erfüllt.
Ein Anspruch der Kläger auf Zulassung des Rüden folgt indes aus § 826 BGB. Ein Verein ist bei der Festlegung der Zulassungsvoraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft zwar grundsätzlich frei. Selbst bei Erfüllung der Satzungsvoraussetzungen besteht wegen der Vereinsautonomie in der Regel keine Aufnahmepflicht. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise dann, wenn die Ablehnung zu einer im Verhältnis zu den bereits aufgenommenen Mitgliedern sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung und einer unbilligen Beeinträchtigung führt.
Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden. Die Kläger erstreben zwar nicht die Mitgliedschaft in dem beklagten Verein, begehren jedoch eine Zulassung ihres Zuchtrüden als Deckhund entsprechend den Satzungsmodalitäten des Beklagten, wie der Beklagte sie anderen Zuchtrüden in vergleichbarer Situation gewährt. Die Nichtzulassung des Zuchtrüden führt zweifelsfrei auch zu einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung der Kläger, da ihnen ein wesentlicher potentieller Nachfragemarkt verschlossen bleibt. Unstreitig gibt es neben dem beklagten Verein lediglich noch den X-Club (X), einen 1989 gegründeten Spezialverein für X als weiteren qualifizierten Zuchtverein in Deutschland. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Kläger durch das Verhalten des Beklagten von einem erheblichen Anteil des Nachfragepotentials ausgeschlossen werden. Das lässt sich feststellen, ohne dass es auf die genaue Zahl der aktiven Züchter unter den Mitgliedern des Beklagten ankommt, weil es andere Zuchtvereinigungen auf entsprechendem Niveau im Inland nicht gibt.
Die Kläger werden durch die Weigerung des Beklagten, ihren Deckrüden zuzulassen, gegenüber anderen Züchtern in sachlich nicht gerechtfertigter Weise ungleich behandelt.
§ 3 (6) der Zuchtordnung des Beklagten lautet:
Voraussetzungen für eine Zulassung zur Zucht für alle Rüden und Hündinnen
a) Der Nachweis eines bestandenen Wesenstestes nach schweizer Muster im alter von mindestens 9 Monaten (Wesenstestorden) ist Voraussetzung für eine Zuchtzulassung. Ein nicht bestandener Wesenstest kann nur durch einen bestandenen zweiten Wesenstest korrigiert werden. Dieser zweite Wesenstest wird von einem anerkannten Zuchtrichter und von einem Wesensrichter gemeinsam durchgeführt. Die Durchführung dieses zweiten Wesenstests ist in der Durchführungsverordnung für Wesenstests geregelt.
....
§ 5 (1) der Zuchtordnung lautet:
"Rüden aus anderen, dem VDH angeschlossenen Zuchtvereinen sollen wie DRC-Rüden behandelt werden. "
Unstreitig erfüllt der Rüde der Kläger alle Anforderungen des Beklagten an die Zulassung bis auf einen bei dem Beklagten bestandenen Wesenstest. Unstreitig hat er aber einen Wesenstest bei dem konkurrierenden X, dessen Mitglied der Kläger zu 1. ist, bestanden.
Damit sind die Anforderungen, die der Beklagte gegenüber Rüden aus anderen Zuchtvereinen satzungsgemäß und nach seiner Zuchtordnung stellt, erfüllt. Zwar lässt sich aus der Bestimmung der Zuchtordnung des Beklagten, nach der Rüden aus anderen dem VDH angeschlossenen Zuchtvereinen wie DRC-Rüden behandelt werden sollen, nicht ohne weiteres entnehmen, ob es für die Zulassung solcher Rüden ausreicht, wenn sie die - geringeren - Anforderungen eines anderen Zuchtvereins, nicht aber die strengeren Anforderungen des Beklagten an die eigenen Rüden erfüllt. Andererseits hätte die Notwendigkeit der Erfüllung alle Anforderungen der Zuchtordnung des Beklagten durch einen auswärtigen Rüden aber deutlicher in die Satzung aufgenommen werden müssen, weil das Gleichbehandlungspostulat andernfalls weitgehend leerlaufen würde. So besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Beklagte in keinem Fall von einem "auswärtigen Rüden" die Durchführung eines Wesenstests nach den Richtlinien der Satzung des Beklagten verlangt hat. Darüber hinaus ist unstreitig, dass von ausländischen Deckrüden nicht einmal der Nachweis eines Wesenstests verlangt wird.
Das spricht dafür, dass in anderen Fällen von dem Beklagten keineswegs an auswärtige Rüden die gleichen (höheren) Anforderungen für die Zuchtzulassung gestellt worden sind, wie bei "internen Rüden".
Der Beklagte hat denn letztlich nur darauf abgestellt, dass im vorliegenden Fall eine Ausnahme zu Lasten der Kläger nur deshalb gemacht werden müsse, weil der Rüde der Kläger bei dem Wesenstest des Beklagten "durchgefallen" sei. Ein nicht bestandener Wesenstest wiege insoweit schwerer als ein nach den Kriterien eines anderen Verbands bestandener Wesenstest oder ein überhaupt nicht absolvierter Wesenstest. Dass der Rüde den Wesenstest bei dem Beklagten nicht bestanden habe, könne er nicht durch die Nachholung des Wesenstests in einem anderen Verband, sondern nur durch die Wiederholung des Wesenstests nach den qualifizierten Voraussetzungen der Satzung des Beklagten wieder gutmachen.
Eine solche Auslegung der Satzung bzw. Zuchtordnung des Beklagten ergibt sich unter Berücksichtigung des Verständnisses des Adressatenhorizonts nicht. Lässt der Beklagte auswärtige Rüden als Deckrüden in sonstigen Fällen stets dann zu, wenn sie einen Wesenstest bei einem anderen dem VDH angeschlossenen Zuchtverein absolviert haben, so hätte die erschwerte Anforderung im Falle eines bei dem Beklagten nicht bestandenen Wesenstests ausdrücklich in der Zuchtordnung zum Ausdruck gebracht werden müssen. Nach allem spricht sowohl die tatsächliche Handhabung wie der Wortlaut der Zuchtordnung gegen die Einlassung des Beklagten. Es steht dem Beklagten selbstverständlich frei, an die Zulassung von Deckrüden entsprechend strengere Anforderungen zu stellen, dann müssen diese aber auch in der Zuchtordnung klar zum Ausdruck gebracht und gegenüber allen Nachfragern in gleicher Weise gehandhabt werden.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht gegeben. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hat nur anerkannte Rechtssätze auf den konkreten Fall angewandt.
Ende der Entscheidung
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