Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.05.2005
Aktenzeichen: 11 U 55/04 (Kart)
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 89 b
Zur grundsätzlichen Nichteinbeziehung des Kfz-Ersatzteilgeschäfts in den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB.
Gründe:

A.

Die Parteien streiten um einen Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 89 b HGB, den die Klägerin als Insolvenzverwalterin über das Vermögen eines ehemaligen ...-Vertragshändlers (i.F.: Schuldnerin) gegen die Beklagte, die ...l AG, geltend macht.

Die Schuldnerin war über mehrere Jahrzehnte als Vertragshändlerin der Beklagten tätig, zuletzt aufgrund des "Händlervertrags für Vertrieb und Service" vom 1.1.1997 sowie der dazu gehörenden Anlagen, insbesondere der "Zusatzbestimmungen für Vertrieb und Service". Aus Gründen, die unter den Parteien streitig sind, wurde dieser Vertrag von der Beklagten mit Wirkung zum 31.12.1999 gekündigt. Am 7.7.1999 schlossen die Beklagte und die Schuldnerin einen Aufhebungsvertrag, durch den unter anderem auch die Ausgleichsansprüche der Schuldnerin einvernehmlich geregelt wurden, allerdings mit Ausnahme der im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Ausgleichsansprüche der Schuldnerin aus dem Verkauf von ...-Teilen. In der Folgezeit verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin. Mit Beschluss vom 3.1. 2000 eröffnete das AG O1 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte die Klägerin zur Insolvenverwalterin.

Da sich die Parteien über Grund und Höhe eines Ausgleichsanspruchs aus dem Teileverkauf nicht verständigen konnten, hat die Klägerin beim Landgericht Frankfurt Klage erhoben, zu deren Begründung sie darauf verweist, dass die Schuldnerin während ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit für die Beklagte eine Vielzahl von Neukunden als Abnehmer von ...-Teilen geworben habe, darunter namentlich Autohäuser, Autowerkstätten und Tankstellen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 213.367,72 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 14.7.2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist im Wesentlichen damit begründet, dass ein Ausgleichsanspruch wegen des Verkaufs von Teilen nur dann in Betracht komme, wenn diese nicht lediglich im Rahmen des Werkstattbetriebs, sondern als gesonderter Vertragsgegenstand vertrieben würden. Dies sei hier nicht der Fall; das Teilgeschäft bilde nur ein "Anhängsel" zum Vertrieb der Neufahrzeuge, und zwar zur Unterstützung des Service für diese Fahrzeuge. Der Vertrag zwischen den Parteien erfasse den alleinigen Vertrieb von ...-Teilen an Werkstätten überhaupt nicht. Schließlich sei die Schuldnerin bezüglich des Teilevertriebs nicht hinreichend in die Vertriebsstruktur der Beklagten eingebunden gewesen. Die Schuldnerin sei zwar nach Ziff. 2.8.3 der "Zusatzbestimmungen" auch verpflichtet gewesen, die Kunden von ...-Teilen der Beklagten zu melden. Doch habe die Beklagte an diesen Daten - wie sie unwidersprochen vorgetragen habe - keinerlei wirtschaftliches Interesse. Die Schuldnerin habe auch unstreitig keine derartigen Meldungen abgegeben, die Beklagte habe sie nie angefordert.

Zur Begründung ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung trägt die Klägerin vor: Im Händlervertrag sei der Vertrieb von ...-Teilen dem Neuwagengeschäft gleichgestellt; jedenfalls sei nach § 305 c II BGB hiervon auszugehen. Dem Teilevertrieb komme nicht nur unterstützende Bedeutung zu; es liege vielmehr eine Wechselwirkung mit dem Neuwagengeschäft vor. Auch der Verkauf von Teilen lasse eine Kundenbindung entstehen. Die Schuldnerin habe erheblichen werblichen Aufwand getrieben, indem sie eine eigene Vertriebsstruktur für Teile und Zubehör geschaffen habe. Dem Teilegeschäft komme auch erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu; es mache im Allgemeinen etwa 50 % des Umsatzes eines Vertragshändlers aus. Die Schuldnerin sei auch hinsichtlich des Teilegeschäfts in die Vertriebsstruktur der Beklagten eingebunden gewesen. Sie habe sich nach Ziff. 1.1, 1.2, 1.3 der "Zusatzbestimmungen" an die Vorgaben der Beklagten halten müssen. Auch das Wettbewerbsverbot, das sich aus den Ziff. 2.1, 2.3 und 2.4 des Händlervertrags ergebe, stelle ein Indiz für diese Einbindung dar; sie sei auch in diesem Bereich nicht völlig frei gewesen. Zudem sei sie nach Ziff. 2.8.3.2 der "Zusatzbestimmungen" zur Übermittlung auch der Daten von Teile-Kunden verpflichtet gewesen; ob diese Regelung in der Praxis "gelebt" worden sei, sei unerheblich. Die Beklagte sei auch in der Lage gewesen, aus den von ihr geworbenen Kunden Vorteile zu ziehen; da es derzeit nur um den Anspruchsgrund gehe, sei insoweit eine beispielhafte Nennung der geworbenen Kunden ausreichend. Auch die zwischenzeitliche Insolvenz und die Einstellung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin stehe dem Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB nicht entgegen. Der Ausgleichsanspruch sei schließlich auch nicht darum nach § 89 b III Nr. 2 HGB ausgeschlossen, weil die Beklagte den Händlervertrag aus wichtigem Grund gekündigt habe; die Beklagte habe durch ihr Verhalten diese Kündigungsmöglichkeit bewusst provoziert.

Die Klägerin hat in ihrer Berufungsschrift zunächst angekündigt, zu beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Anspruch der Schuldnerin dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären und die Sache zur Verhandlung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurück zu verweisen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt sie,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.7.2004 - Az.: 3/13 O 73/03 - abzuändern und nach dem Zahlungsantrag erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält zunächst die Berufung mit den angekündigten Anträgen für unzulässig. Ferner vertritt sie die Auffassung, dem Geschäft mit den Ersatzteilen und dem Zubehör sei nur eine untergeordnete, unterstützende Bedeutung zuzumessen. Dies ergebe sich schon daraus, das die Einbeziehung des Ersatzteilgeschäfts in den Vertragshändlervertrag nach der VO/EG .../.. eine zwingende Voraussetzung für die Gruppenfreistellung gewesen sei; insoweit habe kein Spielraum für eine abweichende Vertragsgestaltung bestanden. Zudem habe der Händlervertrag lediglich eine Verpflichtung der Schuldnerin zum Verkauf von ...-Teilen im eigenen Werkstattgeschäft vorgesehen, nicht aber eine Verpflichtung zum Ersatzteilhandel im großen Stil; der Händlervertrag stelle insoweit nur auf den Werkstattkunden, nicht auf den reinen Ersatzteilkunden ab. Eine Bestätigung finde dies in Ziff. 2.4.4.1 der "Zusatzbestimmungen", wonach der Vertragshändler "selbst" eine Service- und Ersatzteilorganisation zu unterhalten habe. Des weiteren stelle der Handel mit den Ersatzteilen auch darum keine werbliche Leistung der Schuldnerin dar, weil sich diese "von selbst" verkauften. Zwischen dem Kfz-Handel und dem Handel mit Gabelstaplern, für den der BGH das Ersatzteilgeschäft als (möglicherweise) ausgleichspflichtig angesehen habe, bestünden wegen der Langlebigkeit der Gabelstapler grundlegende Unterschiede.

Im Übrigen lägen aus verschiedenen Gründen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB nicht vor. Die Schuldnerin sei bezüglich der Ersatzteile nicht in die Absatzorganisation der Beklagten einbezogen gewesen. Ein bedeutsames Indiz hierfür bilde der Umstand, dass die Schuldnerin insoweit einem Wettbewerbsverbot nicht unterlegen habe; entsprechend den Vorgaben der VO/EG 1475/95 sei ihre Stellung hier viel freier gewesen als im Neuwagengeschäft. Die bloße Vertriebsförderungspflicht, wie sie im Händlervertrag auch für die ...-Teile vorgesehen sei, reiche insoweit nicht aus; weitere Kriterien für eine Einbindung der Schuldnerin lägen nicht vor. Die Verpflichtung der Schuldnerin zur Übermittlung von Daten über Ersatzteilkunden habe lediglich auf dem Papier gestanden, sei aber nicht "gelebt" worden, Daten von Ersatzteilkunden seien der Beklagten nie übermittelt worden. Die Beklagte habe durch die Akquisition von gewerblichen Ersatzteilkunden durch die Schuldnerin keine Vorteile erlangt, da diese Teile ohnehin benötigt würden; insoweit sei auch von Bedeutung, dass 80-95 % der von den Vertragshändlern bezogenen Ersatzteile originale ...-Teile seien. Ein Ausgleichsanspruch scheitere schließlich auch daran, dass die bevorstehende Insolvenz der Schuldnerin bei der Beendigung des Händlervertrags schon absehbar gewesen sei.

B.

I) Die Berufung ist zulässig.

1) Der Senat hat allerdings Zweifel, ob die Berufung bei buchstäblichem Sinn des mit der Berufungsschrift formulierten Antrags, "den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären", zulässig wäre. Danach wird unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils der Erlass eines Grundurteils nach § 304 ZPO durch den Senat begehrt. Ein solcher Antrag ist kein zulässiger Sachantrag, mit dem der Berufungsführer den Prüfungs- und Entscheidungsumfang des Berufungsgerichts im Sinn von § 528 S. 1 ZPO umgrenzt. Da der Erlass eines Grundurteils in § 304 ZPO im Ermessen des Gerichts steht, handelt es sich bei dem "Antrag", ein solches Grundurteil zu erlassen, vielmehr um einen bloßen Prozessantrag (BGH NJW-RR, 2003, 68), der die Bindungswirkung nach den §§ 308 Abs. 1, 528 ZPO nicht auszulösen vermag (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 308 Rz. 5). Danach ist die Berufung nur zulässig, wenn sich im Wege der Auslegung oder Umdeutung dieses Antrags unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung ein zulässiger Sachantrag ermitteln lässt.

2) Eine Auslegung des Berufungsbegehrens als Antrag, die Ausgleichspflicht der Beklagten gemäß § 89 b HGB festzustellen, oder eine entsprechende Umdeutung kommt dabei schon darum nicht in Betracht, weil auch ein solcher Feststellungsantrag unzulässig wäre. Denn die Klägerin hat im ersten Rechtszug einen bezifferten Leistungsantrag gestellt und damit gezeigt, dass sie ihr Begehren beziffern kann; dann aber fehlt es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse (s. auch dazu BGH, a.a.O.). Auch gegenüber einer Auslegung als oder einer Umdeutung in eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO bestehen Bedenken, weil eine solche Klage voraussetzt, dass neben dem Antrag auf Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses noch ein weiterer (Sach-)Antrag gestellt ist, über den nach der Erledigung des Zwischenstreits befunden werden kann. Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass ihre Berufungsschrift nicht dahin zu verstehen ist, dass ein (Zwischen-)Feststellungsantrag gestellt werden soll.

3) Bei vernünftiger Auslegung kann das in der Berufungsschrift zum Ausdruck gebrachte Begehren aber nur dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin ihr Zahlungsbegehren in der Berufungsinstanz weiter verfolgt, zugleich aber den Erlass eines Grundurteils durch den Senat im Wege eines Prozessantrags anregen will. Denn die Klägerin kann das in der Berufungsbegründung formulierte Ziel, dass der Senat zunächst (in ihrem Sinn) über den Grund des Anspruchs entscheidet und sodann von der durch § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, die Sache an das Landgericht zurück zu verweisen, nur durch eine umfassende Anfechtung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Darum ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Berufungsschrift eine solche umfassende Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils anstrebt. Hierfür spricht auch die einleitende Bemerkung in der Berufungsbegründung, wonach sie den - ihrer Ansicht nach - vom Landgericht zu Unrecht abgewiesenen Klageantrag, nämlich den Antrag auf Zahlung von 213.367,72 €, weiter verfolge. Schließlich hat die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass ihr Antrag in diesem Sinn zu verstehen ist.

II) Die - bei diesem Verständnis zulässige - Berufung ist aber nicht begründet. Der geltend gemachte Ausgleichsanspruch steht der Klägerin - wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat - schon dem Grunde nach nicht zu.

Der Sinn des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB besteht darin, für die Schaffung und Überlassung des Kundenstamms eine Gegenleistung zu gewähren. Eine analoge Anwendung des § 89 b HGB setzt daher neben einer Einbindung des Vertragshändlers in die Absatzorganisation des Herstellers voraus, dass der Vertragshändler nach den getroffenen Abmachungen verpflichtet ist, dem Hersteller bei Vertragsende seinen Kundenstamm zu übertragen, und zwar derart, dass der Hersteller sich die Vorteile des Kundenstamms ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH NJW-RR 2003, 894, 895 - st. Rspr.). Voraussetzung ist danach zunächst einmal stets, dass dem Hersteller aus der Übertragung des Kundenstamms erhebliche "Vorteile" i.S.v. § 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB erwachsen können. Derartige Vorteile sind im vorliegenden Fall weder ersichtlich noch von der Berufung vorgetragen.

1) Dass im Neuwagengeschäft dem Hersteller bei Beendigung eines Vertragshändlervertrags durch die Übertragung des Kundenstamms "Vorteile" iSv § 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB entstehen können, ist evident: Vom Händler durch seine Leistung angeworbene Stammkunden werden viel eher zum Kauf eines Neufahrzeugs ihrer "Stamm-Marke" bereit sein als solche potentiellen Neuwagenkäufer, die keiner Bindung an eine bestimmte Marke unterliegen und sich darum allein an der Attraktivität der jeweiligen Fahrzeuge der verschiedenen Marken orientieren werden. Eine vergleichbare Situation besteht aber im Teilegeschäft nicht. ...-Teile oder ...-Zubehör wird regelmäßig nur von ...-Fahrern oder -eignern sowie von solchen Werkstattbetrieben bzw. Tankstellen benötigt, die ...-Fahrzeuge warten oder in Stand setzen. Dieser Personenkreis aber hat, wenn er Ersatzteile benötigt oder Zubehör erwerben will, im Gegensatz zu potenziellen Neuwagenkäufern im Regelfall gerade nicht die freie Wahl zwischen einem Produkt aus dem Hause der Beklagten und einem Erzeugnis der Konkurrenz: Braucht eine Werkstatt oder ein Eigentümer eines ...-Fahrzeugs einen Ersatzmotor, ein Ersatzgetriebe (oder Teile hiervon), bestimmte Karosserieteile oder Ersatzteile für den Innenraum des Fahrzeugs, so wird ihm meist keine andere Wahl bleiben, als auf Teile der Beklagten zurückzugreifen, weil nur diese Teile in das zu reparierende Fahrzeug passen. In diesen Fällen wird also auf jeden Fall ein von der Beklagten hergestellte Teil benötigt und verkauft, ein Ausweichen auf die Produkte anderer Hersteller kommt nicht in Betracht. Soweit dies aber der Fall ist, spielt es für die Zahl der verkauften ...-Teile keine Rolle, ob sie über einen von der Schuldnerin geworbenen Kreis von Werkstätten oder auf anderen Wegen abgesetzt werden; werbliche Leistungen der Schuldnerin gerade für den Einbau von ...-Teilen sind hier nicht denkbar (zu diesem Punkt als dem maßgeblichen Kriterium s. BGH NJW-RR 1988, 42, 44). Verkauft werden die Teile vielmehr in jedem Fall, sie verkaufen sich - wie die Beklagte es treffend formuliert hat - wegen des vorhandenen Bedarfs "von selbst".

Denkbar erscheint insoweit allein, dass von der Schuldnerin angeworbene Werkstätten, Tankstellen etc. sich im Zuge dieser Anwerbung eine Grundausstattung an ...-Teilen angeschafft haben, die sie zuvor nicht hatten und die sie auch ohne die Anwerbung durch die Schuldnerin nicht gekauft hätten. Doch verhilft auch dieser Aspekt der Berufung nicht zum Erfolg, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen trägt die Berufung nichts dazu vor, dass und inwieweit es im Falle von Anwerbungen zur Anschaffung einer solchen Grundausstattung gekommen ist. Hinzu kommt, dass solche Anschaffungen, falls sie getätigt worden sind, jedenfalls in der Vergangenheit abgewickelt worden sind, so dass die Schuldnerin an ihnen partizipiert hat und der Beklagten insoweit für den Zeitraum nach Vertragsbeendigung keine Vorteile mehr zugeflossen sind oder noch zufließen werden, die auf Leistungen der Schuldnerin beruhen und darum Anlass für einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB geben können.

2) Anders kann die Rechtslage allenfalls für die Bereiche zu beurteilen sein, in denen von Herstellern bestimmten Zubehörs sog. Identteile angeboten werden, also solche Teile, die zur Substitution von ...-Teilen geeignet sind. Solche Identteile gibt es nach dem Vorbringen der Parteien wohl am ehesten im Bereich der Fahrzeugelektrik. Zu denken ist etwa an Hersteller wie "A" oder "B" und an Produkte wie Lampen, Sicherungen, Stoßdämpfer, Batterien und Ähnliches. Für diesen Bereich erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein von einem Vertragshändler aufgebautes und auf Teile der Beklagten "eingeschworenes" Netz von Werkstätten den Kunden in stärkerem Maß zu Original-Teilen der Beklagten rät und so deren Absatz auf Kosten der Hersteller von Identteilen fördert. Doch vermag diese bloße Möglichkeit der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn die Berufung trägt nichts dazu vor, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang die von der Schuldnerin mit Teilen belieferten Werkstätten in den Bereichen, in denen Identteile zur Verfügung stehen, gleichwohl auf Teile der Beklagten zurückgreifen. Sie trägt nicht einmal vor, dass sie die mit ihr in geschäftlicher Verbindung stehenden Werkstätten in diesem Sinn beeinflusst hat. Sie trägt ferner nichts dazu vor, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang und in welchen Bereichen überhaupt Identteile einsetzbar sind und ein solches Geschäftsgebaren der mit ihr verbundenen Werkstätten deshalb der Beklagten "Vorteile" iSv § 89 b HGB bringen könnte; insoweit erscheint angesichts des Vortrags der Beklagten, dass es sich bei den von Vertragshändlern bezogenen Ersatzteilen zu 80 bis 95 % um Original-Teile des Herstellers handelt, besondere Zurückhaltung angezeigt.

3) Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die mit der Schuldnerin verbundenen und von ihr angeworbenen Werkstätten den Kunden einen überlegenen Service böten und auf diese Weise eine künftige Kaufentscheidung dieser Kunden im Sinne der Beklagten beeinflussen könnten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Service der mit der Schuldnerin verbundene Werkstätten den Leistungen anderer Betriebe überlegen ist und dass diese Überlegenheit auf der geschäftlichen Beziehung zur Schuldnerin beruht.

4) Die grundsätzliche Nichteinbeziehung des Ersatzteilgeschäfts in den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB analog entspricht überdies auch der höchstrichterlichen Rspr. (so explizit BGH NJW-RR 1988, 42, 44). Aus der sog. Gabelstapler-Entscheidung des BGH (NJW-RR 1991, 1050, 1052) ergibt sich nichts anderes. Auch nach dieser Entscheidung setzt ein auf das Ersatzteilgeschäft bezogener Ausgleichsanspruch voraus, dass es sich bei den Ersatzteilkunden um einen "geworbenen", also auf die werblichen Bemühungen des Vertragshändlers zurückzuführenden Kundenstamm handelt (so explizit BGH aaO 1052). Gerade dieser Zusammenhang zwischen den werblichen Bemühungen der Schuldnerin und einem gesteigerten Absatz von Ersatzteilen ist indes im vorliegenden Fall nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück