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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: 11 U 61/08 (Kart)
Rechtsgebiete: GWB, HGB


Vorschriften:

GWB § 1
HGB § 112
HGB § 165
1. Das einem Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag auferlegte Wettbewerbsverbot, ist kartellrechtlich grundsätzlich nur zulässig, wenn der Gesellschafter die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei dem Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, der in der KG und der GmbH über einen Stimmenanteil von jeweils nur 1/3 verfügt, regelmäßig nicht der Fall.

2. Ist dem Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, der über einen Stimmenanteil von jeweils 1/3 in der KG und der GmbH verfügt, von einem anderen Kommanditisten, der über die gleichen Stimmenanteile verfügt, eine widerrufliche rechtsgeschäftliche Vollmacht für die Ausübung der Stimmrechte erteilt worden, so ergibt sich daraus keine beherrschende Stellung, die ein gesetzliches Wettbewerbsverbot analog § 112 HGB rechtfertigen würde.


Gründe:

I.

Die mittlerweile verstorbenen A, Stadt1, B, Stadt2, C, Stadt3 (im Folgenden bezeichnet als die Stämme A, B, C) und die D Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Stadt1, schlossen den Kommandit-Gesellschaftsvertrag vom 2.3.1959/5.3.1959 über die Errichtung der E GmbH & Co. KG (nachfolgend KG-Vertrag, Anlage AS 1 - Anlagenband). Diese Gesellschaft ist auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs und der Verwertung von Musikalien, Büchern, Zeitschriften und sonstigen Erzeugnissen des Musikalien- und Buchhandels, des Erwerbs von Urheber- und Verlagsrechten und des Erwerbs von und der Beteiligung an Unternehmen, welche die erwähnten Betätigungen zum Gegenstand haben, tätig.

§ 17 des KG-Vertrages bestimmt:

" Die geschäftsführende, persönlich haftende Gesellschafterin und der Kommanditist, Herr A, verpflichten sich, ohne Zustimmung der beiden anderen Kommanditisten während ihrer Zugehörigkeit zu der Gesellschaft kein Konkurrenzgeschäft zu betreiben oder sich an einem solchen in irgendeiner Form zu beteiligen.

Für die Kommanditisten B und C gilt dieses Wettbewerbsverbot nur innerhalb Deutschlands und Österreichs".

Nach § 21 Satz 2 des KG-Vertrages sind die Bestimmungen des Vertrags auch für die Rechtsnachfolger der Vertragsschließenden verbindlich.

A, B und C schlossen unter dem 2.3.1959/4.3.1959 einen Gebiets-Hauptvertrag (Bl. 37-42 d.A.). Das Bundeskartellamt hatte im Hinblick darauf einen Vorgang eingeleitet, den es mit Schreiben vom 19.9.1975 (Bl. 45 d.A.) abgeschlossen hat, nachdem den Stadt3 und Stadt2 Verlagen Direktlieferungen auch in die nach dem Gebiets-Hauptvertrag der E GmbH & Co. KG vorbehaltenen Länder freigestellt worden war.

Für den Stamm A sind in die Kommanditistenrolle 1 A (Verfügungsklägerin), 2 A und 3 A eingerückt. Für den Stamm B sind 1 und 2 B und für den Stamm C ist die 1 C (Verfügungsbeklagte) in die Kommanditistenstellung eingetreten. Die Kommanditanteile halten die drei Stämme zu jeweils ein Drittel. An der persönlich haftenden und geschäftsführenden Komplementärin, der D GmbH, halten die drei Stämme die Geschäftsanteile ebenfalls zu jeweils ein Drittel.

Unter dem 19.6.2007 bevollmächtigten 1 und 2 B die Verfügungsbeklagte, sie bei der Ausübung aller Rechte als Gesellschafter der D GmbH und als Kommanditisten der E GmbH & Co. KG zu vertreten, insbesondere betreffend die Ausübung von Stimmrechten bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen (Anlage AS 20 - Anlagenband).

Das 100%-tige Tochterunternehmen der Verfügungsbeklagten, die F Ltd. mit Sitz in Stadt3, vertreten durch den Geschäftsführer G, gründete am 2.5.2008 das 100%-tige Tochterunternehmen H GmbH mit Sitz in Stadt4, dessen Geschäftsführer ebenfalls G ist. Gegenstand dieses Unternehmens ist das Herausbringen von Verlagsprodukten unter der Bezeichnung "H GmbH" sowie alle sonstigen Tätigkeiten eines Musikverlags. Die offizielle Eröffnung der H GmbH war für den 18.9.2008 in der ...-Straße ... in Stadt4 geplant gewesen.

Auf Antrag der Verfügungsklägerin wurde der Verfügungsbeklagten durch Beschluss - einstweilige Verfügung - vom 2.7.2008 (Landgericht Frankfurt am Main 3/4 0 80/08) - bei Ordnungsmittelandrohung untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland außerhalb ihrer Beteiligung an der Firma E GmbH & Co. KG auf dem Gebiet der Herstellung von Musikalien, Büchern, Zeitschriften und sonstigen Erzeugnissen des Musikalien- und Buchhandels, des Erwerbs von Urheber- und Verlagsrechten, des Erwerbs von und der Beteiligung an Unternehmen, welche die erwähnten Betätigungen zum Gegenstand haben, des Vertriebs und der Verwertung aller genannten Erzeugnisse mittelbar oder unmittelbar - insbesondere durch die unter Zwischenschaltung der Firma F Limited, Stadt3, mehrheitlich gehaltene H GmbH, Stadt4, tätig zu werden.

Die Verfügungsbeklagte hat gegen diesen Beschluss Widerspruch eingelegt und beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 2.7.2008 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vom 26.6.2008 auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2.7.2008 - 3/4 0 80/08 - zu bestätigen.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt, Direktlieferungen durch die F Ltd. und durch den Stadt2 Verlag nach Deutschland seien von dem Unterlassungstenor der einstweiligen Verfügung nicht erfasst.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 22.08.2008 bestätigt. Ein Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin ergebe sich aus den §§ 17, 21 Satz 2 KG-Vertrag. Ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot sei auch zu Lasten eines Gesellschafters zulässig, der die Gesellschaft nicht beherrscht. Es sei erst dann wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot unzulässig, wenn der Kommanditist nur rein kapitalmäßig beteiligt sei. Die Erklärungen im Zusammenhang mit dem Gebiets-Hauptvertrag hätten keine Auswirkungen auf § 17 des KG-Vertrages gehabt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 192-202 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Verfügungsbeklagte mit der Berufung. Sie meint, das vertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, jedenfalls aufgehoben worden, zumindest aber sei die Geschäftsgrundlage weggefallen. Es bestehe auch kein gesetzliches Wettbewerbsverbot.

Das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoße gegen das Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen zwischen Unternehmen (Art. 81 EGV, § 1 GWB).

Im Zusammenhang mit den Verfahren bei dem Bundeskartellamt und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften wegen unzulässiger Gebietsabsprachen habe die E GmbH gegenüber beiden Wettbewerbsbehörden erklärt, auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes zu verzichten und das Tätigwerden der Stadt3 und Stadt2 E/F-Gesellschaften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu gestatten. Die Gesellschafter hätten das Wettbewerbsverbot nicht mehr praktiziert. Sie hätten den Gesellschaftsvertrag stillschweigend dahin geändert, dass § 17 keine Anwendung finde.

Ein Kommanditist könne ausnahmsweise dann dem gesetzlichen Wettbewerbsverbot der §§ 112, 113 HGB unterliegen, wenn er eine beherrschende Stellung innehabe. Diese Voraussetzungen erfülle sie - die Verfügungsbeklagte - nicht. Sie verfüge weder über die Kapital- noch über die Stimmrechtsmehrheit. Die Stimmen von 1 und 2 B könnten ihr nicht zugerechnet werden, weil die Vollmacht jederzeit widerrufbar sei und sie für alle wesentlichen Entscheidungen die Zustimmung der Vollmachtgeber einholen müssten. Sie könne de facto nicht die Geschicke der Gesellschaft bestimmen. Bei wichtigen Entscheidungen, die die Beziehungen zur Stadt3 F Ltd. beträfen, unterliege sie nach § 47 Abs. 4 GmbHG dem Stimmverbot. Soweit die Antragstellerin zur Begründung ihres angeblich beherrschenden Einflusses auf die Vorgänge und Beschlussfassungen im Zusammenhang mit der Abberufung des früheren Geschäftsführers I, die Versuche zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, den Zeitpunkt seiner Freistellung und der Bestimmung eines Versammlungsleiters abstelle, seien diese Umstände nicht geeignet, ihren - der Verfügungsbeklagten - beherrschenden Einfluss zu belegen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Franfurt am Main vom 22.8.2008 die einstweilige Verfügung der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2.7.2008 aufzuheben und den Antrag der Verfügungsklägerin vom 26.6.2008 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Ihr - der Verfügungsklägerin - stehe über das vertraglich verankerte Wettbewerbsverbot hinaus auch der gesetzliche Unterlassungsanspruch aus den §§ 112, 113 HGB zu. Dies gelte entgegen § 165 HGB auch für die Verfügungsbeklagte als Kommanditistin, da diese maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ausübe. Als Folge der Bevollmächtigung durch 1 und 2 B besitze die Verfügungsbeklagte praktisch eine Zweidrittelmehrheit in den Gesellschafterversammlungen der E GmbH & Co. KG und der D GmbH. Diese Stellung habe die Verfügungsbeklagte in der Vergangenheit wiederholt ausgenutzt, um massiv Einfluss auf die Geschäftsführung der E GmbH & Co. KG zu nehmen, so im Zusammenhang mit der Abberufung des Geschäftsführers, dem Zeitpunkt der Freistellung des Geschäftsführers, den Bemühungen bei der Suche nach einem neuen Geschäftsführer. Hilfsweise habe die Verfügungsbeklagte ihre Beteiligung an der H GmbH, vermittelt durch die F Ltd., aufzugeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte weder einen vertraglichen noch einen gesetzlichen Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs und der Verwertung von Musikalien, Büchern, Zeitschriften und sonstigen Erzeugnissen des Musikalien- und Buchhandels, des Erwerbs von Urheber- und Verlagsrechten, des Erwerbs von und der Beteiligung an Unternehmen, welche die erwähnten Betätigungen zum Gegenstand haben.

1. Das vertragliche Wettbewerbsverbot in § 17 KG-Vertrag verstößt gegen § 1 GWB.

Zwar sind sämtliche das Wettbewerbsverbot betreffenden Bestimmungen des HGB dispositiv, so dass es grundsätzlich zulässig ist, abweichend von § 165 HGB alle oder einzelne Kommanditisten gesellschaftsvertraglich einem Wettbewerbsverbot zu unterwerfen.

Gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbote stehen jedoch grundsätzlich im Widerspruch zu dem Kartellverbot des § 1 GWB. Gemäß § 1 GWB sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten.

Die Unternehmenseigenschaft von Kommanditisten ist beim Abschluss eines vertraglichen Wettbewerbsverbots zu bejahen, da das Verbot gerade für den Fall vereinbart wird, dass der Kommanditist sich außerhalb der KG unternehmerisch betätigen möchte (vgl. etwa Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: GWB, 4. Auflage 2007, § 1 Rn 54).

Das Wettbewerbsverbot in § 17 KG-Vertrag ist nicht von der Anwendung des § 1 GWB ausgenommen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es als Nebenstimmung eines im Übrigen kartellrechtsneutralen Vertrages erforderlich wäre, um den Vertragszweck zu erreichen und zu gewährleisten. In diesem Fall könnte das Wettbewerbsverbot als eine bloß vertragsimmanente und im Hinblick auf die Funktion und Ziele des Kartellrechts unbedenkliche Folge des kartellrechtsneutralen Vertrages angesehen werden (vgl. etwa BGH, NJW 1994, 384 m.w.N.).

Wettbewerbsbeschränkende Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen sind kartellrechtlich nur zulässig, wenn und soweit sie notwendig sind, um das im Übrigen kartellrechtsneutrale Gesellschaftsunternehmen in seinem Bestand und seiner Funktionsfähigkeit zu erhalten. Dabei rechtfertigt sich ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Konkurrenzverbot nicht bereits aus dem Bestreben, das Unternehmen vor dem freien Wettbewerb zu schützen, dem es sich wie jedes andere stellen muss. Das Wettbewerbsverbot darf - um kartellrechtlich unbedenklich zu sein - vielmehr nur Vorsorge für den Fall treffen, dass ein Gesellschafter das Unternehmen von innen her aushöhlt oder gar zerstört und damit einen leistungsfähigen Wettbewerber zugunsten seiner eigenen Konkurrenztätigkeit ausschaltet.

Danach darf nur demjenigen Gesellschafter ein Wettbewerbsverbot auferlegt werden, der die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen kann. Lediglich bei ihm besteht nämlich in aller Regel die Gefahr einer inneren Aushöhlung des Unternehmens zugunsten der eigenen Konkurrenztätigkeit. Bei einem maßgebenden Einfluss auf die Geschäftsführung ist zu befürchten, dass der Geschäftsführer seine Pflicht vernachlässigt, in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, alleine deren Wohl und nicht den eigenen Nutzen im Auge zu haben (vgl. BGHZ 104, 246 - neuform-Artikel m.w.N.).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen überschreitet die Wettbewerbsklausel, soweit sie der Verfügungsbeklagten während der Dauer ihrer Mitgliedschaft in der Gesellschaft eine Konkurrenztätigkeit in Deutschland verbietet, das zulässige Maß. Die Antragsgegnerin ist mit einem Geschäftsanteil von 1/3 bloße Minderheitsgesellschafterin ohne einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung.

Sie verfügt auch nicht über gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sonderrechte (etwa zur Berufung des Geschäftsführers), die ihr einen maßgeblichen und (allein ) bestimmenden Einfluss auf die Geschäfte der Antragstellerin verschaffen (vgl. BGH, WuW/E BGH 2505, 2508 - neuform-Artikel m.w.N.). Die Bestellung von Geschäftsführern der Komplementär-GmbH bedarf nämlich gemäß § 5 Abs. 1 der GmbH-Satzung (Anlage AS 22 - Anlagenband) der Einstimmigkeit. Auch ein Zugang zu den Informationen des Geschäftsführungsbereichs ist den Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag nicht eingeräumt.

Der Umstand, dass die Verfügungsbeklagte aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht derzeit über eine 2/3 Mehrheit in der Gesellschafterversammlung von KG und GmbH verfügt, entfaltet für die Beurteilung des vertraglichen Wettbewerbsverbots keine Bedeutung. Diese Vollmacht bestand nämlich noch nicht, als das Wettbewerbsverbot des § 17 KG-Vertrag vereinbart wurde.

Das vertragliche Wettbewerbsverbot kann auch nicht als ein für die Gründung der E GmbH & Co. KG notwendiges Wettbewerbsverbot eingestuft werden. Wettbewerbsverbote können zwar grundsätzlich unmittelbar mit der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmen verbunden und dafür notwendig sein, sofern sie den Wettbewerb im Verhältnis zwischen Gemeinschaftsunternehmen und Muttergesellschaften beschränken (vgl. Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, Amtsblatt der Europäischen Union, 2005/C 56/03, Rdnr. 36 - Anlage AG 6 - GA 255/256). Für Wettbewerbsverbote zwischen einem Gemeinschaftsunternehmen und einer nicht kontrollierenden Muttergesellschaft gilt dies jedoch nicht (OLG Düsseldorf, Urteil v. 15.08.2007, VI-U (Kart) 11/07, WuW/E DE-R 2166-2171 - Anlage AG 6 - GA 248 ff.; Bekanntmachung, wie vor, Rdnr. 40). Hier verfügt die Verfügungsbeklagte ebenso wie die übrigen Gesellschafter nur über einen Gesellschafteranteil von 1/3. Sie ist mithin nicht Mehrheitsgesellschafterin. Der Gesellschaftervertrag gewährt auch keinem der Gesellschafter das alleinige Recht, Entscheidungen zu treffen, die die Grundlagen der Gesellschaft oder das operative Geschäft betreffen.

§ 1 GWB enthält - ebenso wie Art. 81 EGV - als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal das Erfordernis der Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung. Diese Voraussetzung ist hier schon deswegen zu bejahen, weil das Wettbewerbsverbot des § 17 des KG-Vertrages darauf gerichtet ist, die Verfügungsbeklagte im Einklang mit dem Gebiets-Hauptvertrag u.a. vollständig vom deutschen Markt auszuschließen. Direktlieferungen wurden der Verfügungsbeklagten erst längere Zeit nach Vereinbarung des Wettbewerbsverbots freigestellt, nachdem das BKartA Veranlassung gesehen hatte, gegen die Wettbewerbsbeschränkung im Gebiets-Hauptvertrag vorzugehen. Ob das vertragliche Wettbewerbsverbot auch geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten spürbar zu beeinträchtigen, ist für die Anwendung des § 1 GWB nicht maßgeblich.

Nach alledem ist das in § 17 des KG-Vertrages vereinbarte Konkurrenzverbot wegen Verstoßes gegen § 1 GWB gemäß § 134 BGB nichtig.

2. Ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch aus § 112 HGB analog besteht ebenfalls nicht.

Das Wettbewerbsverbot des § 112 HGB, das dem Wortlaut nach nur den persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft trifft (§§ 161, 165, 112 HGB), kann zwar in bestimmten Fallgestaltungen, insbesondere dann, wenn ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung besteht, auch auf den Kommanditisten zu beziehen sein. Bestimmt er im Innenverhältnis ausschlaggebend die Geschicke der Gesellschaft, so trifft auch ihn eine erhöhte Treuepflicht und demgemäß ein Wettbewerbsverbot. Dies gilt insbesondere auch für den die Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsgesellschafter oder eine die Gesellschaft beherrschende Gruppe (vgl. BGH, Urteil v. 05.12.1983, II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 zitiert nach Juris Rn. 17).

Der BGH hat diese Voraussetzungen als gegeben angesehen bei einer Kommanditistin, die mit 80 % sowohl an der Komplementär-GmbH als auch am Kommanditkapital beteiligt war. Sie habe die Macht, die Einsetzung der ihr genehmen Geschäftsführer zu erreichen und darüber hinaus - aufgrund des der Gesellschaftergesamtheit zustehenden Weisungsrechts - unmittelbar ihren Willen in Bezug auf die Geschäftsführung durchzusetzen. Ihre Befugnisse und Einflussmöglichkeiten seien dadurch gesichert und verstärkt, dass sie auch in der Kommanditgesellschaft selbst, der Trägerin des Unternehmens, über eine hohe Kapitalmehrheit verfügt.

Soweit die Verfügungsklägerin meint, die Verfügungsbeklagte und der Kommanditistenstamm B seien hier als eine die Gesellschaft beherrschende Gruppe in diesem Sinn einzustufen, kann ihr nicht gefolgt werden. Zwar verfügen beide zusammen über einen Stimmenanteil von insgesamt 2/3 in der KG und der GmbH und können den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zwar nicht allein bestellen, jedoch durch Beschluss zu bestimmtem Handeln anweisen.

Die Verfügungsbeklagte, der hier ein Wettbewerb untersagt werden soll, hat eine starke Stellung innerhalb der Gesellschaft aber nur im jetzigen Zeitpunkt aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht. Diese kann jederzeit widerrufen werden (§ 168 S. 2 BGB). Aus der Vollmachtsurkunde selbst ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Widerrufsrechts. Die Verfügungsbeklagte hat zwar mit Schriftsatz vom 12.2.2009 vorgetragen, die zeitlich unbegrenzt erteilte Vollmacht könne nach Ablauf des Jahres 2009 von beiden Seiten gekündigt werden. Ein wirksamer vertraglicher Ausschluss des Widerrufsrechts bis zum Ablauf des Jahres 2009, mit der Folge, dass ein Widerruf der Vollmacht vor Ende des Jahres 2009 nur aus wichtigem Grund zulässig wäre, ergibt sich aus diesem Vortrag jedoch nicht. Die Verfügungsbeklagte hat nämlich unwidersprochen vorgetragen, dass die Vollmacht im ganz überwiegenden Interesse der in Stadt2 lebenden Vollmachtgeber 1 und 2 B erteilt worden ist. Dient aber die Bevollmächtigung nach dem ihr zu Grunde liegenden Auftragsverhältnis ausschließlich dem Interesse des Vollmachtgebers, so kann sie nicht unter Ausschluss des Widerrufsrechts erteilt werden (Schramm in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 168 Rn. 21 m.w.N.).

Die Stellung innerhalb der Gesellschaft, welche die Verfügungsbeklagte aufgrund der widerruflichen Vollmacht erlangt hat, kann nicht einer (gesellschafts-) vertraglich verankerten beherrschenden Stellung gleichgesetzt werden. Die Verfügungsbeklagte und der Kommanditistenstamm B können folglich nicht als eine die Gesellschaft beherrschende Gruppe angesehen werden, bei der aufgrund von im Innenverhältnis bestehenden (gesellschafts ) vertraglichen Regelungen, etwa aufgrund eines Stimmbindungsvertrages, ein gleichgerichtetes Verhalten festgelegt ist. Anderenfalls könnte auch Kommanditisten mit jeweils einem Geschäftsanteil von nur 10 %, die zusammen über die Anteilsmehrheit verfügen und bei Abstimmungen jeweils gleichgerichtet handeln, ein Wettbewerb untersagt werden.

Neues tatsächliches Vorbringen in den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen der Verfügungsklägerin vom 10.3.2009 und 11.3.2009 sowie der Verfügungsbeklagten vom 9.3.2009, die keine Veranlassung für eine Wiedereröffnung der verfahrensfehlerfrei geschlossenen mündlichen Verhandlung bieten, bleibt unberücksichtigt (§§ 525, 296a, 156 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil das Urteil kraft Gesetzes (§ 542 Abs. 2 ZPO) nicht revisibel ist.

Ende der Entscheidung

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