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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 11 Verg 8/08
Rechtsgebiete: VOB/A


Vorschriften:

VOB/A § 21 Abs. 1
VOB/A § 21 Abs. 2
VOB/A § 21 Abs. 3
VOB/A § 23 Nr. 1
VOB/A § 24
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1
Auch wenn im offenen Verfahren nur ein einziges Angebot abgegeben wird, hat der Bieter grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Vergabestelle über sein an sich wegen Unvollständigkeit auszuschließendes Angebot nachverhandelt.
Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin gab im November 2007 die Vergabe eines Auftrags zur Renovierung sowie zum teilweisen Neu- und Umbau des Gesellschaftshauses im ... in X im offenen Verfahren europaweit bekannt.

Die antragstellende Bietergemeinschaft gab als einzige Bieterin ein Angebot ab. Als ihr Vertreter wird auf Seite 2 des Angebots der Handlungsbevollmächtigte A benannt, der auch das Leistungsverzeichnis unterzeichnet hat. Mit dem Angebot vorgelegt wurde ein Schreiben der B GmbH & Co KG vom 25.2.2008 (Bl. 680 des Angebots), wonach diese "der Firma C AG, Herrn A" die Vollmacht zur Unterzeichnung des Angebots erteilt. Unterzeichnet ist das Schreiben mit "ppa. D".

Herr D ist ausweislich eines vorgelegten Handelsregisterauszugs als Gesamtprokurist gemeinsam mit einem persönlich haftenden Gesellschafter oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt.

Ferner war dem Angebot beigefügt ein mit "Handlungsvollmacht" bezeichnetes Schreiben der C AG, in dem es u.a. heißt:

"Für Herrn A

Wir dürfen Ihnen hiermit bestätigen, dass wir Ihnen Handlungsvollmacht für den Bereich Angebotswesen unseres Unternehmens erteilt haben ..."

Unterzeichnet ist das Schreiben von dem Vorstandsmitglied der C AG E. Alleinvertretungsberechtigt für die C AG ist ausschließlich deren Vorstandsvorsitzender C.

Unter III. 2. (Teilnahmebedingungen) wird u.a. verlangt: "...

Nachweis der Vertretungsberechtigung der den Bieter vertretenden Person.

Beabsichtigt der Bieter, sich der Fähigkeit von anderen Unternehmern (Nachunternehmer) zu bedienen, so hat er mit dem Angebot nachzuweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel im Falle der Auftragserteilung zur Verfügung stehen. Hierzu ist eine entsprechende Nachunternehmerverpflichtungserklärung beizubringen. Zudem ist die vergaberechtliche Eignung der gewählten und zu benennenden Nachunternehmer mit dem Angebot nachzuweisen. An die Eignung von Nachunternehmern werden keine anderen Anforderungen als an den Bieter gestellt."

In dem Formularschreiben "Aufforderung zur Angebotsabgabe" vom 30.11.2007 heißt es auf S. 8 unten:

"Aus dem zur Verwendung vorgeschriebenen Angebotsformular ergeben sich die von der Auftraggeberin für die Beurteilung der Eignung der Bieter geforderten Erklärungen und Nachweise. Gefordert wird insbesondere:

Rechtslage des Bieters:

a) ...

b) Angaben/Nachweise über die Vertretungsbefugnisse der für den Bieter bei Angebotsabgabe handelnden Person.

c)...

Die geforderten Erklärungen sind an den im Angebotsformular bezeichneten Stellen oder auf ergänzenden Anlagen abzugeben. Dem Angebotsformular sind sämtliche der geforderten Nachweise beizufügen."

Unter 3.2.1 der Bewerbungsbedingungen der Stadt X heißt es:

"Das Angebot ist an allen dafür vorgesehenen Stellen vom Bieter bzw. einer entsprechenden vertretungsberechtigten Person zu unterschreiben. Unterzeichnet ein Bevollmächtigter des Bieters, so ist dessen Vertretungsberechtigung an der dafür vorgesehenen Stelle im Angebot anzugeben und durch die Beifügung entsprechender Unterlagen nachzuweisen."

Ziff. 3.4 lautet:

"Das Angebot muss vollständig sein; unvollständige Angebote werden ausgeschlossen."

Mit Schreiben vom 19.3.2008 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 5 auf erster Prüfungsstufe ausgeschlossen werde. Zur Begründung führte sie an, das Angebot sei bereits formal fehlerhaft, weil es nicht rechtswirksam von einem ausreichend bevollmächtigten Vertreter der Bietergemeinschaft unterzeichnet sei bzw. dessen Vertretungsmacht nicht in der geforderten Art und Weise zusammen mit dem Angebot nachgewiesen worden sei. Zudem sei das Angebot unvollständig, weil viele Erklärungen und Anlagen in Bezug auf die benannten Nachunternehmer fehlten. Mit Schreiben vom 27. März 2008 rügte die Antragstellerin ihren Ausschluss. Mit Schreiben vom 4. April 2008 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie der Rüge nicht abhelfe.

In dem am 10. April 2008 eingeleiteten Nachprüfungsverfahren hat die Antragstellerin beantragt,

den Ausschluss der Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren rückgängig zu machen und bei der Zuschlagsentscheidung das Angebot der Antragstellerin zu berücksichtigen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag - nach Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs gegen den hauptamtlichen Beisitzer - mit Beschluss vom 27.5.2008 zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen den ihr am 27.5.2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 10.6.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:

Die Vergabekammer habe rechtsfehlerhaft den Befangenheitsantrag vom 19.5.2008 zurückgewiesen. Die angegriffene Entscheidung habe ohne Beteiligung des abgelehnten Beisitzers ergehen müssen, da dieser wegen Befangenheit auszuschließen gewesen sei. Er habe im Vorfeld des Verhandlungstermins vor der Vergabekammer in Telefonaten mit den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin seine Vorgefasstheit zum Ausdruck gebracht. Da er rechtsfehlerhaft nicht für befangen erklärt wurde, sei die Entscheidung schon aus diesem Grund in rechtsfehlerhafter Weise ergangen.

Zu Unrecht sei die Vergabekammer davon ausgegangen, dass dem Angebot eine Erklärung gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A nicht beigelegen habe.

Nachweise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A fehlten bei dem Angebot nicht, da diesem eine Vollmachtsurkunde der Antragstellerin zu 2) sowie eine Vollmacht der Antragstellerin zu 1) an Herrn A beigefügt gewesen sei. Da sie, die Antragstellerin, ohnehin einzige Bieterin gewesen sei und die genannten Vollmachten beigefügt habe, habe für die Antragsgegnerin kein Anlass bestanden, mangels Vergleichbarkeit das Angebot zwingend auszuschließen. Im Rahmen des § 21 Abs. 1 Nr. 2 Satz 5 VOB/A sei ein Ausschluss des Angebots nur in Betracht zu ziehen, wenn die fehlende Erklärung kalkulationserheblich sei bzw. eine ordnungsgemäße Wertung verhindere. Beides träfe hier nicht zu.

Selbst wenn man das Fehlen eines Nachweises annähme, könne die Vergabestelle nicht zu einem zwingenden Ausschluss des Angebots über § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 VOB/A kommen. Nachträgliche Ergänzungen im Sinne von Angaben und Erklärungen seien möglich, sofern hierdurch die Wettbewerbsstellung eines Bieters nicht verändert werde. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass sie, die Antragstellerin, alleinige Bieterin sei, hätte eine nachträgliche Ergänzung durch die Antragsgegnerin ermöglicht werden müssen. Dies sei insbesondere beim fehlenden Nachweis der Vertretungsbefugnis anerkannt.

Es lägen auch keine sonstigen von der Antragsgegnerin vorgebrachten Ausschlussgründe vor. Das Angebot sei nicht formell fehlerhaft gewesen, da Herr A von den Mitgliedern der Bietergemeinschaft ordnungsgemäß zur rechtsverbindlichen Abgabe des Angebotes bevollmächtigt worden sei. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, dass Herr D nur Gesamtprokura besitze, sei zu berücksichtigen, dass gemäß § 50 HGB eine Beschränkung des Umfangs der Prokura Dritten gegenüber unwirksam sei. Überdies sei ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Prokurist der B nach § 54 HGB mit Handlungsvollmacht ausgestattet sei. Zumindest aber hätten die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht auch in Bezug auf Herrn D herangezogen werden müssen. Mit der Rüge vom 27.3.2008 sei das Verhalten ausdrücklich genehmigt worden. Gleiches gelte für die Bevollmächtigung des Herrn A durch die C AG. Herr E sei als Vorstandsmitglied nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht berechtigt gewesen, Herrn A mit der Angebotsabgabe zu betrauen. Herr E habe zumindest mit konkludenter Zustimmung der anderen Vorstandsmitglieder gehandelt. Die Antragstellerin habe zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran aufkommen lassen, dass die für sie abgegebenen Erklärungen für und gegen sie wirken sollen und mit Vertretungsmacht erfolgten. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Rechtsverbindlichkeit des Angebots gefordert werden konnte, ändere dies nichts daran, dass von Herrn A ein Angebot mit Wirkung für und gegen sie, die Antragstellerin, abgegeben worden sei. Auf den Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung könne es nicht ankommen. Die Forderung der Rechtsverbindlichkeit solle lediglich gewährleisten, dass sich der Bieter nicht nach dem Submissionstermin mit dem Argument von seinem Angebot lösen könne, er sei aufgrund unwirksamer Stellvertretung an sein Angebot nicht gebunden. Diese Gefahr bestehe hier schon unter Zugrundelegung des bisherigen Vortrags nicht, da sie, die Antragstellerin, stets bekundet habe, dass sie sich an das von Herrn A unterzeichnete Angebot gebunden fühle. Im Übrigen sei Herr A als Handlungsbevollmächtigter im Sinne des § 54 HGB anzusehen. Zumindest sei ihm stillschweigend Handlungsvollmacht erteilt worden. Denn eine stillschweigende Erteilung der Handlungsvollmacht sei bereits anzunehmen, wenn einer Person die Position eingeräumt werde, mit der nach der Verkehrsauffassung gewöhnlich eine Handlungsvollmacht verbunden sei oder ihr Aufgaben übertragen werden, deren ordnungsgemäße Erfüllung nach der Verkehrsauffassung diese Vollmachten voraussetzt. Hier sei Herr A zumindest stillschweigend mit der Angebotsabgabe beauftragt worden. Jedenfalls aber seien die Grundsätze der Duldungsvollmacht anzuwenden. Die Antragsgegnerin dürfe, so meint die Antragstellerin unter Hinweis auf eine Entscheidung des Senats vom 20.7.2004 (Az.: 11 Verg 14/04), keine höheren als die gesetzlichen Anforderungen stellen. Unter Zugrundelegung dieses Grundsatzes ergebe sich, dass die Antragsgegnerin hier nach Treu und Glauben habe davon ausgehen müssen, dass Herr A bevollmächtigt sei. Insbesondere sei Herr A bereits während des Vergabeverfahrens gegenüber der Antragsgegnerin aufgetreten und sei dieser bekannt gewesen.

Selbst wenn man diesem Ansatz nicht folgen wolle, sei das Handeln des Herrn A nachträglich im Sinne des § 182 BGB genehmigt worden. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass eine Genehmigung auch nach Angebotsabgabe erfolgen könne.

Auch im Übrigen komme ein Ausschluss wegen fehlender/unvollständiger Angaben nicht in Betracht, da die EU-Bekanntmachung und die Bedingungsunterlagen widersprüchlich und missverständlich gewesen seien, und für die Bewerber nicht klar gewesen sei, ob und welche Angaben zwingend erforderlich waren. Darüber hinaus stütze sich die Antragsgegnerin auf fehlende/unvollständige Angaben, die nicht pauschal zum Ausschluss führen dürften, weil sie keinen Einfluss auf die Wettbewerbsstellung der Antragstellerin oder den angebotenen Preis hätten.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Beschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium in Darmstadt vom 27. Mai 2008 aufzuheben;

2. insbesondere die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Ausschluss der Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren gemäß EU -Bekanntmachung Nr. 2007/S 224 - 273117 rückgängig zu machen und bei der Zuschlagsentscheidung das Angebot der Antragstellerin zu berücksichtigen,

3. die Hinzuziehung eines anwaltlich Bevollmächtigten durch die Antragstellerin und Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen;

2. die Kosten für die Hinzuziehung des Bevollmächtigten durch die Beschwerdegegnerin für notwendig zu erklären.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags und bezieht sich ergänzend auf die Unvollständigkeit des Angebots der Antragstellerin im Hinblick auf die Nachunternehmererklärungen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 1.7.2008 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§§ 116, 117 GWB) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die entscheidende Vergabekammer war ordnungsgemäß besetzt.

Sie hat den Befangenheitsantrag gegen den hauptamtlichen Beisitzer zu Recht zurückgewiesen.

Die Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Amtsträgers oder Richters aufkommen lassen. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

Ein im Rahmen der richterlichen Aufklärungspflicht gebotenes richterliches Verhalten begründet niemals einen Ablehnungsgrund, selbst wenn dadurch die Prozesschancen einer Partei verringert werden. Dabei ist vom Rechtsstandpunkt des Gerichts auszugehen. Keinen Ablehnungsgrund bilden insbesondere vorläufige Meinungsäußerungen, durch die sich der Richter noch nicht abschließend festgelegt hat (Zöller/ Vollkommer, ZPO, 26. Aufl.,§ 42 Rn. 26 m.w.N.), selbst wenn die Würdigung der Prozessaussichten eine eindeutige Stellungnahme zum Ausgang des Verfahrens enthält.

Ebenso liegt der Fall auch hier. Die Anregung einer Rücknahme des Nachprüfungsverfahrens wegen mangelnder Erfolgsaussicht durch den hauptamtlichen Beisitzer vermag die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen, weil es sich um einen verfahrensleitenden, sachdienlichen Hinweis handelte, der die Antragstellerin in die Lage versetzte, sich auf die Rechtsmeinung der Vergabekammer einzustellen (OLG München, MDR 2004, 52) und gezielt darauf einzugehen. Dass der Hinweis bereits im Vorfeld der mündlichen Erörterung erfolgte, ändert an dieser Einschätzung nichts (OLG Stuttgart, MDR 2000, 50; Senat, Beschl. v 02.03.2007 11 Verg 15/06). Es blieb der Antragstellerin unbenommen, der Anregung zu entsprechen oder der - für falsch erachteten - Rechtsansicht der Vergabekammer im weiteren Verfahren entgegen zu treten.

2. In der Sache ist die Vergabekammer zutreffend davon ausgegangen, dass das Angebot der Antragstellerin unvollständig war.

a) Auch wenn die Neufassung der VOB/A 2000 in § 21 Abs. 1 auf das Erfordernis einer "rechtsverbindlichen" Unterschrift verzichtet, war die Antragsgegnerin rechtlich nicht gehindert, zu der früher geltenden strengeren Anforderung zurückzukehren und über ein lediglich "unterschriebenes" Angebot hinaus in den Verdingungsunterlagen die Rechtsverbindlichkeit der Angebotserklärung und deren Nachweis zu fordern (OLG Düsseldorf, IBR 2005, 113). Es ist zu respektieren, wenn sich der Auftraggeber den aus der möglichen schwebenden Unwirksamkeit eines von einem nicht bevollmächtigten Vertreter abgegebenen Angebotes ergebenden Erschwernissen nicht stellen will und deshalb über ein lediglich unterschriebenes Angebot hinaus die Rechtsverbindlichkeit der Angebotserklärung und deren Nachweis fordert. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Antragsgegnerin in den Bewerbungs- und Angebotsbedingungen ein rechtsverbindlich unterschriebenes Angebot und den Nachweis einer entsprechenden Bevollmächtigung verlangt hat.

b) Den Nachweis einer ordnungsgemäßen, wirksamen Bevollmächtigung hat die Antragstellerin mit den zusammen mit dem Angebot vorgelegten Unterlagen nicht geführt. Die Bevollmächtigung der C AG sowie des Herrn A erfolgte namens der B GmbH & Co KG durch den Prokuristen D, der jedoch nur Gesamtprokura hat, so dass Zweifel an der Wirksamkeit der mit Datum vom 25.2.2008 vorgelegten Vollmacht bestehen. Entsprechendes gilt von der Bescheinigung einer Handlungsvollmacht durch die C AG, die nicht durch den alleinvertretungsberechtigten Vorstandsvorsitzenden, sondern durch das Vorstandsmitglied E unterschrieben ist, das nicht alleinvertretungsberechtigt ist. Damit war das Angebot von einem nicht wirksam bevollmächtigten Mitarbeiter unterzeichnet und fehlte der Nachweis der wirksamen Bevollmächtigung.

c) Ein anderes Ergebnis kann hier nicht über Rechtsscheinsgrundsätze hergeleitet werden, weil die Antragsgegnerin - gerade zur Verhinderung der daraus möglicherweise resultierenden Ungewissheiten und Unsicherheiten - eine rechtsverbindliche Unterschrift und den Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung verlangt hat. Dem steht die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 24.7.2007 (Az.: 77 Verg 6/07) nicht entgegen. Sie betrifft einen Fall, bei dem die Vertretungsmacht des die Unterschrift Leistenden nach den Vergabeunterlagen nicht schon mit dem Angebot nachzuweisen war. Anders als in dem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall hatte die Antragsgegnerin hier eine rechtsverbindliche Unterschrift und den Nachweis der entsprechenden Bevollmächtigung aber bereits zusammen mit dem Angebot verlangt. Ebenso wenig ergibt sich aus der Entscheidung des Senats vom 29.6.2004 (Az.: 11 Verg 14/04) etwas anderes. Danach ist zwar für das geltende Recht davon ausgegangen, dass für die Angebotsabgabe keine über das BGB hinaus gehenden Anforderungen gestellt werden dürfen, was zur Folge hat, dass sowohl die Grundsätze über die Duldungs- wie die Anscheinsvollmacht und über das Handeln eines vollmachtlosen Vertreters im Vergabeverfahren uneingeschränkt Anwendung finden. Die Entscheidung verhält sich jedoch nicht zu der Frage, ob weitergehende Anforderungen in den Verdingungsunterlagen zulässig sind und schließt solche insbesondere nicht aus.

d) Angebote, die dem Erfordernis einer (rechts)verbindlichen Unterschrift nicht genügen und den Nachweis der wirksamen Bevollmächtigung nicht enthalten, sind gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A i.V.m. den Bestimmungen der Bewerbungsbedingungen von der Wertung grundsätzlich zwingend auszuschließen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Ungeachtet dessen brauchte die Antragsgegnerin das Angebot schon nicht zu prüfen, weil es eine geforderte Erklärung nicht enthielt (§ 23 Nr. 1 VOB/A).

3. Darüber hinaus ist der Ausschluss der Antragstellerin gerechtfertigt, weil das Angebot hinsichtlich der geforderten Angaben zum Nachunternehmereinsatz unvollständig ist.

a) Unstreitig lagen mit dem Angebot folgende Unterlagen nicht vor bzw. fehlten geforderte Erklärungen zu Nachunternehmern:

(1) Bezüglich des Nachunternehmers G fehlt es an der geforderten eindeutigen Identifizierbarkeit. Während sich die Nachunternehmerverpflichtungserklärung auf eine Firma G O1 ( Angebotsordner I, Bl. 317) bezieht, ist in den Angaben zu vorgesehenen Nachunternehmen von einer Firma G Ltd. & Co KG mit Sitz in O2 die Rede, deren Geschäftssitz ausweislich des Handelsregisters .../Großbritannien ist. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der BG ist wiederum ausgestellt für eine G GmbH in O3.

Schließlich fehlen nachvollziehbare Angaben zu Referenzobjekten (Bl. 322).

(2) Die Antragsgegnerin rügt weiter bei einer Vielzahl benannter Nachunternehmer den fehlenden Nachweis der zur Leistung zur Verfügung stehenden technischen Ausrüstung und Angaben zu den Umsätzen (1 GmbH, 2 GmbH, 3 KG), fehlende Handelsregisterauszüge (4 AG, 5 GmbH, 6 GmbH; 7 GmbH & Co. KG, 8 GmbH, 9 KG), fehlende Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft (2 GmbH, 10 GmbH, 11 KG, 12 GmbH, 13 GmbH, 14 GmbH), fehlende Lohnsummennachweise bei den Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft (15, 5 GmbH, 16, 17 GmbH, 18 GmbH, 19 GmbH,9 KG, 20 GmbH; 21) sowie fehlende Erklärungen hinsichtlich einer etwaigen Eintragung im Landeskorruptionsregister (22, 23 GmbH, 24 & Co GmbH). Die Antragstellerin bestreitet nicht, dass diese Unterlagen und Erklärungen ihrem Angebot nicht beigefügt waren.

b) Gem. Ziff. 4.2 der Bewerbungsbedingungen der Stadt X für die europaweite Vergabe von Bauleistungen sind alle vorgesehenen Nachunternehmer eindeutig identifizierbar zu benennen und die zum Nachweis der allgemeinen vergaberechtlichen Eignung (§§ 8, 8a VOB/A) ...geforderten Angaben dem Angebot beizufügen. Gem. Ziff.4.2.1 sind hierzu die Formulare "Nachunternehmerliste" und " "Angaben zu einem vom Bieter vorgesehenen Nachunternehmer" zu verwenden. Gemäß Ziff. 4.5 der Bewerbungsbedingungen der Stadt X für die europaweite Vergabe von Bauleistungen werden Angebote, die trotz eines beabsichtigten Einsatzes von Nachunternehmen nicht die geforderten Angaben enthalten, von der Wertung ausgeschlossen. Damit hat die Antragsgegnerin in den Verdingungsunterlagen ausreichend deutlich darauf hingewiesen, dass die zur Prüfung der Eignung der Nachunternehmer geforderten Nachweise zusammen mit dem Angebot vorzulegen sind.

Da das Angebot der Antragstellerin die geforderten und mit dem Angebot abzugebenden Eignungsnachweise somit nicht vollständig nicht enthielt, war es zwingend auszuschließen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2008, 107 m.w.N.).

c) Die hiergegen erhobenen Rügen und Bedenken der Antragstellerin greifen im Ergebnis nicht durch.

aa) Zu Unrecht meint die Antragstellerin, sie dürfe nicht ausgeschlossen werden, weil die verlangten Nachweise für die Beurteilung der Eignung der Bieter bereits in der Bekanntmachung aufzuführen gewesen wären. Zwar "soll" bei öffentlichen Ausschreibungen die Bekanntmachung auch Angaben enthalten über verlangte Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bieters (§ 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. s (VOB/A). Gemeint sind damit Angaben zu den in § 8 Nr. 3 VOB/A erwähnten Kriterien. Insoweit ist es zumindest erforderlich, dass derartige Angaben schon in der Bekanntmachung dem Grund nach angelegt sind, so dass sie in den Verdingungsunterlagen nur noch konkretisiert werden (OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.07.2008, 11 Verg 4/08; jurisPK - Summa, 2. Aufl. § 25 VOB/A Rn. 13). Eine allgemeine Aufforderung, hinsichtlich der Nachunternehmer ebenfalls die für den Bieter geforderten Eignungsnachweise vorzulegen, enthält die VOB jedoch nicht ( Kapellmann/Messerschmidt/von Rintelen, VOB/A, 2. Aufl. § 10 Rn. 50).Es wird daher insoweit für ausreichend erachtet, wenn die erforderlichen Unterlagen und Erklärungen erst in den Vergabeunterlagen gefordert werden (OLG München, Beschluss vom 6.11.2006 - Verg 17/06; von Rintelen a.a.O; Weyand, Vergaberecht, 2. Aufl. Teil 3, VOB/A § 10 Rn. 4351). Aus den Vergabeunterlagen ist vorliegend zweifelsfrei zu erkennen, welche Anlagen und Nachweise dem Angebot beizufügen waren.

Ungeachtet dessen enthielt bereits die Vergabebekanntmachung ausreichend konkrete Angaben zu dem erforderlichen Nachunternehmereinsatz, wenn es dort heißt, die vergaberechtliche Eignung der gewählten und zu benennenden Nachunternehmer sei nachzuweisen, an die Eignung von Nachunternehmern würden keine anderen Anforderungen als an den Bieter gestellt. Nähere Anforderungen finden sich im Anschluss unter " Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit" sowie "Technische Leistungsfähigkeit". Mit den weitergehenden Anforderungen in den Verdingungsunterlagen hat die Antragsgegnerin die in der Bekanntmachung angelegten Anforderungen daher lediglich konkretisiert.

bb) Nicht nachvollziehbar ist die Rüge, die Vordrucke für die Angaben zum Nachunternehmereinsatz seien unklar, so dass für die Erwerber nicht erkennbar sei, ob und welche Angaben zwingend zu machen sind oder ob durch die Zweiteilung von Ankreuzen und Ausfüllen von Kästchen ein Spielraum besteht, Angaben teilweise zu machen oder auszulassen. Nach den dem Senat vorliegenden Auszügen aus der Anlage "Angaben zu Nachunternehmen" ist die Gefahr eines derartigen Missverständnisses nicht naheliegend. Die geforderten Angaben erscheinen aus der Sicht eines verständigen und mit Vergabeverfahren vertrauten Bieters eindeutig. Ungeachtet dessen zeigt die Antragstellerin nicht auf, inwieweit eine bei ihr vorliegende Fehlvorstellung beim Ausfüllen des Formulars zu Unvollständigkeiten hinsichtlich der geforderten Nachweise führte. Die Antragsgegnerin rügt vor allem, dass hinsichtlich einiger Nachunternehmer geforderte Unterlagen und Angaben fehlten, die die Antragstellerin bei anderen Unternehmen indes vorgelegt hat. Eine grundsätzliche Fehlvorstellung der Antragstellerin infolge der Gestaltung des Formulars ist daher auszuschließen.

cc) Der Ausschluss des Angebots ist unabhängig davon gerechtfertigt, ob die Unvollständigkeit Einfluss auf die Wettbewerbsstellung der Antragstellerin oder den angebotenen Preis hat. Im Ergebnis ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Ausschlussgrund immer dann gegeben, wenn Angaben oder Erklärungen fehlen, die nach den Vorgaben des Auftraggebers eine Relevanz für die Vergabeentscheidung haben sollen. Da die Antragstellerin somit die geforderten Nachweise für die technische Leistungsfähigkeit und die Zuverlässigkeit der einzuschaltenden Nachunternehmer nicht mit dem Angebot (vollständig) erbracht hat, war sie aus diesem Grund auszuschließen.

Im Hinblick auf die Vielzahl und das Gewicht der fehlenden Erklärungen stellt sich auch nicht die Frage, ob bei geringen Angebotsverstößen, durch die weder der Wettbewerb noch die Eindeutigkeit des Angebotsinhaltes noch das vom Auftraggeber nach dem Leistungsprogramm Gewollte ernsthaft gefährdet sind, kein Anlass besteht, das Angebot auszuschließen, sondern eine Abstimmung auf den richtigen Angebotsinhalt gemäß § 24 VOB/A erfolgen kann.

Eine Verpflichtung des Auftraggebers, den Bewerber zur Nachreichung fehlender Unterlagen aufzufordern, besteht in der Regel nicht, wenn hinsichtlich der Art und des Umfangs der vorliegenden Unterlagen und Nachweise aufgrund der hinreichend klaren und deutlichen Hinweise in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen keine Zweifel angebracht sind (Schranner a.a.O. Rdn. 69).

4. Dem danach gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A zwingenden Ausschluss des Angebotes, das nicht dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 bis 3 VOB/A entspricht, steht der Umstand, dass die Antragstellerin alleinige Bieterin war, nicht grundsätzlich entgegen.

Auch die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass ungeachtet dessen ein rechtsförmlich eingeleitetes Vergabeverfahren unter Wahrung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Ende zu führen ist. Auch sie würde die Anwendung der ihre Interessen schützenden Vorschriften des Vergaberechts vor diesem Hintergrund nicht für obsolet oder beliebig halten.

An die von ihr durch die Fassung der Bewerbungs- und Angebotsbedingungen an den Inhalt der Angebote gestellten Anforderungen bleibt die Antragstellerin daher wie in jedem anderen Vergabeverfahren grundsätzlich gebunden. Ob die Antragsgegnerin im Hinblick auf die besondere und sicher nicht häufige Situation, dass nur ein Angebot abgeben wurde, im Rahmen eines ihr zustehenden Ermessens das Angebot der Antragstellerin in der Wertung hätte belassen und Zweifeln an der Wirksamkeit der Unterschrift durch Nachverhandlungen i.S. von § 24 VOB/A hätte nachgehen können, braucht nicht entschieden zu werden. § 24 VOB/A gibt dem Bieter grundsätzlich keinen Anspruch auf Nachverhandlungen, sondern stellt sie in das Ermessen des Auftraggebers. Das Ermessen der Antragsgegnerin war im Hinblick auf den Inhalt der Verdingungsunterlagen jedenfalls nicht so weitgehend eingeschränkt, dass nur eine Entscheidung für Nachverhandlungen vergaberechtskonform gewesen wäre, zumal sie sich damit über ihre eigenen Anforderungen an ein Angebot hätte hinweg setzen müssen und im Hinblick auf § 23 Nr. 1 VOB/A von einer Prüfung ohnehin von vornherein hätte absehen können.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf die unvollständigen Nachunternehmererklärungen. Auch wenn wegen der besonderen Konstellation eine Ungleichbehandlung anderer Bieter und eine Beeinträchtigung des Wettbewerbsgrundsatzes nicht zu befürchten wäre, folgt aus dem Umstand, dass die Antragstellerin das einzige Angebot abgegeben hat, kein Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin von einem in den Verdingungsunterlagen vorgesehenen Ausschluss absieht und der Antragstellerin Gelegenheit zur Vervollständigung der Unterlagen gibt.

Welches Motiv möglicherweise hinter der Entscheidung der Antragsgegnerin steckt, ist in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden, bleibt aber für ihre nach allem vergaberechtskonforme Entschließung ohne Belang. Die Unvollständigkeit ihres Angebots hat letztlich allein die Antragstellerin zu vertreten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war wegen der besonderen und soweit ersichtlich erstmals in einem Vergabeverfahren zu behandelnden Rechtsfragen erforderlich.

Der Streitwert war gem. § 50 Abs. 2 GKG festzusetzen (5% der Bruttoauftragssumme).

Ende der Entscheidung

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