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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.03.2001
Aktenzeichen: 12 U 214/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 826
ZPO § 516
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Wird ein Urteil nur "dem wesentlichen Inhalt nach" ohne Vorliegen der schriftlichen Urteilsformel verkündet, beginnt die Berufungsfrist erst mit Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 U 214/99

Verkündet am 15.03.2001

in dem Rechtsstreit

...

Der 12. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. Februar 2001 durch die Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das den Verkündungsvermerk des 08.04.1999 tragende Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Sicherheiten können durch Bankbürgschaften erbracht werden.

Beschwer der Klägerin: 460.924,43 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin, Mitglied der früheren W. Bb. Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (im folgenden als W. GbR bezeichnet), die ihrerseits stille Gesellschafterin der W. GmbH & Co. KG Büroeinrichtungshaus" (im folgenden: W. KG) gewesen ist, begehrt von den Beklagten als den früheren Kommanditisten der W. KG und Gesellschaftern ihrer Komplementärin Beteiligung an dem Erlös, den die W. KG im Frühjahr 1995 durch die Veräußerung ihres Betriebsgrundstücks in der K.str. ... in F. erzielt hat.

Die frühere Mitgesellschafterin der W. KG, Frau M. W., vermachte testamentarisch ihren Geschäftsanteil an der Gesellschaft allen Mitarbeitern der KG, die zum Zeitpunkt ihres Todes 10 Jahre im Geschäftsbetrieb der KG beschäftigt waren oder dies künftig sein würden. Nach ihrem Tod am 24.07.1983 gründeten die testamentarisch bedachten Mitarbeiter die W. Belegschaftsbeteiligung GbR, zu der auch die Klägerin gehörte. Die Mitglieder der BGB-Gesellschaft schlossen am 07.08.1986 mit der W. KG einen Vertrag über ihre Beteiligung an der KG als stille Gesellschafter. Auf diesen Vertrag (Bl. 10 ­ 18 d. A.) wird Bezug genommen. In Ausführung dieses Vertrags traten die Vertragschließenden eine Auseindersetzungsvereinbarung. Darin ist das Auseinandersetzungsguthaben der W. GbR mit 2.015.000,00 DM festgesetzt. In diesem Guthaben ist das in der K.str. ... in F. gelegene Betriebsgrundstück der W. KG mit seinem Buchwert von 350.000,00 DM berücksichtigt. Auf die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 07.08.1986 (Bl. 19 ­ 22 d. A.) wird verwiesen.

In der Folgezeit entschloß sich die W. KG, den Geschäftsbetrieb an die zu gründende W. Büroausstattung GmbH zu veräußern. In Verwirklichung dieser Absicht kam es in der Zeit zwischen Februar und April 1995 zu drei Vertragsschlüssen:

Durch notarielle Erklärungen vom 17.02. und 21.02.1995 (Bl. 24 ­ 36 und Bl. 208 ­ 210 d. A.) wurde das Betriebsgrundstück in der K.str. ... in F. zu einem Kaufpreis von 13 Mio. DM veräußert; die Fälligkeit des Kaufpreises wurde unter Bedingungen auf den 31.03.1995, der Besitzübergang auf den 01.04.1995 festgelegt.

Durch einen das Datum des 31.03.1995 tragenden Vertrag ­ auf den Bezug genommen wird (Bl. 39 ­ ... d. A.) ­ zwischen der durch ihre Geschäftsführer K. H. und G. S. vertretenen W. KG und der W. GbR wurde die stille Gesellschaft zum 31.03.1995 aufgelöst und bestimmt, daß das sich aus der Auseinandersetzungsvereinbarung vom 07.08.1986 ergebende Auseinandersetzungsguthaben unter Berücksichtigung verschiedener Korrekturen zum 30.06.1995 auszuzahlen sei, was auch geschehen ist.

Am 05.04.1995 wurde der Geschäftsbetrieb der W. KG an die W. Büroausstattung GmbH in Gründung rückwirkend zum 31.03.1995 veräußert.

Die Mitglieder der W. GbR unterzeichneten anläßlich einer auf den 25.04.1995 einberufenen Versammlung eine Erklärung, wonach die stille Gesellschaft zwischen ihnen und der W. KG zum 31.03.1995 aufgelöst worden sei und das Auseinandersetzungsguthaben in im einzelnen niedergelegter Weise verteilt werden solle. Auf diese Erklärung (Bl. 60 d. A.) wird verwiesen.

Die Klägerin war im Zeitpunkt der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft Mitglied der W. GbR. Sie nimmt die Beklagten als Kommanditisten der früheren W. KG und Gesellschafter deren Komplementärin im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auf der Grundlage der §§ 823, 826 BGB auf Schadensersatz in Anspruch. Sie ist der Ansicht, sie sei durch eine von den Beklagten gebilligte und ihnen deshalb anzulastende Täuschung um eine ihr zustehende Beteiligung am Veräußerungserlös für das Betriebsgrundstück der W. KG gebracht worden. Während die Wertsteigerung, die das Grundstück in der K.str. ... im Laufe der Jahre über den Buchwert hinaus erfahren habe, als stille Reserve der W. KG im Rahmen der Auseinandersetzung mit der stillen Gesellschaft nicht zu berücksichtigen gewesen sei, sei die stille Gesellschaft aufgrund ihrer in § 8 des Vertrags vom 07.08.1986 niedergelegten Teilnahme am Gewinn der KG an einem während des Bestehens des Gesellschaftsverhältnisses erzielten Veräußerungserlös zu beteiligen gewesen. Der Erlös aus dem Grundstück sei noch nicht im Jahresabschluß per 31.03.1995 ausgewiesen worden, habe vielmehr als am 01.04.1995 erzielter Gewinn Berücksichtigung gefunden. Um sie und die übrigen Mitglieder der W. GbR um ihren Anspruch auf Beteiligung an dem zum Gewinn der Gesellschaft zählenden Veräußerungserlös zu bringen, sei der in Wirklichkeit erst nach dem 25.04.1995 geschlossene Vertrag über die Beendigung der stillen Gesellschaft auf den 31.03.1995 rückdatiert, und den Mitgliedern der W. GbR bei der Versammlung vom 25.04.1995 eine bereits zum 31.03.1995 erfolgte Beendigung der Gesellschaft der Wahrheit zuwider vorgespiegelt worden. Nur aufgrund dieser Täuschung hätten sich diese deshalb zur Unterzeichnung der in der Erklärung vom 25.04.1995 enthaltenen Aussage, daß die stille Gesellschaft zum 31.03.1995 aufgelöst sei, bereit gefunden.

Die Klägerin hat den Gewinnanteil, der ihr nach ihrer Meinung auf diese Weise entgangen ist, auf 460.924,43 DM beziffert. Wegen der Ermittelung dieses Betrags wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 460.924,43 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 30.06.1995 zu verurteilen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, zur Auflösung der stillen Gesellschaft sei es tatsächlich bereits am 31.03.1995 gekommen. Der dieses Datum tragende Vertrag sei nicht rückdatiert worden. Sie haben im übrigen die Ansicht vertreten, der Ausschluß der Beteiligung der stillen Gesellschaft an den stillen Reserven der W. KG habe nicht nur Geltung für den Fall der Auseinandersetzung der Gesellschaft, die stillen Reserven und deren Veräußerungserlös hätten vielmehr auch bei der für die stille Gesellschaft maßgeblichen Gewinnermittlung außer Betracht bleiben müssen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteil und die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der früheren Geschäftsführer der W. KG K. H. und G. S.. Auf die Sitzungsniederschrift vom 04.02.1999 wird Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit seinem hiermit in Bezug genommenen Urteil des Einzelrichters abgewiesen.

Im Protokoll für den auf den 08.04.1999 anberaumten Verkündungstermin, zu dem der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten erschienen war, ist festgehalten: Anliegendes Urteil wurde dem wesentlichen Inhalt nach verkündet". Das in den Akten befindliche Urteil ist am 04.10.1999 zur Geschäftsstelle gelangt. Es trägt den Vermerk verkündet am 08.04.1999 (Ohne Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle).

Gegen das ihr am 07.10.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.11.1999 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 06.12.1999 begründet.

Die Klägerin wendet sich gegen die vom Landgericht angeführte Begründung für das ihre Klage abweisende Urteil. Sie hält an ihrer Ansicht fest, der stille Gesellschafter sei während bestehender Gesellschaft am Erlös aus der Veräußerung stiller Reserven kraft Gesetzes beteiligt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils als Gesamtschuldner zur Zahlung von 460.924,43 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.06.1995 zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Berufung der Klägerin wegen Überschreitung der Berufungsfrist des § 516 ZPO für unzulässig. In der Sache verteidigen sie das angefochtene Urteil. Außerdem halten sie an ihrer Ansicht fest, es komme auf den Zeitpunkt der Auflösung der stillen Gesellschaft nicht an, weil diese auch an einem während des Bestehens der Gesellschaft erzielten Erlös aus stillen Reserven nicht beteiligt gewesen seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die absolute Berufungsfrist des § 516 ZPO begann nicht mit dem vom Landgericht auf den 08.04.1999 anberaumten Verkündungstermin zu laufen, weil in diesem Termin keine wirksame Urteilsverkündung stattgefunden hat, eine unwirksame Urteilsverkündung die Frist des § 516 ZPO jedoch nicht in Lauf zusetzen vermag (BGH NJW 1985, 1782; BGH NJW 1989, 1156 (1157); BGH NJW 1994, 3358). Eine wirksame Urteilsverkündung setzt voraus, daß die Urteilsformel im Zeitpunkt der Verkündung schriftlich niedergelegt war (BGH NJW 1985, 1783; Baumbach- Lauterbach (Albers) ZPO, 58. Aufl. § 516 Rn 11 m. w. N.). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da das Verkündungsprotokoll lediglich eine Verkündung des Urteils dem wesentlichen Inhalt nach" ausweist, also weder ein Verlesen der Urteilsformel (§ 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO) noch eine ­ wegen der Anwesenheit des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zwar nicht zulässige, für die Wirksamkeit der Verkündung aber unschädliche ­ Bezugnahme auf eine vorliegende Urteilsformel (§ 311 Abs. 4 Satz 2 ZPO) erfolgt ist. Daß eine schriftliche Urteilsformel im Verkündungstermin nicht vorgelegen hat, läßt sich darüber hinaus auch daraus entnehmen, daß nach dem Protokoll das anliegende Urteil" seinem wesentlichen Inhalt nach verkündet wurde, dem Protokoll aber keine Anlage, auch keine Entscheidungsformel beigefügt war, das in den Akten im Anschluß an das Protokoll abgeheftete vollständige Urteil weder als Anlage zum Protokoll bezeichnet ist noch sich ­ dem Vermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu Folge - vor dem 04.10.1999 auf der Geschäftsstelle befunden hat. Da somit eine wirksame Urteilsverkündung nicht stattgefunden hat, begann die Berufungsfrist nach § 516 ZPO erst mit der am 07.10.1999 erfolgten Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu laufen. Sie ist bei der am 04.11.1999 bei Gericht eingegangenen Berufung der Klägerin gewahrt.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist jedoch unbegründet. Bei dieser Entscheidung kann dahingestellt bleiben, ob der Begründung im angefochtenen Urteil, die auf das Recht der unerlaubten Handlung gestützte Klage der Klägerin scheitere am Fehlen eines vorsätzlichen Verschuldens der Beklagten, zu folgen wäre. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ist schon deshalb nicht begründet, weil die von der Klägerin den Beklagten als unerlaubte Handlung angelasteten Manipulationen bezüglich des Zeitpunkts der Auflösung der stillen Gesellschaft - die Rückdatierung des in Wirklichkeit erst nach dem 25.04.1995 geschlossenen Vertrags auf den 31.03.1995 ­ zu keinem Schaden der Klägerin geführt hat. Die Klägerin war Mitglied einer typischen stillen Gesellschaft. Eine solche war durch den zwischen der W. GbR und der W. KG am 07.08.1986 geschlossenen Vertrag zustande gekommen. In diesem Vertrag wurde nicht das Unternehmen der W. KG schlechthin mit seinem gesamten Vermögen dem gemeinsamen Zweck unterstellt (wie dies für eine atypische stille Gesellschaft kennzeichnend ist [BGHZ 7, 174, 177]; Schlegelberger [Schmidt] HGB, 5. Aufl. § 337 [§ 232 n. f.] Rn 3), die Beteiligung der stillen Gesellschaft hat sich vielmehr auf die Teilnahme an den Erträgen der W. KG, am Gewinn und Verlust gegen Leistung einer Einlage, beschränkt.

Der stille Gesellschafter hat bei einer typischen stillen Gesellschaft keinen Anspruch auf Beteiligung an den rechtlich in zulässiger Weise gebildeten stillen Reserven (BGH Z 127, 176 [181]). Die Wertsteigerung, die ein zum Betrieb gehörendes Grundstück im Laufe der Jahre über den Buchwert hinaus erfährt, gehört zu den stillen Reserven (Baumbach-Hopt, HGB, 30. Aufl. § 253 Rn 25; Baumbach-Huck, GmbHG, 16. Aufl. § 42 Rn 239).

Diesen Ausgangspunkt, ihre mangelnde Beteiligung an der Wertsteigerung, die das Betriebsgrundstück der W. KG während seiner Zugehörigkeit zum Firmenvermögen erfahren hat, scheint die Klägerin auch nicht angreifen zu wollen. Ihre Ansicht, die gesetzliche Rechtsstellung des stillen Gesellschafters, der Ausschluß seiner Beteiligung an den stillen Reserven, ändere sich im Falle der Veräußerung eines zur stillen Reserve gehörenden Gegenstandes während des Bestehens der stillen Gesellschaft, weil der Veräußerungserlös als Gewinn der Gesellschaft auszuweisen und der stille Gesellschafter am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sei, ist indessen unzutreffend.

Der stille Gesellschafter ist nicht am gesamten Gewinn der Gesellschaft beteiligt. Seine Beteiligung beschränkt sich vielmehr auf den Betriebsgewinn und damit auf den Gewinn, der auf unternehmerischen Geschäften in dem Betriebsbereich beruht, an dem sich der stille Gesellschafter beteiligt hat. Dies entspricht ganz einhelliger Meinung (RGZ 126, 386 [387]; Staub [Zutt] Großkommentar zum HGB, 4. Aufl. § 232 Rn 6; Schlegelberger [Schmidt] a. a. O. § 337 [232 n. F.] Rn 5; Baumbach-Hopt a. a. O. § 232 Rn 1; Blaurock Handbuch der stillen Gesellschaft 5. Aufl. Rn 867 f.; Paulich Handbuch der stillen Gesellschaft, 3. Aufl. § 15 II und III 2). Deshalb ist auch beim Betriebsgewinn die stille Reserve außer Betracht zu lassen (Staub [Zutt] a. a. O. § 232 Rn 8; Schlegelberger [Schmidt] a. a. O. § 337 [§ 332] n. F. Rn 5 und 9; Paulich a. a. O. § 15 III 2; Blaurock a. a.O. Rn 868).

Das Gewinnanteilsrecht des stillen Gesellschafters erstreckt sich deshalb nicht auf Werterhöhungen bei dem nicht zum Umsatz bestimmten Anlagevermögen, es sei denn, daß dieser Mehrwert durch Aufwendungen von Gesellschaftsmitteln geschaffen wurde (RGZ 120, 410 [411]).

Bleibt aber bei der Ermittlung des Betriebsgewinns die stille Reserve ­ hier die Erhöhung des Verkehrswerts des Betriebsgrundstücks ­ außer Betracht, so kann es keine Rolle spielen, ob die Werterhöhung bei der Gesellschaft verbleibt, oder aber ob der dem stillen Gesellschafter ohnehin entzogene Wert durch Veräußerung realisiert wird. Auch dies entspricht ­ soweit ersichtlich ­ einhelliger Meinung (Schlegelberger [Schmidt] a. a. O. § 337 [§ 332 n. F.] Rn 9; Blaurock a. a. O. Rn 869; Paulich a. a. O. § 15 III 2). Es ist auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, den stillen Gesellschafter zwar nicht an den stillen Reserven der Hauptgesellschaft zu beteiligen, ihn aber an dem sie ersetzenden, an ihre Stelle tretenden Veräußerungserlös teilnehmen zu lassen.

Der W. GbR ­ und damit der Klägerin ­ stand deshalb aufgrund der gesetzlichen Regelung kein Anspruch auf Beteiligung am Erlös für das Betriebsgrundstück der W. KG zu, ohne daß es darauf ankäme, ob die Veräußerung vor oder nach der Auflösung der stillen Gesellschaft erfolgt und wann der Kaufpreis für das Grundstück bei der W. KG eingegangen und in deren Bilanzen aufgenommen worden ist.

Die Parteien haben auch keine von der Gesetzeslage abweichende Vereinbarung getroffen. Die Klägerin leitet zu Unrecht aus der in § 7 Abs. 2 des Vertrags über die stille Gesellschaft enthaltenen Regelung, wonach der Jahresabschluß des Hauptunternehmens für die Gewinn- und Verlustbeteiligung der Stillen maßgebend sein soll, die Folgerung her, auch an solchen Gewinnen beteiligt zu sein, die sich aus der Realisierung stiller Reserven ergeben und deshalb im Jahresabschluß aufgeführt sind.

Wird im Vertrag über die stille Gesellschaft die Maßgeblichkeit der Jahresbilanz vereinbart, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob nur die Wertansätze der Jahresbilanz gelten oder ob sich der zu verteilende Jahresgewinn selbst aus der Bilanz ergeben soll (Schlegelberger [Schmidt] a. a. O. § 337 [§ 332 n. F.] Rn 17). Für die beabsichtigte Bezugnahme allein auf die Wertansätze der Jahresbilanz spricht vorliegend entscheidend das in § 7 Abs. 2 des Vertrags über die stille Gesellschaft niedergelegte Erfordernis der gesonderten Ausweisung des Gewinn- (und Verlust-)anteils der Stillen in der Bilanz.

Selbst wenn man aber mit der Klägerin davon auszugehen hätte, daß der vertraglichen Regelung zu Folge der Gewinn und Verlust der stillen Gesellschaft auf der Grundlage des Jahresabschlusses ohne Differenzierung nach der Herkunft des Ergebnisses zu beanspruchen war, so wäre ihr durch die ­ behauptete ­ Vorspiegelung eines früheren als des tatsächlichen Auseinandersetzungszeitpunkts ebenfalls kein Schaden erwachsen. Denn dann hätte der zu Unrecht als Gewinn behandelnde Erlös aus der Veräußerung einer stillen Reserve eine Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung nach Auflösung der stillen Gesellschaft erfahren müssen (Schlegelberger [Schmidt] a. a. O. § 337 [§ 332 n. F.] Rn 18; Blaurock a. a. O. Rn 874). Daß diese grundsätzlich vorzunehmende Korrektur nicht vertraglich ausgeschlossen werden sollte, ergibt sich mit Deutlichkeit aus § 13 Abs. 2 des Vertrags über die stille Gesellschaft, in dem niedergelegt ist, daß die stille Gesellschaft an den stillen Reserven nicht teilnehmen soll.

Die Kosten ihres deshalb erfolglosen Rechtsmittels hat die Klägerin nach § 97 ZPO zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit mit Abwendungsbefugnis ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Beschwer der Klägerin wurde gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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