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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.12.2003
Aktenzeichen: 12 W 175/03
Rechtsgebiete: GKG
Vorschriften:
GKG § 58 Abs. 2 S. 2 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
...
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, nach Übertragung auf den Senat gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO, am 15. Dezember 2003 durch die Richter ... beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 14. August 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Beschwerdewert: 361,90 Euro
Gründe:
I.
Die Klägerin, die ein Maklerbüro betreibt, hat gegenüber dem Beklagten Maklerlohn geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren schlossen die Parteien und die Streithelfer einen Vergleich, in dem sich der Beklagte gegenüber der Klägerin zur Zahlung von 1000,00 Euro und die Streithelfer zur Zahlung von weiteren 4112,00 Euro an die Klägerin verpflichteten. Die Nummer 2 des Vergleichs enthält zu den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs folgende Kostenregelung:
"Die Gerichtskosten werden gegeneinander aufgehoben. Die Klägerin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Streithelfer tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt dieser 1/5 und tragen die Streithelfer 4/5."
Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht die von dem Beklagten aufgrund des geschlossenen Vergleichs an die Klägerin zu erstattenden Gerichtskosten auf 369,90 Euro festgesetzt. Diese Summe entspricht dem Überschuss der von der Klägerin zuviel gezahlten Gerichtskosten, welcher mit den von dem Beklagten zu zahlenden Gerichtskosten verrechnet wurde. Dem Beklagten war in beiden Instanzen Prozesskostenhilfe bewilligt worden.
II.
Die von dem Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist sachlich nicht begründet. Unter Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden 12. Zivilsenats geht der Senat davon aus, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten als bedürftiger Partei, die von ihr verauslagten Gerichtskosten festsetzen lassen kann, da dieser in einem Vergleich insoweit die Kosten des Rechtsstreits übernommen hat. § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG ist nicht anwendbar.
Die in dem gerichtlichen Vergleich getroffene Regelung, wonach die Gerichtskosten gegeneinander aufgehoben werden, ist dahin auszulegen, dass die Klägerin und der Beklagte die Gerichtskosten zur Hälfte tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2003, Az.: III ZB 11/03 m. H. a. BGH NJW 2003, 1948 f., zitiert nach JURIS).
Die Frage, ob gegen eine Partei der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, die von der Gegenpartei verauslagten Gerichtskosten festgesetzt werden können, wenn sich die bedürftige Partei in einem gerichtlichen Vergleich zur Übernahme dieser Kosten bereit erklärt hat, ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte streitig, wird aber zunehmend in Übereinstimmung mit der wohl herrschenden Meinung bejaht (BVerfG NJW 2000, 3271 zitiert nach JURIS; BVerfG NJW 1999, 507 ff.; BGH, Beschluss vom 23.10.2003 a. a. o.; Oberlandesgericht Frankfurt, 25. Zivilsenat in OLGR Frankfurt 2003, 180; OLG Stuttgart, OLGR Stuttgart 2001, 101 f.; OLG Hamm, 23. Zivilsenat in OLGR Hamm 2002, 162; Hartmann, Kostengesetze 32. Aufl., § 58 GKG Rn. 23; Zöller/Philippi, ZPO 23. Aufl., § 123 Rn. 6; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl, § 123 Rn. 4). Der erkennende Senat hatte sich in dem Beschluss vom 10.11.1999 (NJW 2000, 1220, 1221) der Auffassung angeschlossen, wonach die bedürftige beklagte Partei, auch wenn sie zur Beendigung des Rechtsstreits Kostenaufhebung in einem Vergleich vereinbart hat, nicht zur Zahlung des danach auf sie entfallenden Anteils an den vom Kläger verauslagten Gerichtskosten herangezogen werden kann. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest.
Das BVerfG hat mit Beschluss vom 23.6.1999 (NJW 1999 a. a. o.) zwar entschieden, dass es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, wenn eine beklagte Partei, der Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, als Entscheidungsschuldnerin über §§ 58 Abs. 2 S. 2, 54 GKG, 123 ZPO verpflichtet wird, der Klägerin die von ihr verauslagten (vorgeschossenen ) Gerichtskosten zu erstatten. Dabei hat es jedoch ausdrücklich den Fall ausgenommen, in dem die Kostentragungspflicht der durch Prozesskostenhilfe begünstigten Partei auf einer Übernahme durch Vergleich beruht. Inzwischen hat sich das BVerfG in einem weiteren Beschluss vom 28.6.2000 (NJW 2000, a. a .o.) ausgesprochen, dass Art. 3 Abs. 1 GG nicht verlangt, die Vorschrift des § 58 Abs. 2 S. 2 GKG auch auf den Kostenschuldner gemäß § 54 Nr. 2 GKG zu erstrecken, da die Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich die Gefahr einer Manipulation der Prozessparteien hinsichtlich der Gerichtskosten zu Lasten der Staatskasse in sich bergen kann und die (Rückgriffs-)Haftung für die von der Gegenpartei verauslagten Gerichtskosten in diesem Fall auf einer privatautonomen Entscheidung zum Abschluss eines Prozessvergleichs beruht. Der BGH hat sich mit seinem vorzitierten Beschluss vom 23.10.2003 der Auffassung angeschlossen, dass § 58 Abs. 2 S. 2 GKG gerade nicht den hier einschlägigen Fall betreffe, dass die Partei der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, deshalb Kostenschuldner sei, weil sie diese Kosten in einem vor Gericht abgeschlossenen Vergleich übernommen hat. Dabei beruhe die Nichterwähnung des Übernahmeschuldners in § 58 Abs. 2 S. 2 GKG auf einer bewußt getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers, so daß nicht von einer planwidrigen, durch Analogieschluß zu beseitigenden Regelungslücke gesprochen werden könne.
Angesichts dieser Rechtsprechung, dem nach dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 2 S. 2 GKG angelegten und der von dem BVerfG auch gesehenen und mit Art. 3 Abs. 1 GG als vereinbar beurteilten differenzierten Behandlung von Entscheidungs- und Übernahmeschuldner hält der Senat in Anschluß an die zitierte Rechtsprechung des BVerfG und des BGH nicht an seiner bisherigen Auslegung des § 58 Abs. 2 GKG fest.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Der Beschwerdewert entspricht dem Betrag der festgesetzten Gerichtskosten.
Ende der Entscheidung
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