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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.08.2009
Aktenzeichen: 12 W 91/09
Rechtsgebiete: RVG, VV-RVG


Vorschriften:

RVG § 15
RVG § 15a
RVG § 60 Abs. 1 S. 1
VV-RVG Nr. 2300
Obwohl § 15a RVG n.F. am 5. August 2009 in Kraft getreten ist, verbleibt es mangels einer entsprechenden gesonderten Regelung bei der allgemeinen Überleitungsvorschrift des § 60 Abs. 1 S. 1 RVG, wonach die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt wurde.
Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 02. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Beschwerdewert: 306,46 €

Gründe:

I. Der Beklagte wurde im Ausgangsverfahren durch Urteil vom 09.04.2009 zur Zahlung von 4.868,99 € verurteilt. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 70% und der Beklagte 30% zu tragen. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hatte diesen bereits vorprozessual wegen desselben Gegenstandes vertreten. Mit Schriftsatz vom 14.04.2009 stellte der Beklagte zunächst einen Kostenfestsetzungsantrag, welcher die Anrechnung einer 0,65 Geschäftsgebühr gemäß Vorbem.3 Abs.3, Nr.2300 VV-RVG in Höhe von 367,90 € zzgl. USt. beinhaltete. Mit Schriftsatz vom 11.05.2009 änderte der Beklagte seinen Kostenfestsetzungsantrag im Hinblick auf das Gesetzgebungsvorhaben betreffend der Einfügung des § 15a RVG dahingehend, dass eine teilweise Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr nicht erfolgen sollte.

Die Rechtspflegerin berücksichtigte bei der Kostenfestsetzung mit Beschluss vom 02.06.2009 die Kosten des Beklagten nur gemäß dem ursprünglichen Antrag vom 14.04.2009.

Gegen den dem Beklagten am 26.06.2009 zugestellten Beschluss hat er am 09.07.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die Anrechnung der durch die vorgerichtliche Vertretung des Beklagten entstandene Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs.4 VV-RVG rügt und die Auffassung vertritt, durch die Neuregelung des § 15a RVG könne die bisherige Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der anteiligen Verminderung der Verfahrensgebühr durch die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr unabhängig davon, ob der vorgerichtlich entstandene Gebührenanspruch vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstatten, zwischen den Parteien unstreitig geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist, keinen Bestand mehr haben. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 RpflG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache indes keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat zu Recht bei der Kostenfestsetzung die angemeldete Verfahrensgebühr des Beklagtenvertreters nach Nr.3100 VV-RVG unter Anwendung der Anrechnungsvorschrift der Vorbem.3 Abs.4 VV-RVG nur um die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG anteilig gekürzt als festsetzungsfähig angesehen.

§ 15a RVG n.F. findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Zwar ist die Vorschrift nunmehr seit dem 05.08.2009 in Kraft, mangels einer entsprechenden gesonderten Regelung verbleibt es aber bei der allgemeinen Überleitungsvorschrift des § 60 Abs.1 S.1 RVG, wonach die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Das ist hier der Fall.

Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Frage der anteiligen Verminderung der Verfahrensgebühr durch die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr unabhängig davon, ob der vorgerichtlich entstandene Gebührenanspruch vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstatten, zwischen den Parteien unstreitig geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist, keinen Bestand mehr haben kann. Der BGH hat seine Rechtsauffassung in erster Linie auf den klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung gestützt (Beschluss vom 22.01.2008 Az.VIII ZB 57/07, zitiert nach Juris, dort Rdnr.7). Dieser gilt für den hier zu beurteilenden Fall nach wie vor unverändert.

Soweit in der Gesetzesbegründung für die Neuregelung (Bundestagsdrucksache 16/12717, S.2) ausgeführt wird, § 15a RVG diene dazu, eine Legaldefinition des bisher im Gesetz nicht definierten Begriffs der Anrechnung aufzunehmen, um unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zum Nachteil des Auftraggebers zu vermeiden und den mit der Anrechnung verfolgten Gesetzeszweck einer Doppelhonorierung der Rechtsanwälte für eine Tätigkeit zu wahren, folgt daraus nicht, dass der Gesetzgeber bereits bei der Neuregelung der Rechtsanwaltsvergütung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004 bedacht hat, welche Auswirkungen die in der Vorbem.3 Abs.4 VV-RVG neu geschaffene Regelung in der Festsetzungspraxis im Einzelnen haben würde. Aus der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/1971, S.209) geht dies jedenfalls nicht hervor (BGH, aaO., Rdnr.8). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine von § 60 Abs.1 S.1 RVG abweichende Überleitungsregelung zu treffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

Der Beschwerdewert bemisst sich nach der Differenz der zuletzt von dem Beklagten zur Festsetzung beantragten und der tatsächlich festgesetzten Kosten entsprechend der von der Klägerseite zu tragenden Kostenquote. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da ihre Voraussetzungen nicht gegeben sind, § 574 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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