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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.05.2000
Aktenzeichen: 12 W 95/00
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 276 Abs. 1 S. 1 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
6 O 44/99 Landgericht Darmstadt
Entscheidung vom 5.5.2000
In dem Rechtsstreit ...
Der 12. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat am 5. Mai 2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Bickler, den Richter am Oberlandesgericht Rechel und den Richter am Amtsgericht Henschel beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 29. März 2000 wird kostenpflichtig (§ 97 Abs. 1 ZPO) als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 180.000,00 DM
Gründe
Nachträgliche Entscheidungen des Prozeßgerichts im Zusammenhang mit der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines von ihm erlassenen Urteils sind nicht anfechtbar (§§ 719 Abs.1, 707 Abs.2 S.2 ZPO), das heißt: ein Rechtsmittel dagegen ist nicht statthaft. Eine gleichwohl erhobene sofortige Beschwerde des vorläufig vollstreckbar verurteilten Beklagten ist folglich unzulässig und muß deshalb verworfen werden.
Ein außerordentliches Rechtsmittel, wie es - praeter legem - von der Rechtsprechung in solchen Ausnahmefällen zugebilligt wird, in denen die formal nicht mehr angreifbare Entscheidung auf einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit beruht, die eine dem Gesetz völlig fremde Regelung enthält, kann im vorliegenden Fall nicht eingeräumt werden; denn die Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen nur gegen Sicherheitsleistung anstatt ohne Erbringung einer solchen ist dem Gesetz nicht fremd. Die Gestattung der vorläufigen Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung mag rechtsfehlerhaft sein, wenn eigentlich auch eine Einstellung ohne Sicherheitsleistung in Betracht kommt und das Prozeßgericht bei zutreffender Ausübung seines Ermessens (vgl. § 707 Abs. 1 S. 1: "... kann das Gericht ... anordnen".) so hätte erkennen können. Lediglich rechtsfehlerhafte Entscheidungen eröffnen aber nicht einen gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsbehelf (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 1993, 798), sondern werden vom Gesetzgeber in Kauf genommen, weil Irrtum menschlich ist und deshalb auch Gerichten unterlaufen kann.
Es wäre allerdings nach Auffassung des Senats angesichts des klaren Gesetzeswortlauts, der in § 276 Abs.1 S.1 ZPO bei der unter eine Notfrist gestellten Absichtserklärung, sich gegen die Klage zur Wehr setzen zu wollen, ausdrücklich bestimmt, daß die entsprechende Anzeige "dem Gericht" und gerade nicht der Geschäftsstelle des zuständigen Spruchkörpers gegenüber erfolgen muß (vgl. MKPrütting, ZPO, 1.Aufl. 1992, § 276 Rn 24, insbes. § 331 Rn 45 und Fußnote 14 hierzu; Stein-Jonas- Grunsky, ZPO, 21.Aufl. 1998, § 331 Rn 45; Zöller-Greger, ZPO, 21.Aufl. 1999, § 276 Rn 10), richtig gewesen, die Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung einzustellen (vgl. § 719 Abs.1 S. 2 ZPO).
Der Senat vermag in dieser Frage der entgegenstehenden Auffassung (vgl. KG MDR 89,1003; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 58.Aufl. 2000, § 331 Rn 17), wonach die Erklärung der Verteidigungsabsicht rechtzeitig bei der Geschäftsstelle des mit der Sache befaßten Spruchkörpers eingegangen sein müsse, um beachtlich zu sein, nicht zu folgen. Diese Ansicht mag Praktikabilitätsgründe für sich haben, wird aber vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt (vgl. MK-Prütting, a.a.0.) und belastet den Rechtsuchenden unangemessen mit den für ihn nicht beherrschbaren lnterna der Behördenorganisation. Eine Partei, die einen Schriftsatz fristgerecht, aber außerhalb der Öffnungszeiten des Gerichts dort angebracht hat, kann keinen Einfluß darauf nehmen, daß und wann dieser Schriftsatz bei der Geschäftsstelle des zuständigen Spruchkörpers eingeht.
In der nicht statthaften sofortigen Beschwerde des Beklagten kann ein rechtlich möglicher, an das Landgericht gerichteter Antrag auf Abänderung des die Einstellung der Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung aussprechenden Beschlusses des Landgerichts zu sehen sein, der alsdann vom Landgericht zu bescheiden wäre.
Ende der Entscheidung
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