Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.06.2003
Aktenzeichen: 13 U 138/01
Rechtsgebiete: BNotO, BewkG, ZPO


Vorschriften:

BNotO § 19
BewkG § 17
ZPO § 543 II
1) Zu den Voraussetzungen der Annahme, dass ein Schaden adäquat-kausal auf der Pflichtverletzung eines Notars beruht. (hier: unzureichende Belehrung).

2) Zum Revisionszulassungsgrund "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" nach § 543 II ZPO.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 138/01

Verkündet am 4. Juni 2003

in dem Rechtsstreit

....

Der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Mai hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2003 durch die Richter ......

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 4. April 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 15 % hieraus abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % hieraus leisten.

Tatbestand:

Die in Berlin wohnhaften Kläger nehmen vorliegend den Beklagten in seiner Eigenschaft als Notar auf Schadensersatz in Anspruch mit der Begründung, er habe bei der Protokollierung eines Eigentumswohnungskaufvertrages am 7. Dezember 1995 gegen seine Amtspflichten verstoßen.

Anlässlich eines abgesprochenen Versicherungsvertreterbesuches in ihrer Wohnung äußerten die Kläger Interesse am Erwerb einer Eigentumswohnung zum Zwecke der Steuerersparnis, woraufhin später die Firma P. telefonischen Kontakt zu den Klägern aufnahm. Ein Mitarbeiter der vorgenannten Firma suchte die Kläger sodann in deren Wohnung auf. Weitere Verhandlungen fanden in den Geschäftsräumen der vorbezeichneten Firma in Berlin statt. Am 1. Dezember 1995 erteilten die Kläger A., Mitarbeiter der vorbezeichneten Firma, eine notariell beurkundete Vollmacht zum Erwerb einer näher beschriebenen Eigentumswohnung zu einem Gesamtkaufpreis von DM 210.000,00 sowie zum Abschluss von Darlehensverträgen.

Die Kläger nahmen in der Folgezeit bei der Bezirkssparkasse N. ­ jetzt Sparkasse H. ­ zur Finanzierung des Wohnungskaufes zwei Darlehen über jeweils DM 100.000,00 auf. Die Darlehensformulare unterzeichneten die Kläger persönlich in Berlin außerhalb ihrer Wohnung.

Mit am 7. Dezember 1995 vor dem Beklagten protokolliertem Vertrag, auf dessen Inhalt verwiesen wird, kauften die Kläger, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, von der Firma K. AG, nachstehend nur noch als K. bezeichnet, eine im Innenstadtgebiet von Mannheim, welches förmlich als Sanierungsgebiet gemäß § 142 Abs. 1 Baugesetzbuch ausgewiesen war, gelegene Eigentumswohnung. Der Sanierungsvermerk war im Grundbuch eingetragen. Als Kaufpreis wurden DM 210.000,00 protokolliert, obwohl zwischen den Kaufvertragsparteien nur ein Kaufentgelt von DM 190.000,00 vereinbart war. Nach den Vertragsbedingungen war der Kaufpreis fällig nach Eintragung der Auflassungsvormerkung und unabhängig von der Vorlage der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung. Das Kaufgeld sollte unmittelbar auf ein Konto der K. bei der Bezirkssparkasse N. ­ jetzt Sparkasse H. ­ bezahlt werden.

Die Sparkasse überwies in der Folgezeit weisungsgemäß die Darlehensvaluta auf das Konto der Wohnungsverkäuferin. Zeitlich danach versagte die Sanierungsbehörde die Genehmigung des von dem Beklagten protokollierten Wohnungskaufvertrages zwischen K. und den Klägern und begründete ihre Entscheidung mit dem überhöhten Kaufpreis. Ein Rechtsstreit der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Aktenzeichen 6 K 1492/97 auf Erteilung der Genehmigung blieb erfolglos.

Mit Schreiben vom 20.08.1996 widerriefen die Kläger die ihrem Bevollmächtigten erteilte Vollmacht. Dieser schloss am 25.10.1996 für die Kläger erneut bei dem Beklagten über die streitgegenständliche Eigentumswohnung einen notariellen Kaufvertrag, der nunmehr als Kaufpreis DM 140.000,00 auswies. Zugleich wurde privatschriftlich eine (weitere) Zuzahlung von DM 45.000,00 für geleistete Sanierungsarbeiten vereinbart.

Mit bei dem Landgericht H. am 07.02.1997 eingegangenem Schriftsatz erhoben die Kläger gegen die Wohnungsverkäuferin Klage auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises. Das Landgericht H. verurteilte rechtskräftig die Wohnungsverkäuferin antragsgemäß mit am 14.01.1996 verkündetem Urteil (Aktenzeichen 8 O 34/97) zur Zahlung von DM 190.000,00, allerdings nur Zug um Zug gegen Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Kläger und der zugunsten der Sparkasse eingetragenen Grundschuld über DM 200.000,00 nebst Zinsen.

Nach Verkündung des vorstehend in Bezug genommenen Urteils wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 25.08.1998 an die Sparkasse und schlug vor, ihm eine Löschungsbewilligung für die Finanzierungsgrundschuld zu treuen Händen zu übergeben mit der Maßgabe, dass er diese dem Gerichtsvollzieher nur dann aushändigen dürfe, wenn er diesen zeitgleich anweise, den gesamten zurückzuzahlenden Betrag auf ein von der Sparkasse angegebenes Konto zu überweisen. Im weiteren Schreiben vom 24.09.1998 (Bl. 33 d. GA), auf dessen Inhalt gleichfalls ausdrücklich Bezug genommen wird, unterbreitete der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Vorschlag, er selbst erteile dem Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsauftrag und die Sparkasse übermittele ihm unmittelbar unter Treuhandauflagen die Löschungsbewilligung für das Finanzierungsgrundpfandrecht. Die Sparkasse ließ durch Anwaltsschreiben vom 19.10.1998 hierauf erwidern, es sei allein Sache der Kläger, die Konten bei ihr auszugleichen.

Mit bei Gericht am 6. April 2000 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger vorliegende Klage gegen den Beklagten erhoben und vorgetragen, der Beklagte habe die ihn treffende und ihnen gegenüber bestehende Amtspflicht deshalb verletzt, weil er die sanierungsrechtliche Genehmigung nicht zur Auszahlungsvoraussetzung für den Kaufpreis erhoben habe. Die hierdurch entstehende Gefährdung ihrer Interessen habe sich in der Folgezeit realisiert, weil sie gegenüber der Sparkasse in der Haftung seien und sich trotz des gegen die Verkäuferin erstrittenen Titels nicht befreien könnten. Sie, die Kläger, seien vermögenslos und könnten keine anderen Sicherheiten bieten. Die Sparkasse verweigere jedoch jede Mitwirkung.

Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Kläger, 190.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02.10.1998 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Forderungen gegen die K. GmbH gemäß Ziffer 1 des Urteils des Landgerichts H. vom 14.01.1998 (Az: 8 O 34/97), die ,,Zug um Zug gegen Erteilung je einer Löschungsbewilligung in grundbuchmäßiger Form für die in Abteilung II unter laufender Nummer 3 eingetragene Auflassungsvormerkung sowie die in Abteilung III unter laufender Nummer 2 eingetragene Grundschuld, Grundbuch von Mannheim, Blatt 71979 des Grundbuchamtes Mannheim, über 200.000,00 DM nebst Zinsen für die Bezirkssparkasse N. zu erfüllen sei; festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihnen, den Klägern, auch den Schaden zu ersetzen, der ihnen über den Betrag von DM 190.000,00 nebst Zinsen gemäß Ziffer 1 der Klage hieraus dadurch entstanden ist und/oder noch entsteht, dass gemäß dem notariellen Kaufvertrag vom 07.12.1995 der Kaufpreis fällig geworden ist, obgleich die notwendige sanierungsrechtliche Genehmigung nicht vorlag;

hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, sie, die Kläger, gegenüber der Bezirkssparkasse N. in .... N. von ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehenskapitals, das ihnen, den Klägern, von der Bezirkssparkasse N. zwecks Erwerb der Eigentumswohnung im Anwesen G 7, Nr. 1, Mannheim gewährt worden sei, in Höhe von DM 190.000,00 freizustellen; Zug um Zug gegen eine öffentlich beglaubigte Abtretung ihrer Forderung gegen die K. GmbH gemäß Ziffer 1 des Urteils des Landgerichts H. vom 14.01.1998, die ihrerseits nur Zug um Zug gegen Bevorschussung der Kosten durch den Beklagten, die durch die öffentliche Beglaubigung der Abtretung entstehen, vorzunehmen sei.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, er habe bei der Beurkundung mündlich über das Genehmigungserfordernis und die Rechtswirkungen belehrt. Der Bevollmächtigte der Kläger sei im Übrigen sachkundig und deshalb nicht belehrungsbedürftig gewesen.

Den Klägern, so hat der Beklagte weiter vorgetragen, sei im Übrigen kein Schaden entstanden, da die Sparkasse gegen sie nicht vollstrecke. Im Übrigen sei die hier vorliegende dreiseitige Verrechnungsabrede nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nichtig, weil beide von ihm protokollierten Kaufverträge nichtig seien und deshalb in der Person der Verkäuferin kein rechtswirksamer Kaufpreisanspruch entstanden sei.

Die wegen unzutreffender Protokollierung des Kaufpreises nichtigen Verträge seien für den Vermögensnachteil der Kläger ursächlich, so hat der Beklagte gemeint, nicht aber die behauptete Pflichtverletzung seinerseits. Im Übrigen sei den Klägern zumutbar, unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe gegen die Bezirkssparkasse auf Freigabe der Grundschuld zu klagen.

Mit am 4. April 2001 verkündetem Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage in den Zinsen gemäß den beiden Hauptanträgen verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte habe seine Amtspflichten verletzt, weil er weder die Kläger auf die in den Kaufpreiszahlungsbedingungen liegende Gefahr (ungesicherte Vorleistung) hingewiesen noch ihnen eine andere Gestaltungsmöglichkeit vorgeschlagen habe. Auch habe der Beklagte gegen § 18 Beurkundungsgesetz verstoßen, weil er den Sanierungsvermerk nicht in die Urkunde aufgenommen habe. Den Klägern sei hierdurch ein Schaden entstanden; sie müssten das Darlehen zurückzahlen, ohne von der Verkäuferin den Kaufpreis zurückerstattet zu bekommen. Die Sparkasse habe die Darlehensvaluta den Klägern zur Verfügung gestellt. Von einer dreiseitigen Verrechnungsabrede könne jedenfalls aufgrund des Beklagtenvorbringens nicht ausgegangen werden. Der Umstand, dass die Finanzierung des Kaufpreises über dasselbe Kreditinstitut erfolgt sei, das auch Darlehensgeberin der Wohnungsverkäuferin gewesen sei, reiche hierfür nicht aus. Die Darlehensverträge würden von der Nichtigkeit des Kaufvertrages nicht erfasst. Zwischen dem Schaden der Kläger und der Pflichtverletzung des Beklagten bestehe ein adäquater Kausalzusammenhang. Hätte der Beklagte die Kläger ordnungsgemäß über die Risiken einer Vorleistung belehrt, wäre die sanierungsrechtliche Genehmigung zur Auszahlungsvoraussetzung gemacht worden und der Kaufpreis wäre mithin nicht vorher geflossen. Letztlich könnten sich die Kläger auch nicht auf andere Weise für den entstandenen Schaden Ersatz verschaffen. Sie müssten sich weder auf eine ungewisse Erwerbsaussicht verweisen lassen noch auf einen weiteren Prozess gegen die Sparkasse.

Gegen das vorstehende und ihm am 31. Mai 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit bei Gericht am 22. Juni 2001 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese sofort begründet. Zugleich hat er der Sparkasse und der Wohnungsverkäuferin den Streit verkündet, die beide dem Rechtsstreit indessen nicht beigetreten sind.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Beklagte im Wesentlichen wie folgt vor:

a) Die klägerseits geltend gemachten und befürchteten Vermögensschäden seien nicht kausal auf eine Pflichtverletzung seinerseits zurückzuführen. Ein Käufer, der sich auf die Unwirksamkeit eines notariellen Vertrages berufe, könne keine angeblich hieraus resultierenden Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn der Verkäufer nach wie vor zum Vertragsabschluss bereit sei. Die Kläger hätten vorliegend ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, das Schadensrisiko abzuwenden, indem sie sich zum Beispiel nicht auf die Unwirksamkeit des sanierungsrechtlich genehmigten Vertrages vom 25.10.1996 beriefen oder den Vertrag erneut nochmals abgeschlossen hätten. Die Kläger hätten Eigentum an der Wohnung erwerben können.

Das Landgericht berücksichtige bei seiner Entscheidung nicht, dass der von ihm beurkundete Vertrag als Scheingeschäft, was ihm damals nicht bekannt gewesen sei, nichtig gewesen sei. In Kenntnis der Genehmigungsverweigerung am 12.06.1996 hätten die Kläger sich am 25.10.1996 gleichwohl zur Zahlung von DM 185.000,00 an die Kläger verpflichtet, obwohl nur DM 140.000,00 protokolliert worden seien. Die nach landgerichtlicher Meinung erforderliche und unterbliebene Belehrung über die Risiken ungesicherter Vorleistung seien für den Eintritt des Schadens nicht kausal geworden. Schon am 04.12.1995 ­ mithin noch vor Protokollierung des streitgegenständlichen Kaufvertrages ­ hätten die Kläger die Sparkasse durch "Auszahlungsauftrag" angewiesen, am 30.12.1995 DM 190.000,00 auf das bei dieser geführten Konto der Verkäuferin zu verrechnen. Sein, des Beklagten, Verhalten sei nicht ursächlich, dass die Kläger schon am 30.12.1995 mit Darlehensvaluta belastet worden seien.

b) Die landgerichtlichen Ausführungen zur dreiseitigen Verrechnungsabrede überzeugten nicht. Die Formulare für den Kreditvertrag seien von dem Vermittler A., der nicht nur für die Verkäuferin, sondern auch für die Sparkasse tätig geworden sei, den Klägern nach Berlin gebracht worden. Am 01.12.1995 sei in Berlin die Vollmacht der Kläger für Anders notariell beurkundet worden. Das gesamte Geschäft sei ein sogenanntes "Steuersparmodell" gewesen, was die Verkäuferin und die Sparkasse gemeinsam durchgeführt hätten. Dazu passe auch, dass die Sparkasse sich die Ansprüche auf die Mieteinkünfte habe abtreten lassen. Nach Eingang des von den Klägern in Berlin unterzeichneten Kreditvertrages habe die Sparkasse dann die Darlehensvaluta dem bei ihr geführten Bankkonto der Verkäuferin gutgeschrieben. Weder Lastenfreistellung noch die Auflassungsvormerkung, die nach dem beurkundeten Kaufvertrag Fälligkeitsvoraussetzung für die Auszahlung des Kaufpreises gewesen seien, seien abgewartet worden. All dies belege eine mehrseitige Verrechnungsabrede. Eine solche werde angenommen, wenn Darlehensvertrag und Kaufvertrag über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden seien, dass kein Geschäft ohne das andere geschlossen worden wäre und jeder der Verträge seinen Sinn aufgrund des anderen erhalte. Die vorbeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Vorliegend hätten Verkäuferin und Sparkasse gemeinsam den Vermittler beauftragt gehabt, Kaufverträge und Kreditverträge zu vermitteln. Neben den hiesigen Klägern seien auch den Erwerbern W, P, S und F, sämtlich wohnhaft in Berlin, gleichartige Kaufverträge und Kreditverträge vermittelt worden und sämtlich bei ihm, dem Beklagten, beurkundet worden. Der Auszahlungsauftrag der Kläger vom 04.12.1995 entspreche einer Verrechnungsabrede. Wegen der Nichtigkeit des Kaufpreisanspruches gehe indessen die Verrechnung ins Leere mit der Folge, dass der Sparkasse gegenüber den Klägern kein Darlehensanspruch zustehe, und diesen mithin auch kein Schaden erwachsen sein könne.

c) Die Vertragsanbahnung sei in der Wohnung der Kläger in Berlin erfolgt. Mit Nichtwissen bestreite er, der Beklagte, dass den Klägern eine dem Haustürwiderrufsgesetz genügende Belehrung zuteil geworden sei. Übten die Kläger das ihnen zustehende Widerrufsrecht aus, sei ihnen kein ersatzfähiger Schaden entstanden.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 04.04.2001 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil vom 04.04.2001 des Landgerichts Darmstadt zurückzuweisen.

Die Kläger tragen vor, ihre Weigerung, mit der Verkäuferin nochmals einen Kaufvertrag abzuschließen, könne im Sinne der BGH-Rechtsprechung zum haftungsrechtlichen Kausalzusammenhang weder als ungewöhnlich noch als unsachgemäß angesehen werden. Die streitbefangene Wohnanlage sei, was sie nach Abschluss des Kaufvertrages erfahren hätten, notleidend. Notwendige Instandsetzungsarbeiten seien nicht durchgeführt worden. Im Übrigen habe der BGH in einem Beschluss vom 08.07.1993 ausgeführt, dass ein möglicher, aber unterbliebener Neuabschluss eines formunwirksamen Vertrages die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung nicht berühre.

Mit Nichtwissen bestritten sie, die Kläger, dass der sogenannte Vertrag vom 25.10.1996 sanierungsrechtlich genehmigt worden sei.

Die Kläger tragen des Weiteren noch vor: a) Die Formnichtigkeit des Kaufvertrages vom 07.12.1995 habe sich auf die streitgegenständlichen Schäden nicht ausgewirkt, denn ohne den hier dem Beklagten zur Last gelegten Pflichtverstoß wäre es niemals zur Valutierung der Darlehen gekommen;

b) Die Darstellung des Beklagten betreffend Zahlungsanweisung vom 30.12.1995 sei unzutreffend. Es möge eine Zahlungsanweisung geben, aber diese stelle nichts anderes dar als ihre Anweisung an das Kreditinstitut, bei Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen das Darlehen zu valutieren. Die Darlehensvaluta seien erst Ende Mai 1996 ausgezahlt worden. Eine dreiseitige Verrechnungsabrede sei nicht getroffen worden.

c) Dass der Vermittler gemeinsam von Verkäuferin und Sparkasse beauftragt gewesen sein solle, bestritten sie. Sie, die Kläger, bestritten auch, dass mit den Erwerbern gleichgelagerte Kauf- und Kreditverträge vereinbart worden seien. Selbst wenn indessen von einem Einwendungsdurchgriff auszugehen sein sollte, so seien sie zumindest zur Zurückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet.

Der weiteren Einzelheiten wegen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 511, 511 a, 518, 519 ZPO a. F. ­ gemäß § 26 Ziffer 5 EGZPO finden auf das vorliegende Verfahren die zum 31.12.2001 geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung, weil die mündliche Verhandlung in erster Instanz vor dem 31.12.2001, - 10 nämlich am 14.02.2001 geschlossen wurde ­ statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist sachlich unbegründet, weshalb sie zurückzuweisen war.

Der Senat geht mit dem Landgericht dahingehend einig, dass zum einen dem Beklagten eine Pflichtverletzung wegen unzureichender Belehrung anzulasten ist, die bei den Klägern adäquat kausal und in einem Rechtswidrigkeitszuammenhang stehenden Schaden verursacht hat; und zum anderen, dass die Kläger auf keine anderweitige Ersatzmöglichkeit verwiesen werden können (§ 19 BNotO).

Im Einzelnen:

1. Der Beklagte hat die Kaufvertragsparteien im Sinne des § 17 BeurkG nur unzureichend belehrt. Diese entsprechende landgerichtliche Feststellung hat der Beklagte mit seiner Berufung nicht angefochten. Im Übrigen ist die landgerichtliche Feststellung auch zutreffend, weshalb letztlich es sogar dahingestellt bleiben könnte, ob der Beklagte mit seiner Berufung nicht auch noch diese Feststellung habe angreifen wollen. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. unter vielen anderen Urteil des XI. ZS des BGH vom 27.10.1994 in NJW 1995 Seite 330, 331 mit weiteren Nachweisen) hat der Notar im Rahmen des § 17 BeurkG bei einer ungesicherten Vorleistung nicht nur auf die rechtliche Tragweite und auf die inhärenten Risiken hinzuweisen, sondern hat den Verfahrensbeteiligten auch die Möglichkeiten einer Abhilfe aufzuzeigen.

Der Beklagte behauptet selbst nicht, diesen Anforderungen Genüge geleistet zu haben.

Hätte der Beklagte die Kläger ordnungsgemäß belehrt, hätten sich diese, wofür eine Vermutung spricht, beratungskonform verhalten und hätten das Vorliegen der Genehmigung durch die Sanierungsbehörde zur Fälligkeitsvoraussetzung erhoben (vgl. zur Vermutung auch Urteil des OLG Sachsen-Anhalt vom 31.05.2001 in OLGR Naumburg 2002 Seite 499 mit Nachweisen).

2.

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten haben die Kläger auch einen Schaden erlitten.

Für die Ermittlung des Schadens, für dessen Entstehung und Vorliegen die Kläger beweisbelastet sind, gilt, wie im gesamten Bereich des Schuldrechts, die das Schadensersatzrecht charakterisierende Differenzhypothese. Der (Vermögens-)Schaden einer Person besteht mithin in der Differenz zweier Güterlagen; der durch die Amtspflichtverletzung geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten.

Vorliegend haben die Kläger an die Wohnungsverkäuferin eine Kaufpreiszahlung erbracht und haben hierfür keine Gegenleistung erhalten. Sie sind vielmehr heute mit der Darlehensrückzahlungsverpflichtung belastet. Dass damit eine negative Veränderung in ihrer Vermögenslage eingetreten ist, ist so offenkundig, dass es hierzu keiner weiteren Ausführungen bedarf.

Die in diesem rechtlichen Zusammenhang vorgetragenen Argumente des Beklagten, die belegen sollen, dass den Klägern trotz ihrer formalen Belastung mit der Kreditverbindlichkeit letztlich kein Schaden erwachsen ist, greifen sämtlich nicht durch.

Darlehensvertrag und Kaufvertrag stehen nach Aktenstand zunächst in keinem Zusammenhang dergestalt, dass es zu einem Einwendungsdurchgriff kommen könnte (vgl. § 9 Verbraucherkreditgesetz).

Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Darlehensvertrag und finanziertem Rechtsgeschäft setzt voraus, so hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 19. Mai 2000 (NJW 2000, Seite 3065 ff., 3066 = DNotZ 2000 Seite 700) ausgeführt, dass beide Vereinbarungen über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden sind, dass kein Geschäft ohne das andere geschlossen worden wäre und jeder der Verträge seinen Sinn erst durch den anderen erhält. Bei Grundstücksgeschäften könne hiervon, wie wiederholt der Bundesgerichtshof hervorgehoben habe, nur unter besonderen Voraussetzungen ausgegangen werden. Die innere Verknüpfung von Erwerbsgeschäft und Kreditgeschäft liege nicht schon darin, so hat der BGH in diesem vorzitierten Urteil weiter ausgeführt, dass dem Käufer ein zweckgebundenes Darlehen gewährt werde. Eine hinreichende wirtschaftliche Verflechtung beider Rechtsgeschäfte komme nur dort in Betracht, wenn sich der Darlehensgeber nicht mit seiner Finanzierungsrolle begnüge, sondern Funktionen des Verkäufers (etwa Werbung und Vertrieb, rechtliche Ausgestaltung der Geschäfte) in Zusammenwirken mit diesen in einer Weise und in einem Umfang wahrnehme, dass die Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrages gegen Treu und Glauben verstoße.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichthofes hat in seinem Urteil vom 10. September 2002 (NJW 2003 Seite 199) entschieden, dass § 9 Verbraucherkreditgesetz in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung auf Realkreditverträge nicht anwendbar sei mit der Folge, dass Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen sind (diesen Rechtsstandpunkt hat der Senat in Auseinandersetzung mit der Literaturkritik in seinem Urteil vom 12.11.2002, abgedruckt in NJW 2003, Seite 422 wiederholt).

Selbst wenn mithin zugunsten des Beklagten der Senat unterstellte, der Grundstückskaufvertrag sei in einer Haustürsituation angebahnt worden (vgl. zu den tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen eine Haustürwiderrufssituation trotz veranlassten Telefonats des Anbieters angenommen werden kann, das Urteil des VIII. ZS des BGH vom 25.10.1989 in BGHZ 109, Seite 127) wäre zwar ­ ohne dass an dieser Stelle zu untersuchen wäre, welche Rechtswirkungen die anderweitig gegebene Nichtigkeit in diesem Zusammenhang entfaltet ­ der Kaufvertrag widerrufbar, nicht aber die beiden Darlehensverträge. Sollten auch die Darlehensverträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufbar sein, wofür indessen nach Aktenstand nichts spricht, so wären die Kläger jedenfalls verpflichtet, die empfangenen Darlehensvaluta der Sparkasse zurückzuzahlen, so dass es stets bei der negativen Vermögensveränderung verbleibt.

Die Kläger haben, was der Beklagte mit rechtlichen Zweifeln belegt, auch die Darlehensvaluta erhalten.

Der Empfang der Darlehensvaluta setzt voraus, dass der Darlehensgegenstand aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden und dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt wird. Werden die Darlehensvaluta auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt, so hat der Darlehensnehmer regelmäßig den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB a. F. empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat (so jüngst wieder der XI. ZS des BGH in seinem Urteil vom 12.11.2002, NJW 2003 Seite 422 ff., 423).

Vorliegend hat die Sparkasse die Darlehensvaluta auf klägerische Weisung der Verkäuferin gutgebracht. Dies ist ausreichend. Dass die Klägerin wegen der Formnichtigkeit des Kaufvertrages rechtlich zur Zahlung des Kaufpreises an die Verkäuferin nicht verpflichtet war, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Entscheidend ist, dass ein wirksamer Darlehensvertrag begründet wurde. Hiervon ist auszugehen, weil bei Kreditabschluss die Kläger selbst handelten und sich nicht etwa vertreten ließen, weshalb sich vorliegend nicht die Problematik stellt, ob ein möglicherweise mit der Vertriebsfirma P. geschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist und diese Nichtigkeit auch die in Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrages erteilte Vollmacht erfasst. Aufgrund des wirksamen Darlehensvertrages war die Sparkasse zur Leistung der Darlehensvaluta verpflichtet. Sie hat diese weisungsgemäß ausgekehrt, weshalb im Rahmen dieser Betrachtungsweise die Kläger auch zur Bedienung des Kredites verpflichtet sind.

Der Hinweis des Beklagten auf die bereits vorzitierte Entscheidung des X. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 19. Mai 2000 geht fehl. Der Tatsachenvortrag des Beklagten rechtfertigt in keiner Weise die Annahme, zwischen den Klägern, der Wohnungsverkäuferin und der Sparkasse sei es zu einer dreiseitigen Verrechnungsabrede gekommen. Hierzu reicht es nicht aus, dass die Sparkasse auf Weisung der Kläger (vgl. § 2 des Kaufvertrages) die Darlehensvaluta unmittelbar auf ein bei ihr gleichfalls geführtes Konto der Wohnungsverkäuferin gutgebracht hat und damit, was indessen zwar nicht belegt aber wahrscheinlich ist, sich die Schuld der Wohnungsverkäuferin gegenüber der Sparkasse um diesen Betrag verringert hat. Nicht einmal ansatzweise ist beklagtenseits vorgetragen worden, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat, dass die Kläger in ihren Geschäftswillen aufgenommen hatten, dass mit ihrer Zahlung die Verkäuferin Schulden bei der Sparkasse tilgen sollte. Der typische Geschäftswille des Käufers geht lediglich dahin, mit seiner Zahlung seine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Verkäufer zu tilgen. Dass entsprechend den heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten regelmäßig der Wohnungsverkäufer mit diesem Geld seinerseits wieder Verbindlichkeiten erfüllt, mag dem Käufer bekannt sein; führt aber nicht dazu, dass er seine Zahlung in ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis mit der anderweitigen Schuldentilgung bringen will. Eine Absprache der wirtschaftlich Beteiligten, was mit der Forderung der Sparkasse gegenüber der Verkäuferin bei Zahlung des Kaufpreises erfolgen soll, fehlt. Vielmehr verbleibt es bei der allgemein gültigen Feststellung, dass der Darlehensgeber seiner Verpflichtung zur Verfügungsstellung der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer nachkommt, wenn er auf dessen Weisung an einen Dritten zahlt, dem gegenüber der Darlehensnehmer selbst zur Zahlung verpflichtet ist (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 62. Aufl. 2003, Rz 8 zu § 488 mit Nachweisen). Der Beklagte kann mithin aus dem unstreitigen Umstand, dass niemals rechtswirksam ein Kaufpreisanspruch begründet wurde, keine für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten.

3. Der klägerseits geltend gemachte Schaden beruht auch adäquat kausal auf der Pflichtverletzung des Beklagten und steht in dem damit begründeten Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Im Sinne des natürlichen Ursachenbegriffs ist zunächst zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhaltendes Notars genommen hätten und wie die Lage des Betroffenen wäre, wenn der Notar die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte (so z. B. der XI. ZS des BGH in seinem Urteil vom 08.07.1993 in NJW 1993 Seite 2617 ff., 2619 wie auch in seinem früheren Urteil vom 24.10.1985 in BGHZ 96, 157 ff.).

Besteht die Pflichtverletzung in einem Unterlassen ­ wie hier -, muss untersucht werden, wie die Dinge bei pflichtgemäßem positiven Handeln verlaufen wären; es muss also hinzugedacht werden, dass der Notar die verletzte Amtspflicht erfüllt hat (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, Bundesnotarordnung, 5. Aufl. 2003, Rn 127 zu § 19).

Hätte der Beklagte ordnungsgemäß die Kläger belehrt, wäre die Genehmigung der Sanierungsbehörde zur Auszahlungsvoraussetzung erhoben worden. Wäre dies geschehen, wären die Darlehensvaluta niemals aus der Geschäfts- und Einflusssphäre der Kläger abgeflossen. Als sich abzeichnete, dass es nicht zum Kauf der Wohnung kommen würde, hätten die Kläger die Darlehen bei der Sparkasse nicht abgerufen und wären allenfalls mit geringen Kosten durch die Sparkasse belastet worden.

Indem die Kläger weder einen neuen Kaufvertrag mit der Grundstücksverkäuferin abschlossen noch den am 25.10.1996 protokollierten Vertrag genehmigten, haben sie entgegen Beklagtenansicht nicht unsachgemäß und in ungewöhnlicher Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingegriffen und damit die Ursache gesetzt, die den Schaden erst endgültig herbeigeführt hat. Vielmehr ist die Reaktion der Kläger durch die Nichtigkeit des Kaufvertrages herausgefordert worden und stellt sich keinesfalls als ungewöhnliche Reaktion auf dieses Ereignis dar (vgl. die Urteile des XI. ZS des BGH vom 07.01.1993 in NJW 1993 Seite 1587 ff., 1589 sowie vom 26.09.1997 in NJW-RR 1998 Seite 133, mit jeweils weiteren Nachweisen; Urteil des OLG Hamm vom 20.05.1992 zu Az: 11 U 31/91; Karl Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl. 1997, Tz 853).

Den Klägern konnte unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht angesonnen werden, in zwischenzeitlich erworbener Kenntnis den Kaufvertrag erneut abzuschließen. Ein Neuabschluss des Vertrages mit dem ursprünglich gewollten Inhalt war nicht wirtschaftlich sinnvoll. Die Grundstücksverkäuferin war erkennbar nicht zu einem signifikanten Preisnachlass bereit; denn der am 25.10.1996 protokollierte Vertrag war erneut wegen Nichtbenennung der tatsächlich geschuldeten Gegenleistung formnichtig. Der dort protokollierte Kaufpreis muss nämlich im Zusammenhang mit der privatschriftlichen Vereinbarung der Zahlung eines Werklohnes gesehen werden. Das Handeln der Kläger beruht mithin auf nachvollziehbaren, vernünftigen und vertretbaren Erwägungen (vgl. zu diesem Problemkreis auch Urteil des IX. ZS des BGH vom 26.09.1997 in NJW-RR 1998 Seite 133).

Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich in Struktur und Interessenlage wesentlich von den Fällen, in denen die Rechtsprechung einem Grundstücksverkäufer bei nichtigem Kaufvertrag ­ die Baubeschreibung war jeweils nicht mitprotokolliert worden - ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Notar mit der Begründung versagt hat, er, der Verkäufer, hätte es in der Hand gehabt, den Kaufvertrag formwirksam neu zu schließen. In den dortigen Fällen konnte jeweils dem Grundstücksverkäufer angesonnen werden, zu den Konditionen des formunwirksamen Kaufvertrages einen neuen und formwirksamen Vertrag mit den kaufwilligen Käufern abzuschließen. Vorliegend wird jedoch der Inhalt des Kaufvertrages, wie wirtschaftlich angedacht, von der Rechtsordnung missbilligt.

Die Kläger haben sich vorliegend, wenn sie sich in das Objekt nicht mehr einkaufen wollten, keinesfalls unredlich verhalten. Der hier zur Beurteilung anstehende Sachverhalt ist kein typischer Fall der sogenannten Kaufreue, die im Allgemeinen ohne rechtliche Relevanz bleibt. Es bedarf daher auch keiner Erörterung mehr, welchen Einfluss in diesem Zusammenhang das Urteil des Landgerichts H. vom 17.10.1997 hat, mit dem zumindest rechtskräftig feststeht, dass hier der Anspruch der Wohnungsverkäuferin auf Neuabschluss eines Kaufvertrages entfallen ist.

Auch vor dem Hintergrund, dass die Grundstücksverkäuferin zumindest damals bereit war, den Klägern das Eigentum an der Eigentumswohnung zu übertragen und die Kläger somit die ursprünglich vereinbarte Gegenleistung erhalten hätten und daher argumentiert werden kann, vorliegend habe sich die typische Gefahr bei einer ungesicherten Vorleistung, nämlich dass der Vorleistende keine Gegenleistung erhält, gerade nicht realisiert, ist der Senat der Auffassung, dass der Beklagte verpflichtet ist, den klägerischen Schaden auszugleichen.

Grundsätzlich sind nur solche nachteiligen Folgen auszugleichen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die notarielle Amtspflicht im Einzelfall dient; notwendig ist ein innerer Zusammenhang mit der durch den Notar geschaffenen Gefahrenlage, nicht nur eine zufällige äußere Verbindung (vgl. Sandkühler a. a. O. Rn 136 zu § 19; vgl. zum Schutzzweckgedanken im allgemeinen auch Haug a. a. O. Tz 848 ff., der diesen Gedanken jedoch grundsätzlich ablehnend gegenübersteht, weil haftungsausweitend von der Rechtsprechung behandelt).

Die Prüfung des Kaufvertragsinhaltes durch die Sanierungsbehörde soll letztlich auch die Käufer schützen (vgl. auch Battis, Krautzberger, Löhr BauGB, 7. Aufl. 1999 Rn 11 zu § 153). Die Verkäuferin war nicht bereit, zu sanierungsrechtlich unbedenklichen Bestimmungen (Höhe des Kaufpreises) die Wohnung an die Kläger zu veräußern. Das ursprünglich wirtschaftlich Gewollte ist indessen rechtswirksam nicht zu vereinbaren, weshalb die in der Person der Kläger eingetretene negative Vermögenslagenänderung sehr wohl in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Beklagten geschaffenen Gefahrenlage steht.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen ­ falls sein Hinweis auf die aus anderen Gründen gegebene Nichtigkeit des Kaufvertrages in diesem Sinne verstanden werden soll -, dass der von ihm verursachte Schaden aufgrund eines anderen Ereignisses (sogenannte Reserveursache) ohnehin eingetreten wäre. Es ist zwar richtig, dass wegen der fehlerhaften Beurkundung des Kaufpreises der Kaufvertrag von Anfang an nichtig war, aber dieser Umstand hätte sich bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Beklagten niemals zum Nachteil der Kläger auswirken können. Wären diese nämlich, wie oben bereits ausgeführt, ordnungsgemäß belehrt worden, wären die Darlehensvaluta nie an die Verkäuferin geflossen. Die aus anderem Grund gegebene Nichtigkeit des Kaufvertrages hätte sich daher auf die Vermögenslage der Kläger niemals nachteilig auswirken können.

Der Vollständigkeit halber sei auch auf das weitere Argument des Beklagten betreffend Auszahlungsanordnung vom 04.12.1995 eingegangen. Auch der dort in Bezug genommene Sachverhalt vermag das oben dargestellte Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Die Anweisung der Kläger steht nämlich erkennbar im Zusammenhang mit den beabsichtigten und noch abzuschließenden Verträgen und wird von deren Inhalt überlagert. Tatsächlich sind auch die Darlehensvaluta erst nach dem 10. Mai 1996 ­ Mitteilung des Beklagten, die Auszahlungsvoraussetzungen liegen vor ­ ausgekehrt worden.

4. Letztlich greift zugunsten des Beklagten nicht das Verweisungsprivileg des § 19 BNotO, wobei die Streitfrage, zu welchem Zeitpunkt die anderweitige Ersatzmöglichkeit bestehen muss ­ das Reichsgericht hat auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abgestellt (so der III. ZS in seinem Urteil vom 15.10.1920 in RGZ 100 Seite 128); auch der IX. ZS des BGH hat im Urteil vom 24.06.1993 (WM 1993, Seite 1896 ff., 1898) diesen Zeitpunkt für maßgeblich erachtet, die moderne Literatur stellt indessen, nach Meinung des Senates wohl zu Recht, im Umkehrschluss zu § 767 Abs. 1 ZPO auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ab (in diesem Sinne auch Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl. 1998, Tz II 253; Haug a. a. O., Tz 212; Sandkühler a. a. O. Rn 175 zu § 19; wohl auch Ganter in DNotZ 1998 Seite 851 ff., 863) -, nicht entschieden werden muss, weil die Kläger bereits bei Klageerhebung durch Vorlage des Schriftverkehrs mit der Sparkasse belegt haben, dass für sie keine anderweitige zumutbare Ersatzmöglichkeit besteht.

Als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 19 BNotO kommen alle Möglichkeiten der Schadloshaltung tatsächlicher und rechtlicher Art in Betracht, sofern sie sich aus demselben Tatsachenkreis wie der Amtshaftungsanspruch ergeben und dem Ausgleich desselben Schadens dienen wie dieser (Kongruenz). Daher können auch Erfüllungs- und vor allem auch, was hier in Betracht kommt, Bereicherungsansprüche anderweitige Ersatzmöglichkeiten darstellen (vgl. Urteil des XI. ZS des BGH vom 11.03.1993 in DNotZ 1993 Seite 749 sowie Sandkühler a. a. O. Rn 161 zu § 19).

Die Kläger können aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Mitwirkung der Sparkasse nicht aus dem von ihnen erstrittenen Urteil gegen die Verkäuferin vollstrecken. Die Sparkasse ist indessen nicht bereit ­ in welcher Form auch immer ­ eine Löschungsbewilligung unter Treuhandauflagen zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG H. vom 17.10.1997 zur Verfügung zu stellen, weshalb der Beklagte die Kläger nicht auf den ihnen zustehenden bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen die Wohnungsverkäuferin verweisen kann.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO i. d. F. des RG.

Die Revision gegen das Senatsurteil war nicht zuzulassen, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO i. d. F. des RG ­ gemäß § 26 Nr. 7 EGZPO gilt für die Revision neues Recht ­ nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, Rn 11 zu § 543 mit Nachweisen). Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung ist gegeben, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechtes aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (vgl. hierzu insgesamt auch Nassall: Irrwege. Wege ­ Die Rechtsmittelzulassung durch den BGH in NJW 2003 Seite 1345 ff.).

Der Senat hat im vorliegenden Urteil zu keinen entscheidungsrelevanten Rechtsfragen Stellung genommen, die in Rechtsprechung oder Literatur noch umstritten sind. Vielmehr hat er anerkannte Grundsätze der Rechtsprechung auf einen konkreten Sachverhalt angewandt.

Letztlich ist auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben, wobei offen bleiben kann, inwieweit allein Divergenzen in der OLG-Rechtsprechung dieses Tatbestandsmerkmal auszufüllen vermögen. Der Senat setzt sich nämlich mit seinem Urteil nicht in rechtlichen Widerspruch zu dem am 21. Februar 2003 verkündeten Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt in einer Parallelsache zu Aktenzeichen 24 U 122/01. Wenn dort der 24. Zivilsenat unter Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung die Klage der Wohnungskäufer abgewiesen hat, so deshalb, weil er aufgrund des dort festgestellten Sachverhaltes eine anderweitig bestehende Ersatzmöglichkeit bejaht hat. Der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt hat in dem vorbezeichneten Urteil in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die dortigen Kläger (Wohnungskäufer) hätten nicht den Weg beschritten, die Sparkasse aufzufordern, dem Vollstreckungsorgan unter Treuhandauftrag die Löschungsbewilligung für das Finanzierungsgrundpfandrecht zu überlassen ­ anders jedoch die Kläger im vorliegenden Verfahren -, weshalb derzeit nicht feststehe, ob den dortigen Wohnungskäufern letztlich überhaupt ein Schaden erwachsen sei. Dass die Zwangsvollstreckung des auf Zahlung gerichteten Urteils gegen die Wohnungsverkäuferin erfolglos bleibe, sei nicht einmal ansatzweise dargetan worden. Der 24. Zivilsenat des OLG Frankfurt hat in dem vorbezeichneten Urteil jedoch gleichfalls grundsätzlich einen auszugleichenden Schaden ­ mit der obigen Einschränkung allerdings ­ bejaht, der adäquat kausal auf den gleichfalls festgestellten Pflichtenverstoß des Notars zurückzuführen sei.

Ende der Entscheidung

Zurück