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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 13 U 200/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
Zur Auslegung eines Auflösungsvertrages im Hinblick auf ein Wettbewerbsverbot.
Gründe:

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie den Gesellschaftsvertrag zur Begründung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vom 12. November 2002 (im folgenden Gesellschaftsvertrag), den Auflösungsvertrag zwischen den Parteien und dem früheren Gesellschafter A vom 12. November 2002 (im folgenden Auflösungsvertrag A) und den Vertrag bezüglich des Ausscheidens des Gesellschafters B vom 23. Januar 2004 (im folgenden Ausscheidungsvertrag) Bezug genommen.

Das Landgericht hat in § 5 Abs. 4 des Auflösungsvertrags A die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes auch für die in der GbR verbleibenden Gesellschafter - die Parteien dieses Rechtsstreits - gegenüber der GbR gesehen und wegen des vom Kläger begangenen Wettbewerbsverstoßes und der danach verwirkten Vertragsstrafe von 50.000,00 € den Kläger unter Abweisung der Klageforderung auf die Widerklage zur Zahlung der nicht durch die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung verbrauchten Vertragsstrafe verurteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit seiner hiergegen form- und fristgemäß eingelegten Berufung rügt der Kläger die Vertragsauslegung des Landgerichts. Er ist der Meinung, § 5 Abs. 4 des Auflösungsvertrags A beziehe sich allein auf dessen Ausscheiden und solle sicherstellen, dass zukünftig kein weiterer Gesellschafter die Praxis verlassen und in eine Konkurrenzsituation mit A trete (Zeuge A, vom Kläger bereits in erster Instanz benannt).

§ 13 des Gesellschaftsvertrages beinhalte lediglich ein vertragliches Wettbewerbsverbot, jedenfalls sei eine sich daraus ergebende Verpflichtung mit Ziffer 2 seines Ausscheidungsvertrages aufgehoben.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 12.793,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 6.396,50 € seit dem 2. Mai 2004 sowie aus 6.396,50 € seit dem 2. Juni 2004 zu bezahlen sowie die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie halten die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des Auflösungsvertrags A für zutreffend. Jedenfalls regele auch § 13 des Gesellschaftsvertrags den nachvertraglichen Wettbewerbsverstoß.

Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2006 haben die Beklagten unstreitig gestellt, dass der Kläger anlässlich der Verhandlung über sein Ausscheiden aus der Gesellschaft einen Vertragsentwurf vorlegte, der für die Einhaltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverstoßes eine Abfindung vorsah. Die Beklagten tragen vor, sie hätten auf einer Wettbewerbsklausel ohne Abfindung im Ausscheidungsvertrag mit dem Kläger nicht intistiert, da sie davon ausgegangen seien, dass "die vereinbarte Konkurrenzklausel fortgelten würde".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 23. Januar 2006, die Berufungserwiderung der Beklagten vom 20. April 2006 sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 15. Mai 2006 Bezug genommen.

In der Ladungsverfügung vom 21. April 2006 hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass nach Auffassung des Senats § 5 des Auflösungsvertrags vom 12. November 2002 nicht dahin auszulegen sein dürfte, dass damit zugleich ein Konkurrenzverbot der einzelnen Gesellschafter gegenüber der C begründet wäre.

Die zulässige Berufung hat - mit Ausnahme eines Teils des Zinsbegehrens - auch in der Sache Erfolg. Die Widerklage war abzuweisen und die Beklagte zur (Rück-) Zahlung der beiden letzten Raten der Kapitaleinlage des Klägers zu verurteilen.

Die Beklagten haben weder schlüssig dargelegt noch den Nachweis geführt, das ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bestand, gegen das der Kläger mit der Eröffnung seiner Praxis in O1 verstoßen hätte.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich ein solches Wettbewerbsverbot des aus der GbR ausscheidenden Gesellschafters gegenüber der GbR nicht aus § 5 des Auflösungsvertrags A. Der Auflösungsvertrag A trifft - wie sich aus dem Vertragseingang ergibt - Regelungen zwischen den Parteien dieses Vertrages, das sind die verbleibenden Gesellschafter, die Beklagten und der Kläger einerseits und der ausscheidende Gesellschafter A andererseits. Entsprechend vereinbarten diese Parteien (§ 5 Abs. 1) das in § 5 niedergelegte Konkurrenzverbot. § 5 Abs. 2 verpflichtet danach die C sowie jeden einzelnen Gesellschafter der C, d. h. die Gesellschafter D, E - die Beklagten zu 2) und 3) - und F - den Kläger - in dieser ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der C gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter A. Der übernächste Absatz (§ 5 Abs. 4) begründet darüber hinaus die entsprechende Verpflichtung dieser Gesellschafter gegenüber A ad personam, d. h. unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zur C auch nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft. § 5 Abs. 3 regelt "im Gegenzug" die Verpflichtungen AŽs.

Dafür, dass § 5 Abs. 4 ein Konkurrenzverbot der verbleibenden Gesellschafter der C gegenüber dieser Gesellschaft begründete, ergeben sich weder aus dem Auflösungsvertrag A als Ganzem noch aus dieser Vertragsbestimmung irgendwelche Anhaltspunkte. Insbesondere läuft § 5 Abs. 4 entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht leer, wenn ihm keine Bedeutung für die Pflichten der verbleibenden Gesellschafter gegenüber der C beigemessen wird.

Im übrigen machte es auch keinen Sinn, eine Konkretisierung des Wettbewerbsverstoßes des Gesellschaftsvertrages in den Auflösungsvertrag A aufzunehmen, da beide Verträge am gleichen Tage, dem 12. November 2002 unterschrieben worden sind.

Damit obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Parteien abweichend vom Vertragstext ein der Verpflichtung AŽs entsprechendes Wettbewerbsverbot auch für die verbleibenden Gesellschafter gegenüber der C vereinbaren wollten, den Beklagten. Der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 15. Mai 2006, anlässlich des Ausscheidens AŽs sei das Thema der Konkretisierung der bereits bestehenden Konkurrenzklausel erneut aufgegriffen und durch die Regelung des Auflösungsvertrags A zugleich eine Konkretisierung des Wettbewerbsverbots mit Wirkung für sämtliche Gesellschafter herbeigeführt worden, enthält indes keine Tatsachen, aus denen sich die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes auch für die in der C verbleibenden Gesellschafters ergeben würde, sondern beschreibt lediglich die behauptete Rechtsfolge. Darüber hinaus fehlt es auch an einem zulässigen Beweisantritt, da die eidesstattliche Versicherung des Beklagten zu 3) als Beweismittel nur im Eilverfahren zugelassen ist. Hierauf ist in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen worden.

Ob § 13 des Gesellschaftsvertrages ein Wettbewerbsverbot wirksam begründet hat, erscheint fraglich. Bedenken bestehen im Hinblick auf die fehlende Konkretisierung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht. Es ist weder geregelt, welche Art Tätigkeit den Gesellschaftern verboten sein soll (eigne Praxis, Geschäftsführungstätigkeit oder auch jedwede Mitarbeit in einer Praxis Dritter) und für welche Dauer, insbesondere ob lediglich während der Zugehörigkeit zur C als Gesellschafter oder darüber hinaus auch nach dem Ausscheiden als Gesellschafter. Insbesondere letzteres ist zwischen den Parteien streitig.

Diese Frage bedarf indes keiner Entscheidung, da die Parteien ein etwaiges Wettbewerbsverbot in Ziffer 2 des Ausscheidungsvertrags vom 23. Januar 2004 aufgehoben haben. Wenn es in Ziffer 2 des Ausscheidungsvertrags heißt:

"Alle gegenseitigen vertraglichen Pflichten bleiben bis zum 31. Dezember 2003 bestehen",

so bedeutet dies, dass nach dem 31. Dezember 2003 gegenseitige vertragliche Pflichten nicht mehr bestanden. Auch das Wettbewerbsverbot des § 13 des Gesellschaftsvertrags ist eine solche vertragliche Pflicht. Auch Pflichten aus dem in § 13 geregelten Wettbewerbsverbot - dessen Wirksamkeit einmal unterstellt - sollten danach über den 31. Dezember 2003 nicht mehr bestehen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger unstreitig die Auffassung vertreten hat, dass ein nachvertraglicher Wettbewerbsverstoß nicht bestehe und einen Vertragsentwurf vorgelegt hat, in dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zwar enthalten, dafür aber die Zahlung einer Abfindung vorgesehen war. Wenn gleichwohl und ohne auf ein Wettbewerbsverbot einzugehen § 2 des Auflösungsvertrags alle gegenseitigen Pflichten (nur) bis zum 31. Dezember 2003 - dem vorgesehenen Ausscheiden des Klägers - bestehen ließ, bestand damit aus der Sicht des Klägers als Erklärungsempfänger (§§ 133, 157 BGB) - bei dem Auflösungsvertrag handelte es sich um den Entwurf der Beklagten - über den 31. Dezember hinaus kein Wettbewerbsverbot.

Der Zinsanspruch ist lediglich ab 1. Juni bzw. 1. Juli 2004 begründet. Dies ergibt sich aus der in Nr. 6 des Ausscheidungsvertrags vereinbarten Fälligkeit der eingeklagten Raten 3 und 4 am 30. Mai und 30. Juni 2004 (§§ 288, 286 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 4 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Auslegung von Individualverträgen.

Die Auslegung des Senats steht im Einklang mit den allgemein anerkannten Auslegungsregeln.

Ende der Entscheidung

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