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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 24.04.2002
Aktenzeichen: 13 U 88/99
Rechtsgebiete: GenG


Vorschriften:

GenG § 39 Abs. 1
GenG § 43
Zu den Prozess- und materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Klage gegen (auch frühere) Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft (§§ 39 Abs. 1, 43 GenG)
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

... Der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat auf die mündliche Verhandlung vom 24.4.2002 durch die Richter... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 12.2.1999 (Az: 1 O 315/98) wird zurückgewiesen, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 4) abgewiesen wurde. Im übrigen ist der Rechtsstreit - dies zur Klarstellung - erledigt.

Die Gerichtskosten beider Rechtszüge, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 3) und 4) sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten hat die Klägerin zu tragen.

Der Beklagte zu 2) hat gemäß Vergleich vom 19. 12. 2001 seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten zu 1), 3) und 4) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15 % über den durch diese drei Beklagten aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht zuvor diese drei Beklagten jeweils Sicherheit in Höhe von 15 % über den Betrag, dessen Vollstreckung sie betreiben, leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine - aus zwei Fusionen hervorgegangene - mittelgroße, als Genossenschaft verfasste Volksbank. Die vier Beklagten bildeten früher den Vorstand der Klägerin. Die Geschäfte des Vorstandes hatten sie untereinander in einer Geschäftsordnung aufgeteilt.

Die Klägerin vergab - bei einer Bilanzsumme im Jahr 1996 von ca. 1,8 Mill. DM - umfangreiche Kredite an gewerbliche Kreditnehmer. In einem Umfang, über den die Parteien streiten, wurden ab ca. dem Jahr 1997 Kredite notleidend.

Zum 31.1.1997 schied, aufgrund eines Aufhebungsvertrages, der Beklagte zu 2) bei der Klägerin aus. Vom Beklagten zu 3) trennte sich die Klägerin im Dezember 1997 durch fristlose Kündigung. Mit den Beklagten zu 1) und 4) schloss die Klägerin Aufhebungsverträge zum 31.1.1998. Seit Ende 1996 waren Mitarbeiter des zuständigen genossenschaftlichen Prüfungsverbandes (des "Genossenschaftsverbandes Hessen/Rheinland-Pfalz/Thüringen") bei der Klägerin tätig; ferner wurden ab 1997 auf Vorschlag des Prüfungsverbandes neue Vorstandsmitglieder berufen. Für die Jahre 1995 und 1996 wurden nur die Beklagten zu 1), 3) und 4) entlastet; dem Beklagten zu 2) wurde die Entlastung verweigert.

Am 18.6.1998 fand eine - gem. § 43 a GenG als Vertreterversammlung ausgestaltete - Generalversammlung der Klägerin statt. Diese beriet zu Tagesordnungspunkt 7 zunächst über die Entlastung des Vorstandes für das Jahr 1997. Zugegen war dabei auch Rechtsanwalt K. Dieser berichtete der Versammlung über seine rechtliche Prüfung bestehender Ersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten als Vorstände. Er kam zu dem Ergebnis, es bestehe kein berechtigter Zweifel daran, dass die Beklagten als ehemalige Vorstandsmitglieder ihre Pflichten verletzt und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht hätten. Er, K., habe diese Ersatzansprüche bereits in den Entwurf einer Klageschrift gefasst. Die Ansprüche beträfen sechs Kreditengagements, bei denen ein Schaden von rund 40 Mio. DM zu erwarten bzw. bereits entstanden sei. Vorstand und Aufsichtsrat hätten die Geltendmachung dieser Ersatzansprüche bereits befürwortet. Dieser Klageentwurf war auch dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Klägerin zuvor bekanntgemacht und von diesen gebilligt worden. Er umfasste die nachstehenden sechs Kreditengagements "B./W.-Consult-Gruppe", "Ka.-Gruppe", "Q.-Gruppe", "Kreditengagement H.", "Kreditengagement D. & Sohn GmbH", und "Kreditengagement Autohaus Gr./Gr. Autovermietung". Den Beklagten wurde die Entlastung für 1997 verweigert. Zum folgenden Tagesordnungspunkt 8 (in der Einladung bezeichnet als "Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen frühere Vorstandsmitglieder, erforderlichenfalls im Wege eines Prozesses") wurde der Vertreterversammlung zunächst Gelegenheit gegeben, Fragen im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt "Entlastung des Vorstandes" an Rechtsanwalt K. zu richten. Die Vertreterversammlung erörterte verschiedene Rechtsfragen, nämlich die einer möglichen eigenen (Mitverschuldens-)Haftung des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes für die behaupteten Schäden sowie die Frage der Zuständigkeit der Vertreterversammlung für Regressansprüche gegen ehemalige Vorstände. Fragen zu den einzelnen Kreditengagements wurden nicht gestellt. (vgl. wegen der Einzelheiten das Protokoll dieser Vertreterversammlung, Bl. 97 d.A.). Nach diesen Erörterungen fasste die Vertreterversammlung den folgenden Beschluss:

"Es wurde darüber en bloc abgestimmt, Schadensersatzansprüche gegen die Herren H., Km., N. und T. (= die vier Beklagten) in Höhe von je 2,5 Mio. DM geltend zu machen. Der Beschluss wurde mit 56 bei 4 Gegenstimmen gefasst."

Aufgrund dieses Beschlusses hat die Klägerin 1998 eine - an die oben genannten sechs Kreditengagements anknüpfende - Klage zum Landgericht Darmstadt eingereicht. (wegen deren Einzelheiten vgl. Bl. 1 ff d.A.). Mit ihrer Replik (Schriftsatz vom 14.1.1999, Band 2 Bl. 363 ff. d.A.) hat die Klägerin ihre Schadensersatzforderungen zusätzlich auf zwei weitere Kreditengagements gestützt: ...Vertriebs GmbH" - dieses Engagement war in der Klageschrift zwar zur Erläuterung des pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten erwähnt, jedoch nicht als Grundlage für eine bezifferte Schadensersatzforderungen herangezogen worden. Ferner wurde die Klage neu auch auf ein zuvor nicht genanntes Kreditengagement "P.-Gruppe" gestützt (vgl. wegen der Einzelheiten des Klagevortrages Bl. 396 f d.A.). Im übrigen erscheinen (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 387-396 d.A.) die sechs bereits in der Klageschrift aufgeführten Engagements.

Die Klägerin hat behauptet, durch die acht in Klageschrift und Replik im Einzelnen dargestellten Kreditengagements drohe ihr ein "akutes Verlustrisiko in Höhe von nahezu DM 300 Mio." (Bl. 364 d.A.). Der darin liegende Schaden habe Pflichtverletzungen der Beklagten zur Ursache. Von diesem behaupteten Schaden hat die Klägerin von jedem Beklagten als Teil-, nicht als Gesamtschuldner, DM 2,5 Mio. ersetzt verlangt und hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, je 2,5 Mio. nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Zulässigkeit der erhobenen Klage gerügt, da die gegen sie erhoben Teilforderungen nicht hinreichend zueinander abgegrenzt seien. Zur Sache haben sie Dienstpflichtverletzungen bestritten und die Auffassung vertreten, selbst wenn, was aber bestritten werde, überhaupt Verluste eingetreten seien, habe sich dadurch lediglich ein legitimes unternehmerisches Risiko verwirklicht. Auch treffe den Prüfungsverband, der ab 1997 "mitregiert" habe, ein überwiegendes Mitverschulden. Die Beklagten zu 1), 3) und 4) haben die Auffassung vertreten, sie seien für 1995 und 1996 wirksam entlastet worden, weshalb sie nun nicht mehr auf Regress in Anspruch genommen werden könnten. Alle Beklagten haben ferner die Rechtsmeinung vorgetragen, der Beschluss der Vertreterversammlung vom 18.6.1998 decke den gegen sie geführten Rechtsstreit nicht ab. Im übrigen sei dieser Beschluss fehlerhaft zustande gekommen, weil dieser Vertreterversammlung - durch den neuen Vorstand und Aufsichtsrat - wahrheitswidrig vorgetäuscht worden sei, dass der Prüfungsverband als Gegenleistung für die von ihm durch Bürgschaften unterstützte finanzielle Sanierung der Klägerin die Inanspruchnahme der vier Beklagten auf Regress verlange. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es könne dahingestellt bleiben, ob der Beschluss vom 18.6. 1998 mit Verfahrensfehlern behaftet sei, da diese keinesfalls zur Nichtigkeit führten. Die Klage sei aber schon deshalb unbegründet, weil die anspruchsbegründenden Tatsachen von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden seien. Weder die Entwicklung der einzelnen Kreditengagements noch die von den Beklagten versäumten unternehmerischen Handlungen habe die Klägerin hinreichend dargelegt. Die Berechnung des Schadens sei nach Grund und Höhe nicht ausreichend, da überwiegend lediglich ältere Schätzungen dargelegt worden seien. Gegen das ihr am 23.3.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 23.4.1999 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 25.6.1999 an diesem Tag begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen und stellt es hinsichtlich der Darstellung der einzelnen für den Schaden verantwortlichen Kreditengagements auf eine wesentlich geänderte Grundlage: Die Schäden aus den vier Engagements "B./W. Consult-Gruppe", "Ka.-Gruppe", "Q.-Gruppe", "Heinz" verfolgt die Klägerin nicht weiter. Sie stützt sich nunmehr hinsichtlich des Beklagten zu 1) primär auf pflichtwidrige Schadensverursachung bei dem Kreditengagement bei der "...- Vertriebs GmbH"; hier sei der Beklagte zu 1) Gesamtschuldner zusammen mit dem Beklagten zu 2). Hilfsweise bezieht die Klägerin sich auf Pflichtverletzung dieses Beklagten in den Kreditengagements Gr., D. & Sohn GmbH sowie P.-Gruppe (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 109 des Leitzordners mit der Berufungsbegründung vom 25.6.1999 - dessen Blattzahlen werden künftig mit "L" gekennzeichnet). Hinsichtlich des Beklagten zu 4) stützt die Klägerin ihren Schadensersatzspruch primär auf den Schaden aus dem Kreditengagement P. Gruppe und hilfsweise auf die Engagements Gr. sowie D. & Sohn GmbH (wegen der Einzelheiten vgl. L 109).

Von einer Wiedergabe der gegen die Beklagten zu 2) und 3) erhobenen Ansprüche wird im Hinblick auf die weitere Prozessgeschichte abgesehen.

Die Klägerin behauptet - vgl. wegen der Einzelheiten die Berufungsbegründung mit Anlagen Bl. L 1 - 305) - unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages, die Beklagten hätten ihre Pflichten als Vorstandsmitglieder verletzt und dadurch bei der Klägerin einen Schaden in der Größenordnung von DM 300 Mio. angerichtet. Das Verschulden werde (§ 34 Abs. 2 GenG) gesetzlich vermutet; die Beklagten hätten den Nachweis mangelnden Verschuldens nicht geführt. Die Beklagten seien für 1995 und 1996 nicht wirksam entlastet worden. Der Beschluss der Vertreterversammlung vom 18.6.1998 decke die vorliegende Rechtsverfolgung. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) ist der Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 19.12.2001 (Sitzungsniederschrift Bl. 895 ff.) durch Vergleich beendet worden. In diesem Vergleich wurde die folgende Kostenregelung getroffen: Der Beklagte zu 2) trägt seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst; die Klägerin verzichtet auf Kostenerstattung für beide Rechtszüge. Ferner einigten sich die Klägerin und der Beklagte zu 2) darauf, dass in ihrem Innenverhältnis die Gerichtskosten von der Klägerin zu tragen seien, was das Gericht bei einer Kostenentscheidung berücksichtigen möge (Bl. 897 d.A.). Mit dem Beklagten zu 3) hat die Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich (vgl. wegen der Einzelheiten den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 10.4.2002, Bl. 926 d.A.) geschlossen. Danach verpflichtet die Klägerin sich, den Rechtsstreit in der Hauptsache gegenüber dem Beklagten zu 3) für erledigt zu erklären, und der Beklagte zu 3), dieser Erledigungserklärung zuzustimmen. Die Klägerin verpflichtet sich, die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Eine Regelung bezüglich der Gerichtskosten enthält dieser Vergleich nicht. Im Hinblick darauf erklärt die Klägerin den Rechtsstreit gegenüber dem Beklagten zu 3) für erledigt und beantragt, die Kosten, soweit über sie nicht im außergerichtlichen Vergleich befunden sei, dem Beklagten zu 3) aufzuerlegen.

Der Beklagte zu 3) erklärt:

er schließe sich diese Erledigungserklärung an und beantrage, die noch offenen Kosten der Klägerin aufzuerlegen

Im übrigen beantragt die Klägerin,

unter Abänderung des am 19.2.1999 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt Az.: 1 O 315/98 die Beklagten zu 1) und 4) zu verurteilen, an sie, die Klägerin, je 2,5 Mio. nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen,

sowie hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 4) verpflichtet seien, ihr, der Klägerin, den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der pflichtwidrigen Gewährung von Kredit für die Objekte Kurzzeit-Pflegeheim Gr.-Zi. und J.str. entstanden sei,

sowie,

festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 4) ihr, der Klägerin, den Schaden zu ersetzen haben, den sie durch die pflichtwidrig zugelassene Kontenüberziehung dreier Kontokorrentkonten der D. & Sohn GmbH im Zeitraum vom 30.12.1995 bis zum 6.2.1996 erlitten habe.

Die Beklagten zu 1) und 4) beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Auch sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlich gehaltenen Vortrag. Sie seien wirksam von der Vertreterversammlung hinsichtlich aller - bestrittenen - Schadensersatzverpflichtungen für die Jahre 1995 und 1996 entlastet worden. Der Beschluss der Vertreterversammlung vom 18.6.1998 decke ferner die erhobene Klage nicht. Er sei auch zu wenig bestimmt, denn ihm lasse sich nicht hinreichend präzise der Lebenssachverhalt entnehmen, auf welchen die Schadensersatzforderungen gestützt würden. Ferner sei er fehlerhaft zustande gekommen, denn der neue Vorstand habe die Vertreterversammlung getäuscht, ihr nämlich eine Verpflichtung zur Erhebung dieser Klage vorgespiegelt, die im Verhältnis zum Bundesverband gar nicht bestanden habe. Sie behaupten im übrigen weiter, gegen Vorstandspflichten nicht verstoßen und Schäden nicht angerichtet zu haben. Wenn überhaupt Pflichtversäumnisse vorhanden seien, so beträfen diese nicht sie, sondern andere Vorstandsmitglieder, insbesondere den Beklagten zu 2). Entscheidend mitverantwortlich sei ferner der Prüfungsverband, der seit ca. 1996/1997 die Verantwortung mitzutragen gehabt habe. Die Beklagten zu 1) und 4) beanstanden ferner, dass das Klagevorbringen nicht der innervorstandlichen Geschäftsverteilung Rechnung trage.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Nach der Teilbeendigung des Rechtsstreites durch Vergleich zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) und der übereinstimmenden Erledigungserklärung des Rechtstreites hinsichtlich des Beklagten zu 3) war hinsichtlich der Hauptsache noch über die die Beklagten zu 1) und 4) betreffende Berufung der Klägerin zu befinden sowie die Kostenentscheidung zu treffen. I. I. II. Der Senat erachtet trotz gewichtiger Bedenken die Berufung der Klägerin letztlich als zulässig. Durch das klageabweisende landgerichtliche Urteil ist die Klägerin ersichtlich beschwert. Mit ihrer Berufung erstrebt sie die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 4) entsprechend ihrem erstinstanzlichen Klageantrag, macht also die Beseitigung der Urteilsbeschwer geltend. Wenn gegen die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels gleichwohl Bedenken bestehen, so deshalb, weil sie in der Hauptsache nunmehr ihr Schadensersatzbegehren auf Sachverhaltskomplexe stützt, die sie erstinstanzlich nur hilfsweise geltend gemacht hat. Ging früher die herrschende Rechtsprechung davon aus, dass ein derartiger Wechsel ohne weiteres zulässig sei, so hat mit Urteil vom 6. 5. 1999 der IX. Zivilsenat (NJW 1999, 2118) entschieden, dass eine Weiterverfolgung des Haupt- als Hilfsantrages das Rechtsmittel insgesamt unzulässig mache. Diese Rechtsprechung hat der IX. Zivilsenat allerdings, wie er auf Anfrage des VIII Zivilsenates mitgeteilt hat, aufgegeben; er teilt - mit dem VIII. Zivilsenat vgl. zu allem (Urteil vom 11. 10. 2000, NJW 2001, 226 f.) - die Auffassung, dass die Berufung auch dann zulässig ist, wenn der Berufungsführer seinen Hauptantrag der ersten als Hilfsantrag in der zweiten Instanz weiter verfolgt. Zulässig ist ferner nicht nur die Berufung als solche, sondern auch die neue Antragstellung. Die Klage wirft ­ in beiden Rechtszügen ­ den Bekl. zu 1) und 4) Schlechterfüllung ihres Dienstvertrages vor. Diese Schlechterfüllung macht sie an unterschiedlichen Sachverhalten fest. Dass sie in zweiter Instanz eine andere Prüfungsreihenfolge dem Gericht vorgibt, kann nach Senatsansicht ihr Bestreben, die Beschwer zu beseitigen, dabei nicht in Frage stellen. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung in einem ausreichenden, die Berufungsgrenze übersteigenden Umfang gegen ihre Beschwer durch die erstinstanzliche Klageabweisung. Denn der von ihr in zweiter Instanz weiterverfolgte Schadensersatzanspruch beruht in einer die Berufungssumme von DM 1.500.- (§ 511 a Abs. ZPO a. F.) übersteigenden Höhe auch auf behaupteten Schäden aus den Engagements D., Gr., Pullmann und ...Vertriebs GmbH, auf die die Klage schon in der erster Instanz gestützt war. Dass die Klägerin vier weitere Kreditengagements in der zweiten Instanz fallen lässt und in diesem Umfang die Klageabweisung nicht angreift, steht deswegen der Zulässigkeit der Klage nicht im Wege. II. Die Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

1. Zwar ist - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - die Klage nicht wegen einer mangelnden Abgrenzung der gegen die einzelnen Beklagten erhobenen Teilforderungen unzulässig. Denn die Klägerin hat insoweit im Termin vom 24. 4. 2002 hinreichend klargestellt, dass sie gegen die Beklagten, in einer von ihr bezeichneten Reihenfolge der Engagements, erstrangige Teilbeträge des jeweils dadurch entstandenen Schadens geltend macht. Zwar wäre es bei einer solchen Anlage der Klage nicht ausgeschlossen, dass bei einem entsprechenden Prozessverlauf mehrere Beklagte wegen desselben Teilbetrages haften. Dies würde indes nicht zur Unzulässigkeit der Klage, sondern lediglich zu ihrer Teilabweisung als unbegründet führen: Die betreffenden Beklagten wären nicht als Teil-, sondern als Gesamtschuldner mit der Folge zu verurteilen, dass der Klägerin der betreffende Betrag nur einmal statt wie beantragt zweimal zuzusprechen wäre. Dass das Landgericht nach dem damaligen Vortragsstand die Klage schon als unzulässig hätte abweisen müssen, ist dabei ohne Bedeutsamkeit. 2. Die Berufung ist aber schon deshalb unbegründet, weil die gegen die Bekl. zu 1) und 4) gerichtete Klage derzeit unbegründet ist, da es an der für eine Begründetheit der Klage erforderlichen materiellen Klagevoraussetzung des § 39 Abs. 1 GenG fehlt. Der Senat ist abschließend zu der Wertung gelangt, dass der Beschluss der Vertreterversammlung vom 18.6.1998 die Klage in dem Umfang, in dem die Klägerin sie jetzt verfolgt, nicht abdeckt. Nach § 39 Abs. 1 GenG ist der Aufsichtsrat einer Genossenschaft lediglich ermächtigt, gegen - auch frühere (vgl. dazu BGH, Urteil des II. ZS vom 26.6.1995, BGHZ 130, 108 ff) - Vorstandsmitglieder seiner Genossenschaft diejenigen Prozesse zu führen, welche die Generalversammlung (bei der Klägerin gem. § 43 a GenG die Vertreterversammlung) beschließt Eine von dieser gesetzlichen Voraussetzung abweichende Satzungsregelung ist bei der Klägerin nicht vorhanden, so dass die Rechtsfrage, ob § 39 Abs. 1 GenG insoweit zwingendes Recht ist (dies ist offengelassen vom BGH im Urteil vom 26.1.1998, ZIP 98, 508 f), vorliegend nicht beantwortet werden muss. Der Beschluss der Generalversammlung ist, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht deswegen fehlerhaft, weil er das dem früheren Vorstand vorgeworfene Fehlverhalten und den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt nicht hinreichend genau bezeichnete (vgl. zu dieser Anforderung an einen derartigen Beschluss: Urteil des BGH aaO. S., 509 - danach gelten die Grundsätze, die die Rechtsprechung zu § 46 Nr. 8 GmbH Gesetz entwickelt hat, auch für das GenG; vgl. ferner Urteil des OLG Düsseldorf vom 18.8.1994, BB 1995, S. 11, sowie Lutter- Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Aufl. 2000, RdNr. 22 zu § 46, Rowedder, GmbH- Gesetz, 3. Aufl. 1997, RdNr. 37 zu § 46, Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2000, RdNr. 41 zu § 46). Im Hinblick auf den am 18. 6. 1998 vorhandenen Klageentwurf, auf den Vortrag des Rechtsanwalt Knopp über dessen Inhalt, sowie auf den Verweis im Beschluss der Vertreterversammlung auf die bereits vorliegenden, ebenfalls zu diesem Klageentwurf ergangenen Beschlussfassungen des (neuen) Vorstandes und des Aufsichtsrates der Klägerin, ist davon auszugehen, dass die Vertreterversammlung eine Klageerhebung und Rechtsverfolgung in dem Umfang beschlossen hat, in dem sich deren Begründung im Wesentlichen mit dem Klageentwurf deckt. Die versammelten Vertreter brachten, wie aus den näheren Umständen der Beschlussfassung hervorgeht, bei ihrer Ermächtigung zur Prozessführung zum Ausdruck, dass sie sich auf die erfolgte Sachprüfung von Rechtsanwalt K. sowie die Beschlussfassung von Vorstand und Aufsichtsrat verlassen und den Aufsichtsrat einen dementsprechenden Rechtsstreit führen lassen wollten. Es war für die Wirksamkeit dieses Beschlusses - entgegen der Auffassung der Beklagten - weder erforderlich, dass den Vertretern zuvor die einzelnen streitgegenständlichen Kreditengagements von Rechtsanwalt K. vorgetragen wurden, noch dass diese in dem Beschluss näher bezeichnet wurden.Da die Klageschrift vom 13.7.1998 mit dem Klageentwurf hinsichtlich der Kreditengagements übereinstimmte, war die Prozessführung zunächst gedeckt. Den Rechtsstreit in seiner nunmehrigen Gestalt trägt dieser Beschluss indes nicht.Von den sechs in Klageentwurf und Klageschrift enthaltenen Kreditengagements werden vier von der Klägerin im zweiten Rechtszug nicht mehr weiter verfolgt; zwei Engagements (... Vertr. GmbH u. P.) sind nach der Beschlussfassung in der Replik hinzugekommen. Da die Klägerin aus den einzelnen Engagements im wesentlichen gleich hohe Schadensersatzansprüche herleitet, besteht in wirtschaftlicher Hinsicht eine Übereinstimmung von nur noch ca. einem Drittel zwischen der jetzigen Gestalt des Rechtsstreites und derjenigen, der die Vertreterversammlung seinerzeit zugestimmt hat. Diese verbleibende partielle Übereinstimmung betrifft ferner gerade nicht die Hauptansprüche: Weder das gegen den Beklagten zu 1) jetzt erstrangig geltend gemachte Kreditengagement "...Vertr. GmbH" noch das gegen den Beklagten zu 4) jetzt erstrangig geltend gemachte Engagement "P." waren in dem am 18. 6. 1998 vorhandenen Klageentwurf überhaupt enthalten. Einem Prozess in der Gestalt, wie er sich demnach zum gegenwärtigen Zeitpunkt darstellt, hat die Vertreterversammlung somit niemals zugestimmt. Dies betrifft auch die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge. Auf die Frage, ob die Klägerin die Ermächtigung zur Prozessführung durch falsche Angaben gegenüber der Vertreterversammlung herbeigeführt hat, kommt es demnach nicht an. Sache der Klägerin wäre es gewesen, angesichts des die Klage nicht deckenden Beschlusses die Vertreterversammlung im Hinblick auf diese Umstellung ihres Vorbringens um erneute Zustimmung zu bitten; eine fehlende Zustimmung kann nämlich (vgl. BGH, Urteil vom 26.1.98, ZIP 98, 508f, 509) nachgeholt werden. Gelegenheit hierzu hätte ausreichend bestanden, da die Vertreterversammlung zumindest einmal jährlich tagt, sie somit allein zwischen Einlegung der Berufung und mündlicher Berufungsverhandlung zweimal einberufen war. Der Senat konnte die mündliche Verhandlung am 24. 4. 2002 schließen. Dies schon deshalb, weil die Klägerin nicht um eine Schriftsatzfrist nachgesucht hat. Ihr Begehren, einen weiträumigen Verkündungstermin anzuberaumen, lässt sich nicht in einen Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist umdeuten, weil mit Festsetzung eines Verkündungstermins die mündliche Verhandlung jedenfalls geschlossen wird. Im Übrigen war der Senat nicht gehalten, der Klägerin jetzt noch Gelegenheit zu geben, diesen Beschluss nachzuholen. Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 5.9.2000 um einen rechtlichen Hinweis gebeten, ob der Senat den Beschluss vom 18.6.98 als wirksam ansehe, um ihn verneinendenfalls nachholen zu können (vgl. wegen den Einzelheiten Bl. 847 d.A.). Sie ist jedoch durch Schreiben des stellvertretenden Vorsitzenden vom 14.9.2000 (Bl. 849) darauf hingewiesen worden, dass eine Votierung und damit die Basis für eine entsprechende Aussage vom Senat inhaltlich erst zeitnah zum Verhandlungstermin erarbeitet werden werde. Im übrigen bedurfte es hier keines rechtlichen Hinweises im Sinne von § 139 ZPO, da den Parteien deutlich vor Augen stand, dass es auf die Wirksamkeit des Beschlusses vom 18. 6. 98 ankommen würde. Die Klägerin hat bei genauer Betrachtung auch keinen rechtlichen Hinweis, sondern gleichsam eine rechtsgutachtliche Meinungsäußerung des Senates zu einem Rechtsproblem erbeten, auf welche sie aber - nachdem bereits die Beklagten zu 1) und 4) auf die einer Wirksamkeit des Beschlusses vom 18.6.1998 entgegenstehenden Bedenken unter ausführlicher Zitierung von Literatur hingewiesen haben - keinen Anspruch hat. Die Klägerin hätte (vor allem anhand der vom Beklagten zu 4) vorgelegten Berufungserwiderung) selbst die Rechtslage nachprüfen können und für sich entscheiden müssen, ob nicht allein eine vorsorgliche erneute Beschlussfassung dem Gebot einer vorsichtigen Prozessführung entsprochen hätte.

3. Angesichts der bereits aus der mangelnden Ermächtigung gem. § 39 Abs. 1 GenG folgenden Unbegründetheit der Klage kommt es auf weitere Gesichtspunkte (Pflichtversäumnisse der Beklagten, Höhe des dadurch entstandenen Schadens, Wirksamkeit der Entlastungen für 1995 und 1996) nicht an.

III. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 4) auf § 97 ZPO; das Rechtsmittel der Klägerin ist insoweit ohne Erfolg geblieben. Da es sich bei dem mit dem Beklagten zu 2) geschlossenen Vergleich der Sache nach um einen Teilvergleich handelt, war der Senat gehalten, über die Gerichtskosten eine Entscheidung zu treffen, da diese nur einheitlich ergehen kann. Diese war gemäß § 98 Satz 1, 2. Alternative ZPO an der Festlegung der Parteien zu orientieren, dass der Bekl. zu 2) im Innenverhältnis zwischen ihnen keine Gerichtskosten zu tragen habe. Abgesehen davon treffen die Gerichtskosten die Klägerin insoweit auch deswegen, weil sie auch gegenüber dem Bekl. zu 2) eine derzeit unbegründete Klage verfolgt hat.

Hinsichtlich des Beklagten zu 3) haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, weshalb gemäß § 91 a ZPO über die (Gerichts- ) Kosten zu entscheiden war. Danach hat die Prozesspartei die Kosten zu tragen, der sie nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand bei einer streitigen Entscheidung aufzuerlegen gewesen wären. Hinsichtlich der Gerichtskosten war dabei der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Klägerin gegen den Beklagten zu 3) bei Durchführung des Rechtsstreites aus dem oben hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 4) dargelegten Grund (mangelnde Zustimmung der Vertreterversammlung) ebenfalls unterlegen wäre. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beruht die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten auf § 98 Satz 1, 2. Alternative ZPO; der Senat hatte insoweit aufzunehmen, was die Parteien untereinander wegen der Verteilung der außergerichtlichen Kosten vereinbart haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zur Fortbildung des Rechtes zuzulassen. Die Rechtfrage, wie genau der Beschluss der Generalversammlung gem. § 39 Abs. 1 GenG den Lebenssachverhalt bezeichnen muss, bezüglich dessen sie den Aufsichtsrat zur Rechtsverfolgung gegenüber einem früheren Vorstand ermächtigt, hat, soweit ersichtlich, der BGH - mit Ausnahme der im Urteil vom 26. 1. 1998, ZIP 1998, 508 f. enthaltenen Verweisung auf die hierzu im GmbH-Recht entwickelten Grundsätze - noch nicht zu beantworten gehabt. Auch im GmbH-Recht, wo sich die Kommentarliteratur fast allein auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 18. 8. 1994 (Betriebsberater 1995, 11) stützt, fehlt es bislang an einer entsprechenden höchstrichterlichen Entscheidung. Der höchstrichterlichen Klärung bedarf ferner die Reichweitweite des Beschlusses der Generalversammlung für die vorliegend gegebene Konstellation, dass nach dem Beschluss die Klage nicht unwesentlich umgestellt wird.

Ende der Entscheidung

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