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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 25.03.2003
Aktenzeichen: 13 W 2/03
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 180 Abs. 2
InsO § 174 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 93
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 99 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

13 W 2/03

in dem Beschwerdeverfahren

L., Rechtsanwalt,

handelnd in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Allgemeine Finanzberatung GmbH,

Beklagter zu 4) und Beschwerdeführer,

Der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat in der Beratung am 25. März 2003 durch die Richter

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 4) gegen die Kostenentscheidung in dem am 20. September 2002 verkündeten Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu 4) zu tragen.

Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf die Gebührenstufe bis € 2.000,00.

Gründe:

Der Kläger legte unter Vermittlung der späteren Gemeinschuldnerin, der Allgemeinen Finanzberatung GmbH - vormalige Beklagte zu 4) -, bei der I. C. Bank mit Sitz in Anguilla/British West Indies als Festgeld am 26.06.1996 DM 60.000,00 und am 09.09.1996 weitere DM 57.000,00 an.

Der Kläger ist der Rechtsauffassung, die Gemeinschuldnerin sei ihm unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet und hat gegen sie neben 3 anderen mit bei Gericht am 02.07.2001 eingegangenem Schriftsatz Klage auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von DM 117.000,00 nebst Zinsen erhoben. Mit Verfügung vom 05.07.2001 hat der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt frühen ersten Termin auf den 07.12.2001 terminiert.

Das Amtsgericht Darmstadt eröffnete mit Beschluss vom 23.08.2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der vormaligen Beklagten zu 4) und bestellte den jetzigen Beklagten zu 4) zum Insolvenzverwalter.

Mit Schreiben vom 24.09.2001 meldete der Kläger die hier streitgegenständliche Schadensersatzforderung von DM 117.000,00, entspricht € 59.821,15, zuzüglich Zinsen und Kosten zur Insolvenztabelle an. In seinem an das Amtsgericht - Insolvenzgericht- gerichteten Bericht vom 29.10.2001 führte der jetzige Beklagte zu 4) u.a. aus, dass bislang Forderungsanmeldungen in einer Größenordnung von € 648.000,00 eingegangen seien, die "alle abschließend geprüft werden können". Im Prüfungstermin am 30.10.2001 bestritt der jetzige Beklagte zu 4) die Forderung des Klägers.

Mit bei Gericht am 29.01.2002 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger das Verfahren gegen den Insolvenzverwalter gemäß § 180 Abs. 2 InsO aufgenommen. Der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt hat mit Verfügung vom 05.02.2002 insoweit frühen ersten Termin auf den 19.04.2002 bestimmt. Der jetzige Beklagte zu 4) hat unter dem 27.02.2002 angekündigt, dass er Klageabweisung beantragen werde und hat unter Bezugnahme auf vorhandene Geschäftsunterlagen und ihm erteilte Auskünfte des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin vorgetragen, die Gemeinschuldnerin habe ihr obliegende Aufklärungs- und Informationspflichten nicht verletzt. Der Beklagte zu 4) hat auch gerügt, dass der Kläger weder mit seiner Forderungsanmeldung noch mit dem Aufnahmeschriftsatz die in der Klageschrift in Bezug genommenen Anlagen ihm vorgelegt habe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.07.2002 hat der Beklagte zu 4) unter Verwahrung gegen die Kostenlast die Klageforderung anerkannt und ausgeführt, er habe den Widerspruch nur deshalb erklärt, weil die gemäß § 174 Abs. 1 InsO erforderlichen Belege und die ihm nunmehr im Prozess überreichten Unterlagen nicht vorgelegen hätten.

Mit am 20. September 2002 verkündetem Teilanerkenntnis- und Schlussurteil hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt u.a. den Beklagten zu 4) verurteilt, seine eigenen außergerichtlichen Kosten und 1/4der Gerichtskosten sowie 1/4 der dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte zu 4) habe zur Erhebung der Klage Anlass gegeben, indem er im Prüfungstermin die Forderung des Klägers bestritten habe.

Der Beklagte zu 4) hat gegen das vorbezeichnete und ihm am 14.10.2002 zugestellte Urteil mit bei Gericht am 24.10.2002 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, dass dem Kläger die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen seien. Zur Begründung führt der Beklagte zu 4) aus, er habe zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben und die Forderung sofort anerkannt. Sein Widerspruch habe darauf beruht, dass der Kläger entgegen der ihn treffenden gesetzlichen Obliegenheiten nicht alle Unterlagen (nämlich die Anlagen zur früheren Klageschrift) zur Verfügung gestellt habe.

Mit Beschluss vom 26.11.2002 hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt der sofortigen Beschwerde des Beklagten zu 4) nicht abgeholfen und die Akten auch insoweit dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt.

Der Kläger sucht um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde nach und behauptet, er habe mit der Forderungsanmeldung gemäß Formblatt vom 24.09.2002 zugleich die Klageschrift nebst deren Anlagen dem Beklagten zu 4) übermittelt.

Der weiteren Einzelheiten im übrigen wegen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Der Senat hat zu Informationszwecken die Akten des Amtsgerichts Darmstadt - Insolvenzgericht- zu Az. 9 In 265/01 beigezogen.

Die gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist sachlich unbegründet, weshalb sie zurückzuweisen war.

Nach der gesetzlichen Grundregel des § 91 ZPO hat die Prozesspartei die Verfahrenskosten zu tragen, die in der Hauptsache unterliegt. Der Beklagte zu 4) hat den klägerischen Anspruch im Termin zur mündlichen Verhandlung anerkannt, weshalb er sich freiwillig in die Rolle der unterliegenden Partei begeben hat und er daher auch nach der vorbeschriebenen Regel die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Von diesem zuvor beschriebenen Kostengrundsatz ist gemäß § 93 ZPO nur dann abzugehen, wenn die beklagte Verfahrenspartei in Wahrheit zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben hat und sie den Anspruch sofort anerkennt. Diese Regelung ist entsprechend auf die Aufnahme des durch ein Konkursverfahren bzw. Insolvenzverfahren unterbrochenen Rechtsstreites anzuwenden (vgl. u.v.a. auch Beschluss des OLG Gelle vom 25.02.1985, abgedruckt in ZIP1985S. 823).

Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass vorliegend die gesetzlichen Voraussetzung für eine Kostenüberbürdung auf den Kläger nicht vorliegen, weshalb es insgesamt bei der landgerichtlichen Kostenentscheidung zu verbleiben hatte.

Wenn auch im vorliegenden Verfahren das Landgericht mit Verfügung vom 05.02.2002 kein schriftliches Vorverfahren angeordnet hat, weshalb das Anerkenntnis des Beklagten zu 4) i.S.d. gesetzlichen Terminologie noch ein sofortiges ist, so hat er entgegen seiner vorgetragenen Rechtsansicht gleichwohl Veranlassung zur Klage gegeben.

Der Beklagte zu 4) hätte nach dem Bestreiten der klägerischen Forderung nur dann keinen Anlass zur Klage gegeben, wenn der Kläger vernünftigerweise davon hätte ausgehen dürfen, er werde auch ohne Klageerhebung erreichen, dass der Beklagte zu 4) seinen Widerspruch gegen die angemeldete Forderung aufgeben werde. Nach Aktenstand kann der Senat indessen eine Feststellung dieses Inhaltes nicht treffen.

Anders als in der vorzitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Gelle vom 27.02.1985 und auch anders als in einer weiteren Entscheidung des OLG Gelle vom 31.05.1994 (abgedruckt in ZIP 1994 S. 1197) geht es vorliegend nicht um den Nachweis von in Rechnung gestellten Werklohnforderungen und damit auch um die nachvollziehbare Darlegung von erbrachten Leistungen, sondern um den Vorwurf des Klägers, die Insolvenzschuldnerin sei ihren ihm gegenüber bestehenden Aufklärungs- und Beratungspflichten bei zwei Geldanlagen nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Im Schriftsatz vom 25.02.2002, in welchem der Beklagte zu 4) den Antrag auf Klageabweisung ankündigte, ließ er vortragen, die Insolvenzschuldnerin habe ihr obliegende Aufklärungs- und Informationspflichten nicht verletzt und hat ausdrücklich die Richtigkeit bestimmter konkreter Tatsachenbehauptungen des Klägers - hier die angebliche Erklärung des Vermittlers Best, die Einlagen bei der Inter Capital Bank seien über einen Bankensicherheitsfond mehrfach abgesichert - bestritten. Der Beklagte zu 4) ließ auch ausführen, dass ihm Geschäftsunterlagen der Insolvenzschuldnerin vorlägen und der vormalige Geschäftsführer ihm Auskünfte gebe. Vor dem Hintergrund seines Berichtes an das Insolvenzgericht vom 29.10.2001 und seiner Erklärungen im Prüfungstermin am 30.10.2001, dass die angemeldeten Forderungen 1 - 24 (der Kläger hat die Ordnungsnummer 12) geprüft worden seien, beruht sein vormaliges Bestreiten, welches nicht als ein vorläufiges gekennzeichnet war- ersichtlich nicht auf einem Informationsdefizit. Wenn auch die Rechtsprechung im allgemeinen dem Konkursverwalter bzw. nunmehr dem Insolvenzverwalter keine weitreichenden Nachforschungspflichten auferlegt und vielmehr zu Recht die Darlegungslast bei dem Forderungsanmeldenden sieht, so vermag dieser Grundsatz vorliegend gleichwohl das Beschwerdebegehren nicht zu rechtfertigen, weil eben das Bestreiten des Beklagten zu 4) zur Überzeugung des Senats auf keinem Informationsdefizit beruht. Es mag durchaus sein, dass in einer doch signifikanten Anzahl von Fällen die Buchhaltung oder die Briefablage der Gemeinschuldnerin nicht geordnet ist und dem Verwalter keine ausreichenden Auskünfte erteilt werden, weshalb es ihm nicht leicht möglich ist, sich selbst einen Überblick zu verschaffen, aber im hier vorliegenden Fall hat der Beklagte zu 4) schon sehr frühzeitig, nämlich mit Schreiben vom 26.07.2001, dem Insolvenzgericht mitgeteilt, ihm seien Geschäftsunterlagen, deren Zustand er nicht kritisiert, übergeben worden und der Geschäftsführer verhalte sich ihm gegenüber kooperativ, weshalb ihm auch Sicherungsmaßnahmen während des damals laufenden Antragsverfahrens nicht erforderlich schienen. Der Beklagte zu 4) hat nicht einmal andeutungsweise nachvollziehbare Ausführungen dazu gemacht, weshalb er aufgrund fehlender Dokumente zunächst die Rechtslage anders als später beurteilt hat. Im Besonderen legt der Beklagte zu 4) nicht dar, welche der vorgeblich ihm fehlenden Anlagen zur Klageschrift - überwiegend handelt es sich hierbei um gerichtliche Entscheidungen sowie Pressemitteilungen die I. Finanzgruppe betreffend - für seine Prüfungstätigkeit wichtig waren, denn offensichtlich hat der Beklagte zu 4) niemals die Angabe des Klägers in Abrede gestellt, dass er insgesamt DM 117.000 unter Vermittlung der Gemeinschuldnerin angelegt hatte. Der Beklagte zu 4) persönlich schrieb, was für den Fall kennzeichnend sein dürfte, unter dem 02.04.2002 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers und dankte diesem für dessen "rechtliche Einschätzung" und kündigte an, er werde nach "nochmaliger Überprüfung der Angelegenheiten" die Forderungen des Klägers vorbehaltlos zur Insolvenztabelle feststellen.

Die Frage, ob mit der Forderungsanmeldung dem Beklagten zu 4) (nochmals) die Klageschrift nebst Anlagen zugänglich gemacht wurde, wie dies jetzt der Kläger im Beschwerdeverfahren behauptet, oder nicht, ist deshalb ohne Entscheidungsrelevanz.

Der Beklagte zu 4) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes orientiert sich an dem Kosteninteresse des Beklagten zu 4), wobei der Senat das Begehren des Klägers auf Feststellung seiner Forderung in Höhe von € 75.786,43 zur Insolvenztabelle mit 20 %, also mit € 15.357,29, bewertet hat.

Ende der Entscheidung

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