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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 31.03.2000
Aktenzeichen: 13 W 9/00
Rechtsgebiete: GVG, VwGO, ZPO


Vorschriften:

GVG § 17a Abs. 4 Satz 3
GVG § 17a Abs. 4
GVG § 13
VwGO § 40
ZPO § 577
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

13 W 9/00

13 O 382/99 LG Darmstadt

Entscheidung vom 31.3.2000

In dem Rechtsstreit ...

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat in der Beratung am 31. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmitt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Walter und die Richterin am Oberlandesgericht Andrée beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 03.01.2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde haben die Kläger zu tragen. Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf DM 54.000,00.

Gründe

Die Kläger begehren klageweise wegen eines Brandschadens am 28.06.1992 von der Beklagten in deren Eigenschaft als "Rechtsnachfolgerin der Hessischen Brandversicherungsanstalt Darmstadt" eine Entschädigungsleistung in Höhe von DM 162.100,00 gemäß den Feststellungen des technischen Außendienstes der damaligen Brandversicherungsanstalt. Eine Wiederherstellung des durch Feuer zerstörten Gebäudes erfolgte nicht. Unter dem 21.09,1992 stellten die Kläger den Antrag auf Entbindung von der Wiederaufbaupflicht gemäß Art. 30 des Gebäudebrandversicherungsgesetzes. Mit Schreiben vom 27.04.1999 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die Fünfjahresfrist, binnen derer ein Gebäude wieder herzustellen sei, eine Entschädigungsleistung ab. Mit bei Gericht am 11.10.1999 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger vor dem Landgericht Darmstadt Klage auf Zahlung von DM 162.100,00 nebst Zinsen erhoben.

Die Beklagte hat unter Hinweis darauf, daß bis zum 30.06.1994 ein öffentlichrechtliches Versicherungsverhältnis bestanden habe, gemeint, der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet.

Auf Antrag der Kläger, vorab zu entscheiden, daß der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist (nur hilfsweise haben die Kläger Verweisung an das Verwaltungsgericht Darmstadt beantragt), hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt mit Beschluß vom 03.01.2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, entschieden, daß der angerufene Rechtsweg vor den Zivilgerichten unzulässig ist und hat die Rechtssache an das für den Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten zuständige Verwaltungsgericht Darmstadt verwiesen.

Die Kläger haben gegen den vorbezeichneten und ihnen am 14.01.2000 zugestellten Beschluß mit bei Gericht am 27.01.2000 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, zu entscheiden, daß der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist. Die Beklagte hat um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde nachgesucht.

Aller Einzelheiten im übrigen wegen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Die gemäß § 17a Abs.4 Satz 3 GVG in Verbindung mit § 577 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist sachlich unbegründet, weshalb sie zurückzuweisen war.

Ob das Rechtsmittel der Kläger begründet oder unbegründet ist, hängt ­ wie von den Prozeßparteien es auch richtig gesehen wird ­ allein und ausschließlich von der Frage ab, ob es sich vorliegend um eine bürgerliche Streitigkeit im Sinne von § 13 GVG handelt, öder um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 VwG0. Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Landgericht von letzterem aus.

Ob eine Streitigkeit privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (h.M., vgl. u.v.a. Beschluß vom 10.04.1986 des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, abgedruckt in NJW 1986 S. 2359).

öffentlich-rechtlich sind Streitigkeiten, wenn sie sich als Folge eines Sachverhaltes darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (vgl. Kopp-Schenke, VwG0, 11.Aufl. 1998, Rn 6 zu § 40). Wesentliches Kriterium für die Rechtswegentscheidung ist mithin, ob die für das Klagebegehren in Betracht kommende Anspruchsgrundlage dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen ist. Die heute herrschende Meinung trifft diese Differenzierung weder nach der Subjektstheorie noch nach der Interessentheorie, sondern folgt vielmehr der Zuordnungstheorie, wonach es darauf ankommt, ob der Sachverhalt nach allgemeinen Rechtssätzen oder nach einem Sonderrecht zu beurteilen ist (vgl. Kopp-Schenke, a.a.O., Rn 11 zu § 40). Auch wenn kein Über- und Unterordnungsverhältnis vorliegt ­ was die Kläger in ihrer Beschwerdeargumentation in den Vordergrund stellen ­, kann eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegen (vgl. vorstehend zitierten Beschluß des GSOBG vom 10.04.1986).

Das Klagebegehren ist nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art.2 § 2 Abs.2 S.3 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Hessen und dem Land Rheinland-Pfalz über die Nassauische Brandversicherungsanstalt Wiesbaden und die Hessischen Brandversicherungsanstalt Darmstadt sowie die öffentlichen Versicherungsanstalten Hessen-Nassau-Thüringen - Sparkassenversicherungen, zur Abschaffung der Gebäude-Feuer-Versicherungsmonopole sowie zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Nassauischen Brandversicherungsanstalt Wiesbaden und der Hessischen Brandversicherungsanstalt für Gebäude Darmstadt vom 27.07.1993 (GVBI S. 352) nach den zum Zeitpunkt des Schadensfalles geltenden Vorschriften abzuwickeln. Zu dem damaligen Zeitpunkt bestand aber zwischen den Klägern und der im Jahre 1777 gegründeten Hessischen Brandversicherungsanstalt Darmstadt ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis. Dies deshalb, weil die Brandversicherungsanstalt ein Gebäude-Feuer-Versicherungsmonopol hielt ­ dies unterscheidet den hier zu beurteilenden Sachverhalt maßgeblich von jenem, der Gegenstand des Urteils des 4a ZS des BGH vom 17.11.1987 in NJW-RR 1988 S. 339 war, denn dort trat die öffentliche Feuerversicherungsanstalt nur als Wettbewerbs- und nicht als Monopolversicherer auf ­ und die Rechtsbeziehungen durch Satzung geregelt waren. Dies sehen die Kläger letztlich genauso, wenn sie in ihrer Beschwerde ausführen, daß damals bei Rechtsstreitigkeiten die Verwaltungsgerichte zuständig gewesen seien. An der so begründeten Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses kann sich entgegen der klägerischen Rechtsauffassung auch nichts dadurch ändern, daß gemäß Art.2 § 2 Abs.2 Satz 1 des vorzitierten Gesetzes vom 27.07.1993 zum Staatsvertrag die zum 30.06.1994 bestehenden öffentlich-rechtlichen Gebäude-Feuer- Versicherungsverhältnisse ab 01.07.1994 als unbefristete vertragliche Versicherungsverhältnisse fortgeführt werden, die dem VVG unterfallen. Wenn sich jetzt auch die Prozeßparteien als gleichstufige Teilnehmer am Wirtschaftsleben gegenüberstehen, so ändert dies nichts an der Rechtsqualität der auf den Schadensfall anzuwendenden Normen, die, weil Satzungsrecht eines Monopolversicherers, dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind, woraus die Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte zwingend folgt.

Die Kläger haben die Kosten der Beschwerde zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, gemäß § 17a Abs.4 GVG eine Beschwerde gegen seine Entscheidung zum Bundesgerichtshof zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine weitere Beschwerde nicht gegeben sind. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß Landesrecht auszulegen war.

Der Senat hat das Beschwerdeinteresse der Kläger gemäß § 3 ZPO mit DM 54.000,00 bewertet, was ca. einem Drittel der Hauptsacheforderung entspricht (wie hier Beschluß des 5. Zivilsenats des OLG Frankfurt in OLGE S. 94 S.119, 120; Zöller-Herget, ZPO, 20. Aufl. 1999, Rn 16 zu § 3 unter Stichwort "Rechtswegverweisung") . Der teilweise in der Kommentarliteratur (vgl. Schneider, Streitwertkommentar, 10.Aufl. 1992, Rn 1250) und auch von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, daß der Beschwerdewert mit dem Wert der Hauptsache gleichzusetzen ist, vermag sich der Senat schon deshalb nicht anzuschließen, weil schon die Rüge, der falsche Rechtsweg sei beschritten, nicht mehr zur Klageabweisung führen kann. Vorliegend war das Interesse des Klägers an der Beschreitung des Zivilrechtsweges zu bewerten.



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