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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.06.2005
Aktenzeichen: 14 U 198/04
Rechtsgebiete: UWG, HWG, ZPO, SGB V, PodG


Vorschriften:

UWG § 1 a. F.
UWG § 3 a. F.
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 5 n. F.
HWG § 3 Nr. 3 a
HWG § 3 Nr. 3 b
ZPO § 546
ZPO § 529
SGB V § 124 II Nr.1
PodG § 10 Abs. 4
PodG § 10 Abs. 5
PodG § 10 Abs. 6
Zur Berechtigung unter der Bezeichnung "medizinische Fußpflege" ohne förmliche Ausbildung nach dem Podologengesetz.
Gründe:

I.

Der Kläger und die Beklagte betreiben in O1 Praxen für medizinische Fußpflege.

Am 02.01.2002 trat das Podologengesetz in Kraft. Dadurch wurde die geschützte Berufsbezeichnung "Podologe" bundesweit eingeführt und gleichzeitig die Berufsbezeichnung "medizinischer Fußpfleger" geschützt. Nach §§ 1 Satz 1, 11 des Gesetzes darf die Bezeichnung medizinischer Fußpfleger ab dem 01.01.2003 nur von Personen geführt werden, die die Berufsbezeichnung Podologe führen dürfen. Die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Podologe wird nach einer mindestens zweijährigen Ausbildung und Bestehen einer staatlichen Prüfung erteilt. Eine früher in den Ländern Baden Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt durchlaufene Ausbildung und Prüfung, die zur Führung der Berufsbezeichnung staatlich geprüfter Podologe bzw. staatlich geprüfter medizinischer Fußpfleger berechtigte, gilt als Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnungen Podologe und medizinischer Fußpfleger. Außerdem wird die Erlaubnis auch Personen erteilt, die eine andere, gleichwertige mindestens zweijährige Ausbildung auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege absolviert und eine Prüfung abgelegt haben. Personen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes eine mindestens zehnjährige Tätigkeit auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege nachweisen, erhalten die Erlaubnis, wenn sie innerhalb von fünf Jahren eine staatliche Ergänzungsprüfung erfolgreich abgelegt haben, Personen, die eine mindestens fünfjährige Tätigkeit nachweisen, wenn sie innerhalb von fünf Jahren die staatliche Prüfung erfolgreich ablegen (§10 Abs. 4 und 6 PodG).

Der Kläger ist nach dem Podologengesetz berechtigt, die Berufsbezeichnung Podologe/medizinischer Fußpfleger zu führen. Die Beklagte ist dazu nicht berechtigt. Sie bietet ihre Dienste im Telefonbuch von O1 als "med. Fußpflege" an und hat im Zusammenhang mit einem von ihrem Berufsverband veranstalteten "..." am ...06.04 in der O1er Zeitung mit "med. Fußpflege" geworben.

Der Kläger ist der Ansicht, die Angabe "med. Fußpflege", mit der die Beklagte ihre Dienste anbiete, verstoße gegen § 3 UWG (a. F.) und § 3 Nr. 3 a und b Heilmittelwerbegesetz. Die Beklagte erwecke mit der Verwendung des Begriffes "med. Fußpflege" irrig den Eindruck, sie sei zur Führung der Berufsbezeichnung medizinische Fußpflegerin berechtigt. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarteten daher eine medizinische Fußpflege durch eine umfassend ausgebildete Person, die ihre Qualifikation durch eine staatliche Prüfung nachgewiesen habe. Mit der Bezeichnung "med. Fußpflege" treibe die Beklagte deshalb eine verbotene irreführende Werbung, die gegen § 3 Nr. 3 a Heilmittelwerbegesetz verstoße, weil die angesprochenen Verkehrskreise eine Behandlung auf dem Niveau der Ausbildung eines Podologen erwarteten. Außerdem liege ein Verstoß gegen § Nr. 3 b Heilmittelwerbegesetz vor, weil die Beklagte keine Ausbildung als Podologin habe.

Mit dem Podologengesetz habe der Gesetzgeber das Heilmittelwerbegesetz nicht außer Kraft gesetzt, aus dem das Verbot folge. Er habe lediglich im Podologengesetz selbst auf Druck des Zentralverbandes der Fußpfleger kein Verbot der Ausübung der medizinischen Fußpflege durch Nichtpodologen aufgenommen. Ziel des Podologengesetzes sei aber eine deutliche Abgrenzung des Podologen / medizinischen Fußpflegers zu anderen in dieser Branche Tätigen; es stehe damit auch nicht im Widerspruch zum Heillmittelwerbegesetz. Zwar stelle das Podologengesetz die Tätigkeit der Podologen bzw. medizinischen Fußpfleger nicht unter besonderen Schutz; Fußpflege sei weiterhin erlaubt. Es sei aber verboten, dass nicht als Podologen ausgebildete Personen irrig den Eindruck erweckten, sie übten ihre Tätigkeit auf der Basis einer qualifizierten Ausbildung aus. Dies begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil das Podologengesetz und das Heilmittelwerbegesetz die Berufsausübungsfreiheit zulässigerweise zum Schutz der Volksgesundheit beschränkten.

Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu werben mit "med. Fußpflege", sowie dies insbesondere in dem Telefonbucheintrag in "Das Örtliche 200.../200..." von O1 sowie im Internet unter "das Telefonbuch.de" (Stand ...02.2004) geschehen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie übe die medizinische Fußpflege erlaubtermaßen aus, weil das Podologengesetz nicht die Berufsausübung, sondern nur die Berufsbezeichnung schütze. Nur die Ausübung der Heilkunde sei nach dem Heilpraktikergesetz den Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten; die Angehörigen aller Gesundheitsfachberufe dürften die Heilkunde nur auf Verordnung eines Arztes oder unter seiner Aufsicht ausüben. Sie dürfe daher, auch soweit sie Heilkunde ausübe, diesen Vorgaben entsprechend weiter praktizieren und medizinische Fußpflege anbieten. Dann müsse es ihr auch gestattet sein, auf diese Tätigkeit hinzuweisen. Wenn sie lediglich mit "Fußpflege" werben dürfe, bezeichne dies die von ihr erlaubtermaßen ausgeübte Tätigkeit nicht hinreichend, weil damit nur ein geringer Teilbereich der Fußpflege (Pediküre) bezeichnet werde.

Eine Untersagung der Tätigkeitsbezeichnung med. Fußpflege verstoße auch gegen Artikel 12 GG. Die Berufsfreiheit dürfe nur unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs eines besonderen Gemeinschaftsinteresses eingeschränkt werden. Ein solches besonderes Gemeinschaftsinteresse sei aber nicht erkennbar. Der Verbraucher irre hier allenfalls über eine vermeintliche Pflicht des Leistungserbringers, bei Verwendung der Tätigkeitsbezeichnung "medizinische Fußpflege" auch eine staatliche Prüfung abgelegt zu haben. Dieser Irrtum sei aber nicht schützenswert, weil die Beklagte zur Erbringung der Leistungen berechtigt sei. Sie informiere nur sachangemessen über die von ihr ausgeübte Tätigkeit.

Der Verbraucher werde durch die Tätigkeitsbezeichnung "medizinische Fußpflege" auch nicht irregeführt, weil er sich keine Gedanken darüber mache, ob die Tätigkeit von einer Person ausgeübt werde, die eine geschützte Berufsbezeichnung führen dürfe, und weil er nicht wisse, dass der Titel medizinischer Fußpfleger durch das ihm unbekannte Podologengesetz geschützt sei. Wenn dieses Gesetz dem Verbraucher aber bekannt sei, so wisse er, dass die Berufsbezeichnung geschützt sei, die Tätigkeitsbezeichnung hingegen nicht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Werbung sei nicht irreführend im Sinne der §§ 1, 3 UWG a. F. Das Podologengesetz berühre die Berufsausübung selbst nicht, so dass die Beklagte grundsätzlich dieselbe Tätigkeit anbieten dürfe wie ein Podologe. Zwar lägen medizinische Fußpflege und "medizinischer Fußpfleger" begrifflich eng beieinander, die angesprochenen Verkehrskreise würden aber aus "med. Fußpflege" nicht automatisch folgern, dass die Person berechtigt sei, die Berufsbezeichnung medizinischer Fußpfleger zu führen, schon deshalb, weil die Vorschriften des Podologengesetzes nicht bekannt seien. Der Gesetzgeber habe die Berufsausübung keiner staatlichen Reglementierung unterwerfen wollen. Es heiße in der Gesetzesbegründung " .... können weiterhin fußpflegerische Leistungen im bisherigen Umfang anbieten". Das sei bei der Beurteilung, wann eine Werbung irreführend sei, zu berücksichtigen. Wenn die Tätigkeit nicht geschützt sei, sei Werbung dafür auch nicht wettbewerbswidrig. Damit liege auch kein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz vor.

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, die Annahme des Landgerichts, das Podologengesetz sei nicht bekannt, sei falsch und verweist auf zahlreiche Fundstellen, unter anderem von Patientenvertretungen, Gesundheitsämtern, Berufsverbänden und Industrie- und Handelskammern im Internet.

Der Gesetzgeber habe mit dem Podologengesetz einheitliche Ausbildungsstandards für die medizinische Fußpflege festgelegt und die Berufsbezeichnung Podologe eingeführt. Nicht unter Schutz gestellt habe er die Tätigkeit der Podologen, also die medizinische Fußpflege. Wer die Anforderungen nicht erfülle, könne die Tätigkeit noch weiter ausüben, dürfe sich aber nicht Podologe/medizinischer Fußpfleger nennen. Die Betroffenen dürften auch nicht mit der Bezeichnung "medizinische Fußpflege" werben, das ergebe sich aus den allgemeinen Regeln über den unlauteren Wettbewerb und dem Heilmittelwerbegesetz. Danach sei die Werbung der Beklagten nach § 3 Nr. 3 a HWG verboten, denn eine Angabe, die eine nicht vorhandene Qualifikation vorspiegele, täusche den Patienten über den Standard der Behandlung, über Qualifikation oder Abschlüsse des Behandlers und sei damit irreführend. Die Beklagte erwecke den Eindruck, sie sei nach dem Podologengesetz ausgebildete medizinische Fußpflegerin, weil sie werblich die Tätigkeit medizinische Fußpflege herausstelle. Bei Werbung mit "med. Fußpflege" erwarte der Verkehr, dass der Behandelnde Fußpfleger nach dem Podologengesetz sei. Die Beklagte bringe ihre Person mit der Bezeichnung "med. Fußpflege" zusammen, obwohl sie nicht die Erlaubnis habe, sich medizinische Fußpflegerin zu nennen und täusche damit den Verkehr. Jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehe mittlerweile die Erwartungshaltung der Verkehrskreise, bei einer Werbung mit "med. Fußpflege" werde die Behandlung durch entsprechend qualifizierte Personen durchgeführt. Diese Erwartungshaltung werde enttäuscht. Deshalb betreibe die Beklagte irreführende Werbung im Sinne von § 5 UWG n. F. und verschaffe sich einen Vorsprung durch Rechtsbruch, § 4 Nr. 11 UWG. Die Vorschriften des UWG und des HWG würden durch das Podologengesetz nicht suspendiert.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinen im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien und der dazu überreichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, weil sie insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese es unterlässt, ihre Dienste unter der Bezeichnung "med. Fußpflege" anzubieten.

Auf den Streitfall ist das UWG in der am 04.07.2004 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden.

Die Beklagte betreibt damit, das sie ihre Dienste unter der Tätigkeitsbezeichnung "med. Fußpflege" anbietet, keine verbotene unlautere irreführende Werbung (§ 5 UWG) noch eine wegen eines Verstoßes gegen außerwettbewerbliche Marktverhaltensregelungen (§ 4 Nr. 11 UWG) verbotene Werbung.

Die Beklagte ist berechtigt, Leistungen im Bereich der medizinischen Fußpflege zu erbringen und damit auch anzubieten. Das stellt auch der Kläger jedenfalls jetzt nicht mehr in Abrede. Diejenigen, die bisher in diesem Berufsfeld tätig waren, dürfen ihre bisherige Berufstätigkeit fortführen und weiterhin fußpflegerische Leistungen im bisherigen Umfang anbieten, allerdings die Berufsbezeichnung "medizinischer Fußpfleger" seit dem 01.01.2003 nicht mehr führen. Die Beklagte führt diese Berufsbezeichnung auch nicht und verstößt mithin nicht gegen das Podologengesetz. Die Angabe der Tätigkeitsbezeichnung "med. Fußpflege" ist zur Irreführung nicht geeignet.

Bis heute ist der Begriff "Podologe" außerhalb der Fachkreise nicht bekannt; es ist auch nicht bekannt, dass, wer sich als Podologe oder als medizinischer Fußpfleger bezeichnet, eine zweijährige Ausbildung durchlaufen und eine staatliche Prüfung absolviert haben muss. Der größte Teil der angesprochenen Verkehrskreise hat nach wie vor keine Vorstellung vom Berufsbild des Podologen und von den Voraussetzungen, die eine zur Führung dieser Berufsbezeichnung oder derjenigen des medizinischen Fußpflegers berechtigte Person erfüllen muss. Er wird deshalb mit der Werbung der Beklagten auch nicht die Vorstellung verbinden, die Behandlung werde von einer Person ausgeführt, die eine Ausbildung und Prüfung nach dem Podologengesetz absolviert habe und wird infolgedessen durch die Werbung nicht irregeführt. Die angesprochenen Verkehrskreise, die die Leistung medizinische Fußpflege schon vor dem Inkrafttreten des Podologengesetzes in Anspruch genommen haben, erwarten auch nach dem 01.01.2003 in der Person ihres Fußpflegers keine Person, die eine zweijährige Ausbildung durchlaufen und eine staatliche Prüfung abgelegt hat. Aber auch diejenigen Verbraucher, die die Dienste eines Fußpflegers erst nach dem 01.01.2003 erstmals in Anspruch nehmen wollen, werden durch die Angabe "med. Fußpflege" nicht über die Qualifikation der Beklagten irregeführt. Denn anders als beim Beruf des Physiotherapeuten bzw. Krankengymnasten und des Masseurs und medizinischen Bademeisters, die als klassische Heil(hilfs)berufe schon seit langer Zeit staatlichen Regelungen unterliegen, war der Beruf des Fußpflegers bis zum Inkrafttreten des Podologengesetzes überhaupt nicht staatlich reglementiert, so dass der Verkehr bei der Inanspruchnahme von fußpflegerischen Leistungen, mögen sie auch als med. Fußpflege bezeichnet sein, in diesem Fall nicht davon ausgeht, dass, wer med. Fußpflege anbietet, das nur aufgrund einschlägiger Vorschriften eines Gesetzes auf dem Gebiet des Gesundheitswesens tun werde. Der Senat schließt sich insoweit der Ansicht des OLG Naumburg (Urteil vom 04.03.2004, OLGR 2004, 337) an, dass den angesprochenen Verkehrskreisen die Berufsbezeichnung eines Podologen und die Voraussetzungen hierfür weitgehend unbekannt sind und sie daher mit der Werbung med. Fußpflege nicht die Erwartung verbinden, die Tätigkeit werde von einer Podologin/einem Podologen oder Medizinischen Fußpfleger(in) nach dem Vorbildungsprofil des Podologengesetzes wahrgenommen. Nach den Erfahrungen der Mitglieder des Senats trifft diese Einschätzung auch derzeit noch zu.

Die vom Kläger herangezogenen Fundstellen im Internet vermögen das Gegenteil nicht zu belegen. Derjenige, der im Internet unter den Stichworten Podologe oder medizinischer Fußpfleger auf die Suche geht, erfährt aufgrund der dort erhältlichen umfassenden Informationen, dass die Personen, die nicht zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigt sind, weiterhin fußpflegerische Leistungen im bisherigen Umfang anbieten, aber nicht unter der Bezeichnung der Podologe oder medizinischer Fußpfleger auftreten dürfen. Diese Information ist z. B. im "Diabetesforum" zu finden und steht deshalb der Zielgruppe, die der Gesetzgeber bei der Schaffung des Podologengesetzes besonders im Blick hatte, nämlich den besonders häufig an krankhaften Veränderungen am Fuß leidenden Diabetikern, die der medizinischen Fußpflege durch besonders qualifizierte Personen bedürfen, zur Verfügung. Diese Personen werden deshalb durch das Anbieten einer als "med. Fußpflege" bezeichneten Dienstleistung nicht irregeführt, weil ihnen aufgrund der Informationen, mit denen gerade sie zahlreich versorgt werden, bekannt ist, dass diese Dienste nicht von einer besonders qualifizierten Person angeboten werden, weil diese sich nämlich als Podologe oder medizinischer Fußpfleger bezeichnen würde. Wenn ein Arzt einem Patienten medizinische Fußpflege verordnet, so wird auch er aufgrund der in Fachkreisen bekannten Problematik den Patienten darauf hinweisen, dass er sich an einen Podologen oder medizinischen Fußpfleger wenden muss, schon deshalb, weil der Patient bei ärztlicher Verordnung eine Inanspruchnahme der Leistungen auf Kosten seiner Krankenkasse erwartet, eine Zulassung zu den gesetzlichen Krankenkassen nach § 124 II Nr.1 SGB V in Verbindung mit den Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen aber nur Personen erhalten, die entweder die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Podologe" besitzen oder die zu dem in § 10 Abs. 4 bis 6 PodG genannten Personenkreis gehören, sich aber noch nicht durch die staatliche (Ergänzungs-)prüfung zum Podologen qualifiziert haben, sofern in zumutbarer Entfernung kein zugelassener Therapeut vorhanden ist, in diesem Fall nur befristet bis zum 31.12.1006. Da der Kläger in O1 in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Beklagten eine podologische Praxis betreibt, liegt diese Vorraussetzung bei der Beklagten nicht vor. Auch nach den Beihilfevorschriften der Länder sind von einem Arzt verordnete fußpflegerische Maßnahmen nur beihilfefähig, wenn sie von einem Podologen durchgeführt werden. Die Gefahr, dass ein Patient, dem von einem Arzt medizinische Fußpflege verordnet worden ist, irrtümlich durch die Tätigkeitsbezeichnung "med. Fußpflege" veranlasst die Dienste der Beklagten in Anspruch nimmt, ist im übrigen auch schon deshalb denkbar gering, weil ein Patient, der die Beklagte mit einer Verordnung eines Arztes aufsucht, von dieser an einen Podologen verwiesen werden muss, weil sie mangels einer Zulassung zu den gesetzlichen Krankenkassen ihre Leistung für den Patienten nicht auf Kosten von dessen Krankenkasse erbringen kann.

Die Einschätzung, die Beklagte betreibe keine irreführende Werbung, beruht nicht darauf, dass, wie der Kläger meint, ein Satz aus der amtlichen Begründung zum Podologengesetz das UWG und das Heilmittelwerbegesetz "suspendieren" könne. In der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf wird lediglich ausgeführt, dass keine Grundlage dafür gesehen werde, die Tätigkeit auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege als vorbehaltene Aufgabe zu schützen, dass aber die Bezeichnung "medizinischer Fußpfleger" dem Nichtpodologen zukünftig verboten sei, obwohl das neue Gesetz die Bezeichnung der Behandlung als medizinische Fußpflege "zum Beispiel auf ihrem Praxisschild" nicht ausschließe (BT-Drucksache 14/5593, S. 9). Damit wird nur die Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass für die Inanspruchnahme von Diensten, die erlaubtermaßen angeboten werden, auch Werbung betrieben werden darf. Dieses Recht findet seine Schranken allerdings in den Vorschriften des UWG, die allein den Schutz des Allgemeininteresses an unverfälschtem Wettbewerb bezwecken, nicht jedoch sonstige Allgemeininteressen schützen (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1 UWG, Bundestagsdrucksache 15/1487, S. 16). Um eine Werbung als irreführend und damit unerlaubt anzusehen, muss sie aber geeignet sein, einen nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise über bestimmte Tatsachen irre zu führen. Das ist, bei der Angabe der Tätigkeit "med. Fußpflege" wie ausgeführt nicht der Fall.

Selbst wenn aber mittlerweile einzelne Interessenten für medizinische Fußpflege über die Vorschriften des Podologengesetzes informiert wären und deshalb die Irreführungsgefahr im Einzelfall zu bejahen wäre, könnte der Beklagten der Hinweis auf die von ihr angebotenen Dienste als "med. Fußpflege" nicht verboten werden. Da die erlaubte wirtschaftliche und berufliche Betätigung und auch die berufliche oder gewerbliche Außendarstellung einschließlich der Werbung in den Schutzbereich des Art. 12 GG fallen, müssen die Vorschriften des UWG unter Beachtung dieses Grundrechts ausgelegt werden, so dass ein Verbot einer Außendarstellung oder Werbung im Einzelfall unverhältnismäßig sein kann. So liegt der Fall hier. Die Beklagte übt die Tätigkeit "medizinische Fußpflege" weiterhin erlaubtermaßen aus. Die Irreführungsgefahr durch die Angabe "med. Fußpflege" und ihre Bedeutung für die relevanten Verkehrskreise ist gering, weil besonders schutzbedürftige Patienten, die auf die Behandlung eines qualifizierten Podologen wegen einer Erkrankung angewiesen sind, medizinische Fußpflege auf ärztliche Verordnung in Anspruch nehmen werden und von der Beklagten mangels Kassenzulassung ohnehin nicht behandelt werden können.

Unter diesen Umständen wäre es im Hinblick auf den vom Grundgesetz garantierten Schutz der erlaubten beruflichen Betätigung unverhältnismäßig, der Beklagten die Bezeichnung ihrer Tätigkeit mit Außenwirkung als "med.Fußpflege" zu verbieten, Das gilt ebenso für § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 3 Nr. 3 a HWG. Denn auch die Beschränkungen, die im Zusammenhang mit dem Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG wettbewerbsrechtliche Bedeutung erlangen können, müssen unter Beachtung des Grundrechts aus Art. 12 GG ausgelegt werden.

Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 97 I ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (§ 543 II ZPO).

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