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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.02.2005
Aktenzeichen: 14 U 66/04
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 242
BGB § 278
VerbrKG § 3
VerbrKG § 9
ZPO § 767
Zur Haftung der Banken bei grundpfandrechtlich gesicherten Finanzierungen von Kapitalanlagen Veröffentlichungen:
Gründe:

Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde des Notars ... in O 1 vom 11.06.1999 - UR. Nr. .../99 -, aus welcher die Beklagte in Höhe eines Betrages von 38.001,54 Euro die Zwangsvollstreckung betreibt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie der ihrem Inhalt nach voraussichtlich wortgleichen Grundschuldbestellungsurkunde UR.-Nr. ... zugunsten der H Bank (Bl. 12 - 21) verwiesen. Der Grundschuldbestellung war der Abschluss eines Darlehensvertrages (Bl. 22 - 37) vorausgegangen, nach welchem die Beklagte den Klägern im eigenen Namen ein Vorausdarlehen in Höhe von 65.000 DM sowie ein weiteres Immobiliendarlehen über 100.000 DM namens und für Rechnung der H Bank zu anfänglichen effektiven Jahreszinsen von 5,429 % bzw. 5,720 % gewährt hatte. Die Tilgung beider Darlehen war zunächst für 9 bzw. 11 Jahre ausgesetzt und sollte durch Auszahlung zweier noch anzusparender Bausparverträge erfolgen. Bis dahin waren monatlich 281,67 DM Zinsen an die Beklagte und 457,33 DM Zinsen an die H Bank zu zahlen.

Die Darlehen dienten der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung in M, die als Kapitalanlage und als Altersvorsorge gedacht war. Die Kläger erwarben das Eigentum durch Kaufvertragsangebot vom 27.05.1999 des Notars Dr. A in O 2 (Bl. 39 - 59), das die Verkäuferin mit notarieller Erklärung vom 01.06.1999 des Notars A annahm. Der Kaufpreis betrug 163.192 DM. Das Objekt war den Klägern durch die Firma B in O 2 mittels eines Exposés (Bl. 146 ff.) angeboten wurden. Deren Mitarbeiter W hatte die Verkaufsgespräche mit den Klägern geführt, den Klägern die Darlehensunterlagen vorgelegt und diese anschließend bei der Beklagten eingereicht. Den Darlehensvertrag unterzeichneten die Kläger in den Geschäftsräumen der Beklagten in O 2 . In dem Darlehensvertrag ist W als Vermittler aufgeführt. Zwischen der Firma B und der Beklagten besteht ein Vertrag über die Zusammenarbeit im Privatkundengeschäft, wobei die Firma B für jede vermittelte Finanzierung eine Provision erhält.

Da die Kläger seit Oktober 2001 die geschuldete Zinszahlung nicht mehr erbrachten, kündigte die Beklagte den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 29.01.2003 (Bl. 20, 21). Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung wegen eines Betrages in Höhe von 38.001,54 Euro.

Die Kläger sind der Auffassung, die Zwangsvollstreckung sei unzulässig.

Sie haben hierzu behauptet, bei Abschluss des Kaufvertrages und des Darlehensvertrages durch den Vermittler W insbesondere über den tatsächlichen Wert der Wohnung arglistig getäuscht worden zu sein. Nach dem Gutachten des Gutachterausschusses für den Kreis X vom 23.05.2003, das im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholt worden ist (Bl. 162 ff.), habe die Wohnung lediglich einen Wert von 36.000 Euro. W habe ferner zum Zustand des Gebäudes sowie über die angeblichen Zinserträge und die monatlichen Belastungen unzutreffende Angaben gemacht. Auch weiche die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % von den Angaben im Exposé ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 20.02.2004 (Bl. 208 - 212) verwiesen. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, W sei als Erfüllungsgehilfe der Beklagten aufgetreten, er habe das Darlehen im Auftrag der Beklagten vermittelt, was sich daraus ergebe, dass er die Unterlagen zur Vorbereitung des Darlehensabschlusses für die Beklagten ausgefüllt und sie dann bei dieser eingereicht habe. W habe ihnen, den Klägern, gegenüber erklärt, die Durchführbarkeit der Kapitalanlage mit der Beklagten und dem Verkäufer abgeklärt zu haben. Die Beklagte habe mit dem Verkäufer, mit dem sie seit Jahren zusammenarbeite, ein sehr günstiges Gesamtpaket geschnürt. Er, W, sei von der Beklagten beauftragt, sich um alles zu kümmern. W, so haben die Kläger weiter behauptet, habe auch den Termin für die Unterzeichnung des Darlehensvertrages vom 02.06.1999 mit der Beklagten vereinbart. Anlässlich dieses Termins habe W erklärt, dass es sich um eine seriöse und "todsichere" Kapitalanlage handele, da die Bank sich lediglich an die Immobilie halten dürfe und sich die Haftung ausschließlich auf die Immobilie, den Bausparvertrag und die Lebensversicherung beschränke, für die Kläger insoweit also kein weiteres Haftungsrisiko bestehe. Eine Mitarbeiterin der Bank, die bei dem Gespräch anwesend gewesen sei, habe eine weitere Aufklärung der Kläger trotz deren Bitte ausdrücklich verweigert und angegeben, dass bereits alles geklärt sei und lediglich noch der Vertrag unterzeichnet werden müsse. Zudem - so haben die Kläger weiter behauptet - habe die Beklagte die Immobilie selbst bewertet und gewusst, dass ihr Wert erheblich niedriger als der Kaufpreis gewesen sei.

Die Kläger haben beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars A in O 1 vom 11. Juni 1999 - UR.Nr. - für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Firma B bzw. deren Mitarbeiter hätten nicht als ihre Repräsentanten auftreten dürfen und dieses auch nicht getan. Beratungsleistungen in ihrem Namen seien nicht erfolgt. Soweit W ihr Kunden zugeführt habe, habe es sich immer um Einzelimmobilien, nie um mehrere Wohnungen in einem Objekt gehandelt. In dem Objekt der Verkäuferin habe sie, was unstreitig ist, lediglich 5 der insgesamt 80 Wohnungen finanziert. Mit W habe es nie vorherige Abstimmungen über die Finanzierungen gegeben. Die Darlehensverträge seien in jedem Einzelfall geprüft worden. Anlässlich der Unterzeichnung habe die Mitarbeiterin P mit den Klägern die Angelegenheit nochmals durchgesprochen. Dabei habe sie auch ausdrücklich auf die persönliche Haftung der Kläger hingewiesen. Den Beleihungswert der Wohnung der Kläger habe sie, die Beklagte, selbst mit 170.000 DM ermittelt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Täuschungsverhalten der Beklagten hinsichtlich des Darlehensvertrages nicht vorgetragen sei. Soweit die Kläger behaupten, ihnen sei suggeriert worden, dass keine persönliche Haftung bestehe, stehe einem entsprechenden Irrtum schon die allgemein vorherrschende Kenntnis entgegen, dass jeder Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens persönlich einzustehen habe und dass das Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme durch die gegebenen Sicherheiten lediglich minimiert werde. Eine arglistige Täuschung der Beklagten könne auch nicht darin gesehen werden, dass sie den Klägern ein Darlehen in einer Höhe offeriert hat, die nach der Behauptung der Kläger dem Wert der Immobilie nicht entsprach. Die Beklagte habe seinerzeit den Beleihungswert der Wohnung nach den Angaben des Gutachterausschusses festgesetzt. Die spätere Festsetzung des Verkehrswerts im Zwangsversteigerungsverfahren auf lediglich 36.000 Euro lasse einen Rückschluss darauf, die Beklagte habe den Beleihungswert bewusst falsch angesetzt, nicht zu.

Es könne dahinstehen, ob der Kaufvertrag infolge der seitens der Kläger erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig sei, weil die Unwirksamkeit des Kaufvertrages nicht auf den Darlehensvertrag durchschlage. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG finde § 9 Abs. 3 VerbrKrG auf Realkredite keine Anwendung.

Auch könnten die Kläger keinen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens der Beklagten bei den Vertragsverhandlungen geltend machen. Selbst wenn W den Darlehensvertrag im Auftrag der Beklagten vermittelt haben sollte, sei er Erfüllungsgehilfe der Beklagten allenfalls im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages gewesen. Im Zusammenhang mit dem Ausfüllen der Unterlagen zur Vorbereitung des Darlehensabschlusses sei es aber nicht zu pflichtwidrigen Einwirkungen auf die Willensbildung der Kläger gekommen. Die Beklagte habe den Klägern lediglich eine korrekte Beratung in Bezug auf das abzuschließende Darlehen geschuldet und keinerlei Aufklärung und Beratung im Hinblick auf die anzuschaffende Eigentumswohnung. Insoweit hätten die Beklagte auch keine besondere Aufklärungspflichten getroffen, da sie weder in den Verkauf der Wohnungen eingebunden gewesen sei noch einen sonstigen Wissensvorsprung gegenüber den Klägern gehabt habe.

Gegen das klagabweisende Urteil haben die Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet. Sie verfolgen ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter und verlangen darüber hinaus die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde. Sie sind der Auffassung, dass W als Erfüllungsgehilfe der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages aufgetreten sei. Da die Beklagte regelmäßig die Finanzierung des Wohnungsverkaufs durchgeführt habe, habe auch zusätzlich eine Aufklärungspflicht betreffend die Immobilie bestanden. Eine Trennung zwischen Kaufvertrag und Darlehensvertrag sei nicht gerechtfertigt, da letzterer ebenfalls auf die unzutreffenden Angaben von W betreffend die Immobilie zurückzuführen sei. Die Beklagte habe von den dessen Täuschungshandlungen insoweit profitiert, so dass die Unwirksamkeit des Kaufvertrages auf den Darlehensvertrag durchschlage. Beide Verträge seien als verbundene Geschäfte anzusehen. Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte immerhin 5 Wohnungen aus dem Objekt finanziert habe, lasse sich der Schluss ziehen, dass ein "günstiges Gesamtpaket" geschnürt worden sei. Darüber hinaus - so meinen die Kläger - habe es zu den Nebenpflichten der Beklagten gehört, die Rentabilität des Geschäfts zu prüfen und die insoweit nicht vorgebildeten Kläger zu beraten.

Außerdem habe W anlässlich der mit der Mitarbeiterin der Bank geführten Gespräche zusätzlich konkrete und unzutreffende Angaben im Hinblick auf das Kreditgeschäft getätigt und hierdurch den Klägerin suggeriert, sie seien für das Kreditgeschäft mit der Beklagten lediglich durch die Immobilie, den Bausparvertrag und der Lebensversicherung in der Haftung gebunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 03.05.2004 (Bl. 242 - 247) verwiesen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 20.02.2004 abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars A in O 1 vom 11.06.1999 - UR-Nr. - für unzulässig zu erklären sowie die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der vorbezeichneten Urkunde an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 9.7.2004 (Bd. II Bl. 39 - 55) verwiesen.

Die Berufung ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die erstinstanzliche Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

Dies gilt zunächst, soweit das Landgericht eine Haftung der Beklagten für Angaben von W betreffend das Kaufobjekt und dessen Rentabilität sowie eine eigene diesbezügliche Aufklärungs- bzw. Beratungspflicht der Beklagten verneint hat.

Die Beklagte haftet nicht aus Verschulden bei Vertragsschluss in Verbindung mit § 278 BGB wegen der seitens W betreffend das Kaufobjekt angeblich getätigten täuschenden Äußerungen. Zwar kommt durchaus in Betracht, W als Verhandlungsgehilfen der Beklagten anzusehen, soweit er den Klägern eine Finanzierung durch die Beklagte angeboten und vermittelt hat. Zurechnen lassen muss sich die Beklagte dessen Verhalten aber nur, soweit es den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft. Nur insoweit wäre dieser als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der Beklagten als Kreditinstitut tätig geworden (BGH NJW 2000, 3558 ff; ZIP 2003, 1741 ff; NJW 2004, 1376 ff). Erklärungen über den Zustand und die Rentabilität der zu finanzierenden Immobilie gehören nicht zu dem Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages.

Der Beklagten ist im Zusammenhang mit der Frage der Wertigkeit des Kaufobjekts und seiner Rentabilität auch kein eigenes Beratungs- oder Aufklärungsverschulden vorzuwerfen. Eine Pflicht der kreditgebenden Bank zur Aufklärung über Risiken des finanzierten Geschäfts kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn die finanzierende Bank in Bezug auf von ihr als wesentlich erkannte Umstände des Geschäfts gegenüber dem Kreditnehmer einen konkreten Wissensvorsprung hat und dies auch erkennen kann, die Bank beispielsweise weiß oder damit rechnet, dass das Vorhaben scheitern wird, das wesentliche Umstände, insbesondere wertbildende Faktoren, durch Manipulationen verschleiert werden, dass der Kreditnehmer von den Geschäftspartnern arglistig getäuscht wird, oder wenn die Bank einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt (BGH ZIP 1992, 216 ff sowie die vorzitierten Entscheidungen). Entsprechende Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagten positiv bekannt war, dass der seitens der Kläger für die Immobilie zu entrichtende Kaufpreis überhöht war.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgegangen ist oder dass sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Verkäufer als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt hätte (zu den Voraussetzungen vgl. BGH ZIP 2004, 209 ff). Allein der Umstand, dass die Beklagte der Firma B für die Vermittlung von Finanzierungen Provisionen bezahlte, lässt nicht den Schluss zu, dass sie im Zusammenhang mit dem Vertrieb der hier in Rede stehenden Eigentumswohnungsanlage über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgegangen ist. Soweit die Kläger behaupten, es habe ein seitens der Beklagten gemeinsam mit der Verkäuferin entwickeltes Gesamtkonzept zum Vertrieb der einzelnen Eigentumswohnungen bestanden, ist diese pauschale Behauptung durch keinerlei Tatsachen, die einen entsprechenden Schluss zuließen, belegt. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass die Beklagte den Erwerb von 5 der 80 Wohnungen finanziert hat, was gerade gegen ein gemeinsam mit dem Verkäufer entwickeltes Gesamtvertriebskonzept spricht.

Entgegen der Auffassung der Kläger greifen vorliegend auch nicht die Grundsätze des verbundenen Geschäfts gemäß § 242 BGB oder gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG ein. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat, ist die Anwendung gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen, wenn ein Realkredit zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden ist. Ein grundpfandrechtlich abgesichertes Darlehen liegt auch dann vor, wenn die Parteien neben der Bestellung eines Grundpfandrechts die Stellung weiterer Sicherheiten wie z. B. die Abtretung der Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung und aus einem Bausparvertrag vereinbaren (BGH NJW 2000, 3558 ff; ZIP 2003, 1741 ff; ZIP 2004, 209 ff; NJW 2004, 1376 ff). Da es sich vorliegend um einen solchen Kredit handelt, die Zinshöhe und die sonstigen Kreditkonditionen liegen unstreitig in dem gezogenen Rahmen, scheidet eine Anwendung der Grundsätze des verbundenen Geschäfts gemäß § 9 VerbrKrG aus.

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG an. Der Wortlaut ist anders als es der BGH in seiner Entscheidung NJW 2002, 2029 f für die Vorschrift des § 5 Abs. 2 HWiG entschieden hat, nicht auslegungsfähig. Das Gesetz weist betreffend die Frage, ob § 9 VerbrKrG auf die in Rede stehenden Kreditverträge Anwendung finden soll, auch keine planwidrige Lücke auf. Vielmehr hat der Gesetzgeber die "Sonderbehandlung" der Realkredite, die auch in der Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG in Art. 2 Abs. 1 und Abs. 3 (Abdruck bei Staudinger, BGB, VerbrKrG HWG, 1998, Seite 582 ff.) vorgesehen ist, bewusst getroffen. Der Umstand, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 358 Abs. 3 BGB n. F. unter engen Voraussetzungen die Annahme eines verbundenen Geschäfts bei finanziertem Grundstückserwerb zulässt, lässt nicht den Schluss zu, zuvor habe eine planwidrige Lücke vorgelegen.

Auch ist durch das sogenannte Heininger-Urteil des EUGH vom 13.12.2001 (NJW 2002, 2373 ff) im Hinblick auf die Anwendung der Grundsätze des verbundenen Geschäfts auf Realkreditverträge keine Planlosigkeit hervorgerufen worden. Das Urteil des EUGH befasst sich ausschließlich mit der Frage, ob die in § 5 Abs. 2 HWiG a. F. enthaltene Anordnung, dass für dem VerbrKrG unterfallende Verträge ausschließlich das Verbraucherkreditgesetz und nicht das HWiG gelte, gegen die Haustürgeschäfterichtlinie 85 / 577/EWG verstößt. Insoweit führt der EUGH aus, dass die Haustürgeschäfterichtlinie durch die Verbraucherkreditrichtlinie, die Ausnahmen für Realkredite vorsieht, in ihrer Gültigkeit nicht begrenzt wird, so dass die Haustürgeschäfterichtlinie auch auf derartige Kreditverträge Anwendung finden müsse und die Mitgliedstaaten das sich aus einer Haustürsituation ergebende Widerrufsrecht betreffend Realkredite nicht einzuschränken vermögen.

Damit ist den Mitgliedstaaten aber nicht vorgegeben, dass für den Fall eines Widerrufs nach den Vorschriften des HWiG im Zusammenhang mit der Regelung der Rechtsfolgen oder bei einer Anfechtbarkeit des Kaufvertrages stets die Grundsätze des sogenannten verbundenen Geschäfts zu berücksichtigen seien. Die Verbraucherkreditrichtlinie, die in Art. 11 eine Sicherstellung der Verbraucherrechte gegenüber dem Verkäufer für den Fall einer Kaufpreisfinanzierung fordert und die in § 9 VerbrKrG umgesetzt ist, fordert eine entsprechende Rechtsfolgenregelung für sogenannte Realkredite nicht. Vielmehr sieht die Richtlinie selbst in Art. 2 Abs. 1 und Abs. 3 für Realkredite insoweit eine Ausnahme vor (Staudinger-Kessal-Wulf, BGB, VerbrKrG, HTWG, 1998, § 3 VerbrKrG, Rdnr. 31, 32).

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass eine Vorlage gemäß Artikel 234 Abs. 3 des EG-Vertrages nicht in Betracht kommt, weil die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG nicht gegen die EG-Richtlinie verstößt und zudem jedenfalls eine richtlinienkonforme Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht kommt.

Der vorstehend begründete Ausschluss des Einwendungsdurchgriffs gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKG wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG lässt jedenfalls im Anwendungsbereich des § 1 VerbrKG auch keinen Rückgriff auf die aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze über den Einwendungsdurchgriff zu (vgl. BGH NJW 2004, 1376 ff).

Mit dem Landgericht ist der Beklagten auch im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrages ein Täuschungsverhalten von W sowie der anwesenden Mitarbeiterin der Beklagten, für welches sie aus Verschulden bei Vertragsschluss in Verbindung mit § 278 BGB und/oder nach § 123 BGB einzustehen hätte, nicht vorzuwerfen. Insoweit haben die Kläger bereits erstinstanzlich behauptet, es sei ihnen suggeriert worden, dass keine persönliche Haftung bestehe, die Haftung sich vielmehr auf die Immobilie, einen Bausparvertrag und eine Lebensversicherung beschränke. Nach den Ausführungen des Landgerichts auf Seite 7 der Entscheidungsgründe scheitert eine Haftung daran, dass der seitens der Kläger behauptete Irrtum, sie hätten aufgrund der Angaben des Zeugen W, geglaubt, für die Rückzahlung des Darlehens nicht persönlich haften zu müssen, nicht feststellbar sei. Einem entsprechenden Irrtum stehe die allgemeine Kenntnis dessen entgegen, dass jeder Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens persönlich einzustehen habe und die gewährten Sicherheiten lediglich das Risiko minimierten.

Es erscheint in der Tat fraglich, ob eine Irrtumserregung und darauf beruhend die Abgabe der Erklärungen zum Abschluss des Darlehensvertrages bei den Klägern festgestellt werden kann. Hierbei handelt es sich um eine innere Tatsache, nämlich dass man aufgrund dieser Erklärungen einem Irrtum unterlegen und lediglich aufgrund dieses Irrtums die angefochtene Willenserklärung abgegeben hat, deren Feststellung nicht ohne weiteres möglich ist. Wie sich aus der Entscheidung des BGH NJW 1996, 1051 f ergibt, kann ein ursächlicher Zusammenhang zwischen behaupteter Täuschung und Vertragsschluss nicht mittels Anscheinsbeweis festgestellt werden. Allenfalls kann bei bestimmten Rechtsgeschäften und unter besonderen Umständen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung eine ausreichende Typizität und damit ein Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung bejaht werden (BGH NJW 1995, 1540 ff). Nach dieser Entscheidung genügt es für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung, dass der Getäuschte Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein könnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, weil gerade zweifelhaft erscheint, dass die Kläger einem Irrtum über ihre persönliche Haftung unterlegen sind. Insoweit erscheint die Annahme des Landgerichts, wonach jedermann bekannt sei, dass man für die Rückzahlung des Darlehens persönlich einzustehen habe und Sicherheiten die persönliche Haftung lediglich minimierten, nachvollziehbar. Hiergegen haben die Kläger in ihrer Berufungsbegründung auch nicht weiter argumentiert, sondern sich lediglich darauf beschränkt, ihr erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen.

Hinzu kommt, dass eine etwaige Anfechtung wegen Fristversäumung des § 124 BGB nicht mehr möglich wäre. In der Grundschuldbestellungsurkunde, die die Kläger am 11.6.1999 unterzeichnet haben, ist ausdrücklich die persönliche Haftung für die Zahlung des jeweils fälligen Grundschuldbetrages übernommen worden, so dass den Klägern spätestens zu diesem Zeitpunkt bekannt war, dass sich die Haftung nicht auf das Grundstück beschränkte, sondern sie eine persönliche Zahlungsverpflichtung treffen könnte.

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die grundsätzlichen Fragen zum Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflichten der kreditgebenden Bank sowie zur Anwendbarkeit der Grundsätze des verbundenen Geschäfts bereits höchstrichterlich entschieden sind und der Rechtsstreit im übrigen keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern, § 543 ZPO.

Ende der Entscheidung

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