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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.02.2007
Aktenzeichen: 14 UH 5/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36
Zum allgemeinen Gerichtsstand einer englischen Limited im Inland.
Gründe:

1. Am 02.08.2006 ging bei dem Amtsgericht Hünfeld ein Antrag des in R. ansässigen Antragstellers auf Erlass eines Mahnbescheides gegen eine als Ltd. bezeichnete Gesellschaft mit postalischer Anschrift in D. ein. Als Gegenstand des Verfahrens ist eine Rechnung über insgesamt 3.046,16 EUR bezeichnet, als Prozessgericht für den Fall der Durchführung des streitigen Verfahrens das Amtsgericht Rastatt. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts wies den Antragsteller mit Verfügung vom 17.08.2006 darauf hin, dass die Antragsgegnerin nach dem Inhalt des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland habe. Solchenfalls sei zunächst die internationale Zuständigkeit zu prüfen; im übrigen gelte § 703 d ZPO. Der Antragsteller trug daraufhin vor, die Antragsgegnerin habe keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland. Sie betreibe in D. eine Niederlassung, weswegen die Verweisung an das für diesen Ort zuständige Mahngericht beantragt werde.

Daraufhin erklärte sich das Amtsgericht Hünfeld für örtlich unzuständig und gab die Sache an das Amtsgericht Stuttgart ab. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Stuttgart forderte den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Verfügung vom 04.12.2006 auf, die Anschrift des Sitzes der Antragsgegnerin im Ausland mitzuteilen. Nach einer telefonischen Rücksprache vermerkte sie in der Akte, nach der Auskunft des Verfahrensbevollmächtigten gebe es keinen Hinweis auf eine ausländische Niederlassung. Das Amtsgericht Stuttgart lehnte danach mit Beschluss vom 14.12.2006 die Übernahme des Verfahrens ab und verwies die Sache an das Amtsgericht Hünfeld zurück. Es hat dann die Sache dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

2. Der Senat ist zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes zwischen dem zuerst mit der Sache befassten Amtsgericht Hünfeld und dem Amtsgericht Stuttgart berufen, § 36 I Nr. 6, II ZPO. Diese Bestimmung findet nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch im Mahnverfahren Anwendung, um die Prozessparteien belastende Zuständigkeitsstreite verschiedener Gerichte einer raschen Klärung zuzuführen.

3. Die deutschen Gerichte sind international zuständig. Das gilt unabhängig von der Frage, ob die Antragsgegnerin einen Wohnsitz im Inland oder als englische Limited in dem Vereinigten Königsreich hat. Ist ein allgemeiner Gerichtsstand der Antragsgegnerin im Inland nach § 17 ZPO begründet, folgt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 2 I EUGVVO. Fehlt es hingegen an einem inländischen Wohnsitz, ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 3, 5 Nr. 5 EUGVVO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn es sich um einen Streit aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung handelt. Der Begriff der Niederlassung ist dabei weit auszulegen. Als Indizien gelten einschlägige Adressen auf Briefbögen, das Unterhalten eines Geschäftslokals, das dem Besucherverkehr zur Verfügung steht (Zöller / Geimer, ZPO, 26. Aufl., Art. 5 EUGVVO, Rdn. 44 m.w.N.). Nach dem Vorbringen des Antragstellers betreibt die Antragsgegnerin in D. eine Niederlassung. Das wird durch die vorgelegten Kopien über deren Internetauftritt hinreichend bestätigt.

4. Nach § 689 II Satz 1 ZPO ist für das Mahnverfahren ausschließlich dasjenige Amtsgericht zuständig, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das wäre im Streitfall das Amtsgericht Hünfeld. Hat der Antragsgegner aber keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, ist für das Mahnverfahren ist dasjenige Gericht zuständig, welches für das streitige Verfahren zuständig sein würde, wenn die Amtsgerichte im ersten Rechtszug sachlich unbeschränkt zuständig wären, § 703 d I, II ZPO.

Landesrechtliche Konzentrationen der Mahnsachen bei einem Gericht sind dabei zu beachten, § 703 d II ZPO i.V.m. § 689 III ZPO.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Stuttgart ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, weswegen § 703 d II ZPO anzuwenden ist.

Eine nach englischem Recht gegründete Limited hat nur in Ausnahmefällen einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland. Nach Art. 60 I lit.a - c EUGVVO haben Gesellschaften und juristische Personen ihren Wohnsitz an dem Ort, an sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Keine dieser Alternativen greift nach dem Akteninhalt ein. Ein satzungsmäßiger Sitz der Antragsgegnerin im Inland kommt nicht in Betracht (vgl. dazu Klose - Mokroß DStR 2005, 971 ff). Die Eintragung einer Haupt- oder Zweigniederlassung im Handelsregister ist ebenfalls nicht feststellbar. Für das Vorhandensein einer Hauptverwaltung im Inland gibt es ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass eine Auslandsgesellschaft unter einer inländischen Anschrift Geschäfte betreibt und offenbar über ein inländisches Geschäftslokal verfügt, erlaubt keine hinreichend sichere Abgrenzung, ob es sich um eine inländische Hauptniederlassung oder -verwaltung einerseits oder eine bloße Zweigniederlassung andererseits handelt (BayObLG NJW - RR 2006, 206; Senat Beschluss vom 19.01.2007 - 14 UH 1 / 07). Unerheblich ist auch die kaum aussagekräftige Auskunft der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, es gebe keinen Hinweis auf eine ausländische Niederlassung. Daraus ist schon nicht ersichtlich, ob und wie geprüft worden ist, ob die Antragsgegnerin im Vereinigten Königreich über einen Sitz verfügt, Art. 60 II EUGVVO.

Zuständig für das Mahnverfahren ist hiernach das Amtsgericht Stuttgart.

Eine Zuständigkeit für das streitige Verfahren ist nämlich an dem besonderen Gerichtsstand der Niederlassung der Antragsgegnerin in D. begründet, § 21 ZPO. Insoweit betreibt die Antragsgegnerin entsprechend ihrem Internetauftritt jedenfalls dort eine inländische Zweigniederlassung, was für die Anwendung dieser Vorschrift ausreicht.

Ende der Entscheidung

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