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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 14 UH 6/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 17 Abs. 1
ZPO § 17 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 36 Abs. 2
ZPO § 281
ZPO § 689
ZPO § 689 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 703 d Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

1. Am 17.11.2006 ging bei dem Amtsgericht Hünfeld ein Antrag der in O1 ansässigen Antragstellerin, einer Limited englischen Rechts, auf Erlass eines Mahnbescheides ein. Die Gesellschaft ist in dem bei dem Amtsgericht Königsstein geführten Handelsregister als Zweigniederlassung eingetragen. Mit Verfügung vom 29.11.2006 wies der Rechtspfleger des Amtsgerichts die Antragstellerin darauf hin, dass sie über keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland verfüge. Eine inländische Niederlassung könne nur einen besonderen Gerichtsstand begründen, der für die Anwendung des § 689 ZPO keine Bedeutung habe. Auf Antrag der Antragstellerin erklärte sich das Amtsgericht Hünfeld mit Beschluss vom 06.12.2006 für örtlich unzuständig und gab die Sache an das Amtsgericht Berlin - Schöneberg ab. Das Amtsgericht Wedding - Schöneberg lehnte als zentrales Mahngericht für Berlin / Brandenburg mit Beschluss vom 09.02.2007 die Übernahme ab. Zur Begründung wurde auf einen Schriftsatz der Antragstellerin vom 07.02.2007 verwiesen, wonach sie in O1 eine selbständige Niederlassung betreibe und Geschäfte ohnehin nur im Inland tätige. Das Amtsgericht Wedding / Schöneberg hat die Sache dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

2. Der Senat ist zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem zuerst mit der Sache befassten Amtsgericht Hünfeld und dem Amtsgericht Wedding / Schöneberg berufen, § 36 I Nr. 6, II ZPO. Diese Bestimmung findet nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch im Mahnverfahren Anwendung, um die Prozessparteien belastende Zuständigkeitsstreite verschiedener Gerichte einer raschen Klärung zuzuführen.

3. Die deutschen Gerichte sind international zuständig. Das folgt aus Art. 2 I EUGVVO, der für die Begründung der internationalen Zuständigkeit an den Wohnsitz der beklagten Partei anknüpft, der vorliegend in O2 besteht.

4. Für die Bearbeitung des Mahnverfahrens ist das Amtsgericht Hünfeld örtlich zuständig. Das folgt aus § 689 II Satz 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist für das Mahnverfahren ausschließlich dasjenige Amtsgericht zuständig, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, wobei landesrechtliche Konzentrationen der Mahnsachen bei einem Gericht zu beachten sind, § 703 d II ZPO. Der allgemeine Gerichtsstand juristischer Personen wird nach § 17 I ZPO durch ihren Sitz bestimmt. Der Sitz einer Gesellschaft ergibt sich bei den juristischen Personen des Privatrechts aus dem Gesetz oder aus der Satzung. Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine nach englischem Recht gegründete Limited. Deswegen findet Art. 60 I lit. a bis c EUGVVO Anwendung (Senat Beschluss vom 02.02.2007 - 14 UH 5/07). Nach dieser Bestimmung haben Gesellschaften und juristische Personen ihren Wohnsitz am dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Der satzungsmäßige Sitz der Antragstellerin ist nicht bekannt. In dem Handelsregister bei dem Amtsgericht Königsstein ist eine Zweigniederlassung eingetragen. Es kann dahinstehen, ob ungeachtet dessen bei möglichem Satzungssitz der Gesellschaft in England oder Wales (Art. 60 II EUGVVO) aufgrund der faktischen ausschließlichen Tätigkeit im Inland das Vorliegen einer Hauptniederlassung in O1 zu bejahen wäre. Nach dem Vortrag der Antragstellerin, der für die Zuständigkeitsbestimmung im Mahnverfahren ausreicht, hat sie dort jedenfalls ihre Hauptverwaltung. Der Verwaltungsort, an den auch § 17 I Satz 2 ZPO anknüpft, ist derjenige Ort, von dem aus die geschäftliche Tätigkeit maßgeblich entfaltet wird. Dass ist hier O1, nachdem die Antragstellerin klar gestellt hat, dass sie Geschäfte nur aus dem Inland betreibt (vgl. Zöller / Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 17, Rdn. 10). Da mithin die Antragstellerin ihre Hauptverwaltung in O1 hat, ist dort ihr allgemeiner Gerichtsstand begründet, weswegen das Amtsgericht Hünfeld für das Mahnverfahren örtlich zuständig ist.

Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Wedding / Schöneberg ist auch nicht dadurch begründet worden, dass das Amtsgericht Hünfeld eine Verweisung ausgesprochen hat. Eine Bindungswirkung kommt dieser Entscheidung nicht zu, weil es sich nicht um eine Verweisung im Sinne des § 281 ZPO handelt, die erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit möglich ist, sondern um eine formlose Abgabe (BayOblG Rpfleger 2002, 528 f; Senat Beschluss vom 19.01.2007 - 14 UH 1/07).

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