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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: 14 W 16/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 727
ZPO § 890
Ist der spätere Insolvenzverwalter durch ein vollstreckbares Urteil wegen eines Wettbewerbsverstoßes zu einer Unterlassung verurteilt worden und wird nach einer zeitlich späteren Insolvenzeröffnung bei Fortführung des Betriebes durch den Insolvenzverwalter gegen das Unterlassungsgebot zuwider gehandelt, kann gegen den Insolvenzverwalter nur dann ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO festgesetzt werden, wenn der Unterlassungstitel vor der Zuwiderhandlung auf ihn als Rechtsnachfolger gemäß § 727 ZPO umgeschrieben worden ist.
Gründe:

1. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist der X GmbH & Co. KG als Verfügungsbeklagten durch Urteil des Landgerichts Kassel vom 23.06.2005 bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, untersagt worden,

1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Preisnachlässen auf einen Ausgangspreis zu werben, der zuvor nicht wenigstens einen Monat lang tatsächlich verlangt worden ist,

2. Waren zu einem Preis zu veräußern, der unter dem für die Ware angegebenen Ausgangspreis liegt, sofern dieser Ausgangspreis nicht tatsächlich mindestens einen Monat zuvor verlangt worden ist.

Zugrunde lagen Wettbewerbsverstöße der Verfügungsbeklagten in deren Einrichtungshaus in O1. Mit Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 27.06.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verfügungsbeklagten eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt, nachdem er bereits zuvor aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Paderborn vom 09.05.2005 als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig gewesen war. Das Urteil des Landgerichts wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten am 22.07.2005 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 09.09.2005 begehrten die Gläubigerinnen wegen am 27.08. und 30.08.2005 begangener Zuwiderhandlungen gegen das Urteil des Landgerichts die Festsetzung eines "empfindlichen Zwangsgeldes" gegen den Beschwerdeführer. Auf den Antrag der Gläubigerinnen vom 19.07.2007 wurde ihnen mit Verfügung der Rechtspflegerin des Landgerichts vom 02.08.2007 eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils gegen den Beschwerdeführer wegen offenkundiger Rechtsnachfolge erteilt, die ihm am 03.08.2007 zugestellt wurde. Ein gegen die Klauselumschreibung gerichtetes Erinnerungsverfahren des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme mit Beschluss vom 26.11.2008 gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von 2.500 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500 EUR ein Tag Ordnungshaft verhängt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen des § 890 I ZPO seien erfüllt. Der Unterlassungstitel sei den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten zugestellt worden, die im Zustellungszeitpunkt auch den Insolvenzverwalter vertreten hätten. Aufgrund der Beweisaufnahme sei eine am 30.08.2005 begangene Zuwiderhandlung erwiesen.

Gegen diese am 15.12.2008 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 19.12.2008 eingelegte sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters. Er macht geltend, die Verfügungsbeklagte sei zu keinem Zeitpunkt Inhaberin des Einrichtungshauses in O1 gewesen. Der Standort O1 sei vielmehr von der ... X GmbH & Co. KG betrieben worden. Außerdem seien auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 890 ZPO nicht erfüllt.

2. Das nach § 793 ZPO statthafte Rechtsmittel, dem das Landgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und auch in der Sache begründet.

Ein auf Unterlassung gerichtetes, im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenes Urteil wird in der Weise durchgesetzt, dass gegen den Schuldner unter den Voraussetzungen des § 890 I, II ZPO die dort vorgesehenen Ordnungsmittel verhängt werden, §§ 936, 928 ZPO. Schuldner des Urteils des Landgerichts vom 23.06.2005 war aber nicht der Insolvenzverwalter, sondern die dort bezeichnete Verfügungsbeklagte. Daran hat sich nichts durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 27.06.2005 geändert. Vielmehr gab es auch nach diesem Zeitpunkt zunächst lediglich ein gegen die Verfügungsbeklagte, und nicht gegen den Beschwerdeführer vollstreckbares Urteil. Eine Zwangsvollstreckung des Unterlassungsanspruchs gegen den Insolvenzverwalter aus dem Titel gegen die Insolvenzschulderin findet nur dann statt, wenn eine Rechtsnachfolge im Sinne des § 727 ZPO bejaht werden kann und der Titel auf den Insolvenzverwalter umgeschrieben worden ist. Eine solche Rechtsnachfolge kommt zwar nicht bei höchstpersönlichen Ansprüchen in Betracht, die den Schuldner betreffen und die der Insolvenzverwalter schon von ihrer Eigenart her nicht erfüllen kann. Anders verhält es sich aber bei der Verpflichtung des Schuldners zu nicht vertretbaren Handlungen, die die Verwaltung der Masse betreffen und bei denen der Insolvenzverwalter nach § 80 I InsO an die Stelle des Schuldners tritt (MK- Ott, InsO, § 80, Rdn. 46; Zöller / Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 727, Rdn. 18 m.w.N.). Eine solche Umschreibung ist im Streitfall aber erst zeitlich nach der von dem Landgericht festgestellten Zuwiderhandlung bewirkt worden. Erst ab diesem Zeitpunkt kann überhaupt davon gesprochen werden, dass sich das titulierte Unterlassungsgebot gegen den Insolvenzverwalter richtete und das Urteil gegen ihn vollstreckbar war. Vor einer solchen nach § 890 ZPO erforderlichen Vollstreckbarkeit bleibt das Unterlassungsgebot für ihn sanktionslos (BGH NJW 1996, 397 ff).

Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung in den Fällen der Titelumschreibung nach § 727 ZPO folgen aus § 750 Abs. 2 ZPO. Nach dieser Bestimmung muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden (vgl. BGH NJW 1996, aaO für die Vollstreckung eines Unterlassungsanspruchs, die von einer Sicherheitsleistung abhängig ist, § 751 II ZPO). Zwar betrifft § 750 Abs. 2 ZPO die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und nicht der Vollstreckbarkeit. Indes dienen die Zwangsmittel des § 890 ZPO dazu, die Fortsetzung des dem Schuldner untersagten Verhaltens zu verhindern. Dieser muss Klarheit darüber haben, ab wann er mit der Verhängung von Ordnungsmitteln zu rechnen hat, wenn er sich nicht nach dem gegen ihn erlassenen Gebot richtet (BGH NJW 1996 aaO). Ob ein solcher Kenntnisstand nur durch eine Unterrichtung in der Form des § 750 Abs. 2 ZPO herbeigeführt werden kann, bedarf keiner Vertiefung. Jedenfalls bestand zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für den Beschwerdeführer kein hinreichender Anhalt dafür, dass der Titel gegen ihn vollstreckt werden sollte. Gleichermaßen richtete sich die in dem landgerichtlichen Urteil enthaltene Androhung von Ordnungsmitteln gegen die Verfügungsbeklagte und nicht gegen den Insolvenzverwalter.

Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss offenbar davon ausgeht, bereits die Zustellung des Urteils durch die Gläubigerinnen am 22.07.2005 habe die Voraussetzungen des § 890 ZPO erfüllt, trifft das nicht zu. Die Zustellung des Urteils ist an die Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten bewirkt worden, wie es § 172 I ZPO in einem anhängigen Verfahren vorsieht. Für die Zustellung im Parteibetrieb gilt nichts anderes, § 191 ZPO. Diese Zustellung des im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Urteils auf Betreiben der Gläubigerinnen eröffnete allenfalls eine Anwendung des § 890 ZPO in Bezug auf die Verfügungsbeklagte. Dass der Insolvenzverwalter als Rechtsnachfolger in Anspruch genommen werden sollte, ergab sich weder aus der zugestellten Urkunde noch aus dem Umstand, dass die Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gegenüber den Gläubigerinnen noch vor Erlass des Urteils auch die Vertretung des damaligen vorläufigen Insolvenzverwalters angezeigt hatten.

Hiernach hat der angefochtene Beschluss bereits aus den vorgenannten Gründen keinen Bestand. Der Senat muss deswegen auch nicht der Frage nachgehen, ob der Einwand des Beschwerdeführers durchgreift, jedenfalls zum Zeitpunkt der von den Gläubigerinnen beanstandeten Zuwiderhandlung am 30.08.2005 sei das Einrichtungshaus in O1 von der ... X GmbH & Co. KG und nicht von der verurteilten Insolvenzschuldnerin betrieben worden. Die von dem Landgericht in dem Nichtabhilfebeschluss vom 06.02.2009 hierzu vertretene Auffassung, aus dem Tatbestand des Urteils folge, dass die Verfügungsbeklagte in O1 ein Einrichtungshaus unterhalte, trägt nicht. Das am 23.06.2005 verkündete Urteil kann fraglos keine bindenden Feststellungen dazu enthalten, welches Unternehmen rund zwei Monate später am 30.08.2005 das Einrichtungshaus in O1 betrieben hat.

Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens haben die unterlegenen Gläubigerinnen zu tragen, § 91 I ZPO.

Ende der Entscheidung

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