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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 10.12.1998
Aktenzeichen: 15 U 44/98
Rechtsgebiete: HWiG, ZPO, BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

HWiG § 2
HWiG § 3
HWiG § 1 Abs. 1
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1
HWiG § 1
HWiG § 2 Abs. 1 Satz 2
HWiG § 2 Abs. 1 Satz 3
HWiG § 3 Abs. 1
ZPO § 141
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
BGB § 607 Abs. 1
BGB § 123 Abs. 2
BGB § 362 Abs. 2
BGB § 284 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
VerbrKrG § 9 Abs. 1 Satz 2
VerbrKrG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN 15. Zivilsenat in Kassel IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 44/98 6 O 1405/97 LG Kassel

Verkündet laut Protokoll am: 10. Dez. 1998

Jungermann, AI als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Zur Geschäftsstelle gelangt am: 10. Dez. 1998 Jungermann

In dem Rechtsstreit

hat der 15. Zivilsenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Antrecht, den Richter am Oberlandesgericht Knauff und den Richter am Landgericht Rützel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. November 1998

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 26. November 1997 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin mehr als 167,36 DM nebst 4 Zinsen hieraus seit 1. August 1996 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer wird für die Klägerin auf 30.778,36 DM und für den Beklagten auf 167,36 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Rückzahlung eines Darlehens.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 29. März 1989 bei der Klägerin ein Darlehen mit Versicherung in Höhe von 25.000 DM zuzüglich Nebenkosten, wozu er sich mit in diesem Antrag im einzelnen genannten Kreditkonditionen einverstanden erklärte. Mit dem Darlehen sollte eine Kommanditbeteiligung des Beklagten an dem geschlossenen Immobilienfonds der Immobilienverwaltungsgesellschaft finanziert werden. Der Verwendungszweck des Darlehens war der Klägerin bekannt. Der eigentliche Initiator dieses Fonds, der Steuerberater hatte eine Geschäftsverbindung zu ihrer Zweigstelle Konstablerwache in Frankfurt am Main, und die Finanzvermittler und waren an den damaligen Leiter dieser Zweigstelle, Herrn, mit der Frage herangetreten, ob Bereitschaft bestünde, privaten Anlegern Darlehen zur Finanzierung von Fondsanteilen zur Verfügung zu stellen, was bejaht hatte. Dementsprechend hatte der Beklagte die Klägerin bereits im Schreiben vom 29. März 1989 gebeten, aus dem Darlehen einen Betrag von 25.000 DM auf das Treuhandkonto des Fonds und einen weiteren Betrag in Höhe von 1.372,80 DM auf das Konto der Versicherungsgesellschaft zu zahlen, bei der er gleichzeitig den Abschluß einer Lebensversicherung beantragt hatte. Das Darlehen sollte durch die Auszahlung der Versicherungssumme getilgt werden.

Mit Schreiben vom 10. April 1989 (Bl. 11, 12 d.A.) teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie bestätige ihm gerne, ihm auf der Grundlage ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Darlehen mit Versicherung in Höhe von 29.300 DM eingeräumt zu haben. Grundlage hierfür bilde der noch von ihm, - dem Beklagten - zu unterzeichnende Darlehensantrag gemäß Anlage (Bl. 13 - iS.d.A.). In diesem Schreiben wies die Klägerin darauf hin, daß die Kapitalanlage, zu deren Zeichnung der Darlehensbetrag verwendet werde, nicht von ihr angeboten worden sei und das Darlehen ohne Kenntnis der Fondskonzeption und damit ohne ihre Prüfung gewährt werde. Die in dem Formularantrag der Klägerin aufgeführten Darlehenskonditionen stimmten mit den im Schreiben des Beklagten vom 29. März 1989 bereits vorab akzeptierten Kreditkonditionen mit Ausnahme der Darlehenslaufzeit (10 Jahre im Antrag vom 29. März 1989, 12 Jahre im Antrag vom 10. April 1989) vollständig überein. Dem "Zusageschreiben" der Klägerin vom 10. April 1989 war darüber hinaus eine "Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht" (Bl. 17 d.A.) hinzugefügt, in welcher der Beklagte darauf hingewiesen wurde, daß er seine Erklärung vom 29. März 1989, mit der er ein Darlehen mit Versicherung beantragt habe, innerhalb einer Woche nach § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften widerrufen könne. Unmittelbar vor der Datums- und Unterschriftszeile befindet sich auf dieser formularmäßigen Belehrung folgender Satz:

"Die vorstehenden Hinweise auf mein Widerrufsrecht wurden mir ausgehändigt. Ich habe sie zur Kenntnis genommen".

Das ihm von der Klägerin übersandte Darlehensantragsformular schickte der Beklagte ihr unter dem 20. April 1989 unterschrieben zurück. Am 18. September 1989 zahlte die Klägerin das Darlehen gemäß den Angaben im Antrag des Beklagten vom 29. März 1989 aus.

Der Beklagte zahlte die für die Inanspruchnahme des Darlehens vereinbarten Zinsen bis einschließlich September 1995. Insgesamt hat er an die Klägerin Zinsen in Höhe von 15.540,38 DM sowie eine Zinsbegrenzungsprämie in Höhe von 1.025,50 DM gezahlt. Im Oktober 1995 stellte der Beklagte die Zinszahlungen ein, weil die Beteiligung an dem Fonds nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte. Das von der Beteiligungsgesellschaft geplante Projekt, das den Erwerb und den Ausbau eines Hotels mit Freizeitanlage mit einem Investitionsvolumen von 165 Mio. DM vorsah, war gescheitert, weil nur etwa 2 % der geplanten Fondsanteile plaziert worden waren. Aus der Rückabwicklung des Fonds erhielt der Beklagte in mehreren Teilbeträgen bis Mai 1994 von seiner 25.000 DM-Einlage einen Betrag von insgesamt 16.733,24 DM zurück.

Trotz mehrfacher Mahnungen nahm der Beklagte die Zinszahlungen nicht wieder auf. Die Klägerin kündigte daraufhin den Kreditvertrag mit Schreiben vom 10. Juli 1996 zum 31. Juli 1996 und forderte den Beklagten auf, den Schuldsaldo von 30.945,72 DM bis zum 31. Juli 1996 auszugleichen. Dies verweigerte der Beklagte, weil er die Klägerin für seine Verluste infolge der Beteiligung an dem Immobilienfonds mitverantwortlich machte.

Die Klägerin hat behauptet: Sie habe genauere Informationen über den fraglichen Immobilienfonds erst eingeholt, nachdem die Beteiligungsgesellschaft in Vermögensverfall geraten sei. Ihr habe der seinerzeitige Prospekt dieser Beteiligungsgesellschaft nicht vorgelegen. Deshalb habe auch keine offizielle ordnungsgemäße Prüfung des Prospekts durch sie im Zusammenhang mit der Kreditvergabe stattgefunden. Sie sei auch in den Vertrieb der Anlage nicht einbezogen gewesen. Sie habe vielmehr lediglich einzelne, zufällig an sie herangetragene Bankdarlehensanträge entgegengenommen, die aufgrund der Vermittlung von Finanzanlagevermittlern gestellt worden seien, die ihrerseits sowohl die Fondsanlage als auch das Bankdarlehen und eine zur Tilgung dienende Lebensversicherung auf Provisionsbasis unabhängig für den Fondsinitiator, das Kreditinstitut und die Lebensversicherung vermittelt hätten. Darüber hinaus habe sie auch keinen Kontakt zu den Initiatoren des Objekts gehabt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 30.945,72 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit 1. August 1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1997 seinen Rücktritt von dem Darlehensvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes erklärt. Er ist der Ansicht, die Widerrufsfrist gemäß § 3 des Haustürwiderrufsgesetzes sei noch nicht abgelaufen, weil die ihre erteilte Widerrufsbelehrung wegen der darin gleichzeitig enthaltenen Bestätigung über die Aushändigung dieser Belehrung unwirksam sei. Danach sei er zwar trotz des Umstandes, daß der Darlehensvertrag und der Erwerb des Kommanditanteils sowie der Abschluß der Lebensversicherung als Einheit anzusehen seien, zur Herausgabe des aus der Rückabwicklung des Fonds erhaltenen Betrages von 16.733,24 DM an die Klägerin verpflichtet. Insoweit müsse aber berücksichtigt werden, daß er bereits Darlehensrückzahlungen in Höhe von insgesamt 15.540,38 DM geleistet und die Klägerin darüber hinaus eine Zinsbegrenzungsprämie in Höhe von 1.025,50 DM von ihm erhalten habe. Auch dieser Betrag sei auf die Darlehensrückzahlung anzurechnen, weshalb insgesamt bereits ein Betrag von 16.565,88 DM zurückgezählt worden sei.

Der Beklagte hat behauptet: Das Darlehen und die Fondsbeteiligung seien ihm von dem Versicherungs- und Anlagevermittler angeboten worden. Dieser habe ihn in seiner Privatwohnung aufgesucht und ihm zugesichert, die Fondsbeteiligung sei absolut sicher; die Zinsen würden von den Ausschüttungen getragen; die Klägerin stehe als Großbank hinter dem Projekt. Nahezu alle Beteiligungen seien über die Klägerin finanziert worden, und zwar vor allem über deren Filialen in Frankfurt und. Es habe eine enge Verbindung zwischen dem Fondsinitiator und dem damaligen Leiter der Filiale Herrn, bestanden. Es habe auch eine Anweisung der Zentrale der Klägerin gegeben, die Beteiligungen an dem fraglichen Fonds ohne Wenn und Aber zu finanzieren. Dies habe die Nachfolgerin des Filialleiters, Frau, gegenüber Vertreterinnen einer Interessengemeinschaft geschädigter Anleger erklärt.

Hilfsweise hat der Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten geltend gemacht. Dazu hat er ausgeführt: Die ihm vermittelte Finanzierung sei ausgesprochen ungünstig gewesen. Darüber hätte er aufgeklärt werden müssen. Die unterbliebene Aufklärung des Vermittlers müsse die Klägerin sich zurechnen lassen. Insoweit hat er behauptet, er hätte die fraglichen Verträge nicht geschlossen, wenn ihm die Nachteile der Finanzierung bekannt gewesen wären.

Der Einzelrichter der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kassel hat der Klage durch Urteil vom 26. November 1997 stattgegeben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Beklagte sei nicht wirksam nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes von dem Darlehensvertrag zurückgetreten; denn seinen Darlehensantrag vom 29. März 1996 habe die Klägerin nicht angenommen. Die zum Vertragsschluß führenden Erklärungen der Klägerin vom 10. April 1989 und des Beklagten vom 20. April 1998 seien nicht unter Umständen zustandegekommen, die zum Widerruf berechtigten. Eine Verpflichtung der Klägerin zum Schadensersatz bestehe nicht; denn aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich nicht zwingend, daß die Klägerin durch den Fonds gehandelt oder mit Vertretern des Fonds irgendeine Absprache getroffen habe.

Gegen das ihm am 22. Januar 1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte am Montag, dem 23. Februar 1998, Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Fristverlängerung, am 23. April 1998 begründet hat.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, seine auf den Abschluß des Darlehensvertrages mit der Klägerin gerichtete Willenserklärung wirksam nach den Vorschriften des Haustürwiderrufgesetzes widerrufen zu haben, wozu er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Gleichermaßen habe das Landgericht verkannt, daß der Anlagevermittler nach den Umständen des Falles als Erfüllungsgehilfe der Klägerin anzusehen sei, weshalb sie für dessen unsachgemäße Beratung einzustehen habe.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wozu sie ihr erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholt.

Der Senat hat den Beklagten im Verhandlungstermin am 19. November 1998 gemäß § 141 ZPO persönlich angehört.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache im wesentlichen Erfolg.

Der Klägerin steht der mit der Klage geltend gemachte Darlehensrückzahlungsanspruch gemäß § 607 Abs. 1 BGB nicht zu, weil der Darlehensvertrag vom 10./20. April 1989 infolge des vom Beklagten mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1997 erklärten Widerrufs gemäß § 1 Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) nicht wirksam geworden ist.

Aufgrund der persönlichen Anhörung des Beklagten in der Berufungsverhandlung am 19. November 1998 steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Beklagte zu seiner auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung durch mündliche Verhandlung in seiner Privatwohnung bestimmt worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG). Denn der Beklagte hat seinen schriftsätzlichen Vortrag durch die sehr anschauliche Schilderung bekräftigt, er habe den Anlageberater dadurch kennengelernt, daß dieser bei ihm - dem Beklagten - im Sportverein Trikots gesponsert habe. Eines Tages habe ihn dann unaufgefordert in seiner Wohnung aufgesucht und ihn sowie seine damalige Lebensgefährtin, mit der er zusammengewohnt habe, darauf angesprochen, daß sie im Hinblick auf ihre ungünstigen Steuerklassen durch die hier fragliche Anlage Steuervorteile erzielen könnten. Sei noch mehrmals zu ihnen in die Wohnung gekommen und bei einem dieser Besuche habe er den Darlehensantrag vom 29. März 1989 unterschrieben, ohne zuvor in die Wohnung bestellt zu haben.

Diese Darstellung des Beklagten ist glaubhaft. Sie ist detailliert und lebensnah. Vor allem spricht für den geschilderten Ablauf aber der Umstand, daß die Klägerin selbst Anlaß sah, den Beklagten im Hinblick auf den ihr zugeleiteten Darlehensantrag vom 29. März 1989 auf ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz hinzuweisen.

Hiernach steht fest, daß der Beklagte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG bestimmt worden ist, den Darlehensvertrag mit der Klägerin zu schließen.

Die "Bestimmung" zur Abgabe der auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung muß nicht von der anderen Vertragspartei persönlich ausgegangen sein. Es genügt, daß ein von ihr eingeschalteter Vertreter oder Vermittler auf den Kunden eingewirkt hat. Dagegen reicht es nicht aus, wenn die Einwirkung von einem unabhängigen Dritten ausgegangen ist (vgl. Münchener Kommentar Ulmer, BGB, 3. Auflage, § 1 HWiG Rdnr. 15; Soergel/Siebert, BGB, 12. Auflage, § 1 HWiG Rdnr. 15; Palandt/Putzo, BGB, 57. Auflage, § 1 HWiG Rdnr. 5). Das Handeln des Vermittlers ist der Klägerin aber zuzurechnen. Für die Beantwortung der Frage, ob die von einem Vermittler geführten Verhandlungen der Vertragspartei zuzurechnen sind oder ob der Vermittler als unbeteiligter Dritter anzusehen ist, wird nach zutreffender Ansicht auf die zu § 123 Abs. 2 BGB aufgestellten Grundsätze zurückgegriffen (vgl. Münchener Kommentar - Ulmer a.a.O.; Palandt/Putzo a.a.O.). Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ist außer den Vertretern ein am Zustandekommen des Vertrages Beteiligter dann nicht "Dritter" im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB, wenn sein Verhalten dem des Erklärungsempfängers gleichzusetzen ist. Das gilt insbesondere für den vom Erklärungsempfänger beauftragten Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfen. Die Eigenschaft als Dritter ist aber auch dann zu verneinen, wenn der am Zustandekommen des Geschäfts Beteiligte wegen seiner engen Beziehungen zum Erklärungsempfänger als dessen Vertrauensperson erscheint. Selbst wenn der Handelnde nicht Vertreter oder Vertrauensperson des Erklärungsempfängers ist oder zu sein scheint, muß nach Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der Interessenlage beurteilt werden, ob aufgrund besonderer Umstände seine Eigenschaft als Dritter zu verneinen ist (vgl. BGH NJW 1979, 1593, 1594; 1978, 2144, 2145; 1962, 1907; Münchener Kommentar - Kramer, a.a.O:, § 123 Rdnr. 19, 19 a).

Nach diesen Grundsätzen ist es bereits aufgrund der unstreitigen Umstände des Falles ausgeschlossen, das Verhalten des Vermittlers als das eines im Verhältnis zur Klägerin unbeteiligten Dritten zu bewerten. Zu berücksichtigen ist vielmehr, daß der unter dem 29. März 1989 am Wohnort des Beklagten in aufgenommene Darlehensantrag des Beklagten, der bis dahin unstreitig in keinerlei vertraglicher Beziehung zur Klägerin stand, nicht zufällig an die Filiale der Klägerin in Frankfurt am Main geleitet wurde. Vielmehr beruhte dieser Vorgang auf einer Absprache zwischen dem Leiter - der genannten Filiale - Herrn und den für den Fonds tätigen Finanzvermittlern. Dies ergibt sich aus der Darstellung der Klägerin selbst. Denn ihr war nicht nur bekannt, daß der Darlehensantrag des Beklagten aufgrund der Vermittlung von Finanzanlagevermittlern gestellt wurde und das zugesagte Darlehen, wie sich auch aus ihrem Schreiben vom 10. April 1989 an den Beklagten ergibt, der Finanzierung des Erwerbs eines Fondsanteils diente. Vielmehr hat sie selbst angegeben, daß über die Geschäftsverbindung des Steuerberaters - des eigentlichen Initiators des fraglichen Fonds - zur Filiale ein Finanzvermittler z mit seinem Partner an die Zweigstelle mit der Frage herangetreten sei, ob Bereitschaft bestünde, privaten Anlegern Darlehen zur Finanzierung von Fonds-Anteilen zur Verfügung zustellen, was zugesagt worden sei. Damit steht aber fest, daß die für den fraglichen Fonds tätigen Finanzvermittler und und die von ihnen eingeschalteten Untervermittler bei der Vermittlung der Darlehen mit Wissen und Wollen der Klägerin tätig wurden. Hierbei arbeitete die Klägerin auch eng mit den auch in ihrem Interesse tätig werdenden Finanzvermittlern zusammen. Die Klägerin hat den Vermittlern zwar nicht ihre Vordrucke für Darlehensanträge zur Verfügung gestellt. Vielmehr ist jedenfalls im Fall des Beklagten ein neutrales Formular verwandt worden. Jenes Formular wies aber als Empfängerin des Darlehensantrages bereits die Klägerin aus und enthielt - mit Ausnahme der Laufzeit - unstreitig sämtliche Kreditkonditionen, die später auch Vertragsinhalt wurden. Dies kann nach den Umständen nur damit erklärt werden, daß die Klägerin den Finanzvermittlern für die Vermittlung der Darlehensverträge zur Finanzierung des Erwerbs der Fondsanteile entsprechende Vorgaben gemacht hat. Damit setzte die Klägerin die Finanzvermittler aber wissentlich als ihre Verhandlungsgehilfen ein, auch wenn die Finanzvermittler nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit ihr tätig geworden sein sollten. Intensität und Umfang der Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und den für den Fonds tätigen Finanzvermittlern wird dadurch belegt, daß von den insgesamt für diesen Fonds gezeichneten Anteilen in Höhe von 3,28 Mio. DM unstreitig 1,9 Mio. DM über Filialen der Klägerin und davon wiederum 1,045 Mio. DM allein über die Filiale finanziert wurden. Hinzu kommt schließlich, daß die Klägerin selbst zum Zeitpunkt des Zugangs des Darlehensantrages des Beklagten vom 29. März 1989 den diesen Antrag vermittelnden Finanzierungs- und Anlagevermittler offenbar nicht als unbeteiligten Dritten angesehen hat, sondern davon ausgegangen ist, sein Verhalten sei ihr zurechenbar. Denn nur bei dieser Bewertung hatte es einen Sinn, den Beklagten zu veranlassen, eine Belehrung nach § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften zu unterschreiben.

Nach allem wirkte der Finanzierungsvermittler auf der Grundlage einer Absprache zwischen dem Leiter der Zweigstelle der Klägerin und den für den fraglichen Fonds tätigen Finanzierungsvermittlern bei Aufnahme des Darlehensantrages des Beklagten vom 29. März 1989 objektiv mit der Klägerin zusammen. An diesem Zusammenwirken bestand seitens der Klägerin naturgemäß ein eigenes Interesse, und sie hatte die Finanzierungsvermittler und damit auch den Untervermittler, mit dessen Einschaltung sie rechnen mußte, durch Vorgabe von Kreditkonditionen, zu denen sie abzuschließen bereit war, jedenfalls faktisch als ihre Verhandlungsgehilfen eingesetzt. Gleichzeitig hat sie danach von jeder Verhandlung mit dem Beklagten abgesehen und diese ganz dem Vermittler überlassen. Unter diesen Umständen kann es der Klägerin nicht zugutekommen, daß sie die Finanzierungsvermittler und und den Untervermittler nicht aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit der Vermittlung von Darlehen beauftragt hat. Vielmehr erscheint es nach Treu und Glauben geboten, den Untervermittler nicht als unabhängigen Dritten anzusehen, sondern sein Verhalten der Klägerin wie das eines Erfüllungsgehilfen zuzurechnen (vgl. BGH NJW 1962, 1907, 1908; 1978, 2144, 2145; 1979, 1593, 1594; NJW-RR 1997, 116).

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung steht der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 HWiG nicht entgegen, daß die Klägerin den Darlehensantrag des Beklagten vom 29. März 1989 nicht vorbehaltlos angenommen, sondern ihn veranlaßt hat, zunächst unter Anerkennung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Darlehensantrag auf einem ihrer Vordrucke zu stellen, womit sie dem Beklagten ein neues Angebot unterbreitet hat (§ 150 Abs. 2 BGB). Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. NJW 1996, 3416, 3417 m.w.N.) ist für die Anwendbarkeit des § 1 HWiG nicht erforderlich, daß die besonderen Umstände der ersten Kontaktaufnahme die entscheidende Ursache für die spätere Vertragserklärung darstellen. Vielmehr genügt es, daß sie einen unter mehreren Beweggründen ausmachten, sofern nur ohne sie der später geschlossene Vertrag nicht oder nicht so wie geschehen zustande gekommen wäre. Die danach notwendige, aber auch ausreichende Mitursächlichkeit ist vorliegend nach den Umständen des Falles gegeben. Zu berücksichtigen ist, daß der unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG zustandegekommene Darlehensantrag des Beklagten vom 29. März 1989 von den Kreditkonditionen her nahezu unverändert Eingang in das Darlehnsangebot der Klägerin vom 10. April 1989 und damit auch - erneut - in die Annahmeerklärung des Beklagten vom 20. April 1989 gefunden hat. Hinzu kommt, daß zwischen dem Darlehensantrag vom 29. März 1989, dem Schreiben der Klägerin vom 10. April 1989 und der Annahmeerklärung des Beklagten vom 20. April 1989 ein für Darlehensgeschäfte außergewöhnlich enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Unter diesen Umständen spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Überraschungs- und Überrümpelungseffekt, gegen den § 1 HWiG schützen will, noch am 20. April 1989 fortbestanden hat (vgl. Münchener Kommentar - Ulmer, a.a.O. § 1 HWiG Rdnr. 16; BGH NJW 1996, 926, 928 m.w.N.).

Der Beklagte hat mit der Erklärung, er trete nach dem HWiG von dem Darlehensvertrag zurück, sein Widerrufsrecht nach § 1 HWiG wirksam ausgeübt. Denn dieses Recht war zum Zeitpunkt der Absendung des Schriftsatzes vom 31. Oktober 1997 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG mangels ordnungsgemäßer Belehrung noch nicht durch Fristablauf erloschen. Denn die dem Beklagten seitens der Klägerin erteilte Belehrung über sein Widerrufsrecht nach § 2 HWiG ist gesetzwidrig und damit unwirksam. Das ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, wonach die Belehrung keine anderen Erklärungen enthalten darf. Eine andere Erklärung im Sinne dieser Vorschrift ist aber eine von der Widerrufsbelehrung räumlich abgesetzte Bestätigung über ihre Aushändigung (BGH NJW 1993, 2868, 2869). Denn dem Verbot des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, dessen Wortlaut den Zweck des Gesetzes, die Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht durch die Abgabe einer anderen Erklärung zu beeinträchtigen, zum Ausdruck bringt, wird schon dann zuwidergehandelt, wenn die Belehrung mit einer anderen Erklärung verknüpft wird, ohne daß es darauf ankäme, ob im Einzelfall der Kunde durch die Gestaltung der miteinander verbundenen Erklärungen tatsächlich über sein Recht zum Widerruf irregeführt wird (BGH a.a.O.). So liegt der Fall hier. Denn ausweislich des vom Beklagten unter dem 20. April 1989 unterschriebenen Formulars betreffend die "Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht" ist diese Belehrung mit einer Empfangsbestätigung verbunden, die von der Belehrung drucktechnisch durch die Unterschriftszeile für die Vertreter der Klägerin, einen durchgehenden Strich sowie auch räumlich. deutlich abgesetzt ist.

Infolge der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages nach § 1 Abs. 1 HWiG steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehenssumme gemäß § 3 Abs. 1 HWiG lediglich in Höhe von 167,36 DM zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. NJW 1996, 3416, 3417) steht dem Darlehensgeber gegen den Darlehensnehmer dieser Anspruch allerdings dann nicht zu, wenn der Darlehens- und der Fondsbeteiligungsvertrag, wie es vorliegend der Fall ist, als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil jeder der beiden Verträge nach den unstreitigen Umständen des Falles ohne den anderen nicht abgeschlossen worden wäre. Im übrigen ist eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem vom Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag und dem gleichzeitig geschlossenen Fondsbeteiligungsvertrag auch deswegen gegeben, weil die Klägerin sich bei der Vorbereitung und dem Abschluß des Kreditvertrages im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG der Mitwirkung des Verkäufers bedient hat. Denn der Untervermittler hat nach den Umständen - wie ausgeführt - bei der gleichzeitigen Vermittlung des Kreditvertrages und der Beteiligung des Beklagten an dem Fonds mit Wissen und Wollen der Klägerin gehandelt.

Bei einem verbundenen Geschäft hat der Darlehensgeber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (a.a.O.) grundsätzlich keinen. Anspruch gegen den Darlehensnehmer auf Rückzahlung des Darlehens, sofern die Darlehenssumme - wie es hier der Fall ist - vereinbarungsgemäß an einen Dritten gemäß § 362 Abs. 2 BGB ausgezahlt worden ist. Der Darlehensgeber muß sich in diesem Fall vielmehr an den Dritten halten. Dies kann vorliegend aber insoweit nicht gelten, als der Beklagte unstreitig aus der Rückabwicklung seiner Beteiligung an dem fraglichen Fonds einen Betrag in Höhe von insgesamt 16.733,24 DM erhalten hat. Diesen Betrag hat er nach § 3 Abs. 1 HWiG an die Klägerin herauszugeben. Allerdings sind darauf die unstreitig von ihm in Höhe von insgesamt 16.565,88 DM an die Klägerin geleisteten Zahlungen anzurechnen, weshalb ihr ein Anspruch nur noch in Höhe von 167,36 DM zusteht.

Hierauf kann die Klägerin aufgrund der Mahnung vom 10. Juli 1996 gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB 4 % Zinsen seit 1. August 1996 verlangen. Der mit der Klage geltend gemachte höhere Zinssatz von 5 % über dem Bundesbankdiskontsatz ist dagegen nicht gerechtfertigt. Als Rechtsgrundlage für diesen höheren Zinsanspruch kommt allein § 11 Abs. 1 VerbrKrG in Betracht. Jene Vorschrift ist jedoch nicht anwendbar; denn der Beklagte schuldet die Zahlung von 167,36 DM nicht aufgrund des Kreditvertrages, weil dieser Vertrag nicht wirksam zustandegekommen ist.

Nach allem ist das angefochtene Urteil im tenorierten Umfang abzuändern. Die weitergehende Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht für beide Rechtszüge auf § 92 Abs. 2 ZPO, der nicht nur zugunsten des Klägers, sondern auch sinngemäß zugunsten des Beklagten anzuwenden ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 20. Auflage, § 92 Rdnr. 11). Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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