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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 15 U 89/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 251
BGB § 633
BGB § 634
BGB § 635
1. Der Werkunternehmer muss einen Verstoß gegen die Regeln der Technik auch dann vertreten, wenn die fehlerhafte Ausführung auf eine ausdrückliche Anweisung des Bestellers zurückgeht, er den Besteller aber nicht über den Regelverstoß beraten hat.

2. Die Höhe der Schadensgrenze kann zwar auch nach dem bekannten merkantilen Minderwert des Werkes bemessen werden, der Auftraggeber des Werkunternehmers ist hierauf aber nicht beschränkt, sondern wird auch durch § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht daran gehindert, als Schadensersatz die Kosten der Mängelbeseitigung zu verlangen. In diesen Fällen kann dem Unternehmer eine entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB helfen.


Tatbestand:

Der Kläger betrieb in O1 ein Heizungs- und Installationsgeschäft. Im Auftrag der Beklagten installierte er in deren Dreifamilienwohnhaus in O2 im Jahre 1992 unter anderem eine Heizungsanlage. Die Beklagte nahm die Werkleistung des Klägers am 28. November 1992 ab. Den vom Kläger für die durchgeführten Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten geltend gemachten Werklohn glich die Beklagte bis auf einen Restbetrag in Höhe von etwa 6.000 DM aus. Weitere Zahlungen verweigerte sie unter Hinweis auf angebliche Mängel der Arbeiten.

Mit der im Mai 1995 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten Zahlung restlichen Werklohnes in Höhe von 6.000 DM verlangt. Gegenüber dieser Forderung verteidigte sich die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 29. Juni 1995 mit der Behauptung, sämtliche Heizleitungen von den Unterverteilungen zu den einzelnen Heizkörpern in allen Etagen des Dreifamilienhauses vom Kellergeschoss bis zum Dachgeschoss seien direkt auf dem Rohbeton verlegt und dort angedübelt worden, was bei dem verwendeten Rohr-in-Rohr-System, bei dem das Heizleitungsrohr ohne jegliche Isolierung lediglich in einem Schutzrohr verlegt werde, nicht den Regeln des Fachs entspreche. Richtig gewesen wäre es, die Heizleitungen auf und nicht unter der Estrichdämmung zu verlegen, damit die Heizleitungen ihre Wärme nicht in die Betondecke und damit in die darunter liegende Wohnung, sondern in den Estrich und damit in die Wohnung, die die Heizkörper beheizen sollen, abgeben werde. Eine Mängelbeseitigung durch Neuverlegung aller Heizleitungen erscheine jedoch wirtschaftlich unsinnig und sei auch für die Beklagte selbst mit unzumutbaren Belästigungen verbunden, weshalb sie keine Nachbesserung verlange, sondern einen zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag in Höhe von 15.000 DM der Restwerklohnforderung der Klägerin entgegenhalte.

Der Kläger behauptete demgegenüber, die Heizleitungen seien fachgerecht insbesondere entsprechend der DIN 18560 verlegt worden.

Das zunächst angerufene Amtsgericht Marburg beauftragte gemäß Beweisbeschluss vom 1. März 1996 den Heizungsbaumeister 1 mit der Erstellung eines Gutachtens über die Behauptung der Beklagten, die Heizungsleitungen seien nicht fachgerecht verlegt. Der Sachverständige führte am 26. November 1996 einen Ortstermin durch, bei dem er zu erkennen gab, dass die Mängelrüge der Beklagten begründet sei. Mit Telefax vom 26. November 1996 erklärte der Kläger, die Klage zurückzunehmen. Die Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 26. November 1996 Widerklage mit dem Antrag, den Kläger zur Zahlung von 10.000 DM zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen zu verurteilen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Betrag von 10.000 DM werde als Teilbetrag einer Schadensersatzforderung bezüglich der Kosten für die Neuverlegung der Heizungsleitungen geltend gemacht, weil eine Nachbesserung durch die Klägerin oder einen anderen Unternehmer unzumutbar sei.

Mit Schriftsatz vom 28. April 1997 stimmte die Beklagte der Klagerücknahme des Klägers zu.

Aufgrund eines weiteren Beweisbeschlusses des Amtsgerichts Marburg vom 30. Juni 1997 erstellte der Sachverständige 1 unter dem 17. September 1997 sein Gutachten, in dem er ausführte, die Heizleitungen seien nicht fachgerecht verlegt, weil die Schutzrohre entgegen der DIN 18380/3.2.7 auf dem Rohfußboden angedübelt worden seien, weshalb die Heizungsrohre sich auch in den Schutzrohren nicht ungehindert ausdehnen könnten. Darüber hinaus fehle die nach der DIN 18380/3.2.12 erforderliche Wärmedämmung der Rohre. Die Kosten der Mängelbeseitigung einschließlich der Nebenarbeit errechnete der Sachverständige in Höhe von 81.622,40 DM.

Die Beklagte erweiterte daraufhin die Widerklage zunächst auf Zahlung von 40.000 DM und letztlich mit Schriftsatz vom 12. November 1997, der dem Kläger am 18. November 1997 zugestellt wurde, auf Zahlung von 90.000 DM. Zur Begründung führte sie aus, mit der Widerklage werde nunmehr der vom Sachverständigen 1 errechnete Aufwand für die Mängelbeseitigung in Höhe von 81.622,40 DM und darüber hinaus ein Teil der Kosten in Höhe von 8.377,60 DM geltend gemacht, die bei einer Nachbesserung anfielen, weil das Haus während der Nachbesserung nicht bewohnbar sei, weshalb die sechs Bewohner des Hauses für die Dauer der Mängelbeseitigung, die mit mindestens sechs Wochen zu veranschlagen sei, in einem Hotel untergebracht werden müssten.

Der Kläger erneuerte daraufhin seine ursprüngliche Klage und trat den Ausführungen des Sachverständigen 1 unter Vorlage mehrerer Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder vom 4. Juli 1995, 22. März 1983 und 12. Juli 1994 sowie eines Schreibens der Lieferantin der fraglichen Heizungsrohre vom 15. August 1995 entgegen.

Das Landgericht Marburg, an welches der Rechtsstreit nach der Erweiterung der Widerklage verwiesen worden war, erhob gemäß Beweisbeschluss vom 3. März 1998 zunächst Beweis durch uneidliche Vernehmung der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Parteien als Zeugen zu der Behauptung des Klägers, die Parteien seien sich am 26. November 1996 darüber einig gewesen, dass die Beklagte auf die Widerklageforderung verzichte, falls der Kläger seine Klage zurücknehme. Sodann holte das Landgericht gemäß Beweisbeschluss vom 21. April 1998 ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Kläger die Heizungsrohre fachgerecht verlegt habe. Zum Sachverständigen wurde Professor 2 bestellt, der in seinem Gutachten vom 1. September 1998 zu dem Ergebnis kam, die Verlegung der Heizleitungen im Erd- und Dachgeschoss des Hauses der Beklagten entspreche den Regeln der Technik, insbesondere der Heizungsanlagenverordnung in der Fassung vom 24. Februar 1982 und auch den Regeln der Fachverbände. Die Verlegung der Heizleitung im Kellergeschoss sei dagegen fehlerhaft; dort hätten die Anschlussleitungen gedämmt werden müssen. Durch die fehlerhafte Verlegung der Leitungen im Kellergeschoss entstünden der Beklagten aber lediglich Heizungsmehrkosten in Höhe von 30 DM jährlich. Die Mehrkosten beliefen sich somit für einen Zeitraum von 40 Jahren auf etwa 1.200 DM. Die Ohnehinkosten bei ordnungsgemäßer Verlegung der Leitungen hätten dagegen ca. 2.000 DM betragen. Da auch ein Minderwert des Hauses nicht feststellbar sei, vertrat der Sachverständige die Auffassung, ein Schadensausgleich erscheine nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte berechnete die Heizungsmehrkosten für einen Zeitraum von 60 Jahren dagegen in einer Höhe von 134.854,84 DM. Der im Verhandlungstermin des Landgerichts vom 1. Dezember 1998 zur Erläuterung seines Gutachtens gehörte Sachverständige Professor 2 blieb aber im Wesentlichen bei den Aussagen seines Gutachtens vom 1. September 1998, erachtete nunmehr allerdings die Verlegung der Heizungsrohre in zwei Räumen des Erdgeschosses für nicht den Regeln der Technik entsprechend. In seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 12. Januar 1999 errechnete der Sachverständige nunmehr Heizungsmehrkosten in Höhe von insgesamt 2.130 DM für einen Zeitraum von 40 Jahren.

Im Verhandlungstermin des Landgerichts vom 23. Februar 1999 nahm der Kläger mit Zustimmung der Beklagten seine Klage erneut zurück.

Durch Urteil vom 20. April 1999, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend verwiesen wird (Bl. 66 - 71 Bd. II d. A.), hat die Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Marburg die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Zwar könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte auf die mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche verzichtet habe. Aufgrund der insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen 1 und Professor Dr. 2 stehe auch fest, dass die Heizungsrohre im Keller und in zwei Räumen des Erdgeschosses fehlerhaft verlegt seien, weil sie in diesen Bereichen nicht ungedämmt auf den Rohbeton hätten aufgebracht werden dürfen. Die Tatsache, dass der Kläger die Schutzrohre angedübelt habe, sei nach dem Gutachten von Professor 2 dagegen nicht als Mangel zu bewerten. Diesem Gutachten sei auch der Vorzug gegenüber dem Gutachten des Heizungsbaumeisters 1 zu geben, weil Professor Dr. 2 dem Gericht als zuverlässig und kompetent bekannt sei. Trotz der von Professor Dr. 2 festgestellten Mängel seien Schadensersatzansprüche der Beklagten aber zu verneinen, weil die mit einer Neuverlegung der Heizungsleitungen verbundenen Aufwendungen in einem krassen Missverhältnis zu den aus der fehlerhaften Verlegung für die Beklagte erwachsenen Mehrkosten stünden, weshalb ihr Begehren rechtsmissbräuchlich sei. Die Heizungsmehrkosten beliefen sich für die Lebensdauer der Heizungsanlage auf rund 2.100 DM, und diese Mehrkosten würden durch ersparte Aufwendungen in Höhe von ca. 2.000 DM aufgehoben; denn die Kosten wären bei einer Dämmung der Heizungsrohre entstanden. Unerheblich sei auch, dass die Beklagte weitere Mängel der Heizungsanlage, nämlich das Fehler von Abdeckringen der Schutzrohre und das Fehlen einer Mischvorrichtung gerügt habe; denn die Heizungsanlage arbeite offenbar auch ohne diese Einrichtungen ordnungsgemäß und es sei offen, ob die Klägerin diese Leistungen vertraglich geschuldet habe.

Gegen das ihr am 24. April 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. Mai 1999 Berufung eingelegt, die sie am 7. Juli 1999 begründet hat.

Die Beklagte behauptet weiterhin, die Verlegung der Heizungsleitungen sei im gesamten Haus fehlerhaft. Das Landgericht habe sich zu Unrecht den Ausführungen des Sachverständigen Professor 2 angeschlossen. Richtig sei dagegen das Gutachten des Sachverständigen 1. Die Heizungsleitungen hätten im gesamten Haus gedämmt werden müssen, weil es sich um ein Dreifamilienhaus handele, weshalb die Wärmeabgabe von dem jeweiligen Nutzer der Räume, die durch die Heizungsleitungen über Heizkörper mit Wärme versorgt würden, durch Absperreinrichtungen nicht beeinflusst werden könnten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass infolge der fehlerhaften Verlegung der Heizungsleitungen die einzelnen verkehrsfähigen Wohneinheiten in ihrem Wert gemindert seien, zumal die Heizungsmehrkosten infolge der falschen Verlegung der Rohre bei richtiger Berechnung der Wärmeverluste und der Energiekosten nur für die Rohrleitungen des Kellergeschosses in Höhe von 827 DM pro Jahr anzusetzen seien. Allein für das Kellergeschoss ergäben sich so für einen Zeitraum von 40 Jahren Mehrkosten von mindestens 24.000 DM. Unabhängig von den Vorgaben der vom Sachverständigen Professor 2 seinem Gutachten zugrunde gelegten Heizungsanlagenverordnung entspreche die Verlegung der Heizleitungen nicht den in 1992 geltenden Regeln der Technik; denn nach diesen Regeln seien wärmeabgebende und wärmeaufnehmende Rohrleitungen der Sanitär- und Heizungsinstallation immer zu dämmen. Selbst wenn man aber die Heizungsanlagenverordnung zugrunde legen wollte, sei die Verlegung der Rohrleitungen mangelhaft, weil die Leitungen auf dem Rohbeton der Decken eines Dreifamilienhauses verlegt worden seien, wobei in jedem Geschoss eine abgeschlossene Wohneinheit vorhanden sei. Nach der Heizungsanlagenverordnung sei eine Dämmung nämlich nur dann nicht erforderlich, wenn die Wärmeabgabe von Rohrleitungen vom jeweiligen Nutzer durch Absperreinrichtungen beeinflusst werden könne. Bei Mehrfamilienhäusern sei dies im Hinblick auf die in Decke oder Boden verlegten Rohrleitungen aber niemals möglich; denn Nutzer nach der Heizungsanlagenverordnung sei derjenige, dem die Wärme zugute kommen solle. Dieser müsse die Wärmezufuhr jeweils regulieren können.

Entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil könne auch nicht von einem krassen Missverhältnis zwischen den Aufwendungen zur Mängelbeseitigung und den durch die fehlerhafte Verlegung entstehenden Heizungsmehrkosten ausgegangen werden. Vielmehr sei für einen Zeitraum von 60 Jahren von Heizungsmehrkosten in Höhe von 3 x 24.000 DM = 72.000 DM auszugehen. Damit entsprächen die Heizungsmehrkosten in etwa dem Nettobetrag der Kosten der Mängelbeseitigung. Hievon ausgehend komme auch keine ohnehin auf Ausnahmefälle begrenzte analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 251 Abs. 2 BGB in Betracht. Dies selbst dann nicht, wenn man das Gutachten des Professor 2 zugrunde lege; denn insoweit müsse wiederum berücksichtigt werden, dass es sich um ein Dreifamilienhaus und drei abgeschlossene Wohneinheiten handele, weshalb der Minderwert der Wohnungen im Fall der jeweiligen Veräußerung zu betrachten sei.

Schließlich habe das Landgericht auch zu Unrecht keinen Schadensersatzanspruch wegen der fehlenden Abdeckringe an den Heizleitungen und der fehlenden Mischanlage zugesprochen.

Die Beklagte beantragt daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an sie einen Betrag von 90.000 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen aus 10.000 DM seit dem 29. November 1996, aus - weiteren - 30.000 DM seit dem 9. Oktober 1997 und aus - weiteren - 50.000 DM seit dem 18. November 1997.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus, die Widerklage sei unschlüssig. Die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruches gemäß § 633 Abs. 3 BGB seien schon deswegen nicht gegeben, weil die Beklagte ihn zu keinem Zeitpunkt zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe. Er habe sich auch zu keinem Zeitpunkt auf eine Unzumutbarkeit der Mängelbeseitigung im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 3 berufen. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 635 BGB seien nicht gegeben, weil die Voraussetzungen des § 634 BGB nicht gegeben seien. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung sei zwar entbehrlich, wenn ein nachhaltiges Bestreiten eines Mangels als Ablehnung eines Nachbesserungsverlangens ausgelegt werden könne. Dies sei vorliegend aber nicht möglich, weil es zu keinem Zeitpunkt ein Nachbesserungsverlangen der Beklagten gegeben habe. Hätte die Beklagte Nachbesserung verlangt, hätte der Kläger sich zumindest hilfsweise darauf berufen, die Beseitigung des Mangels verweigern zu dürfen, weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Hierauf berufe sich der Kläger nunmehr.

Aber auch wenn man unterstelle, dass der Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB zustehe, stelle sich die Frage, ob die Beklagte überhaupt Ersatz der Mangelbeseitigungskosten verlangen könne, obwohl sie eine Mangelbeseitigung ablehne. Die Beklagte könne daher ihren Schaden nicht an der Höhe der Mängelbeseitigungskosten orientieren, zumal sie damit wegen Widersprüchlichkeit gegen § 242 BGB verstoßen würde und auch der Rechtsgedanke des § 251 Abs. 2 entgegenstehe. Im übrigen habe das Landgericht seiner Entscheidung zu Recht das Gutachten des Sachverständigen 2 zugrunde gelegt. Ein weiteres Gutachten brauche nicht eingeholt zu werden. Es genüge den Sachverständigen 2 gegebenenfalls ergänzend zu hören.

Soweit die Beklagte ihren Schadensersatzanspruch auf die Mängel "Abdeckringe" und fehlende "Mischvorrichtung" stütze, berufe sich der Kläger auf Verjährung. Die Verjährung sei eingetreten, weil die Werkleistung vom Beklagten am 28. November 1992 abgenommen worden sei. Verjährung werde auch insoweit eingewandt, als die Beklagte erst nach Ablauf der Verjährungsfrist ihre Widerklageforderung erhöht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat mit Beweisbeschluss vom 16. März 2000 ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. 3 eingeholt zu den streitigen Behauptungen der Parteien im Hinblick auf die Frage der fachgerechten Verlegung der Heizungsleitungen in sämtlichen Räumen des Wohnhauses der Beklagten sowie zur Frage der Mängelbeseitigungskosten und der infolge etwa festgestellter Mängel entstehenden Heizungsmehrkosten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen 3 vom 16. Februar 2001 (Bl. 141 ff. Bd. II d. A.) sowie die ergänzende Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13. September 2001 (Bl. 175 - 178 Bd. III d. A.) verwiesen. Gemäß weiterem Beweisbeschluss des Senats vom 23. November 2001 (Bl. 191 ff. Bd. III d. A.) hat der Sachverständige im Hinblick auf weitere Einwendungen der Parteien sein Gutachten nochmals schriftlich ergänzt. Wegen des Ergebnisses dieses Ergänzungsgutachtens wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 28. März 2003. Auch jenes Gutachten hat der Sachverständige Dipl. Ing. 3 in der Verhandlung vor dem Senat am 12. Februar 2004 (Bl. 234 ff. Bd. III d. A.) ergänzend erläutert. Der Senat hat außerdem über die Höhe anfallender Mängelbeseitigungskosten gemäß Beweisbeschluss vom 1. April 2004 (Bl. 245 ff. Bd. III d. A.), ergänzt durch Beschluss vom 21. Juni 2004 (Bl. 1 Bd. III d. A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen 4. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das Gutachten vom 28. Juli 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Beklagte kann von dem Kläger aus § 635 BGB die Zahlung von Schadensersatz in einer Höhe von 37.434,48 Euro verlangen. Bereits nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen 1 und Professor 2, die in erster Instanz gehört wurden, steht fest, dass der Kläger eine mangelhafte Werkleistung erbracht hat, indem er die im Auftrag der Beklagten in ihrem Haus installierte Heizungsanlage insoweit fehlerhaft errichtet hat, als er die Heizleitung im Kellergeschoss und in zwei Räumen des Erdgeschosses ohne Isolierung direkt auf dem Rohbeton des Kellerbodens bzw. der Decke über dem Kellergeschoss verlegt hat. Dies bestätigt auch der Sachverständige Dipl. Ing. 3 in seinem Gutachten vom 16. Februar 2001. Danach sind außerdem in sämtlichen Geschossen die im Rohbeton verlegten Rohre ohne zusätzliche Dämmung eingebracht worden, was, wie der Sachverständige gut nachvollziehbar darlegt, den dämmtechnischen Erfordernissen nach § 6 der gesetzlichen Heizungsanlagenverordnung nicht entspricht.

Soweit die Parteien gegen die sachverständigen Ausführungen des Gutachtens ins Einzelne gehende Einwendungen erhoben haben, hat auch der Sachverständige in schriftlichen und mündlichen Ergänzungen überzeugend zurückgewiesen. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu Eigen und verweist auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen.

Diesen Mangel hat der Kläger zu vertreten, weil er als Heizungs- und Sanitärinstallateur bei der Errichtung der Heizungsanlage die Einhaltung der Regeln der Technik schuldete. Soweit er teilweise geltend gemacht hat, die besondere Verlegung der Leitungen sei auf ausdrückliche Anweisung des Ehemannes der Beklagten zurückzuführen, kann ihn dies nicht entlasten, weil er insoweit jedenfalls eine entsprechende Beratung schuldete, die er nicht hinreichend dargetan hat.

Entgegen der vom Kläger in der Berufungserwiderung geäußerten Bedenken sind auch die weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches wegen Nichterfüllung gemäß § 635 BGB gegeben. Es ist zwar richtig, dass die Beklagte den Kläger in der Vergangenheit nicht gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zur Beseitigung der fraglichen Mängel aufgefordert hat. Vielmehr hat die Beklagte von Anfang an geltend gemacht, eine Nachbesserung sei auch ihr unzumutbar, weil bei einer Neuverlegung der Heizungsleitungen sämtliche Fußböden aufgerissen werden müssten, wodurch das Haus längere Zeit unbewohnbar werde. Ein Vorgehen gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Begründung der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 635 BGB war vorliegend aber entbehrlich, weil sich der Kläger seinerseits von Anfang an auf den Standpunkt gestellt hat, die Heizungsleitungen ordnungemäß verlegt zu haben, weshalb eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit Fristsetzung und Ablehnungsandrohung eine überflüssige Förmelei gewesen wäre. Letztlich kann die Entscheidung dieser Frage aber dahinstehen, nachdem der Kläger im Laufe des Berufungsrechtszuges sich ausdrücklich darauf berufen hat, dass er eine Nachbesserung ablehne, weil diese im Sinne des 633 Abs. 2 Satz 3 BGB zumutbar sei. Hiermit ist die ernsthafte und endgültige Weigerung des Klägers verbunden, die fraglichen Mängel der Heizungsanlage zu beseitigen.

Die Höhe des Anspruchs der Beklagten richtet sich gemäß § 635 BGB entsprechend ihrem Verlangen nach den Kosten der Mängelbeseitigung. Die Beklagte hat zwar angekündigt, die Mängel nicht beseitigen zu wollen, weil dies für sie unzumutbar sei. Dieser Umstand ist für die Schlüssigkeit des Schadensersatzverlangens der Beklagten jedoch ohne Bedeutung; denn ob der Besteller mit dem für die Mängelbeseitigung erforderlichen Geld die Mängel wirklich behebt, ist - als Ausschluss der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Dispositionsmaxime - seine Sache, berührt daher seinen Schadensersatzanspruch nicht (Palandt/Sprau, BGB, 59. Aufl., § 635 Rdnr. 7 mit weiteren Nachweisen).

Grundsätzlich unerheblich für den in Höhe der Kosten der Mängelbeseitigung geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist auch, wenn der Kläger vorliegend die Beseitigung des Mangels gemäß § 633 Abs. 2 Satz 3 BGB verweigern dürfte; denn die Höhe der Schadensgrenze kann zwar auch nach dem bekannten merkantilen Minderwert des Werkes bemessen werden, der Auftraggeber des Werkunternehmers ist hierauf aber nicht beschränkt, sondern wird auch durch § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht daran gehindert, als Schadensersatz die Kosten der Mängelbeseitigung zu verlangen (vgl. BGH NJW 1973, 138, 139; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdnr. 1684 mit weiteren Nachweisen). In diesen Fällen kann dem Unternehmer allerdings eine entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB helfen, wonach der Ersatzpflichtige den Kläger in Geld entschädigen kann, wenn die Herstellung in Natur nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Vorliegend geht es zwar nicht um eine Naturalherstellung; denn der Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB ist auf Entschädigung in Geld gerichtet, und die Beklagte verlangt ja auch nicht Naturalrestitution. Eine unmittelbare Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB kommt daher nicht in Betracht. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung, den Rechtsgedanken des § 251 Abs. 2 BGB entsprechend auch in den Fällen anzuwenden, in denen - wie hier - von vornherein nicht Naturalersatz sondern gemäß § 635 BGB ausschließlich Ersatz in Geld geschuldet wird (vgl. BGH a. a. O.).

Unverhältnismäßige Aufwendungen im Sinne des § 251 Abs. 2 BGB sind vorliegend nach den Feststellungen der Gutachter nicht gegeben. Für den Bereich des § 635 BGB ist allgemein anerkannt, dass dies nur dann anzunehmen ist, wenn der mit den Aufwendungen in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes steht (vgl. BGH a. a. O.). Unverhältnismäßigkeit ist danach in aller Regel nur anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen vertraglichen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüber steht. Hat der Besteller hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an eine ordnungsgemäßen Erfüllung, kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Nachbesserung verweigert werden (BGH NJW RR 1997, 1106). Zu berücksichtigen ist dabei, dass eine entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt, nämlich dann, wenn es für den Unternehmer unzumutbar wäre, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu müssen. Im Grundsatz und in der Regel muss es dagegen bei den Folgen aus § 635 BGB verbleiben, so dass der Besteller vom Unternehmer im Wege des Schadensersatzes auch die Erstattung der Aufwendungen fordern kann, die erforderlich sind, um das Werk mangelfrei zu machen (vgl. BGH NJW 1973, a. a. O.). Entscheidend ist nicht nur der hohe Aufwand für die Mängelbeseitigung, sondern das Verhältnis von Aufwand und Erfolg der Mängelbeseitigung. Dabei ist vor allem immer die Art der konkreten Nutzung des Bauwerkes angemessen zu berücksichtigen. Wird die Funktionsfähigkeit des geschuldeten Werkes durch den Mangel entscheidend beeinträchtigt, kann eine Nachbesserung nicht wegen hoher Kosten verweigert werden (vgl. Werner/Pastor, a. a. O. Rdnr. 1715).

Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen hält der Senat in einer Gesamtwürdigung das Verlangen der Beklagten auf vollständigen Schadensersatz in Höhe der aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten für nicht unverhältnismäßig. Allerdings ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen 3, der sein Gutachten insoweit in Übereinstimmung mit den Angaben des Sachverständigen Professor 2 gegen die Angriffe der Beklagten verteidigen konnte, davon auszugehen, dass durch die nicht erfolgte Dämmung der Heizungsleitungen nur Heizungsmehrkosten in einer Höhe von rund 2.600 DM gerechnet auf den Zeitraum der Lebensdauer der Heizungsanlage entstehen werden. Die nach den ebenfalls überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen 4 entstehenden Kosten einer Mängelbeseitigung in Höhe von netto 35.890,77 Euro bei Sowiesokosten in Höhe von 3.619,66 Euro erscheinen indessen nur auf den ersten Blick gegenüber dem durch die Durchführung dieser Mängelbeseitigungsarbeiten einzusparenden Betrag unverhältnismäßig hoch. Die bloße Gegenüberstellung dieser Geldbeträge kann zur Beantwortung der Frage einer unverhältnismäßigen Aufwendung nicht ausreichen. Dies gilt hinsichtlich der absoluten Höhe des Betrages der Mängelbeseitigungskosten, weil der Sachverständige 4 die Kosten auf der Grundlage der derzeitigen Preise ermittelt hat. Dies kann für die Höhe des in die Betrachtung der Verhältnismäßigkeit einzusetzenden Betrages aber keine Rolle spielen, weil dem Werkunternehmer nicht zugute kommen darf, dass er einem berechtigten Nachbesserungsverlangen des Auftraggebers über längere Zeit nicht nachgekommen ist (vgl. BGH BauR 1995, 540). Anzusetzen sind deswegen allein solche Kosten, die bei einer sofortigen Nachbesserung und Mängelbeseitigung im Jahre 1992 angefallen wären. Auch ohne hierzu etwa durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens weitere Erkenntnisse zu erlangen, liegt auf der Hand, dass auf der Grundlage der im Jahre 1992 maßgeblichen Baukosten ein weit geringerer Betrag in die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einfließen muss.

Für den Senat war ferner die Erwägung ausschlaggebend, dass die Mängel der Heizungsanlage sich nicht in einem nur von der Beklagten und ihrem Mann genutzten Einfamilienhaus auswirken, sondern sich auf ein Dreifamilienhaus beziehen, welches bereits durch seine Aufteilung in wenigstens drei unterschiedliche Wohneinheiten von vornherein darauf ausgerichtet ist, durch Verkauf oder Vermietung von solchen Wohneinheiten auch Fremdnutzern zur Verfügung zu stehen. Es liegt auf der Hand, dass die Frage der ungenügenden Dämmung und der damit einhergehenden Wärmeverluste auch zu Auseinandersetzungen mit potentiellen Mietern oder potentiellen Käufern führen kann, denn wie auch der vorliegende Rechtsstreit gezeigt hat, ist es nicht von vornherein anzunehmen, dass in den fraglichen Verkehrskreisen die von den Sachverständigen errechneten geringen Kosten durch die Wärmeverluste auch bekannt und nachvollzogen werden können. Dieser Umstand zeigt deutlich ein Interesse der Beklagten an der mangelfreien Erstellung des vom Kläger geschuldeten Werkes, das deswegen auch die Höhe ihres Schadensersatzanspruches bestimmen muss. Dies gilt wie ausgeführt unabhängig davon, ob die Beklagte tatsächlich eine entsprechende Mängelbeseitigung vornimmt oder dies aus allein ihrer Beurteilung unterliegenden Gründen unterlässt.

Soweit die Beklagte weitergehenden Schadensersatz verlangt, ist die Widerklage nicht begründet.

Unschlüssig ist die Widerklage schon insoweit, als die Beklagte die fiktiven Kosten einer Hotelunterbringung für die Zeit einer fiktiven Nachbesserung ersetzt verlangt; denn sie beabsichtigt nach ihrem eigenen Vortrag nicht, die Mängel zu beseitigen, weshalb ihr weder Hotelkosten entstehen werden noch ein ersatzpflichtiger Nutzungsausfallschaden gegeben ist.

Der Anspruch der Beklagten ist auch entgegen der Ansicht des Klägers nicht verjährt, jedenfalls nicht soweit die Beklagte ihren Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB auf die nicht fachgerechte Verlegung der Heizleitungen stützt. Vorliegend gilt gemäß § 638 Abs. 1 BGB eine Verjährungsfrist von 5 Jahren, weil es sich bei dem Einbau der Heizungsanlage um Arbeiten bei Bauwerken handelt (vgl. Palandt/Sprau a. a. O. § 638 Rdnr. 10). Die Verjährungsfrist begann mit der Abnahme der Werkleistung des Klägers am 28. November 1992 zu laufen, die Beklagte hat die zunächst als Teilklage erhobene Widerklage jedoch in der nunmehr geltend gemachten Höhe noch in unverjährter Zeit erhoben; denn der jetzige Klageantrag beruht auf dem Schriftsatz vom 12. November 1997, der dem Kläger am 18. November 1997 zugestellt worden ist. Verjährt sind hingegen die erstmals mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1998 geltend gemachten weiteren Mängel der fehlenden Abdeckringe und der fehlenden Mischvorrichtung.

Nach allem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Marburg wie geschehen abzuändern. Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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