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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 05.07.2001
Aktenzeichen: 16 U 1/01
Rechtsgebiete: ZPO, StGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
StGB § 823 Abs. 2
StGB § 242
StGB § 243 Abs. 1 Nr. 1
Kosten für Schutzmaßnahmen gegen Diebstahl (Anmietung einer Videoanlage) müssen nur dann von einem überführten Dieb ersetzt werden, wenn sie nicht allgemein zum Schutz erfolgt sind, sondern einen Bezug zur konkreten Rechtsverletzung hatten.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 1/01

Verkündet am 05.07.2001

In dem Rechtsstreit

...

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07. Juni 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 29.11.2000 (2 0 305/00) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin ist mit 30.224,63 DM beschwert. Gemäß § 543 Abs. 1 ZPO wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Anmietung der Videoanlage zu.

Zwar hat die Klägerin aus den von dem Beklagten begangenen Diebstählen grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch nach den §§ 823 Abs. 2, 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dieser umfasst allerdings nicht die Kosten für die Anmietung der Videoanlage.

Grundsätzlich muss der Geschädigte Kosten für Maßnahmen, mit denen er sein Eigentum vor Diebstahl schützt, selbst tragen. Er kann sie nicht auf den Dieb abwälzen (BGH NJW 1980,121 m. w. N.). Es ist deshalb allgemein anerkannt, dass die Kosten für Überwachungsmaßnahmen in Kaufhäusern zur Entdeckung einzelner, aus einem unbestimmten Personenkreis herrührender zivilrechtlicher Verfehlungen vom Schädiger nicht ersetzt werden müssen (Lange, Handbuch des Schuldrechts, Schadensersatz § 6 VI 113 S. 296 m. w. N.). Dies gilt z. B. für Videoüberwachungssysteme, Einsatz des Wachdienstes und den Einbau von Alarmanlagen (MünchKomm-Grunsky, BGB, vor § 249 Rz. 75; Erman-Kuckuck, BGB, § 249 Rz. 73).

Anders kann dies allerdings sein, wenn die Maßnahme der Verhinderung oder der Abwehr eines bevorstehenden konkreten Angriffs dient (BGH NJW 1980, 121), so z. B. wenn der Ersatzberechtigte von dritter Seite auf einen drohenden Einbruch hingewiesen wird und Vorsorge für die Verhütung bzw. Aufdeckung dieser Straftat trifft (Lange, a. a. 0., S. 298).

Im vorliegenden Fall diente die Maßnahme nicht der Abwehr eines konkreten An- des Beklagten auf das Eigentum der Klägerin. Abgesehen davon, dass die Klägerin sich mit der Installation der Überwachungsanlage nicht konkret vor Diebstählen des Beklagten schützen wollte, sondern allgemein vor Diebstahlshandlungen des Diebes oder der Diebe, die bereits in der Vergangenheit Computer und andere Elektronikteile entwendet hatten, und ihr die Person und die Zahl der Täter im Zeitpunkt der Installation unbekannt war, ergibt sich aus der zu Beweiszwecken beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, dass die meisten Diebstähle nicht vom Beklagten begangen wurden.

Aus dieser Akte lässt sich entnehmen, dass im Zeitraum vom 14.03.1997 bis zum 31.05.1999 von der Klägerin 21 Diebstähle von Computern, Computerteilen, Laptops und Zubehör im Gesamtwert von 95.000,-- DM angezeigt wurden. Nach dem 31.05.1999 sind mindestens noch zwei weitere Diebstähle begangen worden, so dass im Zeitraum vom 14.03.1997 bis 15.07.1999 23 Diebstähle zu Lasten der Klägerin begangen wurden. Der Beklagte ist nur wegen 10 dieser 23 Straftaten verurteilt worden, so dass der größte Teil der Diebstähle nicht vom Beklagten, sondern von anderen Personen begangen sein musste. Zumindest ist nicht bewiesen, dass der Beklagte alle oder nahezu alle Diebstähle begangen hat und die Klägerin wegen dieser Diebstähle des Beklagten die Videoanlage angemietet hat. Der Anmietung der Überwachungsanlage fehlte deshalb der Bezug zur konkreten Rechtsverletzung. Es handelte sich nicht um eine Maßnahme, die der Verhinderung oder Abwehr eines konkret bevorstehenden Angriffs des Beklagten diente, sondern um eine allgemeine Maßnahme des Geschädigten, mit der er sein Eigentum vor Diebstahlshandlungen potentieller Straftäter schützt.

Da das Rechtsmittel der Klägerin erfolglos war, hat sie gemäß § .97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat sah keinen Anlass, die Revision zuzulassen, da Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht zur Entscheidung anstanden. Die hier zur Entscheidung stehenden Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des BGH (NJW 1980, 119 ff. und NJW 1992, 1043 ff.) ausreichend geklärt.

Der Wert der Beschwer war nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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