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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 02.09.2001
Aktenzeichen: 16 U 195/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 831
BGB § 823
BGB § 651 c ff
BGB § 651 Abs. 2
BGB § 651 c Abs. 1
BGB § 651 f Abs. 1
BGB § 651 g Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519
ZPO § 519 b
ZPO § 713
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Auch ein aufgrund Nässe extrem rutschiger Fliesenbelag eines Thermalbades vermag einen Reisemangel nicht zu begründen (§§ 651 f Abs. 1,2, 651 c Abs. 1 BGB).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 195/00

Verkündet am 03.09.2001

In dem Rechtsstreit ...

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 29. September 2000 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger ist mit 22.800,42 DM beschwert. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519, 519 b ZPO.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

So steht dem Kläger zunächst der in zweiter Instanz noch geltendgemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 2.800,42 DM (Berufungsantrag zu 2) nicht zu.

Insoweit liegen die Voraussetzungen des § 651 f Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht vor. Es fehlt bereits an einem, für den bezeichneten Schadensersatzanspruch erforderlichen Reisemangel im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB. Ein Fehler der Reise im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB liegt dann vor, wenn eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung nicht oder nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht wird und dies aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters stammt (vgl, Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl., § 651 c, Randziffer 2). Damit werden grundsätzlich alle nicht in der Person des Reisenden liegenden Umstände, die die Gesamtreise oder Einzelleistungen stören, von dem § 651 c ff BGB erfasst (vgl. Erman/Seiler BGB, 10. Aufl., § 651 c, Randziffer 2 m.w. N.). Davon zu trennen ist jedoch das allgemeine, natürliche Lebensrisiko des Reisenden, das Fälle umfasst, die nicht reisespezifisch sind und mit deren Auftreten auch im privaten Alltag gerechnet werden muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ursache durch das Handeln des Reisenden oder Dritter ausgelöst wird (vgl. Führich, Reiserecht, 3. Aufl., Randziffer 196). Zu diesem privaten Unfall- und Verletzungsrisiko des Reisenden gehören grundsätzlich auch Ausrutscher im Bereich des Swimmingpools (vgl. Führich, a.a.O., Randziffer 196 m.w.N.).

Letzteres gilt zur Überzeugung des Berufungsgerichts auch für den vorliegenden Fall. Zwar kann den Veranstalter in diesem Zusammenhang eine Einstandspflicht auch dann treffen, wenn eine ungewöhnliche hohe, durch besondere Tatsachen gegenwärtige, konkrete Gefahr besteht (vgl. Führich, a.a.O., Randziffer 197 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Ein Reisemangel kann auch darin liegen, dass, von der Einrichtung des von dem Reiseveranstalter ausgewählten Beherbergungsbetriebes eine Gefahr für die Sicherheit des Reisenden ausgeht, mit der dieser nach dem Vertrag nicht zu rechnen braucht (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 315, Kaller Reiserecht, Rdz. 214). Hiervon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden.

Soweit die Berufung insoweit auf ihr bereits erstinstanzlich geltendgemachtes Vorbringen verweist, wonach der Fliesenbelag des Thermalbades extrem rutschig und durch Pfützen und Nässe besonders glatt gewesen sei, vermag dies einen Reisemangel in dem oben beschriebenen Sinne noch nicht zu begründen. Die Beschreibung eines Bodenbelages als "glatt" und "rutschig" kann auch dann zutreffend sein, wenn der Bodenbelag den Sicherheitsanforderungen entspricht. Im sogenannten Nassbereich, zu dem auf jeden Fall auch der unmittelbar an das Schwimmbecken angrenzende, Bereich gehört, ist immer mit Nässe und einer hierdurch bedingten Restglätte und Rutschigkeit des Bodenbelages zu rechnen. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Bodenbelag die nach den technischen Regeln erforderliche bzw. übliche Rutschfestigkeit aufweisen würde (vgl. OLG Düsseldorf RRa 2001, 157, 158 unter Hinweis auf OLG Frankfurt OLGR 2000, 94). Dass vorliegend der Bodenbelag den etwa geltenden Sicherheitsanforderungen nicht entsprochen hätte, ist von der Berufung nicht einmal konkret und substantiiert behauptet worden. Jedenfalls ist die durch Wasser hervorgerufene Glätte in diesem Schwimmbadbereich eine übliche Begleiterscheinung, die für den Reisenden erkennbar ist (vgl. OLG Düsseldorf RRA 2001, 157, 158, Senat OLGR Frankfurt 2001, 141; Landgericht Frankfurt RRa 2000, 14, 15, Landgericht München I RRa 1996, 89; Amtsgericht Baden Baden RRa.1994, 16). Mithin kann hierin ein Reisemangel nicht gesehen werden. Eine Verpflichtung, Matten oder Gummiläufer in dem insoweit betroffenen gesamten Schwimmbadbereich auszulegen, bestand für die Beklagte bzw. deren Vertragspartner ebenfalls nicht; jedenfalls kann in ihrem Fehlen ein Reisemangel nicht gesehen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach dem nunmehrigen Vorbringen des Klägers der Sturz deshalb erfolgte, weil zwischen dem Ausziehen der Schuhe und dem Betreten der ersten Stufe zum Schwimmbecken plötzlich das Licht ausgeschaltet wurde, so dass für den Kläger eine Pfütze nicht erkennbar gewesen sei. In diesem Zu- sammenhang kann dahinstehen, ob der Kläger sein diesbezüglich wechselndes Vorbringen im Verhältnis zur Anzeige gegenüber der Beklagten und dem ursprünglichen erstinstanzlichen Vorbringen in der Klageschrift hinreichend erläutert hat und das Vorbringen insoweit als ausreichend substantiiert erscheinen könnte, was die Beklagte in Zweifel zieht. Ebenfalls offen bleiben kann, ob im Hinblick auf die erstmalige Erwähnung dieses Umstandes in dieser Fassung im Laufe des vorliegenden Prozesses die formalen Voraussetzungen des § 651 g Abs. 1 BGB erfüllt wären. Auch dieser - zwischen den Parteien im einzelnen streitige - Gesichtspunkt würde noch keinen Reisemangel in dem oben beschriebenen Sinne begründen. Wie bereits ausgeführt, musste der Kläger jedenfalls im direkten Einstiegsbereich des Thermalbeckens auf jeden Fall mit Nässe rechnen und hätte entweder sichernde Maßnahmen ergreifen oder das Betreten des Beckens bzw. der Treppe zum Becken unterlassen müssen. Überdies hat bereits das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass dem Kläger aufgrund seines bereits 11 Tage andauernden Aufenthaltes in jenem Hotel das Vorhandensein von Nässe und Pfützen und demgemäß die rutschigen Oberflächen hätten bekannt sein müssen. Angesichts dessen kann sich jedenfalls der Kläger auf den Umstand, dass er aufgrund eines plötzlichen Lichtausfalls, eine Wasserpfütze nicht gesehen habe lediglich hierauf beruft er sich -, in diesem Zusammenhang nicht stützen; von dem Vorhandensein von Pfützen musste er ausgehen. Ob mithin das Licht im Thermalbad kurzfristig ausgeschaltet wurde und ob die dadurch eingetretene "Dunkelheit", die der Kläger in der Klageschrift als mit einer "späten Abenddämmerung" vergleichbar beschrieben hat, dazu führen konnte, dass Pfützen nicht mehr zu sehen waren, was im einzelnen streitig ist, brauchte mithin nicht aufgeklärt zu werden. Gleiches gilt für die Frage, ob die Beklagte als Reiseveranstalterin hieran ein Verschulden träfe. Aus diesen Gründen kommt es auch nicht auf den Gesichtspunkt an, dass sich der Lichtschalter für das Thermalbad - in Form eines Zentralschalters - unstreitig an der Rezeption des Hotels befand. Darüber hinaus wäre nicht erkennbar, warum aufgrund dieses Umstandes eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Reisenden ausgehen könnte. Immerhin erscheint auf diese Weise gewährleistet, dass dem Erfordernis einer Beleuchtung auch bei schnell eintretender Dunkelheit unmittelbar Genüge getan werden kann, da die Rezeption eines Hotels üblicherweise regelmäßig personell besetzt ist. Dass die Gefahr eines Eingreifens Unbefugter an dieser Stelle größer wäre, als an anderen Stellen des Hotels, ist nicht hinreichend konkret dargelegt. Gleiches gilt im Hinblick auf die angeblich fehlende "Notbeleuchtung" für das Thermalbad, unabhängig von der Frage, ob eine solche für ein grundsätzlich mit Fenstern versehenes Schwimmbad tagsüber erforderlich wäre. Nach dem Vorbringen des Klägers beruhte ja die Dunkelheit auf einem aufziehenden Unwetter.

Den erstinstanzlich in der Klageschrift erhobenen Vorwurf, dass die Benutzung des Bades den Gästen gegenüber ermöglicht worden sei, obwohl und nachdem die Beleuchtung vollständig ausgeschaltet wurde, will der Kläger angesichts seines geänderten Vorbringens offensichtlich nicht mehr aufrechterhalten.

Der Kläger kann seinen geltendgemachten Zahlungsanspruch auch nicht auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten stützen, § 823 BGB. Zwar ist seit der bereits durch das Landgericht im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. NJW 1988, 1380) anerkannt, dass der Reiseveranstalter eigene Verkehrssicherungspflichten gegenüber dem Reisenden hat. Vom Reiseveranstalter wird verlangt, dass er einen erfahrenen, sachkundigen und gewissenhaften Reiseleiter oder Beschaffer von Hotelunterkünften an Ort und Stelle Kontrollen durchführen lässt, und dass hierbei Sicherheitsrisiken entdeckt werden, die sich bei genauerem Hinsehen jedermann offenbaren. Verstößt der Veranstalter gegen diese Verpflichtung, haftet er für eigenes Organisationsverschulden nach § 823 Abs. 1 BGB (vgl. auch Senat OLGR 2001, 141). Hierauf hat der Kläger in erster Instanz einen geltendgemachten Anspruch auch hauptsächlich gestützt. Ein derartiges Organisationsverschulden ist der Beklagten jedoch nicht anzulasten. So kann ein solcher Sicherheitsmangel nach dem Vorbringen des Klägers nicht bereits in der Beschaffenheit des Fliesenbelags des Thermalbades gesehen werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden, die hier entsprechend gelten. Da mithin davon ausgegangen werden muss, dass durch die Beschaffenheit des Bodenbelags kein Gefahrenherd für den Reisenden geschaffen wurde, ist der Beklagten insoweit auch keine Verletzung von Auswahl- oder Kontrollpflichten vorzuwerfen. Gleiches gilt für den Umstand, das sich der Lichtschalter des Thermalbads an der Rezeption des Hotels befand. Dass dieser Umstand einen Verstoß gegen Sicherheitsstandards und eine konkrete Gefahr für den Nutzer des Thermalbades begründen könnte, ist nicht hinreichend ersichtlich. Gleiches gilt letztendlich für die nach dem Vorbringen des Klägers fehlende Notbeleuchtung des grundsätzlich mit Fenstern versehenen Hallenthermalbades, jedenfalls was die - hier einschlägige - Nutzung um die Mittagszeit betrifft. In diesem Zusammenhang hat darüber hinaus das Landgericht auch zu Recht festgestellt, dass das "Zusammenspiel" von angeblich rutschigen Fließen, Nässe und Dunkelheit ein plötzliches Ereignis darstellen würde, von dem die Beklagte keine Kenntnis haben konnte, so dass ein Einschreiten nicht veranlasst war. Dass das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 22.9.2000 in erster Instanz nicht geeignet erscheint, weitere konkrete Unfallgeschehen darzulegen und mithin eine gesteigerte Kontrollpflicht der Beklagten auslösen zu können, hat das Landgericht ebenfalls zutreffend dargestellt. Eine Haftung für ein Verschulden des Leistungsträgers, hier des Hotels T. Terme/Ischia, gemäß § 831 BGB scheidet darüber hinaus deshalb aus, weil dieses nicht Verrichtungsgehilfe des Reiseveranstalters ist (vgl. auch Senat OLGR 2001,141). Angesichts dieser Ausführungen war die Berufung auch hinsichtlich des Feststellungsantrages (Berufungsantrag zu 3) unbegründet. Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens bestehen nicht. Der Kläger hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, diejenige zur Festsetzung der Beschwer auf § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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