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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.08.2008
Aktenzeichen: 16 U 200/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 212
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Mit gleichlautenden Verträgen, in denen eine Sanierungsverpflichtung enthalten war, veräußerte die Firma A GmbH & Co KG, die in die Beklagte umfirmiert worden ist, an die Mitglieder der Klägerin Wohnungseigentum in dem Anwesen ... in O1.

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte am 30. April 1999.

Am 4. Februar 2004 nahm der Architekt B im Auftrag des Verwalters der Klägerin eine Begehung des Anwesens zur Feststellung und Benennung etwa aufgetretener Mängel vor. Über die festgestellten Mängel ist ein Protokoll erstellt worden.

Am 18. Mai 2004 fand eine Nachbegehung im Beisein des für die Beklagte tätigen Ingenieurbüros C statt.

In der Folgezeit fand Schriftverkehr zwischen den Parteien statt, in dessen Rahmen das Ingenieurbüro C zu dem Protokoll des Architekten B für die Beklagte Stellung bezog und dem Verwalter der Klägerin einen Vorschlag zur Endabwicklung der Gewährleistung unterbreitete.

Auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses entschied sich die Klägerin sodann, ein selbständiges Beweisverfahren zu betreiben, welches sie mit Antragsschrift vom 29. Dezember 2004 auch einleitete (Az.: 14 OH 51/04 LG Wiesbaden). Mit Schreiben vom 4. Mai 2005 wandte sich daraufhin die Beklagte an den Verwalter der Klägerin und teilte mit, dass sie ihre Mängelbeseitigungsmaßnahmen in Ansehung des selbständigen Beweisverfahrens einstelle.

Nach Abschluss dieses Beweisverfahrens hat die Klägerin die vorliegende Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung erhoben, dessen Höhe sie auf der Grundlage von Kostenvoranschlägen verschiedener Firmen auf 44.727,94 € bemessen hat.

Die Beklagte hat die Befugnis der Klägerin zur außergerichtlichen Geltendmachung von Mängeln bestritten, ebenso die Tatsache, dass die streitgegenständlichen Mängel gegenüber der Beklagten gerügt worden seien. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

II.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen, weil die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreife.

Auf der Grundlage der noch anzuwendenden werkvertraglichen Vorschriften des BGB in der Fassung vor der Schuldrechtsreform und in Ansehung der Überleitungsvorschrift zum Verjährungsrecht (Art. 229 § 6 EGBGB) sei davon auszugehen, dass die nach § 634a BGB n. F. maßgebliche Verjährungsfrist von fünf Jahren am 30. April 1999 begonnen und am 30. April 2004 abgelaufen sei.

Diese Verjährungsfrist sei weder unterbrochen noch gehemmt worden. Eine Hemmung nach § 203 BGB n. F. sei nicht ersichtlich. Zwar könne in Ansehung des Begehungsprotokolls des Architekten B vom 4. Februar 2002, des Schreibens der Klägerin vom 22. Mai 2004 und insbesondere des Schreibens der Beklagten vom 8. Juni 2004 (verbunden mit dem Schrieben des Ingenieurbüros C vom 6. September 2004) davon ausgegangen werden, dass bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist am 30. April 2004 hinsichtlich eines Großteils der streitgegenständlichen Mängel Verhandlungen stattgefunden haben. Da diese Verhandlungen indes nicht zwischen den einzelnen Mitgliedern der Klägerin als Inhaber des streitgegenständlichen Gewährleistungsrechts und der Beklagten als Schuldnerin geführt worden seien, könnten sie keine Wirkungen entfalten.

Auch ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB komme nicht in Betracht, da die insoweit maßgeblichen Schreiben der Beklagten bzw. des Ingenieurbüros C erst nach dem 30. April 2004 zugegangen seien und damit unbeachtlich wären.

III.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 44.727,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 5. Juni 2006 zu zahlen sowie

festzustellen, dass die Beklagte auch die künftig noch entstehenden und den Vorschuss übersteigenden Kosten für die Beseitigung der festgestellten Mängel an dem Anwesen ... in O1 zu zahlen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

IV.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im Ergebnis auch begründet.

Der Klägerin steht auf der Grundlage der §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB ein Anspruch auf Zahlung des eingeklagten Betrages als Vorschuss auf eine Mängelbeseitigung zu.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist dieser Anspruch nicht verjährt. Zutreffend ist allerdings, dass die Verjährungsfrist mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums am 30. April 1999 zu laufen begonnen hat, mithin nach fünf Jahren am 30. April 2004 abgelaufen war (§ 634 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Der Senat ist jedoch zu der Auffassung gelangt, dass im vorliegenden Fall die Verjährungsfrist aufgrund der von der Beklagten unstreitig durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten bis zum 4. Mai 2005 unterbrochen war, als die Beklagte unmissverständlich erklärt hat, dass sie im Hinblick auf das mittlerweile angestrengte Beweissicherungsverfahren keine weiteren Mängelbeseitigungsarbeiten mehr durchführen will.

Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Ein solches Anerkenntnis in anderer Weise kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen, wobei es nicht nötig ist, dass der Schuldner den Neubeginn der Verjährung bezweckt; es ist auch nicht nötig, dass ihm bewusst ist, dass er durch sein Verhalten diese Folge auslöst (vgl. Lakkis in juris-PK-BGB, 3. Aufl. 2008, § 212 Anm. 3).

In diesem Sinn kann auch die Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten als Anerkenntnis im Sinne des § 212 BGB betrachtet werden (BGH NJW 1988, 254). Um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden in dem Sinne, dass nicht jede, auch noch so geringfügige Nachbesserungsarbeit zur Unterbrechung der Verjährung führt, ist erforderlich, dass der Schuldner ein zur Kenntnisnahme des Berechtigten bestimmtes und geeignetes Verhalten zeigt, das klar und unzweideutig das Bewusstsein des Schuldners von dem Bestehen der Schuld bezeugt und er nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits eine Leistung anbietet. Hierbei können Umfang, Dauer und Kosten der ausgeführten Nachbesserungsarbeiten ein Indiz dafür darstellen, ob aus der Sicht des Gläubigers ein Anerkenntnis seines Gewährleistungsanspruchs vorliegt.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung geht der Senat für den vorliegenden Fall davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Gewährleistung noch nicht verjährt ist. Maßgebend hierfür ist, dass die Beklagte - wie sich aus ihrem eigenen Schreiben vom 4. Mai 2005 ergibt - offenbar seit Jahren und auch über den Zeitpunkt des Verjährungseintritts hinaus an dem Anwesen Mängelbeseitigungsarbeiten vorgenommen hat. Dies ergibt sich zwanglos schon aus der Überschrift, in der von dem "aktuellen Stand der Mängelbeseitigung" gesprochen wird, ferner aus der mit diesem Schreiben überreichten Excel-Liste, aus denen sich Mängelbeseitigungsarbeiten in großem Umfang ergeben, die im übrigen unterschiedslos sowohl Mängel am Sonder- wie auch am Gemeinschaftseigentum betreffen. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass insoweit zwischen diesen beiden Mängelformen unterschieden wird; ebenso wenig findet sich eine Unterscheidung dahingehend, wann der jeweilige Mangel erkannt worden ist und schon gar nicht, ob dies vor dem 30. April 2004 oder erst danach geschehen ist.

Die - bis dahin offensichtlich uneingeschränkte - Bereitschaft der Beklagten zu Beseitigung von Mängeln ergibt sich im weiteren aus der in diesem Schreiben enthaltenen Aussage, dass sie - die Beklagte - nämlich in Ansehung des von der Eigentümergemeinschaft angestrengten Beweissicherungsverfahrens ihre Mängelbeseitigungsarbeiten eingestellt hat.

Nimmt man den weiteren Satz hinzu, dass "es wenig Sinn mache, einerseits Mängelbeseitigung vorzunehmen und andererseits die Kunden gegen uns gerichtlich vorgehen", so ergibt sich daraus aus dem Empfängerhorizont der nicht widerlegbare Eindruck, dass nur infolge der nunmehr angestrengten gerichtlichen Maßnahmen dem ansonsten nach wie vor bestehenden und in seinem Bestand auch anerkannten Anspruch auf Mängelbeseitigung nicht mehr nachgekommen wird. Deutlicher kann ein Anspruch auf Mängelbeseitigung kaum anerkannt werden.

Dem steht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entgegen, dass die Mängel, die nunmehr Gegenstand des Verfahrens sind (nachdem erstmals die beiden mit dem Bauvorhaben befassten Sachverständigen das wahre Ausmaß der mangelhaften Leistung der Beklagten festgestellt haben), erstmals nach dem Ablauf der Gewährleistungsfrist gerügt worden sind. Insofern kommt es nicht darauf an, ob hinsichtlich der nunmehr streitgegenständlichen Mängel bereits Nachbesserungsarbeiten vor dem 30. April 2004 stattgefunden haben oder nicht; entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte jedenfalls in ihrem Schreiben vom 4. Mai 2005 deutlich gemacht hat, dass sie ohne die Beantragung eines selbständigen Beweisverfahrens sich auch mit diesen Mängeln auseinandergesetzt hätte, die - soweit sie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen SV1 ergeben - auch nach der eigenen Einlassung der Beklagten auf dem Begehungsprotokoll des Architekten B vom 4. Februar 2004 beruhen und damit bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist am 30. April 2004 evident geworden waren.

Keine Rolle für die Frage der Unterbrechung der Verjährung durch das Anerkenntnis spielt im übrigen die zwischen den Parteien diskutierte Frage der Aktivlegitimation. Da bis zur Beauftragung des Verwalters und des Prozessbevollmächtigten jedenfalls insoweit, als das Gemeinschaftseigentum betroffen war, jeder der Miteigentümer berechtigt war, der Beklagten gegenüber Gewährleistungsansprüche zur Leistung an die Gemeinschaft geltend zu machen, kommt es auf unterschiedliche Positionen bzw. Berechtigungen in diesem Zusammenhang nicht an. Zudem ist der Eindruck, dass die Beklagte weiterhin zur Mängelbeseitigung bereit war und den entsprechenden Anspruch anerkannt hat, gleichermaßen bei allen Eigentümern in der Wohnanlage der Klägerin entstanden.

Der von dem Kläger mit 44.727,94 € aus dem Angebot der Firma Bauunternehmung D entnommene Vorschussbetrag zur Mängelbeseitigung steht ihm auch der Höhe nach zu, nachdem die Beklagte keine Einwände gegen das Vorliegen der sich aus dem Gutachten des Sachverständigen SV1 ergebenden Mängel erhoben hat.

Soweit sich die Beklagte gegen die Höhe des Vorschussbetrages wendet, ist sie darauf zu verweisen, dass der Kläger nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten der Beklagten gegenüber abzurechnen und einen etwa überschießenden Betrag an sie auszukehren haben wird. Zwar hat der Sachverständige SV1 in seinem Gutachten die Kosten für die Mängelbeseitigung nur auf ca. 19.000,00 € geschätzt, der Senat geht allerdings auf der Grundlage des von dem Kläger eingeholten Kostenvoranschlages davon aus, dass dieser Betrag zu niedrig angesetzt (§ 287 ZPO) und irgendwo zwischen diesem Betrag und der Klageforderung festzumachen sein dürfte. Hierfür spricht, dass der Kostenvoranschlag - wie sich aus ihm selbst ergibt - zum einen nur von ca.-Maßen ausgeht und zum anderen Arbeiten enthält, die nach dem Sachverständigengutachten nicht erforderlich sind.

Hieraus ergibt sich aber zugleich, dass ein Rechtsschutzinteresse des Klägers für eine Feststellungsklage nicht gegeben ist, denn es sind keine Grundlagen dafür ersichtlich, dass die Mängelbeseitigung einen höheren Betrag erfordert als nunmehr von dem Kläger geltend gemacht (vgl. hierzu OLG Düsseldorf OLGR Düsseldorf 1992, 350).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Vorlage der Sache an das Revisionsgericht weder wegen der Bedeutung der Sache noch zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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