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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.06.2009
Aktenzeichen: 16 U 223/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 437 Ziff. 2
BGB § 441
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Minderungsansprüche aus einem Kaufvertrag über ein Grundstück mit einem Zweifamilienhaus in Stadt1, unter dem sich Reste eines gesprengten Luftschutzbunkers aus dem 2. Weltkrieg befinden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 164 bis 166 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 105.000,- € stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Grundstück sei wegen der Bunkerruine mangelhaft. Die Beklagte könne sich nicht auf den im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss berufen, da sie den Mangel arglistig verschwiegen habe. Zudem habe sie zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger und seine Ehefrau bei Offenbarung der Existenz des Bunkers den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätten. Die durch den Bunker verursachte Wertminderung beliefe sich nach Schätzung des Gerichts auf 10 % des Kaufpreises und damit auf 105.000,- €.

Im Weiteren wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 166 bis 169 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 2. November 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 29. November 2007 bei Gericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt und begründet.

Die Beklagte rügt, das Landgericht habe zu Unrecht einen Mangel angenommen. Die übliche Beschaffenheit eines Kaufgegenstands bestimme sich nach dem dem Käufer erkennbaren Zustand der Sache. Der Kläger habe eine Immobilie mit Gartengrundstück erwerben wollen und erworben, wobei nach § 7 Ziff. 3 des notariellen Vertrags die Verwendbarkeit des Grundstücks für bestimmte Zwecke nicht geschuldet gewesen sei.

Von dieser Erwartungshaltung her sei die Eignung des Objekts für die gewöhnliche Verwendung vorbehaltlos gegeben, da die Bewohnbarkeit des Hauses sowie die Nutzbarkeit des Gartens uneingeschränkt gegeben seien. Deshalb sei selbst bei unterstellter Kenntnis der Beklagten von dem Bunker eine Aufklärung nach Treu und Glauben nicht geschuldet gewesen.

Darüber hinaus unterstelle das Landgericht der Beklagten zu Unrecht Kenntnis von dem Bunker, wobei es insbesondere unterlassen habe, entlastende Tatsachen zu berücksichtigen. Schließlich sei die Schätzung des Landgerichts nach § 287 ZPO ermessensfehlerhaft, zumal es damit dem unsubstantiierten klägerischen Vortrag zu einem Teilerfolg verhelfe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 2007, Az. 2 - 19 O 69/07, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 2007, Az. 2 - 19 O 69/97, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 260.539,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Beklagte verurteilt worden ist. Mit seiner Anschlussberufung begehrt er unter Erweiterung der Klage Minderung in Höhe der Mangelbeseitigungskosten, die nach einem bereits erstinstanzlich vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen SV1 erforderlich seien. Zudem macht er die für die Erstellung des Gutachtens angefallenen Kosten geltend.

Die Beklagte hält den mit der Anschlussberufung gehaltenen Sachvortrag für unsubstantiiert und verspätet.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20. Mai 2008 (Bl. 251 f. d. A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und durch mündliche Anhörung des Sachverständigen.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen SV2 vom 16. Februar 2009 (hintere Aktentasche) und auf die Sitzungsniederschrift vom 2. Juni 2009 (Bl. 319 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet, während die Anschlussberufung des Klägers zulässig und zum Teil begründet ist und zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils führt.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Kaufpreisminderung. Anspruchsgrundlage ist daher entgegen der Annahme des Landgerichts, das die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung geprüft hat, §§ 437 Ziff. 2, 441 Abs. 4 S. 4 BGB (i.V.m. § 398 BGB).

Danach hat der Verkäufer einer mangelhaften Sache den Mehrbetrag zu erstatten hat, wenn der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt hat. Dieser Anspruch des Klägers gegen die Beklagte beläuft sich auf 157.500,- €.

Das Landgericht hat zunächst zutreffend angenommen, dass das von dem Kläger erworbene Grundstück aufgrund der dort befindlichen Bunkerruine mangelhaft ist.

Da die Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben und nach § 7 Ziff. 3 des notariellen Vertrags die Verwendbarkeit des Grundstücks für bestimmte Zwecke nicht geschuldet ist, wäre das Grundstück nach § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB dann frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Dabei bestimmt sich die Frage, welche Beschaffenheit der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, objektiv nach dem Erwartungshorizont eines vernünftigen Durchschnittskäufers (Bamberger/Roth/Faust, Beck'scher Online-Kommentar, Stand 1. Februar 2007 § 434 BGB Rn. 72; Staudinger/Matusche-Beckmann, Bearbeitung 2004, § 434 BGB Rn. 77; Palandt/Weidenkaff, 68. A., § 434 BGB Rn. 30; BGH, NJW 2007, 1351).

Vorliegend handelt es sich bei dem Kaufgegenstand um ein aus ursprünglich zwei selbständigen Flächen bestehendes Grundstück, das mit einem Zweifamilienhaus bebaut ist und im unbebauten Teil derzeit einen Garten aufweist. Es liegt in Stadt1 und damit in einem Wohngebiet, das planungsrechtlich als Bauland ausgewiesen ist. Es handelt sich um eine gehobene bis sehr gute Wohnlage, was sich in dem von dem Sachverständigen SV2 in seinem Gutachten vom 16. Februar 2009 mit 500,- €/m² angegebenen Bodenrichtwert und in dem von dem Kläger entrichteten Kaufpreis niederschlägt. Vor diesem Hintergrund kann ein vernünftiger Durchschnittskäufer erwarten, dass ein Grundstück vergleichbarer Art nicht mit Resten eines gesprengten Luftschutzbunkers versehen ist, die sich über eine Länge von über 20 m, eine Breite von ca. 4 m und eine Höhe über Boden von ca. 1,60 m auf dem Grundstück verteilen und die sowohl eine uneingeschränkte gärtnerische Nutzung als auch eine veränderte bauliche Nutzung zumindest wesentlich erschweren und beeinträchtigen. Dabei kann die Beklagte nicht damit gehört werden, dass sie lediglich eine Immobilie mit Gartenland veräußert habe und eine bestimmte Verwendbarkeit des Grundstücks nicht geschuldet war. Auch wenn keine ausdrückliche Veräußerung als Bauland erfolgte, konnte ein durchschnittlicher Käufer erwarten, dass ein bebautes Grundstück in dieser Wohnlage eine Beschaffenheit aufweist, die baulichen Veränderungen und geänderten bauliche Nutzungen nicht entgegensteht. Etwas ergibt sich auch dann nicht, wenn man - wie die Beklagte - auf den subjektiven Erwartungshorizont speziell des Klägers abstellt. Auch wenn der Kläger das Grundstück nicht zum Zweck der weiteren Bebauung mit einem konkreten Bauvorhaben erworben hat, ist unstreitig, dass die Parteien im Zuge der Verkaufsgespräche über die Frage der Bebaubarkeit gesprochen haben. Die Beklagte hat zumindest angegeben (vgl. Schriftsatz vom 20. August 2008 S. - Bl. 148 d. A.) erklärt zu haben, dass nach ihrer Kenntnis eine Baugenehmigung für den zweiten Grundstücksteil existiere. Damit hat sie aber in dem Kläger die Erwartung erweckt, dass das Grundstück eine Beschaffenheit aufweist, die grundsätzlich auch eine weitere Bebauung oder bauliche Veränderung des bestehenden Zustands ermöglicht. Erwartungen können aber auch durch frühere Äußerungen des Verkäufers geweckt werden, selbst wenn sie später nicht Vertragsinhalt werden (Bamberger/Roth/Faust, a.a.O., § 434 Rn. 72).

Der Annahme eines Mangels steht auch nicht die Angabe des Sachverständigen entgegen, wonach die Nutzung als Gartenland im belasteten Zustand keine signifikanten Beeinträchtigungen aufweise (Gutachten S. 47). Der Sachverständige hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass er sich mit dieser Äußerung auf den baulichen Istzustand bezogen hat. Dessen ungeachtet muss es aber einem Käufer im Rahmen der gewöhnlichen Verwendung des Grundstücks möglich sein, auch Veränderungen in der Gartengestaltung vorzunehmen, z.B. eine insgesamt ebene Rasenfläche zu erstellen. Von daher ist selbst die Nutzungsmöglichkeit des Gartens durch die Bunkerreste eingeschränkt.

Das Landgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass sich die Beklagte nach § 444 BGB nicht auf den unter § 7 Ziff. 4 des notariellen Vertrags vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann, da sie den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Ein arglistiges Verschweigen setzt zunächst voraus, dass der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält, wobei es genügt, dass er die den Fehler begründenden Umstände Kennt (oder für möglich hält); ob er sie rechtlich zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnet, ist demgegenüber ohne Belang (BGH, NJW 2007, 835).

Das Landgericht hat zu Recht aus einer Vielzahl von Tatsachen den Schluss gezogen (§ 286 ZPO), dass die Beklagte Kenntnis von den Bunkerresten und damit von den einen Fehler begründenden Umständen hatte.

Der Schwiegervater der Beklagten, der Bauunternehmer ..., hatte das Grundstück 1955/56 erworben sowie anschließend bebaut. Er hat bis in die 80er Jahre hinein einen Prozess wegen Erschließungskosten geführt, die er in Anbetracht der Wertlosigkeit des Grundstücks für die weitere Bebauung nicht bezahlen wollte. Die Beklagte ist 1984 und damit zu einem Zeitpunkt in das Haus eingezogen, als der Rechtsstreit zumindest noch nicht lange zurücklag. Sie lebte dort mit dem Schwiegervater und dessen Sohn, ihrem Ehemann, zusammen, der ebenfalls Kenntnis von dem Bunker hatte und diese Kenntnis auch Nachbarn gegenüber kommunizierte. Desgleichen wussten ihre Schwägerin sowie ihr Schwager - ebenfalls Partner im Bauunternehmen - von dem Bunker; letzterer hat die Beklagte bei dem Verkauf des Hauses beraten. 1995 fand ein Schwimmbadbau statt, in dessen Zuge - was die Beklagte wusste - die Böschung mit weiterem Mutterboden aufgefüllt und teilweise neu bepflanzt wurde, wodurch sich der Böschungswinkel deutlich erhöhte. Unstreitig haben auch eine Vielzahl unmittelbarer Nachbarn Kenntnis von dem Bunker, und zwar nicht nur ältere, die den Bunker aus eigener Anschauung heraus kennen, sondern auch solche, die zeitlich mit der Beklagten in das Gebiet gezogen sind. Dabei haben einige Nachbarn direkt von dem Ehemann der Beklagten von dem Bunker erfahren. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat nicht glaubhaft, wenn die Beklagte angibt, dessen ungeachtet nichts von dem Bunker gewusst zu haben. Wenn alle in der Familie davon Kenntnis hatten und diese Kenntnis - insbesondere der eigene Ehemann - sogar an Nachbarn weitergetragen haben, dann spricht die Lebenserfahrung dafür, dass auch die Beklagte mitbekommen hat, dass sich auf dem Grundstück Bunkerreste befinden. Zudem gab es durchaus Anlass, auch innerhalb der Familie über die Bunkerrest zu sprechen, so anlässlich des Rechtsstreits des Schwiegervaters oder der Neugestaltung der Böschung im Zuge des Schwimmbadbaus.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass gegen eine Kenntnis der Beklagten der Umstand sprechen könnte, dass sie bei Übergabe des Hauses einen Ordner zurückließ, in dem sich zahlreiche Dokumente über den Bunker befinden. Allerdings kann sie dabei auch von der Hoffnung getragen worden sein, der Kläger werde dem keine weitere Bedeutung beimessen. Insofern ist dieser Umstand angesichts der sonstigen dargelegten Umstände, die für eine Kenntnis der Beklagten sprechen, nicht geeignet, die persönliche Gewissheit des Senats zu erschüttern, für die ausreicht, dass sie den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Zöller/Greger, 27. A., § 286 Rn. 19).

Die Beklagte hätte im Weiteren den Kläger über den ihr bekannten Bunker aufklären müssen.

Eine Aufklärungspflicht besteht, wenn der Verkäufer, der den Mangel kennt oder ihn mindestens für möglich hält oder mit ihm rechnet, billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer ihn übersieht und den Vertrag in Kenntnis des Mangels nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte; dabei muss es sich um Umstände handeln, die für die Kaufentscheidung von Bedeutung sind (MünchKomm / Westermann, 5. A., § 438 BGB Rn. 29; Staudinger/Matusche-Beckmann, a.a.O. § 438 BGB Rn. 85; BGHZ 123, 363). Dabei erfasst das Tatbestandsmerkmal der Arglist nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, bei denen es an einer betrügerischen Absicht fehlt, die vielmehr auf bedingten Vorsatz - im Sinne eines (bloßen) "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" - reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGHZ 123, 363).

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht gegeben sind und der Kläger den Kaufvertrag bei Kenntnis des Vorhandenseins der Bunkerreste zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Selbst wenn der Kläger das Grundstück lediglich als Immobilie mit Gartenland erworben hätte, wie die Beklagte geltend macht, konnte sie nicht davon ausgehen, dass es für einen Käufer ohne Belang ist, wenn ein großer Teil des Grundstücks mit Bunkerresten belastet ist, die zwar nicht der Nutzung im Istzustand, aber einer uneingeschränkten Gartengestaltung im Wege wären. Zudem hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Existenz des Bunkers auch vor dem Hintergrund einer möglichen Bebauung für den Kläger von Bedeutung sein konnte. Denn wie bereits dargelegt, haben die Parteien vor Abschluss des Kaufvertrags über die Möglichkeit der Bebauung des anderen Grundstücksteils gesprochen. Auch wenn der Kläger nicht die konkrete Absicht geäußert haben mag bauen zu wollen, war für die Beklagte erkennbar, dass eine Offenbarung des Vorhandenseins von ein Bauvorhabens zumindest wesentlich erschwerender Bunkerreste für die Kaufentscheidung des Klägers - und sei es auch nur hinsichtlich der Preisgestaltung - von Bedeutung sein würde. Hinzu kommt, dass der Kläger die Beklagte unstreitig danach gefragt hat, ob der Grund und Boden belastet sei oder ob es irgendwelche Beschränkungen gäbe. Selbst wenn gesprengte Bunkerreste nicht unter die gesetzliche Definition von Altlasten fallen sollten, musste die Beklagte aufgrund dieser Frage davon ausgehen, dass diese Bunkerreste für den Vertragsschluss und -inhalt nicht ohne Folgen seinen konnten.

Eine für die Geltendmachung einer Minderung grundsätzlich erforderliche Fristsetzung war hier nach den von der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts entbehrlich, so dass der Kläger zur Minderung des Kaufpreises berechtigt ist.

Bei einer Minderung ist gemäß § 441 Abs. 3 S. 1 BGB der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde.

Dies führt vorliegend dazu, dass die Minderung und damit der Rückzahlungsanspruch nach § 441 Abs. 4 S. 1 BGB 157.500,- € beträgt.

Nach § 441 Abs. 3 S. 2 BGB ist die Minderung, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Allerdings hat es vorliegend nach Auffassung des Senats an greifbaren Anhaltspunkten gefehlt, die einer Schätzung hätten zugrunde gelegt werden können. Der Senat hat deshalb ein Sachverständigengutachten eingeholt, um die Minderungshöhe zumindest annäherungsweise bestimmen zu können.

Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht deshalb abzusehen, weil das erstinstanzliche klägerische Vorbringen zur Minderungshöhe widersprüchlich und damit unbeachtlich gewesen wäre. Für den Kläger bestand die Schwierigkeit, hinsichtlich eines möglichen Minderungsbetrags vorzutragen.

Er hat deshalb zunächst seine Forderung anhand dreier Kostenvoranschläge der Firmen A GmbH und B GmbH beziffert. Dessen ungeachtet war es ihm nicht verwehrt, durch Vorlage eines Privatsachverständigengutachtens darauf hinzuweisen, dass die zunächst angesetzten Kosten eher zu niedrig bemessen sein dürften. Dadurch wurde sein Vortrag nicht unsubstantiiert.

Der Senat geht zur Ermittlung der Minderung zunächst mit dem Sachverständigen SV2 davon aus, dass der objektive Verkehrswert des Grundstücks ohne die im Boden befindlichen Überreste des Bunkers mit 1.065.000,- € und der Verkehrswert mit den Überresten mit 904.000,- € anzusetzen ist.

Der Sachverständige hat zunächst nachvollziehbar den Sachwert des Grundstücks im unbelasteten Zustand mit 951.500,- € und den Ertragswert mit 1.065.000,- € ermittelt. Dabei hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 2. Juni 2009 in seiner Anhörung dargelegt, warum er keinen Mittelwert zwischen dem Sachwert und dem Ertragswert gewählt, sondern letztlich den Verkehrswert mit dem Ertragwert gleichgesetzt hat. Er hat dies für den Senat verständlich damit erklärt, dass sich der Ertragswert gut ermitteln lasse und ein Vergleich mit anderen Kauffällen gezeigt habe, dass der Ertragswert den Marktwert besser widerspiegele als der Sachwert.

Der Senat hat auch keine Bedenken, dem Sachverständigen darin zu folgen, einen Sicherheitsabschlag für Instandsetzungskosten zum Wertermittlungsstichtag in Höhe von 25.000,- € in Ansatz zu bringen. Zwar hat die Beklagte pauschal behauptet, das Gebäude sei in renoviertem Zustand veräußert worden. Allerdings hat der Sachverständige im Rahmen des Ortstermins unter Anwesenheit beider Parteien festgehalten, welche Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen nach dem Wertermittlungsstichtag durchgeführt worden sind, und daraus auf zum Wertermittlungsstichtag erforderliche Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen rückgeschlossen, die er mit brutto 25.000,- € beziffert hat. Dies hat er in der mündlichen Verhandlung ergänzend dahingehend erläutert, dass die geschätzten Kosten zum Stichtag erforderlich waren, um das Haus weiterhin nutzen zu können. Deshalb ist es nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, diese Kosten bei der Ermittlung des Verkehrswerts in Abzug zu bringen, so dass sich der Verkehrswert im unbelasteten Zustand am 15. Juli 2005 auf geschätzte 1.065.000,- € belief.

Zur Ermittlung des Verkehrswerts im belasteten Zustand hat der Sachverständige zunächst die Beseitigungskosten der Bunkerruine unter Berücksichtigung von Sowiesokosten auf ca. 145.000,- € geschätzt, was von den Parteien im Einzelnen nicht angegriffen wird. Soweit er dabei von einem Bauvorhaben ausgegangen ist, dass die Entfernung der Bunkerfragmente erfordert, ist dies nach Ansicht des Senats nicht zu beanstanden, da letztlich nur die Beseitigung der Reste dem Interesse eines durchschnittlichen Käufers auf uneingeschränkte Nutzbarkeit des Grundstücks entspricht. Im Übrigen hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung verdeutlicht, dass auch die Kosten für die von ihm vorgestellten Bauvarianten I und II mit ähnlichen Unwägbarkeiten verbunden sind wie die Kosten hinsichtlich der gewählten Variante III.

Weiterhin hat der Senat keine Bedenken, einen psychologischen Minderwert in Höhe von 21.000,- € als Wertminderung anzusetzen. Die Annahme eines merkantilen Minderwerts beruht gerade auf der Lebenserfahrung, dass eine einmal mit Mängeln behaftet gewesene Sache trotz sorgfältiger und vollständiger Reparatur im Geschäftsverkehr vielfach niedriger bewertet wird (BGH, VersR 78, 328 für ein Gebäude). Von daher ist es auch bei einem gesprengten Luftschutzbunker, bei dem zudem wertrelevante Kontaminationen im Erdreich aufgrund der vorgenommenen Sprengungen nicht völlig auszuschließen sind, naheliegend, dass der Geschäftsverkehr einen Sicherheitsabschlag vornehmen würde. Daran ändert nach Auffassung des Senats der Umstand nichts, dass das Grundstück in einer gehobenen Wohnlage liegt; denn auch dann hat der Geschäftsverkehr ein Interesse daran, für einen hohen Kaufpreis ein Grundstück ohne Verdacht auf verborgen gebliebene Mängel zu erwerben. Letztlich hat der Sachverständige den merkantilen Minderwert mit 2 % sehr gering angesetzt, so dass der Senat keine Veranlassung hat, dem nicht zu folgen.

Schließlich hat der Sachverständige die von ihm aufgrund der Baukosten und des psychologischen Minderwerts ermittelte Wertminderung einer Plausibilitätsbetrachtung unterzogen, die seine Annahmen trägt. Er hat insoweit eine Analogie zu innerstädtischem Gartenland gezogen, den unbebauten Grundstücksteil mit dem Bodenrichtwert für innerstädtisches Gartenland bewertet und diesen Wert zu dem Ertragswert für den überbauten Grundstücksanteil addiert. Das Ergebnis entspricht in der Größenordnung in etwa dem nach Abzug der geschätzten Beseitigungskosten und des psychologischen Minderwerts ermittelten Verkehrswert.

Somit ist mit dem Sachverständigen von einem Verkehrswert mit den Überresten des Luftschutzbunkers von 904.000,- € auszugehen.

Daraus folgt für die Berechnung des Minderwerts folgendes:

Bei der Berechnung der Minderung ist von dem vereinbarten Kaufpreis auszugehen. Er ist in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Wert der mangelfreien Sache zu dem Wert der mangelhaften Sache steht. Der Wert der mangelhaften Sache (904.000,- €) beträgt gerundet 85 % des Werts der mangelfreien Sache (1.065.000,- €). Der Kläger hat 1.050.000,- € gezahlt. 85 % davon betragen 892.500,- € mit der Folge, dass der Kläger 157.500,- € zu viel gezahlt hat.

Daraus folgt, dass die Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat. Vielmehr ist das Urteil auf die Anschlussberufung des Klägers dahin abzuändern, dass dem Kläger ein Minderungsanspruch in Höhe von 157.500,- € zusteht.

Die Anschlussberufung ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO eingelegt. Soweit der Kläger mit seiner Anschlussberufung seinen Klageantrag hinsichtlich der begehrten Minderung erweitert hat, liegt keine Klageänderung nach § 533 ZPO, sondern eine nicht unter § 533 ZPO fallende (vgl. BGH, NJW 2004, 2152) Klageerweiterung nach § 264 Ziff. 2 ZPO vor, da der Kläger den bisherigen Streitgegenstand nicht durch einen anderen ersetzt, sondern lediglich seinen Klageantrag in der Hauptsache erweitert hat, indem er eine andere Berechnung vorgenommen hat (vgl. dazu Zöller/Greger, a.a.O., § 264 Rn. 3a). Soweit sich der Kläger dabei auf das Privatgutachten SV1 beruft, liegt auch kein neuer Vortrag vor, da der Kläger das Gutachten bereits in erster Instanz zur Untermauerung der Berechtigung seines Anspruchs eingeführt hat. Nach Auffassung des Senats durfte sich der Kläger im Rahmen seiner Anschlussberufung auch im Wesentlichen auf dieses Gutachten beziehen. Zwar kann die einfache Bezugnahme auf ein Privatgutachten die eigene verantwortliche Stellungnahme des Berufungsanwalts zu der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Streitstoffs in dem angefochtenen Urteil nicht ersetzen (BGH, MDR 1963, 438; NJW 1967, 728). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen solchen Fall, in dem sich die Ausführungen lediglich in einem Verweis auf ein Gutachten erschöpfen. Der klägerische Anwalt hat klargestellt, dass das Urteil nur hinsichtlich des zugesprochenen Betrags angegriffen wird, und insoweit angeführt, dass der Kläger seiner Auffassung nach verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er ohne Mangel stünde. Der Anspruch zielt danach auf den Wertunterschied zwischen der mangelhaften und der mangelfreien Sache, den der Kläger anhand des in Bezug genommenen Privatgutachtens SV1 beziffert. Diese Angaben machen in Verbindung mit den vorherigen Ausführungen zur Frage der Mangelhaftigkeit des Grundstücks deutlich, dass sich der Kläger dagegen wendet, den Minderungsbetrag unterhalb der Kosten für die Beseitigung der Bunkerreste anzusetzen. Von daher liegt eine wenn auch sehr knapp gehaltene, so doch nach Auffassung des Senats ausreichende Begründung des mit der Anschlussberufung geltend gemachten Anspruchs vor. Der Kläger musste dabei auch nicht den Inhalt des Privatgutachtens schriftsätzlich wiedergeben. Denn die Höhe der Minderung unterliegt im Wesentlichen der vom Gericht vorzunehmenden Schätzung, so dass das Privatgutachten - ähnlich wie die von der Beklagten vorgelegten Schätzungen und Kostenvoranschläge - damit im Wesentlichen als Arbeitshilfe für das erkennende Gericht bzw. den eingeschalteten Sachverständigen dient. Insofern ist es ausreichend, dass der Kläger das Gutachten schriftsätzlich eingereicht und dargelegt hat, sich die darin enthaltenen Angaben - unter Aufgabe der Beschränkungen der ersten Instanz - zu eigen zu machen.

Soweit der Kläger mit seinem erweiterten Klageantrag zusätzlich zu dem Minderungsanspruch einen Schadensersatzanspruch wegen der für das Gutachten SV1 angefallenen Kosten geltend macht, handelt es sich um eine Klageänderung nach § 533 ZPO, die sachdienlich ist, da sie geeignet ist, die Frage der Kostentragung für ein im Rahmen des Rechtsstreits eingeholtes Privatgutachten im anhängigen Rechtsstreit auszuräumen und einer weiteren Rechtsstreitigkeit vorzubeugen. Zudem ist die Höhe der angefallenen Gutachterkosten von der Beklagten nicht bestritten worden, so dass diese Angaben der Verhandlung und Entscheidung über die Anschlussberufung zugrunde gelegt werden können.

Die Anschlussberufung des Klägers hat auch insoweit teilweise Erfolg, als der Kläger - wie oben dargelegt - gegen die Beklagte einen Minderungsanspruch in Höhe von insgesamt 157.500,- € und damit über den erstinstanzlichen ausgeurteilten Betrag hinaus hat, so dass das Urteil entsprechend abzuändern ist. Zudem hat der Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten für das Privatgutachten des Sachverständigen SV1 in Höhe von 3.023,80 € aus §§ 437 Abs. 1 Ziff. 3, 280 BGB. Der Schädiger hat nämlich die Kosten eines von dem Geschädigten zur Bestimmung der Schadenshöhe eingeholten Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit dieses - wie hier - aus Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (MünchKomm/Oetker, 5. A., § 249 Rn. 371).

Hinsichtlich der Zinsen ist zu differenzieren. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 157.500,- € seit dem 24. März 2007 (Rechtshängigkeit) aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich der erstmals mit der Anschlussberufung geltend gemachten Gutachterkosten sind Zinsen erst ab Rechtshängigkeit der Anschlussberufung, d. h. ab dem 1. Februar 2008, zu zahlen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Zahlung von Zinsen bereits ab dem Tag der Überweisung des Kaufpreises besteht nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da es sich lediglich um die Anwendung des geltenden Rechts und der Rechtsprechung auf einen Einzelfall handelt und die Rechtssache damit keine grundsätzliche Bedeutung hat; zudem erfordert auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 365.539,45 € festgesetzt (Berufung: 105.000,- €; Anschlussberufung: 260.539,45 €).

Ende der Entscheidung

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