Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.10.2006
Aktenzeichen: 16 U 91/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 154
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten den Werklohn für ein Fertighaus nach Kündigung des Vertrages durch die Beklagten unter Abzug ersparter Aufwendungen.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts vom 30. März 2006 Bezug genommen.

Das Landgericht hat in vorgenanntem Urteil die Beklagte zur Zahlung von 22.000,- € nebst 9,5 % Zinsen seit 30. September 2005 verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Werkvertrag sei wirksam zustande gekommen und von den Beklagten ohne wichtigen Grund gekündigt worden. Die Beklagten hätten den Fertighausvertrag am 14. Juni 2003 unterschrieben. Die Klägerin habe das Angebot der Beklagten am 24. Juni 2003 angenommen. Es sei eine Einigung über alle wesentlichen Bestandteile eines Werkvertrages erfolgt.

Die Behauptung der Beklagten, sie hätten keinen Fertighausvertrag unterzeichnen wollen und der Zeuge Z1 habe ihnen gegenüber erklärt, es ginge nicht um einen Vertragsschluss, sondern nur um die Protokollierung unverbindlicher Bauwünsche, sei nicht bewiesen. Der Zeuge Z1 habe das Gegenteil bekundet.

Eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO sei nicht möglich, da ein ausreichender Anfangsbeweis fehle. Auch liege kein Scheingeschäft oder ein geheimer Vorbehalt vor. Auch könnten die Beklagten den Vertrag nicht wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung anfechten, da beides nicht bewiesen sei.

Das Angebot der Beklagten sei auch angenommen worden. Es liege keine Abweichung der Annahme vom Angebot vor. Vielmehr habe die Klägerin das Angebot angenommen mit dem Vorschlag zur Ergänzung des Vertrages. Auch ein offener Einigungsmangel sei nicht gegeben wegen des nicht ausgefüllten Formblatts betreffend die Bauantragsunterlagen beide Parteien hätten bewusst auf das weitere Ausfüllen des Formblattes verzichtet. Auch die Höhe der klägerischen Forderung sei berechtigt.

Gegen dieses den Beklagten am 3. April 2006 zugestellte Urteil haben diese mit einem am 3. Mai 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. Juli 2006 mit einem an diesem Tag eingegangen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung führen die Beklagten aus, das Landgericht habe Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Z1 gehabt. Es hätte deshalb eine Parteivernehmung der Beklagten herbeiführen müssen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft, weil die Äußerungen der Beklagten nach § 141 ZPO nicht berücksichtigt worden seien. Ein Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, weil die Klägerin das Angebot nur unter Änderungen angenommen habe. Außerdem liege ein offener Einigungsmangel vor, weil die Erklärung des Bauherrn zum Bauantrag nicht ausgefüllt worden sei.

Hinsichtlich des zu bebauenden Grundstücks und der Außengestaltung habe noch keine Einigung vorgelegen, weil auch noch gar kein Grundstück vorhanden gewesen sei. Außerdem hätten die Beklagten den Vertrag analog § 312 Abs. 1 BGB wirksam widerrufen. Die Darlegungen der Beklagten zur Höhe des Vergütungsanspruchs seien unzureichend, da sie nur fiktive Rechnungen vorgelegt habe.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Gießen vom 30. März 2006 - 4 O 406/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, die Beklagten seien für ihre Behauptung, mit dem Zeugen Z1 sei vereinbart, dass der Vertrag unverbindlich sei, beweisfällig geblieben. Mangels Anfangsbeweis sei eine Parteivernehmung nicht in Betracht gekommen. Die Anhörung nach § 141 ZPO sei nicht zu würdigen, da diese kein Beweismittel sei. Es liege auch kein Einigungsmangel vor, da das Formblatt "Erklärungen des Bauherrn zum Bauantrag" von den Beklagten nicht ausgefüllt worden sei.

Dieses Formblatt diene nur der Erfassung von Informationen bei Vorhandensein eines Baugrundstücks. Dieses habe aber nicht vorgelegen. Es liege auch keine modifizierte Annahme des Angebots der Beklagten vor, weil die Erklärung "herzlichen Dank für den Kaufentschluss" bedeute, dass das Angebot so wie es gemacht worden sei, angenommen werde. Auch ein Widerruf nach § 312 BGB analog sei nicht möglich, da die Verhandlungen auf Bestellung der Beklagten geführt worden seien.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Das Rechtsmittel der Beklagten erweist sich auch in der Sache als begründet ohne dass es einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung der Beklagten als Partei und einer erneuten Vernehmung des Zeugen Z1 bedarf.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Werklohn gemäß § 649 Satz 2 BGB zu, da ein wirksamer Werkvertrag zwischen den Parteien nicht geschlossen worden ist.

Dabei konnte das Berufungsgericht offen lassen, ob ein Vertrag schon deshalb nicht geschlossen worden ist, weil die Beklagten gar nicht den Willen hatten, einen solchen Fertighausvertrag zu schließen, weil nach dem Klägervortrag der Vertreter der Klägerin, der Zeuge Z1, das Angebot vom 14. Juni 2003 als unverbindlich und bloße Formsache bezeichnet hat. Die Richtigkeit dieser von der Klägerin bestrittenen Behauptung brauchte nicht erneut überprüft zu werden.

Auch konnte offen bleiben, ob das Schreiben der Klägerin vom 24. Juni 2003 die Annahme des Angebots der Klägerin darstellt verbunden mit dem Zusatzangebot, den zustande gekommenen Vertrag zu erweitern, oder ob eine Abweichung der Annahmeerklärung vom Angebot der Beklagten vorlag, was nach § 150 Abs. 2 BGB eine Ablehnung des alten Angebots verbunden mit einem neuen Angebot darstellt. Im letzteren Fall wäre kein wirksamer Vertrag zustande gekommen, da die Beklagten das neue Angebot der Klägerin nicht angenommen haben.

Ein Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses ist bereits deshalb nicht zustande gekommen, weil die Parteien sich nicht über alle Punkte geeinigt haben. Nach § 154 Abs. 1 BGB muss eine Einigung über alle Punkte vorliegen, über die nach Erklärung auch nur einer der Parteien eine Vereinbarung getroffen werden soll. Ob der zu regelnde Punkt wesentlich oder unwesentlich ist, spielt keine Rolle (Amberger/Roth/Eckert BGB § 154 Rdz. 5, Palandt-Heinrichs, § 154 Rdz. 1, Münchener Kommentar, § 154 Rdz. 4 ). Selbst wenn eine Aufzeichnung über die Einigung stattgefunden hat, ist die Einigung über Einzelpunkte nicht bindend (§ 154 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Im vorliegenden Fall sind zahlreiche Punkte im Angebot der Beklagten an die Klägerin vom 14. Juni 2003 offen geblieben. So wurde nicht nur die "Erklärung der Bauherren zum Bauantrag", die nicht nur Name und Anschrift des Bauherrn, sondern auch den Bauort mit Adresse, katastermäßiger Bezeichnung und Grundstücksgröße enthalten soll und auch Angaben über Baumbestand, Ortsatzung und Bebauungsplan sowie die farbliche Gestaltung des Hauses enthalten soll, von den Beklagten nicht ausgefüllt. Auch in den Checklisten 1 - 3, die von den Beklagten mit unterschrieben wurden, sind zahlreiche Details offen geblieben.

Es fehlen die Angabe des Baugrundstücks, auf dem das Fertighaus errichtet werden soll. Auch fehlen Angaben in der Checkliste zum Landhauspaket, zum 3+ Paket, zu den Rollläden, zu Gauben, zu Schornstein und zum Teppichboden. Über all diese Punkte ist eine Einigung nicht erfolgt. Insbesondere das völlige Fehlen von Angaben über das Grundstück, auf dem das Fertighaus errichtet werden soll, bedeutet, dass hierüber eine Einigung nicht getroffen worden ist, obwohl in den Formularen der Klägerin insoweit Angaben verlangt werden. Ohne ein geeignetes Grundstück kann die Leistung der Klägerin nicht erbracht werden.

Die Klägerin schuldet nämlich nicht nur die Lieferung eines Fertighauses, sondern auch die Anpassung dieses Hauses an das jeweilige Grundstück, sofern dies überhaupt möglich ist. Fehlt aber eine Einigung über das Grundstück, auf dem das Haus errichtet werden soll, so ist die Einigung nicht über alle Punkte getroffen worden, über die nach dem Willen auch nur einer Partei eine Vereinbarung erforderlich ist. Dass die Beklagten auch hinsichtlich des Grundstücks, der Farbe der Außengestaltung, der Rollläden und Gauben, des Schornsteins und des Teppichbodens eine Vereinbarung verlangt haben, ergibt sich aus der Erklärung vom 14. Juni 2003, in der diese Rubriken offen ausdrücklich erwähnt sind.

Zwar handelt es sich bei § 154 Abs. 1 BGB nur um eine Auslegungsregel, so dass diese nicht eingreift, wenn sich die Parteien trotz aller offenen Punkte erkennbar vertraglich binden wollten und sich die bestehenden vertraglichen Lücken ausfüllen lassen (BGH NJW 1990, 1234). Diese Voraussetzungen sind aber hier nicht erfüllt, denn eine Lückenausfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung ist bei derart vielen ungeregelten Punkten und insbesondere der fehlenden Einigung über das zu bebauende Grundstück nicht möglich.

Da die Klage erfolglos war, haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO.

Das Gericht sah keinen Anlass die Revision zuzulassen, da Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht zur Entscheidung anstanden und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück