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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.09.1999
Aktenzeichen: 16 W 37/99
Rechtsgebiete: HessPresseG, ZPO
Vorschriften:
HessPresseG § 10 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 3 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
2/3 O 280/99 LG Frankfurt am Main
Entscheidung vom 2.9.1999
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren ...
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am 2. September 1999 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. August 199 (Az.: 2/3 0 280/99) wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 15.000.-- DM.
Gründe
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung auf Abdruck einer Gegendarstellung mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller habe den Abdruck nicht innerhalb der Aktualitätsgrenze begehrt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist nicht begründet.
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Zuleitung der verlangten Gegendarstellung im Sinne von § 10 Abs. 2 S. 2 HessPresseG ohne schuldhaftes Zögern - also unverzüglich - erfolgte. Die Behauptungen, zu denen die Gegendarstellung veröffentlicht werden soll, erschienen in einem Artikel im März-Heft 1997 der Zeitschrift Ö.". Der Antragsteller wußte, daß die Antragsgegnerin zu 1. über seinen "E.-Regulator" berichten wollte. Dies ergibt sich aus seinem Schreiben an die Antragsgegnerin zu 1. vom 28.1.1999, in dem er sich gegen die Bewertung bestimmter Meßergebnisse wandte und dazu ausführte, er sei mit dem Abdruck nicht einverstanden. Nach dem Erscheinen des Artikels kam es zu weiterem Schriftwechsel der Parteien und ihrer Bevollmächtigten, der mit der Zuleitung der begehrten Gegendarstellung durch Schriftsatz vom 28.4.1999 endete. Darin nahmen die erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auf die bisherige Korrespondenz Bezug, und zwar "zuletzt" auf einen Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner vom 29.3.1999. Im Hinblick darauf dürfte davon auszugehen sein, daß der Antragsteller alsbald nach dem Erscheinen des März-Heftes Kenntnis von dem Artikel erhalten hatte. Die Zuleitung der Gegendarstellung erst mit Schriftsatz vom 28.4.1999 dürfte daher verspätet sein. Allerdings ergibt sich aus diesem Schriftsatz auch, daß der Antragsteller persönlich schon vorher den Abdruck einer Gegendarstellung verlangt und die Antragsgegner dies ihm gegenüber abgelehnt hatten. Ob diese Gegendarstellung den formellen Anforderungen entsprochen hat, entzieht sich der Bewertung des Senats, weil die entsprechende Korrespondenz nicht zu den Akten gelangt ist. Letztlich kann die Frage aber auf sich beruhen, weil jedenfalls das weitere Verhalten des Antragstellers - in Verbindung mit den bisher erörterten Umständen einen Gegendarstellungsanspruch ausschließt. Der Antragsteller hat nämlich den Antrag au f Erlaß einer einstweiligen Verfügung erst am 9.8.1999 gestellt, obwohl die Antragsgegner die mit Schriftsatz vom 28.4.1999 verlangte Gegendarstellung schon durch Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 3.5.1999 abgelehnt hatten. Will der Berechtigte seinen Anspruch nicht verlieren, muß er ihn innerhalb angemessener Zeit nach der endgültigen Zurückweisung durch den Verpflichteten gerichtlich geltend machen. Dies folgt aus dem Zweck der Gegendarstellung, sich bei den Lesern der Erstmitteilung Gehör zu verschaffen, solange der Vorgang aktuell ist. Wird diese Grenze überschritten, unterliegt der Anspruch der Verwirkung (OLG Hamburg, AfP 1980, 210; Löffler/Sedelmeier, Presserecht, § 11 LPG, Rn. 204; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rn. 11.209; Soehring, NJW 1994, 16 ff., 22). Für den Beginn dieser Frist kommt es nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme, sondern auf den Tag des Erscheinens des Druckwerks an, weil es sich insoweit um eine objektive Frist handelt (Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl., Rn. 152). Ein Zeitraum von fünf Monaten (Anfang März 1999 bis 9.8.1999) überschreitet die Aktualitätsgrenze auch unter Berücksichtigung der monatlichen Erscheinungsweise der Zeitschrift Ö." deutlich.
Der Antragsteller kann sich in dem Zusammenhang nicht darauf berufen, daß er gegen die Antragsgegner Klage zum Landgericht Mosbach mit dem Antrag erhoben hatte, diese zum Abdruck der auch im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren begehrten Gegendarstellung zu verpflichten. Das Landgericht Mosbach war offensichtlich örtlich unzuständig, weil der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung 32 ZPO) für Verfahren, in denen ein Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung geltend gemacht wird, nach allgemeiner Meinung nicht gilt (OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1986, 606; Löffler/Sedelmeier, a.a.O., § 11 LPG, Rn. 192; Wenzel a.a.O., Rn. 11.217). Demgemäß hat der Antragsteller seine Klage auch zurückgenommen. Die Rechtsverfolgung durch Klage war zudem deshalb nicht erfolgversprechend, weil das Klageverfahren zur Durchsetzung des Gegendarstellungsanspruchs in Baden-Württemberg nicht zulässig ist (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 3. Aufl., S. 1601 Löffler/Sedelmeier, a.a.O., § 11 LPG, Rn. 186; Seitz/Schmidt/Schoener, a.a.O., Rn. 567 f.). Leitet aber der Berechtigte ein gerichtliches Verfahren ein, das zur Durchsetzung des Anspruchs auf Abdruck einer Gegendarstellung von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, muß er sich bei Beurteilung der Frage, ob die Aktualitätsgrenze gewahrt ist, so behandeln lassen, wie wenn er überhaupt untätig geblieben wäre.
Andererseits bleibt die Erhebung einer Klage, auch wenn sie aussichtslos war, insofern von Bedeutung, als sie die spätere Geltendmachung desselben Anspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung grundsätzlich ausschließt. Denn es stellt eine Form der Selbstbindung dar, wenn der Berechtigte durch Klageerhebung zum Ausdruck bringt, daß er die Durchsetzung seines Anspruchs nicht für so dringlich erachtet, um ihn im Eilverfahren titulieren zu lassen. Wird die Klage zurückgenommen, lebt das Interesse am einstweiligen Rechtsschutz nicht ohne weiteres von selbst wieder auf. Auch dieser Umstand ist bei Beurteilung der Frage, ob der Gegendarstellungsanspruch verwirkt ist, zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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