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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 23.10.2000
Aktenzeichen: 16 W 40/2000
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 927
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 93
Sofortiges Anerkenntnis des Antrags auf Aufhebung einer einstweiligen Verfügung
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

16 W 40/2000

2/3 O 141/00 LG Frankfurt am Main

Entscheidung vom 23.10.2000

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren ...

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... am 23. Oktober 2000 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2000 (Az.: 2/3 0 141/2000) wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 1.500.-- DM.

Der Gegenstandswert des Aufhebungsverfahrens wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 2000 anderweitig auf 20.000.-- DM festgesetzt.

Gründe

1. Der Antragsteller hatte die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 28.2.2000 erwirkt, durch die der Antragsgegnerin untersagt wurde, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder zu verbreiten, der Antragsteller habe sich für die Auseinandersetzung seines Bruders in ... im Internet entschuldigt. Der weitergehende Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen; die Kosten des Eilverfahrens wurden dem Antragsteller zu 7/8, der Antragsgegnerin zu 1/8 auferlegt. Die Untersagungsverfügung wurde den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 29.2.2000 zugestellt. Eine Zustellung an die Antragsgegnerin durch den Antragsteller unterblieb.

Mit Schriftsatz vom 12.7.2000 stellte die Antragsgegnerin den Antrag, die einstweilige Verfügung vom 28.2.2000 gemäß § 927 ZPO aufzuheben. Dieser Schriftsatz wurde dem Antragsteller zusammen mit der Ladung zu dem vom Landgericht anberaumten Verhandlungstermin am 24.7.2000 zugestellt. Mit Schreiben vom 25.7.2000 übersandte der Antragsteller der Antragsgegnerin die Ausfertigung des Beschlusses vom 28.2.2000 und teilte ihr mit, daß er auf die sich aus der einstweiligen Verfügung ergebenden Rechte verzichte. Daraufhin haben die Parteien das Aufhebungsverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Durch den angefochtenen Beschluß, auf den wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Kosten des Aufhebungsverfahrens der Antragsgegnerin auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mit dem Antrag, in Abänderung des - nicht förmlich zugestellten landgerichtlichen Beschlusses die Kosten des Aufhebungsverfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen. 2. Die statthafte (§ 91 a Abs. 2 ZPO) und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Zutreffend hat das Landgericht im Rahmen der nach § 91 a Abs. 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung auf § 93 ZPO abgestellt, der im Aufhebungsverfahren zumindest analog anwendbar ist, und danach die Kosten der Antragsgegnerin auferlegt, weil der Antragsteller durch sein Verhalten zu dem Aufhebungsverfahren keinen Anlaß gegeben und nach Antragstellung durch die Antragsgegnerin auf seine Rechte aus der einstweiligen Verfügung sofort verzichtet hat (OLG Frankfurt 6. Zivilsenat, Rpfleger 1982, 76 = JurBüro 1982, 1266; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 927 Rn. 12 m.w.N.).

Der Anwendung des § 93 ZPO steht nicht entgegen, daß die einstweilige Verfügung ohne die übereinstimmenden Erledigterklärungen wegen Versäumung der Vollziehungsfrist aufzuheben gewesen wäre. Wird diese Frist versäumt, kann hieraus nicht ohne weiteres entnommen werden, es habe von Anfang an kein Bedürfnis für die einstweilige Verfügung bestanden, diese sei daher zu Unrecht ergangen. Denn das Gläubigerinteresse kann durch Zeitablauf oder aus sonstigen Gründen inzwischen weggefallen sein. Grundsätzlich muß es deshalb dem Gläubiger überlassen bleiben, ohne Kostenrisiko von der Vollziehung auch einer zu Recht ergangenen einstweiligen Verfügung Abstand zu nehmen. Anderenfalls wäre es dem Schuldner möglich, die Kosten des Anordnungsverfahrens über den Umweg über § 927 ZPO nachträglich wieder hereinzuholen, obwohl die einstweilige Verfügung begründet war (so mit Recht OLG Frankfurt a.a.0.). Hieraus folgt:, daß der Schuldner zur Vermeidung des Kostenrisikos den Gläubiger grundsätzlich zunächst abmahnen muß, auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten, wenn er nach Versäumung der Vollziehungsfrist das Aufhebungsverfahren einleiten will.

Der Antragsteller hat nach Zustellung des Schriftsatzes vom 12.7.2000 am 24.7. 2000 bereits mit Schreiben vom folgenden Tag auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet und der Antragsgegnerin die vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses vom 28.2.2000 überlassen. Darin liegt ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § ZPO. Der Antragsteller hat auch keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, er werde - trotz der auf der Hand liegenden Versäumung der Vollziehun5sfrist und der damit ersichtlich nicht mehr gegebenen Vollziehbarkeit der einstweiligen Verfügung weiterhin von ihr Gebrauch machen. Die Auffassung der Antragsgegnerin, sie habe hiervon deshalb ausgehen müssen, weil der Antragsteller "gelassen zugesehen" habe, wie sie durch die Kostenrechnung vom 5.5.2000 "überzogen" worden sei, und einer Abmahnung habe des daher nicht bedurft, geht fehl. Der Antragsgegnerin waren im Beschluß vom 28.2.2000 die Kosten des Anordnungsverfahrens zu 1/8 auferlegt worden. Dementsprechend wurden ihr als Kostenschuldnerin (§ 54 Nr. 1 GKG) 89,38 DM in Rechnung gestellt. Der Antragsteller hatte keine Möglichkeit, diese gesetzliche Folge abzuwenden. Wenn er "die vollstreckbare Ausfertigung sofort begeben" hätte - womit die Antragsgegnerin wohl ausdrücken will, daß er die Ausfertigung der Gerichtskasse hätte übersenden sollen -, hätte sich dadurch an der Kostenentscheidung vom 28.2.2000 nichts geändert, so daß die Gerichtskasse weiterhin verpflichtet geblieben wäre, die entstandenen Gerichtskosten von der Kostenschuldnerin anzufordern. Durch Übersendung der Beschlußausfertigung an die Gerichtskasse wäre also keineswegs verhindert worden, daß - wie es in der Beschwerdeschrift weiter heißt - die Kostenrechnung "der Antragsgegnerin überhaupt jemals zuging" .

Hat der Antragsteller somit den Antrag nach § 927 ZPO sofort anerkannt und keine Veranlassung für das Aufhebungsverfahren gegeben, entspricht es billigem Ermessen, der Antragsgegnerin insoweit die Kosten aufzuerlegen (§ 91 a Abs. 1 ZPO).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO; er entspricht den im Streit befindlichen Kosten (nur Gerichtskosten gemäß KV 1310, vgl. § 40 Abs. 2 BRAGO). Hierbei hält es der Senat für angezeigt, von Amts wegen den Gegenstandswert des Aufhebungsverfahrens anderweitig auf 20.000.-- DM festzusetzen (§ 25 Abs. 2 S. 2 GKG). Da es nämlich nur noch eine der acht im Antrag auf Erlaß einer einstweilig en Verfügung aufgeführten Äußerungen betraf und das Landgericht den Gegenstandswert des Anordnungsverfahrens auf insgesamt 60.000.- DM festgesetzt hat, ist es nicht gerechtfertigt, den Wert des Aufhebungsverfahrens, wie im Beschluß vom 25.9.2000 geschehen, ebenfalls auf 60.000.-- DM zu bemessen. Vielmehr ist eine deutliche Reduzierung vorzunehmen.

Ende der Entscheidung

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