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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.12.2000
Aktenzeichen: 16 W 47/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 326 | |
BGB § 558 | |
ZPO § 42 Abs. 2 | |
ZPO § 139 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 3 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
2/23 O 262/00 LG Frankfurt am Main
Entscheidung vom 13.12.2000
In dem Rechtsstreit ...
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... am 13. Dezember 2000 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. November 2000 (Az.: 2/23 0 262/00) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 11.000.-- DM.
Gründe
Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Richter am Landgericht N. im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die Tatsache, daß der abgelehnte Richter den Parteien mit Schreiben vom 11.9.2000 den Hinweis erteilt habe, nach dem derzeitigen Akteninhalt seien Schadensersatzansprüche nach 558 BGB verjährt, rechtfertige nicht die Besorgnis der Befangenheit. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluß des Landgerichts vom 1.11.2000 Bezug genommen (Bl. 160-163 d.A.).
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten ob ein richterlicher Hinweis auf die Verjährungseinrede grundsätzlich geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Während früher überwiegend die Auffassung vertreten wurde, aus der maßgeblichen Sicht der Partei gebe ein richterlicher Hinweis auf die Möglichkeit, die Verjährungseinrede zu erheben, in der Regel einen auch objektiv vernünftigen Grund zu der Befürchtung, der Richter mache sich zum Sachwalter der Gegenpartei und wolle sie begünstigen, was insbesondere dann zu gelten habe, wenn die Gegenpartei anwaltlich vertreten und damit rechtlich schon beraten sei (so etwa OLG Bremen, NJW 1986, 999; OLG Hamburg, NJW 1984, 2710), wird die Problematik heute differenzierter gesehen.. Der Bundesgerichtshof weist mit Recht darauf hin, daß sich derzeit eine herrschende Meinung kaum noch ausmachen lasse (BGH NJW 1998, 612). Ebenso kontrovers wird die davon zu unterscheidende Frage erörtert, ob im Rahmen von § 139 ZPO auf das Bestehen einer Einrede hingewiesen werden darf (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 42, Rn. 11; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 42, Rn. 27; Feiber, in: MünchKomm-ZPO, § 42, Rn. 33). Beide Fragen bedürfen hier jedoch keiner grundsätzlichen Klärung. Denn auf jeden Fall ist die Rechtsauffassung, § 139 ZPO berechtigte dazu, die Parteien darauf aufmerksam zu machen, daß ein Einrederecht verfügbar sei, zumindest gut vertretbar. Das allein schließt es aber bereits aus, eine derartige richterliche Handlung als Befangenheitsgrund zu werten. Übt der Richter seine Befugnisse nämlich in Übereinstimmung mit einer keineswegs abwegigen sondern vielfach geäußerten Rechtsmeinung aus, mag diese auch eine Mindermeinung sein, so handelt er nicht willkürlich. Der bloße Hinweis auf Verjährung begründet deshalb nicht die Besorgnis der Befangenheit. Anders ist es nur, wenn der Richter die Partei regelrecht bedrängt, das Einrederecht auszuüben, oder ihr einen entsprechenden Ratschlag gibt (Feiber, a.a.O.; vgl. auch BGH a.a.O.; OLG Köln, NJW-RR 1990, 192; Stein/Jonas/Bork, a.a.O., Rn. 11, Fußnote 58; Baumbach- Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 59. Auf!., § 42, Rn. 38, 39).
Im vorliegenden Fall hat der Richter in seinem Schreiben vom 11.9.2000 "zur Vorbereitung des Termins" der mündlichen Verhandlung folgendes ausgeführt:
"Die Schadensersatzansprüche des Klägers aus § 326 BGB dürften nach dem bisherigen Akteninhalt gemäß § 558 BGB verjährt sein. Denn das Mietverhältnis endete bereits zum 31.5.1999. Danach dürften die Schadensersatzansprüche am 30.11.1999 - spätestens am 31.5.2000 verjährt sein. Die Beklagten erhalten Gelegenheit, binnen 3 Wochen zu erklären, ob sie die Einrede der Verjährung erheben oder darauf verzichten".
Hiermit ist der Richter über einen bloßen Hinweis auf die Möglichkeit der Verjährungseinrede nicht hinausgegangen. Zwar mag es im allgemeinen untunlich sein, der einredeberechtigten Partei eine Erklärungsfrist zu setzen. Dies erfolgte hier aber erkennbar "zur Vorbereitung des Termins" und stellte sich aus der objektiven Sicht des Klägers noch nicht als ein Ratschlag, die Einrede zu erheben, oder gar als ein Bedrängen der Beklagten dar. Unter diesen Umständen war das Verhalten des abgelehnten Richters bei vernünftiger Betrachtung auch vom Standpunkt des Klägers aus gesehen nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, insbesondere die Befürchtung zu begründen, der Richter werde - nach zwischenzeitlicher Ausübung der Einrede durch die Beklagte - das ausführliche Vorbringen des Klägers, Verjährung sei nicht eingetreten, nicht mehr mit der gebotenen Unparteilichkeit würdigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO (rund 1/3 der Hauptsache, vgl. Zöller/Herget, § 3, Rn. 16 m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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