Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: 17 U 116/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 635
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Mit Vertrag vom 17.10.1998 erwarben die Kläger von der Beklagten ein mit einem Reihenhaus zu bebauendes Grundstück in O1, A-straße ... Das Haus ist im Auftrag der Beklagten von der Streithelferin zu 1) errichtet und von der Streithelferin zu 2) geplant worden. Der Streithelfer zu 3) ist als Bodengutachter tätig gewesen. Die Übergabe des Hauses fand am 22.01.1999 statt. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass die Abdichtung des Kellergeschosses fehlerhaft war. Es kam mehrfach zu Wassereinbrüchen durch drückendes Wasser. Die Beklagte ließ wiederholt Abdichtungsarbeiten durch Verpressungen ausführen.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2001 haben die Kläger sowie weitere Bauherren der Reihenhäuser in dem Wohnpark A-straße, B-straße, ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Hanau (Az: 7 OH 7/2001) eingeleitet. Nach Erhalt des von der Sachverständigen Universitätsprofessorin SV1 erstatteten Gutachtens vom 24. August 2001 hatten die Kläger die Zahlung der ausstehenden letzten Rate über 30.000,-- DM abgelehnt und der Beklagten eine Frist mit Ablehnungsandrohung für eine ordnungsgemäße Abdichtung des Hauses gesetzt. Mit der Klage verlangen sie von der Beklagten Schadensersatz in Verbindung mit einer Rückabwicklung des Vertrages.

Die Kläger haben behauptet, die Abdichtung des Kellergeschosses sei fehlerhaft. Die mittlerweile durch Verpressungen eingebrachte Innenabdichtung werde der Grundwasserproblematik nicht gerecht. Die von der Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Maßnahmen zur sicheren Abdichtung des Kellers gegen sich aufstauendes, drückendes Wasser seien nicht durchgeführt worden. Auch wenn in dem Keller seit Beendigung der letzten Verpressarbeiten im Juni 2002 keinerlei Feuchtigkeit mehr wahrgenommen worden sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei steigenden Wasserständen, wie sie nach Abnahme des Hauses zu verzeichnen gewesen seien, wieder Feuchtigkeit in den Keller eintrete.

Die Kläger haben ihren Schaden auf 298.935,60 ? beziffert.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 298.935,60 ? nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz seit dem 24.01.2002 Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung des Anwesens A-straße ... in O1 sowie gegen Zustimmung zur Löschung der Vormerkung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, in den Verpressarbeiten sei eine ordnungsgemäße Nachbesserung zu sehen.

Die Streithelfer zu 1) und 2) der Beklagten haben geltend gemacht, das Gutachten der Sachverständigen in dem selbständigen Beweisverfahren weise gravierende Mängel auf. Die Verpressung sei für die Kläger zumutbar und habe zur Dichtigkeit des Kellergeschosses geführt. Die Kläger verkennten, dass die Wahl der Mängelbeseitigung ausschließlich ihr, der Beklagten, zustehe.

Der Streithelfer zu 3) hat sich dem Klageabweisungsantrag der Beklagten ebenfalls angeschlossen und die Auffassung vertreten, durch die Verpressungen seien vorhandene Mängel beseitigt worden.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach aus dem Gesichtspunkt des § 635 BGB a. F. stattgegeben. Dabei hat sich das Landgericht auf das zweifach ergänzte Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. SV 1 in dem Beweissicherungsverfahren bezogen. Bei Verzicht auf eine Drainage hätte jedenfalls eine Abdichtung des Kellergeschosses als weiße oder schwarze Wanne erfolgen müssen. Das hergestellte Werk sei mangelhaft, weil die Beklagte eine ungeeignete Form der Abdichtung gewählt habe. Die Kläger hätten aber ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung, auch für den Fall des Verkaufs des Hauses. Wegen des berechtigten Interesses der Kläger an einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung verstoße es auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn hier ein "großer Schadensersatzanspruch" geltend gemacht werde.

Gegen dieses Urteil haben die Streithelfer zu 1) und 2) form- und fristgerecht Berufung eingelegt, der die Beklagte ausdrücklich nicht widersprochen hat.

Die Streithelferin zu 1), die das Haus der Klägerin tatsächlich gebaut hat, beruft sich vor allem darauf, dass entsprechend dem von ihr eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen Feld vom 20.02.2003 auf S. 10 ausgeführt wurde, dass das Bauvorhaben ordnungsgemäß geplant worden sei. Die ausgeführte Konstruktion bilde im übrigen de facto eine "weiße" Wanne, die in einigen Merkmalen zwar nicht den vollen Anforderungen einer weißen Wanne entspreche, in der ausgeführten Form jedoch funktional weit über dem liege, was bei einer Beanspruchung mit nicht drückendem Wasser gefordert werde. Falls wirklich Planungsfehler vorgelegen hätten, seien diese inzwischen erfolgreich beseitigt worden.

Die Streithelferin zu 2) ist der Auffassung, dass ein Zwischenurteil in dieser Sache in Anbetracht der Regelung in § 12 Abs. 2 des notariellen Kaufvertrages zwischen den Parteien nicht zulässig sei. Danach sei ein Wandlungsrecht gemäß § 635 BGB grundsätzlich ausgeschlossen. Die Feststellungen der Sachverständigen seien im übrigen mangelhaft, so dass ein neues Sachverständigengutachten einzuholen sei.

Die Streithelfer beantragen, unter Abänderung des Zwischenurteils des Landgerichts Hanau vom 22.02.2006 die Klage abzuweisen.

Die Beklagte widerspricht diesem Antrag ausdrücklich nicht.

Die Kläger beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien und der Streithelfer wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat ein von der Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. SV 1 für einen Parallelrechtstreit bei dem Landgericht Hanau -9 O 1529/05- erstattetes Gutachten beigezogen. Dieses Gutachten betrifft das Haus A-straße ..., ein Nachbarhaus der Kläger und beurteilt die Frage, ob die Verpressarbeiten der Beklagten zu einer fachgerechten und vollständigen Mängelbeseitigung geführt haben, insbesondere, ob die Verpressarbeiten geeignet sind, den dauerhaften Eintritt von Feuchtigkeit in den Keller zu vermeiden. Die Kläger waren ausweislich des Gutachtens bei der Begutachtung als Beteiligte ebenso wie die übrigen Parteien des Rechtsstreits anwesend bzw. vertreten. Die Sachverständige Prof. Dr. SV 1 hat im übrigen dieses Gutachten und die in dem Beweissicherungsverfahren 7 OH 7/01 LG Hanau abgefassten Gutachten mündlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert. Die Beweissicherungsakte 7 OH 7/01 LG Hanau lag vor und war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufungen der Streithelfer sind der Beklagten zuzurechnen. Sie ist durch die Rechtsmittel, denen sie nicht widersprochen hat, in die Rolle der Rechtsmittelklägerin gebracht worden (vgl. Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 511 Rdnr. 24).

Die Berufung ist indessen nicht begründet. Mit Recht hat das Landgericht Hanau die Beklagte dem Grunde nach zu dem sogenannten großen Schadensersatz verurteilt. Dem steht die Fassung des § 12 Abs. 2 des notariellen Kaufvertrages nicht entgegen. Mit Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass ein Haftungsausschluss für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 635 a. F. nicht ausdrücklich vereinbart worden ist.

Das von der Beklagten hergestellte Werk ist mangelhaft. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. SV 1 in dem selbständigen Beweisverfahren sowie aus dem Gutachten in dem Rechtsstreit beim Landgericht Hanau 9 O 1529/05 vom 4. September 2007 i. V. m. dem in dem Beweissicherungsverfahren in Ergänzung des Gutachtens der Sachverständigen vom 24. 08.2001 erstattenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. SV 2 zu geotechnischen Fragestellungen vom 22.12.2002 (Bl. 492 ff. in der Beweissicherungsakte). Der Bodengutachter kommt in seinem ausführlichem Gutachten zu dem abschließenden Ergebnis, dass in Anbetracht der vorgefundenen geologischen Verhältnisse eine Abdichtung gegen drückendes Wasser der Reihenhäuser bzw. Doppelhäuser in dem Wohnpark A-straße in O1 aufgrund der vorgefundenen Bodenverhältnisse nach DIN 18195 Teil 6 geboten gewesen wäre. Teil 6 der genannten DIN-Vorschrift regelt die Abdichtung gegen von außen drückendes Wasser. Die in Teil 6 geforderte Ausführung der Abdichtung muss als geschlossene Wanne erfolgen, um von außen anstehendes Wasser am Eindringen zu hindern. Die vorgefundenen Bodenverhältnisse entsprächen dem Lastfall "drückendes Wasser" nach DIN 18195, Teil 6 (August 1983). Konstruktiv war aufstauendes Sickerwasser nach den Bodenverhältnissen zu berücksichtigen. Durch dieses Gutachten zu geotechnischen Fragestellungen werden die Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. SV 1 in ihren sämtlichen Gutachten, die sie dem Senat überzeugend erläutert hat, bestätigt. Danach ist in dem Planungsgebiet zeitweise mit aufstauendem Wasser zu rechnen. Entsprechend hätte eine Abdichtung gegen drückendes Wasser geplant und gebaut werden müssen. Dies ist nicht geschehen und wird auch weiterhin von der Beklagten nicht für notwendig gehalten. Der Beklagten ist eindeutig entgegenzuhalten, dass die von ihr vorgenommenen Verpressarbeiten keine Sicherheit dafür bieten, dass bei entsprechenden Wasserständen, wie sie z.B. am 07.04.2001 mit 0,93 m über Unterkante Bodenplatte gemessen wurden, es wieder zu Wassereinbrüchen und Feuchtigkeit in den Kellern kommen kann. Bei dem Nachbarhaus der Kläger A-straße ... ist es nach zwischenzeitlicher Trockenheit des Kellers auch wieder zu Feuchtigkeitseinbrüchen gekommen. Dies ist nach den Ausführungen der Sachverständigen in Anbetracht der nur 15 cm dicken Bodenplatte, die über keine hinreichende rissebeschränkende Bewehrung verfügt, nicht verwunderlich. Da nicht abzusehen ist, wie sich die Boden- und Wasserverhältnisse in dem Planungsgebiet entwickeln, kann drückendes Wasser mit entsprechendem Wasserstand nach Einschätzung der Sachverständigen durchaus wieder eintreten. Die durchgeführten Verpressarbeiten sind keine hinreichend nachhaltige Maßnahme gegen solch drückendes Wasser. Denn es kann nicht überprüft werden, ob jegliche Hohlstellen unter der Bodenplatte von diesen Arbeiten erfasst wurden. In Anbetracht der zu dünn ausgeführten Bodenplatte ist bei drückendem Wasser ohne weitere nachhaltigen Abdichtungsmaßnahmen wie etwa eine schwarze oder weiße Wanne nach allem wieder mit eindringender Feuchtigkeit in den Kellerbereich bei dem Haus der Kläger zu rechnen.

Die Kläger mussten sich unter diesen Umständen nicht auf die Verpressarbeiten als geeignete Maßnahme zur Mängelbeseitigung einlassen. Der mit der Fristsetzung seitens der Kläger verbundenen Aufforderung, ihr Haus sachgerecht abzudichten, ist die Beklagte nicht nachgekommen. Unter diesen Umständen brauchten die Kläger weitere Sanierungsversuche der Beklagten auf der Basis von Verpressarbeiten nicht zu dulden. Das Landgericht hat vielmehr mit Recht aus § 635 BGB a. F. einen Anspruch der Kläger auf den sogenannten großen Schadensersatz hergeleitet.

Nachdem beide Parteivertreter dies ausdrücklich beantragt haben und der Rechtsstreit insoweit nicht entscheidungsreif ist , war die Sache wegen der Entscheidung zur Höhe der Ansprüche der Kläger an das Landgericht Hanau zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück