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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.04.2004
Aktenzeichen: 17 U 4/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 323
BGB § 326
BGB § 346
BGB § 434
BGB § 437
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von der Darstellung eines Tatbestands wird gem. § 540 II ZPO i. V. m. § 313 a ZPO abgesehen.

Die zulässige, weil form- und fristgerechte eingelegte und begründete Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Folge, dass ihr die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme des Pferdes P1, sowie ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung der Einzelrichterin fest, dass die Beschaffenheit des der Klägerin übereigneten Pferdes als Springpferd mit Turniereignung bis Klasse M vertraglich vereinbart war oder diese Verwendung nach dem Vertrag vorausgesetzt war, §§ 434, 437 Nr. 2 und 3, 326 V, 323, 346 BGB.

Dabei ist die Beschaffenheit vereinbart, wenn der Inhalt des Kaufvertrags von vornherein die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist. Zwar hat die Zeugin Z1 in erster wie in zweiter Instanz bekundet, es sei darüber gesprochen worden, ob das Pferd Klasse M springen könne, was der Geschäftsführer der Beklagten bejaht habe und auch der Zeuge Z3 bekundete in erster wie in zweiter Instanz, beim Ausprobieren des Pferdes habe der Geschäftsführer der Beklagten geäußert, das Tier sei in jedem Fall für M-Springen geeignet, wobei beide Zeugen auf Befragen der Einzelrichterin bekundeten, es sei gesagt worden, das Pferd könne sofort eingesetzt werden. Allerdings haben beide vorgenannte Zeugen die Vertragsverhandlungen mit dem Geschäftsführer der Beklagten nicht geführt. Die Zeugin Z1, für die das Pferd letztendlich bestimmt war und die mit dem Pferd bis zur Turnierklasse M vordringen wollte bekundete, dass sie das Pferd vor Vertragsschluss ausprobierte und zwei Sprünge mit dem Pferd unternahm, bei den Vertragsverhandlungen aber daneben stand. Der Zeuge Z3 hat nach seiner glaubhaften Bekundung zwar auch Fragen an den Geschäftsführer der Beklagten gestellt, aber ebenfalls die eigentlichen Vertragsverhandlungen nicht geführt, sondern das war nach dem Bekunden der Zeugin Z1 wie nach dem eigenen Bekunden der Zeuge Z2, der Ehemann der Klägerin. Seine Aussage ist gegenüber den Zeugenaussagen der Z1 und des Z3 wesentlicher detailreicher, weil er den gesamten Kontext mitgeteilt hat, in dessen Rahmen über die Leistungsmerkmale des Pferdes gesprochen worden ist. Der Zeuge Z2 bekundete ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 16.10.2003, der Geschäftsführer der Beklagten habe geäußert, die Stute sei bislang von Kindern dressurmäßig geritten worden, wenn man es langsam mit ihr anfange, sei sie aber durchaus in der Lage, eine Klasse L oder auch M zu springen. Diese seine Aussage hat der Zeuge Z2 bei seiner Vernehmung in zweiter Instanz wiederholt und bekundete, der Geschäftsführer der Beklagten habe geäußert, aufgrund der Veranlagung des Pferdes würde es bei Förderung gehen, bis M zu springen gehen.

Dieser Zeugenaussage zur Folge war die Sollbeschaffenheit bei Übergabe und Übereignung des Pferdes aber dann gerade nicht "Springpferd der Klasse M", sondern die Möglichkeit von der Veranlagung des Tieres her, derartiges durch entsprechendes Training zu erreichen. Bestätigt wird diese Zeugenaussage auch durch das Schreiben des Zeugen Z2 vom 17.02.2003 (Bl. 8 d. A.) wonach während des Verkaufsgespräches versichert worden sei, das Pferd sei bislang nur von Kindern dressurmäßig geritten, könne jedoch im Springsport bis Klasse M eingesetzt werden.

Es ist nicht ersichtlich, dass von der Veranlagung des Pferdes her von vornherein ausgeschlossen war, dass das Pferd bei entsprechendem Training als Springpferd der Klasse M vollkommen ungeeignet war. Bereits der Zeitraum zwischen Übergabe am 10.07.2002 und Rücktrittserklärung 29..09.2002 scheint schon sehr kurz. Das Pferd wurde bereits am 31.08.2002 zur ersten Teilnahme Stilspringen A - also nicht Einsteiger, sondern bereits Anfänger - eingesetzt. Wie es bis dahin geschult wurde, ist nicht im einzelnen dargelegt. Auf Befragen hat die Zeugin Z1 bekundet, dass beim Ausprobieren bei der Beklagten schlapp wirkende Pferd sei bei ihr alsbald hektisch im Sinne von schreckhaft und nervig gewesen. Das Trainingsverhalten habe von Anfang an zu wünschen gelassen. Der Zeuge Z2 bekundete, dass das Pferd zwei bis drei Tage nach der Übergabe nervös wurde, von der Tochter dressurmäßig geritten wurde und bei den Sprüngen immer schlechter wurde. Demgegenüber bleibt festzuhalten, dass das Pferd beim Probereiten Hindernisse von 1 m Höhe überwunden hat und auch Turniererfahrung hatte, wenn sich diese Turniererfahrung auch nur darauf bezog, dass es bislang von Kindern in Dressurprüfungen vorgestellt wurde. Wenn das Pferd aber nach dem glaubhaften Zeugenaussagen dann am 31.08.2002 nur mit Einsatz massiver Reiterhilfen und auch nur unter panischer Angst die Hindernisse "hüpfend wie ein Hase" bewältigte, ist nicht von der Hand zu weisen, dass hier in der Zwischenzeit mit dem Pferd etwas passiert ist. Da der zukünftige Sporterfolg eines nicht ausgebildeten Pferdes vom Training und um dem Zusammenspiel Reiter/Pferd abhängt, spricht aber auch gar nichts dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten hier hinsichtlich der abgegebenen Prognose etwas Falsches oder gar wissentlich falsches erklärt hätte. Die Klägerin hat hier jedenfalls sehenden Auges kein fertig ausgebildetes Springpferd erworben, sondern lediglich ein Pferd, das von seiner Veranlagung die Möglichkeit entsprechender Ausbildung bot. Aus diesem Grund lässt sich auch nicht feststellen, dass hier ein Fall des § 434 I S. 2 Nr. 1 BGB vorliegt, sich das Pferd also für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht eignete. Zwar ist bei dem Vertragsverhandlungen zum Ausdruck gekommen, dass die Klägerin ein Pferd erwerben wollte, das in der Lage sein soll, Turnierspringen bis Klasse M zu bewältigen. Sie hat sich aber darauf eingelassen, ein Pferd zu erwerben, das zu diesem Zweck nicht ausgebildet war und nur die Chance bot, bei entsprechender Ausbildung dieses Ziel zu erreichen. Dass diese Chance von Anfang an nicht gegeben war, ist nicht erkennbar. Hier greift auch der Haftungsausschluss gem. § 3 des Kaufvertrages ein, denn eine Beschaffenheitsgarantie ist nicht erkennbar, ebenso wenig ein arglistiges Verschweigen eines Mangels, § 444 BGB.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine "Rücknahmegarantie" stützen. Soweit der Geschäftsführer der Beklagten beim Verladen eine Äußerung abgab, wenn es Probleme gäbe, nehme er die Stute zurück, war dies ohnehin zu spät, weil der Vertrag bereits abgeschlossen war und nicht angenommen werden kann, dass noch nach Vertragsabschluss hier ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht nachgeschoben werden sollte.

Zwar haben die Zeugen bekundet, der Geschäftsführer der Beklagten habe beim Ausprobieren bereits erklärt, wenn es schief ginge, nehme er die Stute zurück - so der Zeuge Z2 bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung - und wenn etwas nicht stimme mit dem Tier, könnte sie zurück gebracht werden - so der Zeuge Z3 bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung, was in zweiter Instanz wiederhol wurde. Insbesondere der Zeuge Z2 bekundete, der Geschäftsführer der Beklagten habe geäußert, wenn sie nicht zurechtkämen, nehme er das Pferd zurück. Derartige - vom Geschäftsführer der Beklagten bei seiner informatorischen Anhörung bestrittene - Erklärungen vermögen aber ein vertragliches Rücktrittsrecht nicht zu begründen. Über die Konditionen einer solchen Rücknahme bestehen überhaupt keine Klarheiten und ist auch nichts ausgehandelt worden. So begründete der Zeuge Z2 ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 16. Oktober 2003 auch, dass er gar keine Vorstellungen gehabt habe, wie eine solche Rückabwicklung bzw. Rücknahme hätte vonstatten gehen sollen - etwa durch aussuchen eines anderen Pferdes pp. - denn früher sei er sich mit Herrn Z4 immer noch einig geworden. Danach können solche Äußerungen - so sie denn gefallen sind - lediglich eine Verhandlungsbereitschaft über eine etwaige Rücknahme signalisieren in dem Sinne, dass man dann zu sehen werde, aber kein 100%-iges Rückgaberecht.

Schließlich kann auch von einer Vereinbarung der Rückabwicklung aufgrund des Rücktrittsverlangens der Klägerin, ausgesprochen durch den Zeugen Z2, nicht die Rede sein. Zwar haben die Zeugen dazu bekundet, auf entsprechende Telefonate habe der Geschäftsführer der Beklagten erklärt, er nehme das Pferd zurück - er habe nur keinen Platz dafür. Aus den Zeugenaussagen ergibt sich aber auch und gerade, dass er mit der Begründung, er habe keinen Platz, das Pferd gerade nicht zurück nehmen wollte, sondern verschiedene Gründe angab, warum er das Pferd nicht zurücknehmen könne und auch, dass er es an andere Verkäufer vermitteln wollte. Das kann aber nur bedeuten, dass der Geschäftsführer der Beklagten lediglich eine Bereitschaft signalisierte, der Klägerin hier zwar entgegen kommen zu wollen, aber mit ihr gerade keine Aufhebungsvertrag schließen oder ihrem Rücknahmeverlangen wegen eines ausgesprochenes Mangels des Pferdes ohne weiteres nachkommen wollte. Eine Einigkeit über die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes in Anerkennung der "Mangelhaftigkeit" des Pferdes ist gerade nicht erzielt worden.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig. Nachdem die Klägerin dargetan hat, dass die bereits unter dem 20.02.2004 beim Oberlandesgericht herausgegebene Empfangsbescheinigung wegen des Kanzleiumzugs und Problemen mit der Nachsendung erst am 13.04.2004 einging, ist die Monatsfrist des § 524 II S. 2 ZPO gewahrt. Die Anschlussberufung, mit der eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer Schadensersatzbeträge erreicht werden soll, ist aber unbegründet, wie bereits ausgeführt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 ZPO die unterlegene Klägerin zu tragen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 i. V. m. § 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.

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